The thing that haunts me are all the guys that I couldn't save.
American Sniper ist das perfekte
Beispiel dafür, wie herrlich unbeschwert die Amerikaner mit ihren
kriegerischen Auseinandersetzungen umgehen. Da können wir in unserer typisch deutschen Befangenheit nur neidisch werden. Chris Kyle ist
ein Kriegsheld, und als solchen inszeniert Eastwood ihn auch. Wenn er
Unbehagen empfindet, dann nicht etwa dabei, während seiner Einsätze
Menschen zu töten, sondern allenfalls angesichts dessen, dass es ihm
nicht gelingt, noch mehr Kameraden durch seine Abschüsse das Leben
zu retten. Während der Einsätze strahlt er stets eine stoische Ruhe
aus und funktioniert wie eine gut gewartete Maschine. Selbst ein
minderjähriger Junge, der im Verdacht steht, ein Attentäter zu
sein, lässt ihn nur für Sekundenbruchteile zögern, bevor er ihm
das Lebenslicht löscht. Im Film dauert das freilich viel länger,
weil Eastwood noch eine längere Rückblende mit prägenden Momenten
in Kyles Kindheit einschiebt.
American Sniper ist geradlinig,
direkt und wie ein gezielter Schlag in die Fresse. Oder ein Schuss in
den Kopf, um im Bild zu bleiben. Etwas merkwürdig mutet allenfalls
der erfundene Scharfschütze der Gegenseite namens Mustafa an, ein
Kniff, um Kyle einen halbwegs würdigen Gegenspieler zu verschaffen.
Wobei die Vorstellung, dass zwei gegnerische Scharfschützen über
Monate hinweg versuchen, sich gegenseitig zu eliminieren bei genauer
Betrachtung doch reichlich albern ist. Doch im dramaturgischen Sinne
hat die Idee durchaus Charme und sorgt für zusätzliche
Spannungsmomente.
Eastwood inszeniert die Geschichte in
der ihm eigenen Souveränität und mit den bei vielen seiner letzten Filmen
üblichen Rückblenden. Bradley Cooper, der übrigens dem
echten Chris Kyle erstaunlich ähnlich sieht und der mir bis dato völlig unbekannt war, weil ich keinen seiner bisherigen Filme kenne, liefert eine starke
Vorstellung ab. Ihm gelingt es, Kyles innere Zerrissenheit
überzeugend darzustellen, seine Probleme im sozialen Miteinander
zuhause einerseits und seine eiskalte, präzise Ausführung der
Aufträge im Krieg andererseits. Die zahlreichen Gefechtsszenen sind
großartig inszeniert und vermitteln einen hervorragenden Eindruck
davon wie es sich anfühlt, mitten im irakischen Kampfgebiet zu sein.
American Sniper ist sicherlich
ein Film, über den man kontrovers diskutieren kann, wobei die zum
Teil erhobenen Vorwürfe, er würde den Krieg glorifizieren, ins
Leere gehen. Ein patriotischer Film zweifellos, aber eben keiner, der im Pathos ertrinkt. Ich jedenfalls habe den unbekümmerten Umgang mit dem
Thema als höchst erfrischend empfunden und American Sniper
als einen durch und durch großartigen Film – einer von so vielen
im qualitativ hochwertigen und an Höhepunkten reichen Alterswerk des
kalifornischen Regisseurs. Möge er uns noch lange erhalten bleiben
und noch möglichst viele Filme dieser Qualität abliefern!