Donnerstag, 30. November 2017

LIFE (Daniel Espinosa , 2017)

Gelungener Alien-Klon, der nicht nur mit guten Effekten sondern auch einer stetig ansteigenden Spannungskurve überzeugen kann. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass Life die Klasse des Originals nicht erreicht, und doch kann er im direkten Vergleich zumindest einen Vorteil dadurch für sich verbuchen, dass er in der Gegenwart und auf der real exisitierenden Weltraumstation ISS spielt. Dies geht mit einem deutlich größeren Realismus einher. Mit ein klein wenig Phantasie ist es durchaus vorstellbar, dass sich die Handlung so zutragen könnte, während die Story von Alien in weit entfernter Zukunft in einer fremden Galaxie angesiedelt ist und zahlreiche technische Weiterentwicklungen voraussetzt, die es so heute noch nicht gibt und auch in absehbarer Zeit nicht geben wird. Durch diesen Realismus gelingt es auch sehr gut, die Sensation und die Aufgeregtheit zu transportieren, die das Auffinden einer außerirdischen Lebensform darstellt. Die anfängliche Faszination gepaart mit wissenschaftlichem Forschungsdrang weicht jedoch schnell dem Gefühl, das von dem zunächst so harmlos erscheinenden Wesen eine große Gefahr ausgeht. Und auch wenn die Protagonisten sehenden Auges in ihr Unglück laufen, wirkt ihr Verhalten immer realistisch, denn welcher Wissenschaftler würde einen solchen außergewöhnlichen Fund nicht näher untersuchen wollen?

Wie beim großen Vorbild herrscht auch hier eine beklemmende, in weiten Teilen auch klaustrophobische Atmosphäre vor – gepaart mit der sich immer stärker manifestierenden Gewissheit, dem zunehmend aggressiv agierenden Wesen nahezu schutzlos ausgeliefert zu sein. Bei den Darstellern ragt natürlich Jake Gyllenhaal heraus, der wie immer eine erstklassige Vorstellung abliefert. Doch auch der Rest der Besetzung kann überzeugen. 

Unter dem Strich ist Life ein äußerst gelungener Science-Fiction-Thriller, der – nicht zuletzt aufgrund der knackig kurzen Spielzeit und der minimalistischen Herangehensweise ausgesprochen gut unterhält. Und das Ende ist ein echter Killer.

Dienstag, 28. November 2017

HELL OR HIGH WATER (David Mackenzie, 2016)

Die Sichtung bin ich völlig unvorbereitet angegangen. Ich hatte zuvor weder Kritiken gelesen, noch wusste ich, worum es in der Handlung geht. Und doch dauerte es nur wenige Minuten bis ich mitten drin war in dieser faszinierenden Geschichte um zwei ungleiche Brüder (der unbeherrschte, zu Gewaltausbrüchen neigende Tanner und der clevere, besonnene Toby), die mehrere Filialen einer regionalen Bank überfallen, um von dem erbeuteten Geld das Hypothekendarlehen abzulösen, das auf dem Grundstück ihrer verstorbenen Mutter lastet. Der Grund dahinter sind keine nostalgischen Gefühlsaufwallungen sondern rein wirtschaftliche Interessen, denn auf dem Grundstück wurde eine Ölquelle entdeckt, die nun darauf wartet, ausgebeutet zu werden. Symmpathischerweise wollen die beiden das Geld jedoch nicht für sich. Vielmehr soll damit der Lebensstandard von Tobys Söhnen gesichert werden.

Dabei gelingt es Mackenzie, Verständnis für das Anliegen der Bankräuber beim Zuschauer zu wecken, ja, man ist fast versucht, ihnen die Daumen zu drücken, dass alles gut gehen möge, zumal die beiden – zumindest zu Beginn – sehr behutsam vorgehen und genau darauf achten, niemanden zu verletzen. Dafür dass die Sichtweise nicht zu einseitig wird, sorgt die ebenfalls sehr detaillierte Darstellung der Gegenseite. Texas-Ranger Hamilton, der wenige Tage von seiner Pensionierung entfernt ist, und sein Partner Parker, der sich aufgrund seiner indianischen Abstammung ständigen Frotzeleien seines Kollegen ausgesetzt sieht, nehmen die Verfolgung auf.

Aus dieser Konstellation entwickelt der schottische Regisseur ein fesselndes Katz-und-Mausspiel, das weniger von den sparsam eingesetzten Actionszenen als vielmehr von den detailliert gezeichneten Charakteren und der sorgsam ausgearbeiteten Dramaturgie lebt. Dabei steigt die Spannungskurve kontinuierlich an, wobei man als Zuschauer natürlich schon früh ahnt, dass die Situation früher oder später eskalieren wird. Die großartigen Darsteller dürfen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, insbesondere Jeff Bridges liefert eine mitreißende Vorstellung ab. In Kombination mit den pointierten Dialogen und dem äußerst gelungenen Score, für den Nick Cave verantwortlich zeichnet, ergibt sich ein faszinierender Mix aus Western und Roadmovie, der mich regelrecht begeisterte.

Angesichts dieser Qualitäten gelingt es auch leicht, über die wohlfeile Kapitalismus-Kritik hinwegzusehen, die sich bei dem Thema natürlich geradezu aufdrängt. Die beiden Brüder verkörpern dabei eine Art modernen Robin Hood, der den geldgierigen, skrupellosen Banken das Geld abnimmt, das sie den armen Kunden zuvor abgepresst haben, die ihnen natürlich schutzlos ausgeliefert sind. So weit, so billig. Immerhin lässt Mackenzie seinem sozialistischen Gedankengut nur hin und wieder freien Lauf und reitet nicht penetrant darauf herum. Und so kann man als Zuschauer angesichts der ansonsten vielfältig vorhandenen Qualitäten des Films mit einem gönnerhaften Schmunzeln darüber hinweg sehen.

Gut gelungen auch das Ende, in dem es zur finalen Konfrontation zwischen dem inzwischen pensionierten Hamilton und Toby kommt. Hamilton kennt natürlich die Wahrheit, sieht sich aber mangels Beweisen nicht in der Lage, Toby ans Messer zu liefern. Und so zieht er desillusioniert von dannen. Toller Film!