Montag, 31. Oktober 2016

THE SHALLOWS (Jaume Collet-Serra, 2016)

Mal wieder ein Hai-Film. Hatten wir länger nicht mehr, wobei die Vertreter des Genres meist ja dem Trash-Sektor oder zumindest dem B-Movie-Bereich zuzurechnen sind. Nach Spielbergs Jaws war ohnehin alles gesagt und zugleich die Messlatte so hoch gelegt, dass sie – da lege ich mich fest – in Zukunft nie mehr erreicht werden wird. Auch The Shallows gelingt dies natürlich nicht einmal im Ansatz, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Spanier Collet-Serra derlei im Schilde führte. Für knapp 90 Minuten kurzweiliger Unterhaltung reicht es aber allemal. Dafür bürgt alleine schon die höchst attraktive Blake Lively, die zu Beginn ihren da noch makellosen Körper aufreizend in die Kamera reckt. Ganz nett auch die Idee, die modernen Kommunikationsmedien durch Bild-in-Bild-Einblendungen zu integrieren. Das wirkt zeitgemäß und fängt auch gleich die jugendliche Zuschauergruppe mit ein, sofern diese nicht männlichen Geschlechts ist und sich ohnehin an Livelys Kurven ergötzt.

Die Story ist bewusst simpel gehalten. Die junge Medizinstudentin Nancy verschlägt es beim Surfen auf der Flucht vor einem weißen Hai auf einen kleinen Felsen vor der Küste Mexikos, der mit der einsetzenden Flut für eine gewisse Zeit im Wasser versinken wird. Einige Rückblenden nutzt Collet-Serra dazu, der Figur etwas Tiefe zu verleihen. Man erfährt, dass ihre Mutter den Kampf gegen den Krebs verloren hat und dass sie den Strand, von dem sie losgesurft ist, besuchen wollte, weil ihre Mutter während ihrer Schwangerschaft dort war.

Seine Spannung bezieht der Film hauptsächlich aus der Belagerungssituation, in der Nancy sich auf dem Felsen wiederfindet. Der Hai wartet geduldig im Wasser auf sein Opfer, was zwar nicht sonderlich realistisch, aber der Spannung sehr zuträglich ist. Schnell macht sich dabei auch das niedrige Budget des Films bemerkbar, denn die verausgabten 17 Millionen Dollar haben offensichtlich nicht für anständige Special Effects gereicht. Solange man immer nur die Flosse sieht, ist alles ok, doch sobald man des Hais in voller Pracht ansichtig wird, könnte man glauben, die technische Entwicklung sei seit Spielbergs Jaws stehen geblieben. Wobei hier natürlich statt Miniaturen und Modellen CGI eingesetzt werden.

Doch sind die schwachen Effekte so ziemlich das Einzige, was man The Shallows vorwerfen kann. Ansonsten gibt es wenig zu meckern. Das Tempo ist durchgehend hoch, die Naturaufnahmen können ebenso begeistern wie die zahlreichen Close-Ups auf Livelys Körper und ein paar gute Schockeffekte gibt es auch. Ordentliche Unterhaltung also, und mehr darf man von The Shallows auch nicht erwarten.  

Samstag, 29. Oktober 2016

THE NEON DEMON (Nicolas Winding Refn, 2016)

 I ate her.

Die Arbeiten von Nicolas Winding Refn lerne ich mit jedem seiner Filme mehr zu schätzen und im Laufe der Jahre hat der Däne sich zu einem meiner Lieblingsregisseure entwickelt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sein Œuvre inzwischen eine beachtliche Vielfalt aufweist und insbesondere seine letzten Filme eine betörend schöne Bildersprache aufzuweisen haben. Von den Kopenhagener Gangster-Geschichten, mit denen er vor zwanzig Jahren angefangen hat, über die Charakterstudie Bronson, den spirituellen Valhalla Rising und den massentauglichen Drive bis hin zu dem völlig abgedrehten Only God forgives, der für den Mainstream-Kinogänger, der Drive noch abfeierte, wie ein Schlag in die Fresse gewirkt haben muss.

Mit The Neon Demon geht er diesen Weg konsequent weiter und es fällt nicht schwer zu prophezeien, dass auch Refns neuestes Werk auf keine allzu große Gegenliebe beim Massenpublikum stoßen wird. Wie schon beim Vorgänger ist eine Story nur noch rudimentär vorhanden. Narzissmus, Neid, Gier, Eifersucht, Nekrophilie - die Liste der Themen, die  The Neon Demon beackert, ist lang und mit dieser Aufzählung noch nicht einmal vollständig wiedergegeben. Dabei produziert er wieder einmal verstörend schöne Bilder, die schnell eine Sogwirkung entfalten und zugleich faszinieren und abstoßen. Bestes Beispiel dafür ist die lesbische "Vergewaltigung" der Frauenleiche - eine Szene, die nach Filmende noch lange im Gedächtnis bleibt. Untermalt wird das Geschehen meist von sphärischen Klängen oder rhythmischem Disco-Sound, für den wieder Cliff Martinez verantwortlich zeichnet, mit dem Refn schon bei seinen letzten beiden Filmen zusammengearbeitet hat. Übrigens zählt auch Spring Breakers zu seinen Arbeiten, mit dem The Neon Demon durchaus einige Gemeinsamkeiten hat.

The Neon Demon ist ein faszinierender Trip, der die oberflächliche Welt der Models und Modeagenturen von einer ganz eigenen Seite beleuchtet und zugleich dem Wort Konsumgesellschaft eine neue Bedeutung verleiht. Dabei lotet Refn die Extreme in alle nur erdenklichen Richtungen aus und scheut vor keiner Eskalation zurück. Da ist das Ende nur konsequent. Richtig schocken kann es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Dienstag, 11. Oktober 2016

NERVE (Henry Joost & Ariel Schulman, 2016)

Nerve führt einem schon in den ersten Minuten gnadenlos das eigene Alter vor Augen. Nicht nur, dass man als Mittvierziger so seine Schwierigkeiten mit den zahlreichen Begriffen aus der Welt der sozialen Netzwerke hat, spielt zu allem Überfluss Juliette Lewis, die noch ein paar Jahre jünger ist als ich, die Mutter einer erwachsenen Tochter. Und auch sonst kam ich mir in den ersten Minuten fehl am Platz vor, dachte ich doch, ich hätte mich in eine Teenie-Schnulze verirrt. Zu Beginn werden jedenfalls die üblichen Ingredienzien aufgefahren und die gängigen Klischees bemüht. Die draufgängerische Sydney, der die männlichen Verehrer nur so zuzufliegen scheinen und die für einen handfesten Skandal an ihrer Highschool sorgt, weil sie bei einer Cheerleader-Veranstaltung - deren grundsätzlicher Reiz sich mir im Übrigen noch nicht erschlossen hat - ohne Höschen auftritt, dabei aber, dann doch irgendwie typisch amerikanisch-keusch nur ihr nacktes Hinterteil präsentiert, ihre hübsche, aber schüchterne Freundin Vee, die unsterblich in einen Jungen verliebt ist, sich aber nicht traut, ihn anzusprechen, etc. 

Doch die anfängliche Langeweile verfliegt spätestens in dem Moment, in dem Vee in ein berüchtigtes Online-Game einsteigt, dass die angemeldeten Nutzer in Spieler und Beobachter aufteilt. Die dahintersteckende Idee ist gar nicht so weit hergeholt, und es erscheint durchaus realistisch, dass ein derartiges Spiel einen großen Teil der Online-Welt derart in seinen Bann ziehen könnte wie im Film geschildert. Da muss man sich nur die Pokemon-Go-Hysterie anschauen, die vor einigen Monaten das deutsche Volk heimgesucht hat. Aus den anfangs recht harmlosen Herausforderungen werden schnell Spiele auf Leben und Tod, denen man sich zwar durch Aufgeben entziehen kann, doch die damit verbundene Schande will natürlich niemand auf sich nehmen.

Die Story ist im Grund genommen die gleiche, die schon Glaser vor 30 Jahren in The Running Man erzählt hat. Oder auch die Hunger Games-Reihe, die aber ohnehin nur ein Abklatsch der Bachmann-Romane ist. Wirklich Neues bietet Nerve demnach nicht, aber die Adaption an die Bedingungen der Gegenwart und die heutige Gesellschaft wissen zu gefallen. Zudem wird das rasant und ohne großen Schnickschnack erzählt. Die geradlinige Inszenierung lässt keinen Leerlauf und bleibt immer auf die Hauptfiguren fokussiert. Zum Ende hin gingen mit den Machern etwas die Pferde durch - die Sache mit der Hackergruppe, die in einer Hauruck-Aktion quasi die Kontrolle über das Netz übernimmt, war mir dann doch etwas zu viel. Das kann den positiven Gesamteindruck jedoch nicht schmälern. Allemal sehenswert.