Mittwoch, 30. April 2014

THE GOOD GERMAN (Steven Soderbergh, 2006)

An affair has more rules than a marriage.

Soderbergh goes noir. Dabei ließ er sich auf keine Kompromisse ein und setzte beim Dreh ausschließlich auf die technischen Mittel der 40er Jahre, wobei er mit künstlicher Beleuchtung ja auch ansonsten nichts am Hut hat. Das Ergebnis ist atemberaubend. Während man anderen modernen Schwarzweiß-Filmen sofort ansieht, dass es sich um aktuelle Produktionen handelt, vermittelt The good German tatsächlich den Eindruck, er sei vor knapp 70 Jahren entstanden. Die verwendeten Originalaufnahmen fügen sich fast nahtlos ein und erzeugen zusammen mit den Ruinensets eine Trümmerromantik, die dem Film ein ganz eigenes Flair verleiht und ausgesprochen gut zu Gesicht steht. 

Die Handlung ist eher nebensächlich und wird genre-üblich verschachtelt erzählt, um den Zuschauer möglichst lange im Unklaren darüber zu lassen, worum es eigentlich geht. Der Einfluss der großen Vorbilder ist natürlich stets präsent, sei es Curtiz' Casablanca oder Reeds The third Man. Doch ausgerechnet bei der Besetzung schwächelt der Film. Clooney agiert seltsam hölzern und Cate Blanchett eifert erkennbar Marlene Dietrich nach, doch fehlt ihr dafür die Verruchtheit, die jene ausstrahlte, auch wenn's optisch passt. Hinzu kommen noch ihre krampfhaft bemühten Versuche, deutsch zu sprechen, die in einem kaum verständlichen Kauderwelsch resultieren. An einigen Stellen musste ich zweimal zurückspulen, um die Worte zu verstehen. 

Doch letztlich spielt das keine große Rolle, weil die wahnsinnig dichte Atmosphäre einen sofort in ihren Bann zieht und über diese Schwachpunkte großzügig hinwegsehen lässt. Die Auflösung ist zudem hervorragend gelungen, zitiert ganz nebenbei die Schluss-Szene von Casablanca und lässt den Protagonisten als einzigen Verlierer dastehen.

Montag, 28. April 2014

CHE: PART ONE & CHE: PART TWO (Steven Soderbergh, 2008)

Homeland or death!

Um die Sichtung habe ich mich eine geraume Zeit herumgedrückt, in erster Linie wegen der langen Spieldauer von 4 1/2 Stunden, nicht zuletzt aber auch deshalb, weil ich insgeheim die Befürchtung hatte, ein verklärendes Biopic vorgesetzt zu bekommen. Wobei gerade dies bei genauerer Betrachtung angesichts des Regisseurs gar nicht zu erwarten war. Und so ist Che folgerichtig und glücklicherweise ein Film (ich habe beide Teile unmittelbar nacheinander gesehen und betrachte das Projekt als einen Film, auch wenn es technisch gesehen zwei sind), der die überlebensgroße Ikone Che Guevara auf Normalgröße zurückstutzt und ihn als die Figur porträtiert, die er war, nämlich ein ideologisch verbohrter Spinner, der besessen war von dem an sich hehren Ziel, einen besseren Menschen zu erschaffen und soziale Ungleichheiten zu überwinden. Dabei war ihm beinahe jedes Mittel recht und überdies egal, ob die Betroffenen sich überhaupt als benachteiligt ansahen. In seiner grenzenlosen Selbstüberschätzung war er der Meinung, seine Ideologie in beinahe jedem nichtwestlichen Land gewaltsam durchsetzen zu können. Doch während er bei der Kuba-Revolution das Glück hatte, sich Fidel Castro anschließen und dann durch einige militärische Erfolge auf sich aufmerksam machen zu können, versagte er bei dem lächerlichen Versuch einer Revolution in Bolivien kläglich. Den noch kläglicheren Versuch, im Kongo einen Umsturz herbeizuführen, spart Soderbergh völlig aus. Am Ende wird Che in einem kleinen Bergdorf in den Anden erschossen wie ein räudiger Hund. Und so ist Soderberghs Che vor allem eines: die Entzauberung eines Mythos.

Stilistisch unterscheiden sich die beiden Teile etwas voneinander. Während der erste die Ereignisse in nicht chronologischer Reihenfolge erzählt und ständig zwischen Orten und Zeiten hin- und herspringt, wobei er dies für meinen Geschmack zu häufig tut, präsentiert sich der zweite Teil durchgehend chronologisch. Dies erleichtert dem Zuschauer die Orientierung, denn beim ersten Teil fällt es gelegentlich schwer, die einzelnen Szenen richtig einzuordnen. Den zweiten Teil fand ich dann auch deutlich spannender und interessanter als den ersten. Die Erzählweise ist in beiden Teilen unzusammenhängend und wirkt so, als habe man wahllos irgendwelche Szenen aneinandergereiht, viele Dinge dazwischen aber auch weggelassen. Dies verleiht Che einen Tagebuch-artigen Charakter, was sicherlich auch so beabsichtigt war. Dies wird unterstützt durch die realistische Inszenierung. Die Kamera ist meist ganz eng am Geschehen, teils verwackelt, immer aber das Gefühl vermittelnd, man befinde sich als Zuschauer mittendrin. Dies gipfelt schließlich darin, dass Ches Erschießung aus seiner Perspektive gefilmt wird. Vor allem aber vermittelt die realitätsnahe Inszenierung ein Gefühl dafür, wie mühselig das Guerrilla-Dasein doch ist. Dies kommt vor allem im zweiten Teil zur Geltung, wo Che neben seinen Asthma-Anfällen und den gegnerischen Soldaten noch mit Hunger, Deserteuren und Unzufriedenheit in der Gruppe zu kämpfen hat - vom fehlenden Rückhalt in der ländlichen Bevölkerung ganz zu schweigen. Positiv zu erwähnen ist neben der tollen Kameraführung unbedingt die großartige Leistung Benicio del Toros, die alleine den Film sehenswert macht. 

Dienstag, 22. April 2014

THE UNDERNEATH (Steven Soderbergh, 1995)

There's something very powerful about being absent.

Soderberghs vierter Film ist dem Vernehmen nach ein Remake des mir unbekannten Criss Cross von Robert Siodmak. Aus seiner Unzufriedenheit mit dem fertigen Werk macht Soderbergh ja keinen Hehl. Mehrfach hat er betont, dass er The Underneath hasst und für seinen schlechtesten Film hält. Diese Einschätzung verwundert etwas, denn obwohl der Film ganz sicher nicht zu den Highlights in seinem Schaffen zählt, ist er so schlecht nicht und in jedem Fall besser als der vermurkste The Girlfriend Experience. Auch formal fällt er nicht so aus der Reihe wie der Vorgänger, zumal er mit der nicht-chronologischen Erzählweise und dem Einsatz von Farbfiltern typische Merkmale aufweist, die sich auch in vielen anderen Arbeiten des Regisseurs wiederfinden. Die Herausforderung, zwischen drei verschiedenen Erzählsträngen hin- und herzuwechseln, löst Soderbergh ganz elegant: in den Szenen, die vor Michaels Weggang spielen, trägt dieser einen Bart, in den Szenen nach seiner Rückkehr ist er bartlos. Beim Überfall schließlich kommen Farbfilter zum Einsatz. 

Der Schwerpunkt liegt jedoch nicht auf dem Raub, sondern vielmehr auf der Beziehung zwischen Michael und Rachel, die von der Frage geprägt ist, inwieweit in der Vergangenheit begangene Fehler wieder gutzumachen sind. Dies bezieht sich jedoch nicht nur auf Rachel, sondern im Prinzip auf all seine Bekannten einschließlich Familie, die er seinerzeit durch sein fluchtartiges Verlassen der Stadt vor den Kopf gestoßen hatte. Die Einbindung des Raubüberfalls in die Geschichte wirkt fast etwas bemüht und scheint in der Entstehung eher dem Zufall geschuldet, weil Rachels Mann Dundee die beiden in einer verfänglichen Situation erwischt. Die Erzählweise ist sehr zurückhaltend und wirkt vor allem durch den Farbfiltereinsatz sehr stylisch. Die Plottwists am Ende waren mir fast etwas zuviel, doch ist The Underneath in seiner Gesamtheit trotzdem ein sehenswerter Film.

Sonntag, 20. April 2014

KING OF THE HILL (Steven Soderbergh, 1993)

Must you wear that filthy thing on your head? 

Soderberghs dritte Regie-Arbeit ist ein für ihn untypischer Film. Nicht nur inhaltlich - eine Coming-of-Age-Geschichte, die in der Zeit der großen Depression angesiedelt ist, sondern vor allem auch formal. So formvollendet schöne Bilder ist man von ihm normalerweise nicht gewohnt. King of the Hill ist sicherlich einer seiner schönsten Filme und darüber hinaus auch einer, der eine starke emotionale Bindung zu seiner Hauptfigur ermöglicht - auch alles andere als üblich, zeichnet er sich ansonsten doch eher durch eine distanzierte Herangehensweise aus. Die Geschichte basiert auf dem mehr oder weniger autobiografischen gleichnamigen Roman des amerikanischen Schriftstellers A. E. Hotchner und stellt den 12-jährigen Aaron in den Mittelpunkt, der aufgrund der widrigen Umstände der damaligen Zeit nach und nach seine Familienmitglieder durch räumliche Trennung verliert. Unterstützung erhält er von verschiedenen Mitbewohnern des Hotels, in dem er lebt und zu denen er die unterschiedlichsten Beziehungen unterhält. In Abwesenheit seiner eigentlichen Familie fungieren diese als eine Art Ersatzfamilie, doch auch deren Mitglieder kommen ihm nach und nach abhanden, sodass er schließlich ganz auf sich alleine gestellt ist.

Soderbergh ist es gelungen, den Zeitgeist der 30er Jahre mit wunderschönen Bildern in warmen, erdigen Farbtönen einzufangen und überdies den Film wesentlich teuer und aufwändiger aussehen zu lassen, als er tatsächlich war. Dabei kann er sich ganz auf den damals 14-jährigen Jesse Bradford verlassen, der den Protagonisten derart glaubwürdig und liebenswert verkörpert, dass man als Zuschauer von Anfang an auf seiner Seite steht. Die Bewohner des Hotels präsentiert Soderbergh als eine Ansammlung teils skurriler, aber allesamt liebenswürdiger Figuren, die ihrerseits unter den wirtschaftlich miserablen Bedingungen zu leiden haben. Einer davon ist Lester, der für Aaron die Funktion des großen Bruders einnimmt und von einem jungen Adrien Brody in einer seiner ersten Filmrollen dargestellt wird. 

Auch wenn King of the Hill eine etwas merkwürdige Stellung im zugegebenermaßen recht heterogenen Werk Soderberghs einnimmt (soweit ich dies in Kenntnis von etwas mehr als der Hälfte desselben beurteilen kann), hat er mir außerordentlich gut gefallen. Herzerwärmend.

Montag, 14. April 2014

THE COUNSELOR (Ridley Scott, 2013)

Those guys aren't cops. Those guys are cartel.

Es gibt ohne Zweifel Vieles, was man an Scotts jüngstem Film kritisieren kann. Das fängt schon mit der ungeheuer verklemmt wirkenden Bettszene zu Beginn an, deren Dialoge an Dämlichkeit kaum zu überbieten sind und eher zu einem Teenie-Pärchen vor dem ersten Mal passen als zu erwachsenen Menschen in einer gefestigten Beziehung. Die Handlung wirkt konstruiert und ist völlig unglaubwürdig, ebenso die Protagonisten und das Umfeld, in dem sie sich bewegen. Die Charaktere sind flach (ohnehin eine wiederkehrende Schwäche im Werk des britischen Regisseurs), ihre Handlungen zum Teil nur schwer nachvollziehbar. Belustigend auch, wie diverse Handlungsweisen und Bestrafungsmethoden des Kartells völlig unmotiviert und betont beiläufig in Gesprächen erklärt werden, um den Zuschauer auf die späteren Vorkommnisse vorzubereiten.

So weit, so schlecht. Und dennoch hat mir die Sichtung von The Counselor großes Vergnügen bereitet, und das liegt nicht nur daran, dass er so schöne Bilder bietet. Scotts Inszenierung ist tadellos und evoziert eine enorme Spannung. Die Darsteller sind wunderbar, abgesehen von der etwas blassen Penélope Cruz. Neben Javier Bardem ist hier besonders Cameron Diaz hervorzuheben, die eine derart durchtriebene und hinterhältige Schlampe spielt, dass einem beinahe die Spucke wegbleibt. Und die Idee mit der Muschi auf der Windschutzscheibe ist so herrlich bekloppt, dass man davor nur den Hut ziehen kann. Ganz hervorragend auch das Ende, das in seiner unnachgiebigen Konsequenz den perfekten Schlusspunkt setzt.

Freitag, 4. April 2014

DREDD (Pete Travis, 2012)

Negotiation's over. Sentence is death. 

Comic-Verfilmungen waren noch nie mein Ding, und so hatte auch Judge Dredd seinerzeit bei mir keinen leichten Stand. Dredd ist im direkten Vergleich wesentlich düsterer und vor allem gewalttätiger ausgefallen. Die Story ist im Grund genommen nichts weiter als eine Die-Hard-Variante, die Effekte sind teilweise gelungen, größtenteils aber eher albern geraten und der vom Design her durchaus interessanten Mega City One sieht man ihre Computerherkunft leider deutlich an. Überhaupt erinnert Dredd über weite Phasen mehr an ein Computerspiel als an einen Spielfilm, was nicht zuletzt auf das Set-Design zurückzuführen ist. Karl Urban ist in seinen darstellerischen Möglichkeiten sehr beschränkt, sieht man doch den ganzen Film über lediglich sein Kinn. 

Und dennoch hatte ich durchaus meinen Spaß mit Dredd. Die Actionszenen sind überwiegend gut inszeniert, die Handlung ist zwar einfallslos, aber äußerst kurzweilig und Lena Headey als von Narben entstellte Oberschurkin ist eine echte Schau. Anspruchsloser Trash, dem man aber einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen kann. Doch, hat mir eigentlich ganz gut gefallen.