Donnerstag, 30. Juli 2015

BIG EYES (Tim Burton, 2014)

Burtons Filme erzählen oft märchenhafte Geschichten, die meist der Phantasie entspringen. Auch die Geschichte von Big Eyes klingt märchenhaft, basiert aber doch auf einer wahren Begebenheit. Die frisch geschiedene Margaret verlässt zu Beginn der 50er Jahre ihren gewalttätigen Ehemann und geht mit ihrer Tochter nach San Francisco. Weil es ihr als geschiedene Frau nicht gelingt, eine Arbeitsstelle zu finden, verdingt sie sich als Straßenmalerin, indem sie die Kinder von Passanten gegen Geld porträtiert. Dabei malt sie alle Kinder mit übergroßen, traurigen Augen. Eines Tages lernt sie Walter Keane kennen, der sich ihr gegenüber ebenfalls als Maler ausgibt, sich in Wirklichkeit aber mit dem Verkauf von Bildern eines italienischen Künstlers über Wasser hält, bei denen er den Namen des Urhebers mit seinem eigenen übermalt. Er selbst hat keinerlei Talent zum Malen, ist aber ein begnadeter Verkäufer und erkennt das Potential, das in Margarets Bildern steckt. Nach ihrer Hochzeit beginnt er, ihre Bilder unter seinem Namen zu verkaufen. Als Margaret das mitbekommt, protestiert sie zunächst, fügt sich aber letztlich und malt weiter Bilder, die Walter mit immer größerem Erfolg verkauft.

Die Wohnsiedlung zu Beginn, aus der Margaret mit ihrer Tochter flüchtet, kommt dem Burton-Sympathisanten sofort bekannt vor. Irgendwie sehen die Wohngebiete in seinen Filmen immer gleich aus, der Inbegriff des kleinbürgerlichen, amerikanischen Spießertums. Interessant ist auch, dass Burtons eigene Zeichnungen und Puppen ebenfalls ausdrucksstarke, überproportional große Augen aufweisen – ähnlich wie die Margaret Keanes. Überhaupt hat Burton ja ein Herz für Künstler, und zwar auch für die, denen die große Anerkennung verwehrt geblieben ist. Das macht nicht zuletzt sein vor zwanzig Jahren entstandenes Porträt des erfolglosen Filmemachers Ed Wood deutlich. Seine quietschbunte, zuweilen ins theatralisch schweifende Art der Inszenierung, die oft zwischen Drama und Komödie hin- und her pendelt, ist wie geschaffen für eine Geschichte wie die, die Big Eyes erzählt. Eine Geschichte, die zeigt, dass auch ein mäßig talentierter Künstler mit der richtigen Vermarktung schon damals großen Erfolg haben konnte. Heutzutage gelingt dies dank youtube und der medialen Dauerpräsenz ja auch völlig talentfreien Menschen ohne Probleme.

Big Eyes erzählt vor allen Dingen aber auch die Geschichte einer Abhängigkeit. Die Abhängigkeit Margarets von ihren beiden Männern, vom Alkohol (was nur kurz angedeutet wird) und schließlich von den Zeugen Jehovas, die ihr – so zumindest die Darstellung im Film – jedoch auch helfen, sich gegen ihren Mann zur Wehr zu setzen und ihn schließlich in einem Gerichtsverfahren zu besiegen. Diese Abhängigkeit setzt Burton in Kontext zur damaligen Stellung der Frau in der Gesellschaft. Eine alleinerziehende, geschiedene Frau hatte damals keinen leichten Stand, und so manch andere Frau, der in jener Zeit ein selbstbestimmtes Leben verwehrt geblieben ist, wird sich womöglich in Margaret Keane ein Stück weit wiederfinden. Amy Adams spielt die verunsicherte, devote Frau ohne jedes Selbstvertrauen sehr nuanciert. Christoph Waltz hingegen spielt in erster Linie sich selbst, wobei zu vermuten ist, dass die völlig überzogene Darstellung, die schon aus den beiden letzten Tarantino-Filmen hinlänglich bekannt ist, beabsichtigt und von Burton so gewollt ist. Mir ging sein Getue nichtsdestotrotz ziemlich auf die Nerven. Darüber hinaus besticht Big Eyes mit seinen schönen Bildern, die überwiegend in zarten Pastellfarben gehalten sind, einer detailversessenen Ausstattung und Danny Elfmans stimmigem Score. Den beiden Songs, die Lana del Rey beigesteuert hat, wohnt eine melancholische Stimmung inne, die wunderbar den Ton des Films trifft. Big Eyes ist ein gutes Stück weit entfernt von Burtons besten Arbeiten; ein schöner Film ist er trotzdem geworden.

Mittwoch, 22. Juli 2015

INHERENT VICE (Paul Thomas Anderson, 2014)

Wenn die Coen Brothers ein Remake von Chinatown machen würden oder vielleicht auch von The Big Sleep, käme das Resultat womöglich Andersons neuestem Film ziemlich nahe. Die Handlung ist verwirrend und aufgrund der vielen verschieden Charaktere schwer zu durchschauen. In Gänze verstanden habe ich die Zusammenhänge nicht, wobei ich nicht sicher bin, ob dies auf meine Müdigkeit oder die absichtlich wirre Erzählweise zurückzuführen ist. Dies spielt aber auch alles keine Rolle, denn das Letzte, worum es Anderson bei der Realisierung von Inherent Vice ging, war das Erzählen einer spannenden Geschichte. Über weite Strecken wirkt das vielmehr wie ein Schaulaufen skurriler Figuren, die sich zum Teil in absurden Situationen wiederfinden. Mitten durch das ganze Chaos irrlichtert der meistens zugedröhnte Doc Sportello, großartig gespielt von Joaquin Phoenix. Die Frauen stehen auf ihn, obwohl er sich selten die Füße wäscht und es auch sonst mit der Körperhygiene nicht so genau nimmt. Toll auch Josh Brolin als sich stets am Rande der Legalität bewegender Polizeiermittler, der bei jeder Gelegenheit versucht, Doc unter Druck zu setzen. Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer bekannter Gesichter zu bewundern, teils in nur kleinen Nebenrollen. 

Das 70er-Jahre-Hippie-Feeling wurde sehr gut eingefangen und wird zudem durch die Musik kongenial unterstrichen. Ich weiß nicht, ob es hilfreich ist, Inherent Vice in bekifftem oder betrunkenem Zustand zu schauen, könnte mir aber vorstellen, dass dies der Sichtung einen Mehrwert verleiht. Ich hingegen war völlig nüchtern, fand aber durchaus Gefallen an dem grotesken Treiben, den völlig überzeichneten Figuren, der prachtvollen Ausstattung und den ausgesprochen schönen Bildern des Anderson-Stamm-Kameramannes Robert Elswit. Irgendwann ist der Film zu Ende und man weiß nicht genau, was eigentlich passiert ist, aber irgendwie ist das auch egal.

Dienstag, 21. Juli 2015

WHIPLASH (Damien Chazelle, 2014)

Chazelles zweiter Spielfilm ist nur oberflächlich betrachtet ein Musikfilm. In Wirklichkeit geht es um Leidenschaft, Hingabe und den totalen Willen, das Maximale aus sich herauszuholen und der Beste zu sein, Grenzen zu überwinden und die Bereitschaft, alles für den Erfolg zu opfern. Um der beste Schlagzeuger zu werden, erträgt Andrew die Demütigungen durch Fletcher und die Schmerzen seiner blutenden Hände, notdürftig mit ein paar Pflastern behandelt. Selbst seine Freundin gibt er auf, weil er der Meinung ist, ihre Beziehung könne sich nachteilig auf seine Musikerkarriere auswirken. Dabei hatte es ihn zuvor erhebliche Mühe gekostet, seine Schüchternheit zu überwinden und sie überhaupt anzusprechen. Die Parallelen zu Daronofskys Black Swan sind nicht von der Hand zu weisen, auch wenn dieser auf den ersten Blick ein anderes Thema zu haben scheint. Im Kern geht es in beiden Filmen aber um dasselbe. Wie in Black Swan sind die größten Stärken des Films die hervorragenden Darsteller, insbesondere die beiden Hauptakteure Miles Teller und J. K. Simmons, wobei Letzterer wie seinerzeit Portman für seine Leistung einen Oscar erhalten hat. Sein Terence Fletcher verfügt zwar offensichtlich über eine sadistische Ader, doch ist dies nicht sein eigentlicher Antrieb. Vielmehr geht es ihm darum, aus jedem seiner Schüler das Bestmögliche herauszuholen und sie dazu anzutreiben, ihre Grenzen zu überschreiten, um immer besser zu werden. Dabei ist er stets auf der Suche nach dem Einen, nach dem Buddy Rich oder Charlie Parker der Gegenwart. 

Positiv zu erwähnen sind unbedingt Chazelles straffe und schnörkellose Regie und das hervorragende Sound-Design, das insbesondere in der ausgedehnten Schlussszene zur Geltung kommt. Simmons läuft hier zur Hochform auf. Fletcher hatte Andrew ursprünglich für die Show engagiert, um sich an ihm zu rächen, indem er ihn vor den versammelten Fachleuten dadurch bloßstellte, dass er zur Eröffnung ein Stück spielen ließ, das Andrew nicht kannte und für das er keine Noten hatte. Sein Plan schien zunächst aufzugehen, doch erweist sich Andrew als stärker als gedacht und kehrt zurück, um seinerseits zurückzuschlagen. Man spürt Fletchers inneren Kampf, man kann an seiner Mimik ablesen, wie es in ihm arbeitet. Man sieht, wie die zunächst dominierende Wut über Andrews Verhalten und die Absicht, seinen Alleingang zu sabotieren, zunehmend Anerkennung und Bewunderung weichen, ob des von seinem ehemaligen Schüler Dargebotenem. Letzten Endes ist dies trotz aller Dissonanzen somit auch eine Bestätigung seiner Arbeit und der Beweis, dass er mit seiner ersten Einschätzung von Andrews Talent richtig gelegen hatte. Und so dirigiert er ihn schließlich zu einem furiosen Finale. Danach kurze Stille und de Abspann.

Donnerstag, 9. Juli 2015

CHAPPIE (Neill Blomkamp, 2015)

Heist is a crimes.

Nachdem der Südafrikaner Neill Blomkamp mich mit seinem originellen Debüt District 9 ziemlich begeistern konnte, bot der nachfolgende Elysium durchkalkuliertes starbesetztes Mainstream-Kino. Chappie hingegen kann wieder mit dem Esprit des Debüts aufwarten und bietet eine nahezu perfekte Mischung aus Komödie, Drama, Gangsterfilm und Sci-Fi-Thriller, die mich ziemlich aus den Socken gehauen hat. In den Kritiken kam das Werk nicht sonderlich gut weg, was irgendwo verständlich ist, denn für den Mainstream-Freund ist das Ganze zu abgefahren und der an tiefgründigen Stoffen Interessierte versucht womöglich, in Chappie eine Gesellschaftskritik zu sehen, die er nicht ist und nicht sein will.

Blomkamp ging es in erster Linie um die Frage, wie sich ein frisch erwachtes künstlich erzeugtes Bewusstsein verhalten würde, wie es ähnlich einem Neugeborenen die Welt erkunden und aus den gemachten Erfahrungen lernen würde, wenn auch bedeutend schneller als ein Mensch. Und dies ist hervorragend umgesetzt. Chappie erlebt seine ersten Momente in einer merkwürdig anmutenden Patchwork-Familie, die in einer alten Lagerhalle haust und ihren Lebensunterhalt mit Raubüberfällen und Drogenhandel bestreitet. Im Kern besteht die Familie aus dem (mir bis dato unbekannten) südafrikanischen Musiker-Duo Die Antwoord. Die beiden sehen aus wie Trottel und ihre Musik ist ziemlich schlecht, aber als abgefucktes Gangsterpärchen funktionieren sie ganz ausgezeichnet. Yolandi entwickelt spontan Muttergefühle für den anfangs hilflosen Androiden, während Ninja versucht, ihn u.a. mit Schießübungen zu einer effektiven Killermaschine auszubilden, damit er ihnen bei den Raubzügen zur Hand gehen kann. Dabei muss er zu allerlei Tricks greifen, denn sein Erschaffer (sehr gut: Dev Patel) hat ihm eingeimpft, keine Verbrechen zu begehen und insbesondere niemanden zu töten.

Zwei Stars von internationalem Format hat Chappie auch noch zu bieten: Sigourney Weaver spielt die Chefin des Waffenkonzerns Tetravaal, bleibt dabei aber ziemlich blass, wobei sie auch nicht allzu Screentime erhalten hat. Hugh Jackman gibt den Bösewicht, und das recht überzeugend. Und doch ist der wahre Star des Films der Roboter Chappie, der in seiner kindlich naiven Art das Herz des Zuschauers im Sturm erobert. Eine Blechdose, die man einfach gern haben muss.

Die Hintergrundstory um ein Johannisburg der Zukunft, in dem Polizei-Roboter über die öffentliche Sicherheit wachen, ist natürlich Verhoevens RoboCop entliehen. Der „Moose“ sieht sogar fast genauso aus wie der ED-209, der in den ersten Minuten von RoboCop aufgrund einer Fehlfunktion ein Blutbad anrichtet. Doch auch Scotts Blade Runner stand Pate, denn wie in jenem ist Chappies Lebensdauer begrenzt, weil seine Batterie irreparabel beschädigt ist. Und wie in Blade Runner verlangt auch er von seinem Erschaffer, ihm mehr Lebenszeit zu verschaffen. Die Lösung des Problems, auf die er schließlich selbst kommt, passt wunderbar zu der leichtfüßigen Stimmung, die dem Film innewohnt. Und so erzählt Chappie auch von der Überwindung der Vergänglichkeit. Insofern ist das Ende ein sehr tröstliches.

Zwischen all den lustigen und traurigen Szenen gibt es immer wieder harte Actionsequenzen, wobei vor allem der finale Kampf an der Lagerhalle begeistern kann. Die Spezialeffekte sind hervorragend gelungen. Unterlegt von Hans Zimmers brachialem Score ergeben die einzelnen Komponenten eine erstaunlich stimmige Mischung, sodass Chappie trotz der unterschiedlichen Genres wie aus einem Guss wirkt. Und nicht zuletzt kann der Film mit einem der sympathischsten Protagonisten seit langem aufwarten, dessen komplexe Gefühlswelt sich dem Zuschauer trotz der metallenen Oberfläche offenbart. Ein wunderbarer Film.

Mittwoch, 8. Juli 2015

THE GUNMAN (Pierre Morel, 2015)

Sean Penns Ausflug in das Actiongenre wurde von den Kritiken gnadenlos zerrissen. Dies mag verständlich sein, wenn man mit falschen Erwartungen an die Sichtung geht. Penn ist als linker Aktivist bekannt, und wenn er die Hauptrolle in einem Film übernimmt, der vor dem Hintergrund des kongolesischen Bürgerkriegs spielt, erwartet man unter Umständen einen kritischen Beitrag zur Rolle der westlichen Welt in diesem Konflikt, insbesondere im Hinblick auf die Ausbeutung der dort vorhandenen Rohstoffe. Genau dies ist The Gunman allerdings nicht geworden, und insofern ist eine daraus resultierende Enttäuschung ein Stück weit nachvollziehbar. Andererseits ist es durchaus fragwürdig, einem Film mit bestimmten Erwartungen gegenüberzutreten und dem fertigen Produkt dann vorzuwerfen, dass diese nicht erfüllt wurden. Pierre Morel und Sean Penn wollten einen harten Actionreißer drehen – und genau das ist The Gunman. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Grundkonstellation ist natürlich alles andere als originell oder neu. Ein ehemaliger Söldner, der mit seiner Vergangenheit abgeschlossen hat und inzwischen für eine wohltätige NGO tätig ist, soll von den Häschern seines ehemaligen Geschäftspartners liquidiert werden, weil er zu viel weiß und Interpol inzwischen gegen die Firma ermittelt. Kennt man alles schon.

Penn hat die letzten Jahre offensichtlich viel Zeit mit Trainingsgeräten und Hanteln verbracht und sorgsam auf seine Ernährung geachtet. Von den sich im Laufe der Handlung bietenden zahlreichen Gelegenheiten, seine beeindruckenden Oberarme zu zeigen, macht er ausgiebig Gebrauch. Und doch ist der von ihm verkörperte John Terrier alles andere als das eindimensionale Abziehbild, das sich durch so manchen Actionfilm prügelt, sondern ein von den Sünden seiner Vergangenheit gezeichneter Charakter, der unter Schwindel und Gedächtnisstörungen, hervorgerufen durch eine degenerative Hirnerkrankung, leidet. Er schläft schlecht, weil ihn die Geister der Vergangenheit nicht ruhen lassen, muss sich plötzlich übergeben oder wird zur unpassenden Zeit ohnmächtig. Um den Überblick zu behalten ist er gezwungen, sich ständig Notizen zu machen und alle relevanten Dinge aufzuschreiben, was wiederum die Ursache dafür ist, dass er so unbarmherzig gejagt wird. Ein äußerlich starker, innerlich aber gebrochener Mann, ein psychisches und seelisches Wrack. Dies alles wirkt in sich stimmig und glaubwürdig und so ist gerade die detailliert gezeichnete Figur des ehemaligen Auftragskillers eine der großen Stärken des Films.

Eine weitere ist die äußerst dynamische Inszenierung des Franzosen Morel, die durch hohes Tempo und eine präzise Schnittfolge gekennzeichnet ist. Dabei verzichtet er auf die üblichen Spielereien wie Jumpcuts und wackelnde Kameras. Das Ergebnis ist eine äußerst wohlgefällig dahinfließende Bilderfolge, die das Auge des Zuschauers erfreut und das Erzähltempo durchgehend hoch hält. Die Story gibt – wie schon erwähnt – nicht viel her und am fehlenden Realismus darf man sich auch nicht stören, aber alles in allem ist The Gunman ein spannender Actionthriller mit einem starken Hauptdarsteller, der über die gesamte Spielzeit ausgesprochen gut zu unterhalten weiß. Und mehr hatte ich – im Gegensatz zu manch anderem Rezensenten – auch nicht erwartet.

THE WATER DIVINER (Russell Crowe, 2014)

Russell Crowes Regie-Debüt basiert angeblich auf der wahren Geschichte eines australischen Vaters, der nach dem Ende des ersten Weltkrieges zur Halbinsel Gallipoli reiste, um nach den Leichen seiner dort gefallenen Söhne zu suchen. Ob die Geschichte nun wahr ist oder nicht – emotional weiß The Water Diviner in jedem Fall zu berühren. Und Crowe ist ein starker Hauptdarsteller, der den Zuschauer durch sein sparsames Spiel wie gewohnt schnell für sich einnimmt.

The Water Diviner  ist ein schöner Film mit ausdrucksstarken Bildern, aber auch einer, der ohne jegliches Risiko nach den gängigen Formeln inszeniert wurde. Alle bekannten Versatzstücke, die man aus derartigen Arbeiten kennt, wurden verwendet und in der üblichen Art und Weise zusammengesetzt. Überraschungen gibt es keine, die Handlung ist komplett vorhersehbar. Nicht einmal für eine zarte Liebesgeschichte zwischen der schönen türkischen Witwe, die im Gefecht um Gallipoli ihren Mann verloren hat, und dem australischen Witwer Connor ist sich Crowe zu schade. Und dennoch gibt es einige ganz wunderbare Momente, insbesondere dann, wenn die ehemals verfeindeten Briten und Türken gemeinsam nach den Leichen der Gefallenen suchen. Schnell zeigt sich, dass nicht alle mit der Situation so souverän umgehen wie die beiden Anführer der Gruppen. Doch trotz einiger Übergriffe und persönlicher Betroffenheit der Beteiligten gelingt es, die wenig freudvolle Aktion gemeinsam abzuwickeln. Bezeichnend ist, dass sich ausgerechnet der türkische Major für Connor einsetzt und dadurch dafür sorgt, dass er nach seinen Söhnen suchen darf.

Die Art der Inszenierung erinnert etwas an Ridley Scott, und das ist sicherlich kein Zufall, hat Crowe doch gleich in einer ganzen Reihe von dessen Filmen mitgespielt – und dies überwiegend sehr erfolgreich. Da lag es nahe, nicht nur inhaltlich auf altbewährte Muster zurückzugreifen, sondern sich auch in Sachen Dramaturgie und Bildgestaltung an ihm zu orientieren. Unterstützt wurde er dabei von Peter Jacksons langjährigem Kameramann Andrew Lesnie, der leider kürzlich verstorben ist. Insbesondere die zahlreichen Rückblenden auf die eigentliche Schlacht sind von einer beklemmenden Intensität. Darstellerisch hingegen wird eher Hausmannskost geboten. Neben Russell Crowe gelingt es vor allem dem charismatischen Yilmaz Erdogan ein paar Akzente zu setzen. Die weiblichen Rollen wurden offensichtlich in erster Linie nach optischen Gesichtspunkten ausgewählt. Ob Olga Kurylenko, Megan Gale oder die wunderschöne Isabel Lucas: es ist schon auffällig, wie ansehnlich sämtliche Damen daherkommen. Der junge Dylan Georgiades ist so etwas wie das Herzstück des Films und stiehlt mit seiner unbekümmerten Darstellung des kleinen Joshua den Etablierten die Show.

The Water Diviner ist ein Familiendrama vor einem interessanten geschichtlichen Hintergrund, das nicht sonderlich spannend, trotz seiner Formelhaftigkeit aber recht kurzweilig und zudem schön anzusehen ist. Und ein bisschen was fürs Herz wird auch geboten. Da passt es gut, dass Crowe seinen Film den unzähligen namenlosen Toten gewidmet hat, die irgendwo auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkriegs ihr Leben gelassen haben.