Donnerstag, 30. November 2017

LIFE (Daniel Espinosa , 2017)

Gelungener Alien-Klon, der nicht nur mit guten Effekten sondern auch einer stetig ansteigenden Spannungskurve überzeugen kann. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass Life die Klasse des Originals nicht erreicht, und doch kann er im direkten Vergleich zumindest einen Vorteil dadurch für sich verbuchen, dass er in der Gegenwart und auf der real exisitierenden Weltraumstation ISS spielt. Dies geht mit einem deutlich größeren Realismus einher. Mit ein klein wenig Phantasie ist es durchaus vorstellbar, dass sich die Handlung so zutragen könnte, während die Story von Alien in weit entfernter Zukunft in einer fremden Galaxie angesiedelt ist und zahlreiche technische Weiterentwicklungen voraussetzt, die es so heute noch nicht gibt und auch in absehbarer Zeit nicht geben wird. Durch diesen Realismus gelingt es auch sehr gut, die Sensation und die Aufgeregtheit zu transportieren, die das Auffinden einer außerirdischen Lebensform darstellt. Die anfängliche Faszination gepaart mit wissenschaftlichem Forschungsdrang weicht jedoch schnell dem Gefühl, das von dem zunächst so harmlos erscheinenden Wesen eine große Gefahr ausgeht. Und auch wenn die Protagonisten sehenden Auges in ihr Unglück laufen, wirkt ihr Verhalten immer realistisch, denn welcher Wissenschaftler würde einen solchen außergewöhnlichen Fund nicht näher untersuchen wollen?

Wie beim großen Vorbild herrscht auch hier eine beklemmende, in weiten Teilen auch klaustrophobische Atmosphäre vor – gepaart mit der sich immer stärker manifestierenden Gewissheit, dem zunehmend aggressiv agierenden Wesen nahezu schutzlos ausgeliefert zu sein. Bei den Darstellern ragt natürlich Jake Gyllenhaal heraus, der wie immer eine erstklassige Vorstellung abliefert. Doch auch der Rest der Besetzung kann überzeugen. 

Unter dem Strich ist Life ein äußerst gelungener Science-Fiction-Thriller, der – nicht zuletzt aufgrund der knackig kurzen Spielzeit und der minimalistischen Herangehensweise ausgesprochen gut unterhält. Und das Ende ist ein echter Killer.

Dienstag, 28. November 2017

HELL OR HIGH WATER (David Mackenzie, 2016)

Die Sichtung bin ich völlig unvorbereitet angegangen. Ich hatte zuvor weder Kritiken gelesen, noch wusste ich, worum es in der Handlung geht. Und doch dauerte es nur wenige Minuten bis ich mitten drin war in dieser faszinierenden Geschichte um zwei ungleiche Brüder (der unbeherrschte, zu Gewaltausbrüchen neigende Tanner und der clevere, besonnene Toby), die mehrere Filialen einer regionalen Bank überfallen, um von dem erbeuteten Geld das Hypothekendarlehen abzulösen, das auf dem Grundstück ihrer verstorbenen Mutter lastet. Der Grund dahinter sind keine nostalgischen Gefühlsaufwallungen sondern rein wirtschaftliche Interessen, denn auf dem Grundstück wurde eine Ölquelle entdeckt, die nun darauf wartet, ausgebeutet zu werden. Symmpathischerweise wollen die beiden das Geld jedoch nicht für sich. Vielmehr soll damit der Lebensstandard von Tobys Söhnen gesichert werden.

Dabei gelingt es Mackenzie, Verständnis für das Anliegen der Bankräuber beim Zuschauer zu wecken, ja, man ist fast versucht, ihnen die Daumen zu drücken, dass alles gut gehen möge, zumal die beiden – zumindest zu Beginn – sehr behutsam vorgehen und genau darauf achten, niemanden zu verletzen. Dafür dass die Sichtweise nicht zu einseitig wird, sorgt die ebenfalls sehr detaillierte Darstellung der Gegenseite. Texas-Ranger Hamilton, der wenige Tage von seiner Pensionierung entfernt ist, und sein Partner Parker, der sich aufgrund seiner indianischen Abstammung ständigen Frotzeleien seines Kollegen ausgesetzt sieht, nehmen die Verfolgung auf.

Aus dieser Konstellation entwickelt der schottische Regisseur ein fesselndes Katz-und-Mausspiel, das weniger von den sparsam eingesetzten Actionszenen als vielmehr von den detailliert gezeichneten Charakteren und der sorgsam ausgearbeiteten Dramaturgie lebt. Dabei steigt die Spannungskurve kontinuierlich an, wobei man als Zuschauer natürlich schon früh ahnt, dass die Situation früher oder später eskalieren wird. Die großartigen Darsteller dürfen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, insbesondere Jeff Bridges liefert eine mitreißende Vorstellung ab. In Kombination mit den pointierten Dialogen und dem äußerst gelungenen Score, für den Nick Cave verantwortlich zeichnet, ergibt sich ein faszinierender Mix aus Western und Roadmovie, der mich regelrecht begeisterte.

Angesichts dieser Qualitäten gelingt es auch leicht, über die wohlfeile Kapitalismus-Kritik hinwegzusehen, die sich bei dem Thema natürlich geradezu aufdrängt. Die beiden Brüder verkörpern dabei eine Art modernen Robin Hood, der den geldgierigen, skrupellosen Banken das Geld abnimmt, das sie den armen Kunden zuvor abgepresst haben, die ihnen natürlich schutzlos ausgeliefert sind. So weit, so billig. Immerhin lässt Mackenzie seinem sozialistischen Gedankengut nur hin und wieder freien Lauf und reitet nicht penetrant darauf herum. Und so kann man als Zuschauer angesichts der ansonsten vielfältig vorhandenen Qualitäten des Films mit einem gönnerhaften Schmunzeln darüber hinweg sehen.

Gut gelungen auch das Ende, in dem es zur finalen Konfrontation zwischen dem inzwischen pensionierten Hamilton und Toby kommt. Hamilton kennt natürlich die Wahrheit, sieht sich aber mangels Beweisen nicht in der Lage, Toby ans Messer zu liefern. Und so zieht er desillusioniert von dannen. Toller Film!

Dienstag, 31. Oktober 2017

KING ARTHUR: LEGEND OF THE SWORD (Guy Ritchie, 2017)

Schon in den ersten Minuten wird einem klar, dass man einem Guy-Ritchie-Film beiwohnt. Der eigenwillige Stil des Briten, der u. a. von zahlreichen Jump-Cuts und hektisch geschnittenen Dialogen gekennzeichnet ist, ist von Anfang an erkennbar, will aber nicht recht zum Thema des Films passen. Wobei ohnehin klar war, dass Ritchie nicht einfach nur die Artus-Sage nacherzählen würde, sondern ein buntes Potpourri aus Elementen der Vorlage und zusätzlichen Ideen bieten würde. Insbesondere der mythische Teil der Geschichte wurde stark ausgedehnt und um zahlreiche zusätzliche Elemente ergänzt, was sich jedoch nicht unbedingt positiv bemerkbar macht. Und angesichts der gigantischen Elefanten, mit denen Mordreds Männer zu Beginn des Films Camelot angreifen, beschleicht einen der Gedanke, die Drehbuchschreiber hätten sich an der ein oder anderen Stelle von Jacksons Lord of the Rings inspirieren lassen.

Auf der Habenseite stehen das hohe Erzähltempo, die dynamische Inszenierung und der gelungene Score, der modern und zeitgemäß klingt, sich dabei aber auch Versatzstücken mittelalterlicher Klänge bedient, wobei die Handlung eigentlich gar nicht im Mittelalter angesiedelt ist, sondern viel früher. Passt aber irgendwie trotzdem ganz gut. Zudem gibt Charlie Hunnam in der Titelrolle einen durchaus charismatischen Anführer, der – so viel Klischee muss sein – natürlich erst seine eigenen Zweifel und Ängste überwinden muss, bevor er das Schwert Excalibur und die Macht, die es verleiht, kontrollieren kann. Jude Law mimt dabei einen herrlich fiesen Gegenspieler, der vor keiner Gräueltat zurückschreckt, um seine Ziele zu erreichen.

King Arthur: Legend of the Sword ist nicht zuletzt aufgrund seiner überschaubaren Laufzeit ein recht kurzweiliger Film, der ganz ordentlich unterhält, ohne dabei nachhaltig beeindrucken zu können. Jedenfalls nicht so, dass eine Fortsetzung gerechtfertigt wäre, wobei die Gestaltung des Titels ja genau dies nahelegt. Nettes Popcorn-Kino für den anspruchslosen Filmfreund, mehr nicht.

Dienstag, 24. Oktober 2017

7 DÍAS EN LA HABANA (diverse Regisseure, 2012)

Sieben kleine Geschichten, jeweils inszeniert von einem Regisseur: das Konzept ist nicht neu, ist aber ohne Zweifel ein adäquates Mittel, ein lebendiges Portrait einer Stadt zu zeichnen. Wie meist bei solchen Filmen fällt die Qualität der einzelnen Arbeiten, die hier jeweils einen Wochentag repräsentieren, unterschiedlich aus. Während drei davon jeweils aus der Sicht eines Ausländers erzählt werden, der sich aus unterschiedlichsten Gründen vorübergehend in der Stadt aufhält, konzentrieren sich die anderen hauptsächlich auf einheimische Figuren und bringen dadurch dem Zuschauer einen Teil des alltäglichen Lebens in der kubanischen Metropole näher. Besonders gelungen ist dies in der Episode „Cecilias Versuchung“, die die in Havana herrschende Armut thematisiert und die daraus entstehende Versuchung, dieses Leben hinter sich zu lassen und das Glück in Europa – in diesem Fall Spanien – zu suchen. Auch „Bittersüß“ greift das Thema Armut auf und zeigt einen ebenso ereignisreichen wie hektischen Tag im Leben der Psychologin Mirta, die aufgrund ihrer Fernsehauftritten zwar landesweit bekannt ist, sich aber dennoch mit mehreren Jobs finanziell über Wasser halten muss. 

Die letzte Geschichte „Der Brunnen“ betont vor allem die Solidarität und den Zusammenhalt der Menschen. Weil der durchgeknallten Martha in ihren Träumen die heilige Jungfrau erschienen ist, will sie ihr unbedingt ein Denkmal bauen. Ihre Freunde und Nachbarn setzen alle Mittel in Bewegung, trotz nicht vorhandener finanzieller Mittel die notwendigen Baustoffe zu beschaffen.  Auffällig ist die heitere Grundstimmung, die die Mehrzahl der Geschichten verbreitet, obwohl die Lebensumstände der Protagonisten alles andere als erfreulich sind. Von der Lebensfreude der Kubaner lässt sich selbst der griesgrämige serbische Regisseur Emir Kusturica anstecken, der sich in der betreffenden Episode selbst spielt und den die musikalischen Talente seines Taxifahrers bald seine privaten Probleme vergessen lassen. Wie ein Fremdkörper wirkt hingegen die bewusst provokante Arbeit des Franzosen Gaspar Noé, der eine Art Teufelsaustreibung zeigt, in der versucht wird, einem jungen Mädchen seine lesbischen Neigungen auszutreiben. Und auch mit Elia Suleimans Erzählung wurde ich nicht warm, in der der palästinensische Regisseur sich selbst verkörpert und ziellos in Havana umherirrt, während er auf einen Termin mit Fidel Castro wartet, der aber lieber eine endlos lange Rede vor seinen Anhängern hält. Ansatzweise fühlt man sich hier an Luis Buñuel erinnert, letztlich langweilt man sich aber einfach nur.

Unter dem Strich ist 7 días en La Habana ein recht unterhaltsamer Film, der dem Zuschauer interessante Einblicke verschafft und ein differenziertes Bild der kubanischen Gesellschaft vermittelt, das zumindest auf mich als Außenstehenden weitgehend authentisch wirkt. Dazu gehört auch Kritik am Kapitalismus der westlichen Welt, die jedoch nur unterschwellig und niemals penetrant geäußert wird.

Samstag, 30. September 2017

ALIEN: COVENANT (Ridley Scott, 2017)

There have been a few updates since your day.

Nach dem in meinen Augen außerordentlich gelungenen Prometheus waren meine Erwartungen an die Fortsetzung entsprechend hoch. Die entgegen den ursprünglichen Plänen getroffene Entscheidung, sich inhaltlich und optisch wieder mehr dem ersten Alien-Film anzunähern, findet nicht meine ungeteilte Zustimmung. Dabei ging nämlich die mystische Komponente größtenteils verloren, die den Vorgänger auszeichnete. Statt mehr über die Xenomorphe zu erfahren, hätte ich mir weitere Informationen über die Engineers gewünscht, diese ebenso rätselhafte wie faszinierende Rasse. Doch obwohl diese Erwartungen letztlich nicht erfüllt wurden, ist Alien: Covenant ein rundum stimmiger und sehr gelungener Film geworden, der quasi die Lücke zwischen Prometheus und Alien schließt.

Die Story mutet wie eine wilde Zusammenstellung von Komponenten aus Frankenstein, Blade Runner und eben Alien an, deren zentrales Thema die Auflehnung gegen den eigenen Schöpfer bildet, wobei der Androide David hier Schöpfer und Kreatur in einer Person vereint. Dabei stand Michael Fassbender vor der Herausforderung, zusätzlich noch den Androiden Walter zu spielen, ein weiterentwickeltes Modell des Prototypen David, der den Menschen, denen er dienen soll, gegenüber loyal ist. Die Doppelrolle meistert er mit Bravour, und so ist es vor allem sein nuanciertes Spiel, das zu den großen Stärken des Films zählt.

Die Idee, im Vorfeld des Kinostarts zwei Teaser in Form von Prologen über die Videoplattform youtube zu veröffentlichen, ist durchaus originell. Und zumindest der zweite Kurzfilm, The last Supper, ist eine sinnvolle Ergänzung der Geschichte, hilft er doch dabei, die Besatzungsmitglieder der Covenant besser kennen zu lernen. Und die Aussage des Captain Branson, dass er sich ausgebrannt fühle, ist angesichts des Schicksals, das ihn zu Beginn des Hauptfilms ereilt, natürlich sehr treffend.

Die Settings sind nicht ganz so beeindruckend wie beim Vorgänger ausgefallen, was auch daran liegt, dass Planet IV der Erde von den Bedingungen sehr ähnlich sein soll und durch seine Bewohner vor ihrer Auslöschung bereits kultiviert worden war. Der Handlungsstrang dort folgt dann vorwiegend dem Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip, indem die Crew nach und nach immer weiter durch die Xenomorphe dezimiert wird. Die Actionszenen sind rasant inszeniert und werden recht dosiert eingesetzt. Und gerade wenn man denkt, es wird doch noch alles gut, hält das Finale noch einen letzten fiesen Nackenschlag bereit.

Montag, 4. September 2017

SILENCE (Martin Scorsese, 2016)

Eine schwierige Sache, das mit Scorseses neuestem Werk. Dass das Projekt für den Katholiken Scorsese, der selbst in seiner Jugend eine Jesuitenschule besucht hat und ursprünglich plante, Priester zu werden, eine Herzensangelegenheit war, kann man sich gut vorstellen. Wenn jemand ein Projekt über 25 Jahre lang verfolgt, kann man schon von einer Art von Besessenheit sprechen. Mir hingegen fiel es schwer, als jemand, der mit Kirche und Religionen überhaupt nichts anzufangen weiß, Zugang zu dem Film zu finden.
     
Beeindrucken kann Silence vor allem mit den tollen Landschaftsaufnahmen, insbesondere der rauen Küste Taiwans, die hier das historische Japan abbilden soll. Verantwortlich für die grandiosen Bilder zeichnet der Mexikaner Rodrigo Prieto, mit dem Scorsese bereits bei The Wolf of Wall Street zusammengearbeitet hat. Wie der Filmtitel nahelegt, ist die musikalische Untermalung äußerst spärlich ausgefallen und meist kaum wahrnehmbar bis nicht vorhanden. Diesbezüglich vermisst man auch nichts, das starke Rauschen des Windes und das Peitschen der Wellen sind Soundkulisse genug. Auch Sets und Kostüme sind ohne Abstriche hervorragend und tragen ihren Teil dazu bei, dass die Atmosphäre während der japanischen Isolation perfekt eingefangen wurde.

Die Handlung als solche ist relativ belanglos: zwei jesuitische Pater reisen von Portugal nach Japan, um ihren Mentor Pater Ferreira zu finden, der seit geraumer Zeit verschwunden ist und Gerüchten zufolge dem Glauben entsagt haben soll. In Japan angekommen, sehen sie sich sofort der Verfolgung durch die Inquisitoren des Kaisers ausgesetzt und müssen sich wie Tiere verstecken.

Wie gesagt: mit Religionen kann ich nichts anfangen. Somit hatte ich von Beginn an Probleme, mich mit den Protagonisten zu identifizieren, zumal es sich um verblendete Spinner handelt, die – wie alle religiösen Fanantiker – den eigenen Glauben als den einzig wahren und seligmachenden ansehen. Dabei wird einer der beiden, Rodrigues (dem anderen wird irgendwann durch die Inquisition der Garaus gemacht), beinahe zur Jesusfigur stilisiert und dem angeblichen Sohn Gottes dabei auch optisch immer ähnlicher. Dadurch dass die Handlung aus seiner Sicht erzählt wird, ist der Blickwinkel auf den Konflikt sehr einseitig, und Scorsese tut über lange Zeit wenig, um diesen Eindruck zu korrigieren. Erst in der zweiten Hälfte des Films werden die Motive der Gegenseite thematisiert und dadurch Verständnis für ihren Standpunkt geweckt. Ganz abgesehen davon, dass auch die Inquisition der katholischen Kirche jahrhundertelang Andersgläubige verfolgte, folterte und tötete, was in dem Film natürlich mit keinem Wort erwähnt wird. Da verwundert es nicht, dass die Uraufführung im Vatikan stattfand und Scorsese sogar beim Papst vorsprechen durfte. Bessere Propaganda für die eigene Sache konnte man sich dort kaum wünschen.

Den rationalen Gegenpol zu dem besessenen Rodrigues bildet der durch die Inquisition geläuterte Pater Ferreira, der von Liam Neeson gewohnt charismatisch verkörpert wird. Diesem gelingt es schließlich, Rodrigues davon zu überzeugen, der Form halber von seinem Glauben abzulassen. Dass es sich dabei nur um ein Lippenbekenntnis handelt, belegt die letzte Szene, in der Rodrigues‘ Witwe dem Verstorbenen noch heimlich ein Kruzifix zusteckt, bevor er verbrannt wird. 
     
Silence hat – wie vorstehend beschrieben – durchaus seine Stärken. Als historisches Sittengemälde funktioniert er ganz ausgezeichnet. Inhaltlich hingegen hat er - zumindest für nicht religiöse Menschen - wenig zu bieten, zumal die Laufzeit mit rund 160 Minuten auch recht stattlich ausgefallen ist. Durchhaltevermögen ist gefragt. So bleibt unter dem Strich ein zwiespältiger Eindruck.

Donnerstag, 31. August 2017

RESIDENT EVIL: THE FINAL CHAPTER (Paul W. S. Anderson, 2017)

Knapp zwei Jahre ist es her, dass ich die Resident-Evil-Reihe einer Sichtung unterzogen habe. Nachdem mich die beiden letzten Beiträge der Reihe nicht völlig überzeugen konnten, war ich skeptisch, inwieweit Anderson es gelingen würde, die Serie zu einem guten Abschluss zu bringen. Die gute Nachricht vorne weg: Milla Jovovich sah noch nie so gut aus. Und auch sonst gibt es wenig auszusetzen an Andersons neuestem Werk. Die erste Hälfte ist sehr actionbetont und gibt dem Zuschauer kaum die Möglichkeit Luft zu holen, während in der zweiten Hälfte die offenen Enden der Geschichte zusammen geführt werden. Dabei gelingt es Anderson,  das sich über die bisherigen 5 Teile der Reihe immer wilder entwickelnde Storygeflecht zu einem insgesamt stimmigen und schlüssigen Abschluss zu bringen. Bemerkenswert dabei: die Aufzählung der globalen Probleme, die die Übervölkerung der Welt mit sich bringt, sind für jeden offenbar, und so ist der von Dr. Isaacs angestrebte Lösungsansatz, so perfide und extrem er in seiner Ausprägung auch sein mag, letztlich sogar nachvollziehbar.

Die musikalische Untermalung lag in den kompetenten Händen Paul Haslingers, der bereits die Underworld-Reihe mit seinen Klangteppichen veredelte, und auch hier erstklassige Arbeit abliefert. Und dass Anderson rasante Action perfekt in Szene setzen kann, hat er in der Vergangenheit oft genug bewiesen. Ich jedenfalls hatte meinen Spaß mit dem offziellen Abschluss der Reihe. Wobei das Ende ja immerhin noch die Möglichkeit offen lässt, dass doch noch weitere Teile folgen könnten...

Sonntag, 30. Juli 2017

THE GREAT WALL (Zhang Yimou, 2016)

The Great Wall bietet eine etwas eigenwillige Mischung aus Historienepos und Fantasy, das vom chinesichen Meister-Regisseur gekonnt in Szene gesetzt wurde. Zhang Yimous atemberaubende Bildersprache ist natürlich auch hier der eigentliche Star des Films und letztlich leider auch der einzige Grund, sich diesen anzuschauen. Die dünne Story, an der lustigerweise gleich ein ganzes Heer an Autoren mitgewirkt hat, ist nicht der Rede wert und so vorhersehbar wie nur was. Darstellerisch wird immerhin solide Kost geboten. Matt Damon und Pedro Pascal, der bisher vorwiegend TV-Serien gedreht hat, machen ihre Sache nicht schlecht und Willem Dafoe kann in der Rolle des hinterhältigen Ballard überzeugen. Die weibliche Hauptrolle wurde mit der mir bis dato unbekannten Chinesin Tian Jing besetzt, die eine starke Präsenz hat und sehr überzeugend agiert.

Auch wenn man bei der Erschaffung der Tao Tei auf CGI zurückgegriffen hat, setzt Zhang wie bie seinen bisherigen Filmen in den Massenszenen ansonsten auf echte Menschen, was naturgemäß einen viel gewaltigeren Eindruck hinterlässt als die sonst üblichen CGI-Horden. Ich glaube, ich erwähne das in jedem Text zu Filmen, in denen Massenszenen vorkommen, aber ich erfreue mich einfach immer wieder an solchen Szenen, wenn echte Menschen zum Einsatz kommen. Früher Standard, heute leider eher die Ausnahme. Zumal Zhang auch hier wieder auf kräftige Farben setzt und auch damit einen angenehmen Gegenpart zu dem heutzutage üblichen Color-Grading bildet. Diese Massenszenen - sowohl bei den zahlreichen Kämpfen als auch bei den übrigen Szenen wie beispielsweise der Beerdigung General Shaos - sind die Highlights des Films und lassen einen die wenig gehaltvolle Story schnell vergessen. 

Zhang Yimou hat ohne Zweifel viele Filme gemacht, die weitaus besser sind als The Great Wall. Für 100 Minuten kurzweilige Unterhaltung reicht es dennoch.

Freitag, 12. Mai 2017

ROGUE ONE (Gareth Edwards, 2016)

Rebellions are built on hope.

Gareth Edwards konnte mich mit seinen beiden bisherigen Spielfilmen, dem mäßig unterhaltsamen Monsters und dem grottenschlechten Godzilla nicht gerade begeistern. Insofern war ich etwas skeptisch, inwieweit er die richtige Wahl für das erste offizielle Star-Wars-Spin-Off sein würde. Meine anfänglichen Zweifel wurden jedoch schnell zerstreut.  

Wie allseits bekannt, erzählt Rogue One die Vorgeschichte zu Episode IV, also davon, wie die Baupläne des Todessterns in die Hände der Rebellen gelangten. Und obwohl die Protagonisten allesamt unbekannt sind und in den bisherigen Filmen der Reihe nicht vorkommen, stellte sich doch schnell das Gefühl ein, einem echten Star-Wars-Film beizuwohnen. Dafür sorgen nicht nur die bekannten Settings, Figuren und Raumschiffe, sondern auch zahlreiche weitere Referenzen für diejenigen, die mit den übrigen Filmen vertraut sind. Sei es der „Walrus-Man“ (Ponda Baba) samt Begleiter, der in einer kurzen Szene zu sehen ist und in Episode IV zu einem wenig ruhmreichen Auftritt in der Bar in Mos Eisley kam, das Schachspiel mit den kleinen Monstern, das auch später von Chewie im Millenium Falcon gespielt wird, etc. Und auch Darth Vader ist natürlich mit von der Partie, wobei sich seine Präsenz auf einige kurze, dafür aber umso bedrohlicher wirkende Auftritte beschränkt.

Bezüglich des Looks orientierte man sich glücklicherweise an den alten Filmen und ignorierte den Hochglanz-Look der Episoden I bis III. Und so passt sich Rogue One schon rein optisch nahtlos ein und wirkt als Prequel authentischer als die Vorgenannten. Auch die Herausforderung, eine schlüssige Story um die Entwendung der Todesstern-Pläne zu entwickeln, wurde gut gemeistert. Die Geschichte wirkt durchaus glaubwürdig und passt gut in den Gesamtkontext, zumal nun endlich eine Frage zufriedenstellend beantwortet wird, die der aufmerksame Kinogänger sich schon anno 1977 gestellt hat, nämlich wie es passieren konnte, dass eine derart aufwändig und perfekt konstruierte Raumstation wie der Todesstern eine solche Schwachstelle aufweisen konnte. Nun weiß man es endlich. Die Inszenierung ist relativ actionlastig und orientiert sich damit stärker an Return of the Jedi als an den Episoden IV und V. Auch der Humoranteil wurde (glücklicherweise) stark reduziert. Die Wirkung der Macht wird kaum thematisiert, was aber ebenfalls passt, denn zu Beginn von Episode IV ist eben jene ja ziemlich in Vergessenheit geraten, weil es dank Order 66 so gut wie keine Jedi mehr gibt. 

Die kleine Rebellengruppe, die im Zentrum der Handlung steht, ist bunt gemischt und die Zusammenstellung erkennbar von dem Bemühen geprägt, jeder Figur ein Wiedererkennungsmerkmal zu verpassen. Dies ist gut gelungen und selbst die Einbindung eines Droiden funktioniert völlig problemlos. Der wuchtige und irgendwie etwas unheimliche K-2SO, ein umprogrammierter Wachroboter des Imperiums, ist eine der interessantesten künstlichen Geschöpfe des Star-Wars-Universums. 

Ein besonderes Lob gebührt den Machern für die „Wiederbelebung“ Peter Cushings als Gouverneur Tarkin mittels motion-capturing. Die Wirkung ist einfach phänomenal und die entstandenen Bilder wirken täuschend echt. Man könnte meinen, die Szenen seien tatsächlich vom dem vor knapp 25 Jahren verstorbenen Briten gespielt worden, wozu sicherlich auch die Tatsache beiträgt, dass Cushing schon zu Lebzeiten den optischen Eindruck einer wiederbelebten Leiche vermittelte. Jedenfalls bereiteten mir die Szenen mit ihm große Freude. Bei Carrie Fisher als Prinzessin Leia verpufft der Effekt hingegen etwas, was aber auch an der kurzen Screentime liegt. Dennoch trägt die Szene zu einem fast nahtlosen Übergang zwischen dem Ende von Rogue One und dem Beginn von Episode IV bei. 

Gibt es auch etwas Negatives über Rogue One zu berichten? Wenn man kritisch sein will, könnte man sagen, dass die Rebellen um Jyn Erso nicht die Magie entfalten wie seinerzeit Luke Skywalker, Prinzessin Leia und Han Solo. Das stimmt zwar, ist aber irgendwie auch etwas unfair. Außerdem empfand ich die Gegenseite (das Imperium) ohnehin immer als die Faszinierendere, und deren Wirkung ist nach wie vor ungebrochen. Wenn etwa Darth Vader auftaucht, begleitet von den typischen Geräuschen seiner Beatmungsmaske, hält man immer noch in Ehrfurcht die Luft an – genau wie vor 40 Jahren. Und mein inzwischen recht fortgeschrittenes Alter trägt zu der Erkenntnis bei, die Rebellengruppe ganz ohne Verklärung als das zu sehen, was sie schon 1977 war: eine Bande skrupelloser Terroristen, die weder vor Attentaten noch Terroranschlägen zurückschreckt. Natürlich machen sie hehre Ziele für ihre Taten geltend, doch macht das nicht jeder Terrorist? Die Daumen drückt man ihnen natürlich trotzdem.

Samstag, 29. April 2017

ELLE (Paul Verhoeven, 2016)

Der Niederländer Paul Verhoeven, der zu meinen Lieblingsregisseuren zählt, hat sich in den letzten Jahren rar gemacht, was einerseits auf zahlreiche Probleme bei der Realisierung seiner geplanten Projekte zurückzuführen ist, nicht zuletzt vermutlich aber auch mit seinem fortgeschrittenen Lebensalter zusammenhängt. Elle ist erst sein dritter Film in den letzten 15 Jahren, wobei ich den experimentellen Steekspel aus Furcht vor einer Enttäuschung immer noch nicht gesehen habe. 

Die Handlung - erfolgreiche Unternehmerin wird von einem maskierten Eindringling vergewaltigt und versucht auf eigene Faust den Täter zu ermitteln - lässt zunächst einen klassischen Thriller vermuten. Doch wer Verhoeven kennt, der weiß natürlich, dass ihn bloßer Nervenkitzel nicht interessiert. Und so entpuppt sich Elle schon bald als komplexe Studie über eine willensstarke Frau, die es aufgrund ihrer traumatischen Kindheit gewohnt ist, Probleme selbst zu lösen, statt auf die Hilfe Dritter, wie beispielsweise der Polizei zu vertrauen. Obwohl Michèle in ihrem Alltag mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert ist und ihr Leben zum Teil etwas chaotisch verläuft, vermittelt sie durch ihre burschikose Art zumindest oberflächlich das Gefühl, jederzeit alles unter Kontrolle zu haben.  Da ist die heimliche Liebesaffäre mit dem Partner ihrer besten Freundin, die neue Freundin ihres Ex-Mannes, an dem sie noch immer hängt, ihr unreifer Sohn, der Vater wird und sich gegenüber seiner Freundin nicht behaupten kann, ihre psychopathische Mutter, die ihren jungen Liebhaber heiraten will, der gutaussehende Nachbar, bei dem ihre Avancen nicht recht zu verfangen scheinen, ihr aufmüpfiger Mitarbeiter, der vor versammelter Belegschaft die Auseinandersetzung mit ihr sucht, usw. Das alles steht unter dem dunklen Schatten der Vergangenheit: das ungeklärte Verhältnis zu ihrem Vater, der vor 40 Jahren in einem Amoklauf 27 Menschen tötete und seither im Gefängnis sitzt, ohne dass sie ihn jemals besucht hat.

Wie der Filmtitel ("elle" ist das französische Wort für "sie") schon vorgibt, konzentriert Verhoeven sich ganz auf seine Protagonistin. Es gibt kaum eine Szene ohne sie, sie ist die zentrale Figur, die all die kleinen Geschichten zusammenführt. Isabelle Huppert sieht nicht nur toll aus, sondern glänzt zudem mit einer der besten Vorstellungen ihrer Karriere und verleiht der Figur der Michèle eine faszinierende Persönlichkeit.

Eine der größten Stärken von Elle ist es, dass die Handlung nie vorhersehbar ist. Die Erwartungshaltung des Zuschauers wird konsequent unterlaufen und man weiß nie, was als nächstes geschieht. Michèle trägt fraglos psychopathische Züge und ihre Handlungen wirken nicht immer rational. Am Ende schafft sie es jedoch, alle Probleme zu lösen und sich Stück für Stück selbst zu befreien, wobei dies teils ihrer Initiative, teils auch nur den Umständen zuzuschreiben ist. So erhängt sich ihr Vater in seiner Zelle kurz nachdem er erfahren hat, dass sie ihn zum ersten Mal besuchen will, und löst damit den inneren Konflikt Michèles, der sie über all die Jahre belastet hat. Am Ende hat sie ein gutes Stück mehr Ordnung in ihr Leben gebracht, und selbst ihren Vergewaltiger ist sie in der ihr eigenen Art losgeworden. Emanzipation der etwas andere Art.

Mit Elle meldet sich Paul Verhoeven auf höchst eindrucksvolle Weise zurück. Das sahen auch die Kritiker so, die den Film gleich mit einer ganzen Reihe von Preisen überschütteten. Bleibt zu hoffen, dass sich der Niederländer bis zu seinem nächsten Film nicht ganz so viel Zeit lässt. 

Sonntag, 23. April 2017

WATERLOO ( Sergey Bondarchuk, 1970)

Give me night or give me Blücher!

Wie der Filmtitel schon erahnen lässt, stellt Waterloo die Herrschaft der hundert Tage in den Mittelpunkt der Erzählung und insbesondere natürlich die berühmte Schlacht, die die endgültige Niederlage Napoleons bedeutete. Die Handlung beginnt mit der Abdankung des Kaisers und der anschließenden Verbannung nach Elba. Napoleons Flucht und seine Machtergreifung werden relativ zügig abgehandelt, bevor dann die Vorbereitung für die große Schlacht in den Mittelpunkt rückt.

Die Regie hat seinerzeit der Russe Sergey Bondarchuk übernommen, den man vor allem mit der filmischen Umsetzung des Tolstoi-Romans Krieg und Frieden in Verbindung bringt. Waterloo inszenierte er in der Art eines Schachspiels, in dem sich die begnadeten Strategen Napoleon und der Duke of Wellington gegenüber stehen, darauf lauernd, dass der jeweils andere einen Fehler macht. Dabei gewährt er dem Zuschauer auch immer wieder Einblicke in die Gedankenwelt der Protagonisten, indem er sie aus dem Off sagen lässt, was ihnen gerade durch den Kopf geht. Insbesondere der Franzose ist voller Selbstzweifel - ungeachtet seines siegessicher Auftretens seinen Leuten gegenüber - und zudem von heftigen Magenschmerzen geplagt, die es ihm zeitweise unmöglich machen, die Befehlsgewalt über die Truppen auszuüben. Doch auch Wellington ist keineswegs so siegesgewiss wie er nach außen tut, denn ihm ist auch klar, dass Sieg oder Niederlage nicht zuletzt davon abhängen, ob die preußische Armee unter Blüchers Führung rechtzeitig eintreffen wird. Es gelingt dem Film insgesamt recht gut, die herausragenden strategischen Fähigkeiten der Protagonisten herauszustellen, ohne sie dabei zu übergroßen Helden zu stilisieren.

Das Beindruckendste an Waterloo aber sind zweifellos die überwältigenden Massenszenen mit teils Zehntausenden von Statisten. Für die Dreharbeiten konnte Bondarchuk auf mehr als 15.000 sowjetische Soldaten zurückgreifen. Um das Schlachtfeld realistisch zu gestalten, wurde ein immenser Aufwand betrieben und umfangreiche Umgestaltungen der Landschaft vorgenommen. Das Ergebnis ist geradezu atemberaubend. Ich habe es an anderer Stelle schon mehrfach gesagt: egal, wie perfekt die heutzutage eingesetzten CGI sind und wie weit der technologische Fortschritt Filmemacher in die Lage versetzt, Massenszenen am Computer entstehen zu lassen: eine Schlacht mit mehreren tausend echten Menschen und lebenden Pferden ist etwas völlig anderes. Und Waterloo schöpft hier wirklich aus dem Vollen. Man ergötzt sich als Zuschauer einfach an der schieren Masse der Soldaten und bekommt ein realistisches Gefühl dafür, wie derartige Schlachten tatsächlich abgelaufen sind.

Inwieweit die Abläufe in den Details den tatsächlichen Vorkommnissen entsprechen, ist umstritten und im Übrigen für den FIlm völlig unerheblich. Einen wichtigen Beitrag zum Gelingen liefern auch die beiden Hauptdarsteller Rod Steiger und Christopher Plummer, die beide in ihren Rollen vollauf überzeugen können. Insbesondere Steiger begeistert mit einer charismatischen Performance als zwischen Größenwahn und Selbstzweifeln hin- und hergerissener Anführer, der sich innerlich bewusst ist, dass er seinen Zenit längst überschritten hat.




Freitag, 21. April 2017

THE MAGNIFICENT SEVEN (Antoine Fuqua, 2016)

I've always wanted to blow something up.

Ich bin kein Freund von Remakes, war aber dennoch gespannt, wie Fuqua seine Neuinterpretation des Sturges-Klassikers angehen würde, der seinerseits wie allseits bekannt von Kurosawas Shichinin no samurai inspiriert wurde. Erwartungsgemäß nimmt er sich recht große Freiheiten, was die Figurenzeichnung und ihre Motive angeht. Derlei Ansätze begrüße ich bei Remakes oder Neuverfilmungen grundsätzlich, denn einen Film 1:1 nachzuerzählen, schafft in den seltensten Fällen einen Mehrwert. Selbst die Grundkonstellation ist etwas anders als bei Sturges. Während dort mexikanische Bewohner eines Dorfes von Banditen drangsaliert werden, ist es hier der böse Kapitalist Bartholomew Bogue, der ein Dorf in Minnesota terrorisiert und die Bewohner dazu zwingt, unter miserablen Bedingungen und gegen einen Hungerlohn in seinen Goldminen zu arbeiten. Das Proletariat erhebt sich schließlich, und um nur ja kein Klischee auszulassen ist es natürlich eine tapfere Witwe, die den von persönlichen Rachemotiven getriebenen Kopfgeldjäger Sam Chisolm anheuert. Dieser stellt flugs eine bunt gemischte Multi-Kulti-Truppe zusammen, in der nahezu alle Kulturen vertreten sind, deren Auftauchen im Wilden Westen anno 1879 halbwegs plausibel erscheint - frei nach Marx: Revolverhelden aller Länder, vereinigt euch!

Stilistisch pendelt Fuqua dabei irgendwo zwischen Comic und dem Italo-Western. So wirkt beispielsweise die sorgsam eingeleitete Zuspitzung mit vielen Close-Ups auf die Gesichter der Protagonisten in der Szene, in der die Sieben auf den korrupten Sheriff und seine Deputies treffen, wie eine Verbeugung vor dem italienischen Großmeister Sergio Leone. Mit dem klassischen Western, zu deren Vertretern ja auch die 60er Version zählt, hat der Amerikaner hingegen - kaum überraschend - nicht viel am Hut. Seine größte Stärke, nämlich mitreißende Action makellos zu inszenieren, kommt besonders in dem ausgedehnten Showdown zur Geltung, der keine Wünsche offen lässt und für die ein oder andere Länge im Vorfeld entschädigt. Hier werden wirklich alle Register gezogen und ein wahres Feuerwerk abgebrannt.

Unter dem Strich ist The Magnificent Seven ein recht unterhaltsamer Film geworden, der mit soliden Darstellern und grandios inszenierter Action aufwarten kann. Fuqua liefert das, was man von ihm erwarten konnte, und für zwei kurzweilige Stunden reicht das allemal.

Dienstag, 28. März 2017

JANE GOT A GUN (Gavin O'Connor, 2015)

Western mit starken Frauen in der Hauptrolle gibt es nicht allzu viele – Grund genug, um JANE GOT A GUN mit gewisser Vorfreude entgegen zu blicken.

Die Produktion des Films, der ursprünglich zwei Jahre früher veröffentlicht werden sollte, war mit diversen Schwierigkeiten verbunden, was dazu führte, dass sich die Arbeiten über mehrere Jahre hinzogen. Auch wenn es für die Beteiligten sicher alles andere als lustig war, ist es schon amüsant zu lesen, welche namhaften Darsteller in der Zwischenzeit gehandelt, angekündigt und letztlich doch nicht verpflichtet wurden. Und auch der Regieposten blieb von den Wechseln nicht verschont. Doch auch die endgültige Besetzung kann sich sehen lassen, sind doch neben Natalie Portman u. a. Ewan McGregor und der charismatische Joel Edgerton zu sehen.

Die Darsteller sind dann auch eine der Stärken des Films, der ansonsten nur in Teilbereichen zu überzeugen weiß. Dies liegt vor allem daran, dass es sich mehr um ein traditionelles Familiendrama inklusive glücklicher Zusammenführung am Ende handelt, als um einen actiongeladenen Western, den der Titel suggeriert. Die titelgebende Figur der Jane ist eine Frau zwischen zwei Männern, die mehr von ihrer Vergangenheit gequält wird als von den aktuellen Geschehnissen. Das ist zumindest der Eindruck, der sich bei der Sichtung aufdrängt. Unterstrichen wird dies durch die zahlreichen Rückblenden, die dem Zuschauer eine epische Tiefe vorgaukeln, die die im Grunde genommen recht simple Handlung einfach nicht hat. Hinzu kommt, dass die Zeitsprünge den Erzählfluss merklich hemmen und dadurch etwas anstrengend wirken.

Positiv zu erwähnen sind in jedem Fall die schönen Aufnahmen der kargen Landschaft New Mexicos und der gelungene Score, der jedoch bisweilen mehr Dynamik vermittelt als die Handlung zu bieten vermag. Selbst die Belagerungssituation auf Janes Farm, die eigentlich das Potential für einen spannungsgeladenen Showdown gehabt hätte, wird relativ schnell und wenig spektakulär abgehandelt. Da fragt man sich schon, warum hier über 60 Minuten lang ein großes Bedrohungsszenario entwickelt wird, das dann innerhalb von wenigen Minuten in sich zusammenfällt.

JANE GOT A GUN ist kein schlechter Film und trotz des ganzen Hickhacks in der Produktionsphase über weite Strecken durchaus gefällig anzuschauen. In erster Linie ist es aber ein Film der nicht eingelösten Versprechen, der einen ahnen lässt, dass hier unter besseren Bedingungen mehr drin gewesen wäre. So aber ist er nicht mehr als ein solider Vertreter seines Genres, an den sich in fünf Jahren niemand mehr erinnern wird.

Montag, 23. Januar 2017

LONELY ARE THE BRAVE (David Miller, 1962)

Für einen kurzen Moment wähnt man sich in einem klassischen Western, wenn man Kirk Douglas mit Cowboyhut dabei beobachten kann, wie er genüsslich an seiner Zigarette zieht, doch der Motorenlärm und die Kondensstreifen der vorbeifliegenden Düsenjäger machen schnell klar, dass dies ein Trugschluss war. Und doch war der erste Eindruck nicht so falsch, denn bei dem von Douglas verkörperten Jack handelt es sich um einen Außenseiter, der in der falschen Zeit gefangen scheint. Einen festen Wohnsitz hat er ebenso wenig wie einen Ausweis. Finanziell über Wasser hält er sich mit Gelegenheitsjobs als Viehhirte. Er ist ein echter Abenteurer, der den zivilisatorischen Errungenschaften wenig abgewinnen kann und lieber auf seinem Pferd durch die Gegend reitet als ein Auto zu benutzen. Sein Versuch, seinen Kumpel aus dem Gefängnis zu befreien, mutet ebenso naiv wie albern an, doch entspricht das Vorgehen eben seiner Denkweise. Er ist ein Mann für die einfachen Lösungen. Was jedoch zunächst noch nach einem großen Spaß aussieht, nimmt spätestens dann dramatische Züge an, als Jack nach seinem Gefängnisausbruch von der gesamten Obrigkeit durch die Berge gejagt wird.

Und hier schließlich wird ihm seine Prinzipienfestigkeit zum Verhängnis. Ohne sein Pferd, das ihm ohnehin mehr Probleme bereitet als es ihm nutzt, wäre es für ihn ein leichtes gewesen, seinen Häschern in dem unzugänglichen Gelände zu entkommen, doch bringt er es nicht fertig, die Mähre im Stich zu lassen. So scheitert er letztlich an seiner selbst auferlegten Fürsorgepflicht für sein störrisches Pferd, das ihn nicht nur immer wieder aufhält, sondern ihn am Ende geradewegs ins Verderben trägt. Diese finale Szene wird lange vorbereitet und nahezu über die gesamte Spielzeit immer wieder angedeutet. LKW gegen Pferd – Repräsentanten zweier Epochen.

Sehenswert ist Lonely are the Brave vor allem wegen der herausragenden Leistung von Kirk Douglas, der hier zur absoluten Höchstform aufläuft. Die Verfolgungsjagd in den Bergen, die einen Großteil des Films ausmacht, weist übrigens einige Parallelen zu First Blood auf. Und auch die beiden Protagonisten verbindet zumindest das Gefühl, außerhalb der Gesellschaft zu stehen. Auch wenn ich Douglas' Einschätzung, dies sei sein bester Film, nicht unbedingt teile, gibt es wahrscheinlich keinen anderen, der so auf ihn zugeschnitten ist und der so von seiner eindringlichen Darstellung geprägt ist wie dieser.