Sonntag, 27. April 2025

DEADLOCK (Roland Klick, 1970)

Wenn man will, kann man Deadlock im weitesten Sinne auch in die Riege der Spaghetti-Western einsortieren. Zumindest weist er in Aufbau und Handlung starke Ähnlichkeiten mit dem Genre auf. Ungewöhnlich ist vor allem auch die Tatsache, dass es sich um einen deutschen Film handelt. Und obwohl alle Darsteller mit Ausnahme des Schotten Anthony Dawson, der mich übrigens stark an Liam Neeson erinnerte, deutschsprachig sind, hat man eine englischsprachige Synchronisation angefertigt. Gefilmt wurde übrigens in Israel. Die Landschaft erinnert stark an den Süden der USA und dort könnte die Handlung auch angesiedelt sein, wobei man als Zuschauer darüber im Unklaren gelassen wird, wann und wo sich das Ganze zugetragen haben soll.

Dies trägt passenderweise zur bizarren Szenerie bei, die ein paar wenige Menschen - im Film spielen nur 7 oder 8 Darsteller mit - in einer alten Mienensiedlung zusammenführt. Der Aufseher dort ist ein echter Versager, wunderbar verkörpert von einem etwas korpulenten Mario Adorf. Sein Filmname ist ein sprechender, denn so wie es der Name Charles Dump suggeriert, wirkt es, als hätte man ihn dort abgesetzt und dann vergessen. Außerdem leben dort noch seine offensichtlich geistig unterentwickelte Tochter Jessy und ihre Mutter Corinna, die dem Alkohol verfallen ist. die Abgeschiedenheit zur Außenwelt wird nur dadurch unterbrochen, dass gelegentlich ein fahrender Händler vorbeikommt und sie mit dem Nötigsten versorgt.

Dann gibt es da noch die beiden Bankräuber Kid und Sunshine und natürlich den Koffer voller Geld - die Beute aus dem Überfall. Zwischen den beiden und Dump entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel, in dem jeder versucht, die anderen zu übertölpeln und sich mit dem Geld aus dem Staub zu machen.

Deadlock erinnerte mich in seiner fiebrigen Atmosphäre an Oliver Stones U-Turn, ein völlig unterschätzter Film, dem leider nicht die Aufmerksamkeit zuteil wurde, die er verdient hätte. Die Beschränkung des Handlungsstränge auf die Siedlung an der Miene und die unmittelbare Umgebung verleihen ihm einen kammerspielartigen Charakter, wozu auch die geringe Anzahl der Figuren und die sparsame musikalische Untermalung der Kölner Band Can beitragen. Gier und Einsamkeit sind die zentralen Motive des Films, und auch wenn man über die einzelnen Personen wenig erfährt, genügt dies doch, um sich ein ausreichend differenziertes Bild von ihnen machen zu können. Und so ist Deadlock eine kleine, feine Charakterstudie mit bizarren Figuren, die nachhaltig Eindruck hinterlässt.

 

Mittwoch, 23. April 2025

SOLEIL ROUGE (Terence Young, 1971)

Do you always shoot your bed partner in the morning?

Soleil Rouge wird mitunter gerne als Spaghetti Western bezeichnet, eine Einordnung, mit der ich mich etwas schwertue. Fraglos gibt es aber zahlreiche Gemeinsamkeiten mit diesem wunderbaren Subgenre des uramerikanischen Westerns. So handelt es sich um eine europäische Produktion mit dem erfolgreichen James-Bond-Regisseur Terence Young auf dem Regiesessel. Gedreht wurde in Spanien, und zwar in der Gegend um Granada in Andalusien. Auch der Gewaltgrad ist zünftig, ebenso wie der beachtliche Bodycount. Musikalisch untermalt wurde das Ganze leider nicht von Ennio Morricone, sondern dem französischen Komponisten Maurice Jarre, der seine Sache aber auch ganz gut macht. Dennoch gelingt es ihm im Gegensatz zum italienischen Großmeister nicht, dem Film seinen Stempel aufzudrücken oder zumindest einen musikalischen Wiedererkennungswert zu geben.

Bei der Wahl der Darsteller war man gleich interkontinental unterwegs. Neben den Europäern Alain Delon, dem Schweizer Bondgirl Ursula Andress, das sich hier erfreulicherweise deutlich freizügiger gibt als in Dr. No, und dem Amerikaner litauischer Abstammung Charles Bronson gibt es auch den japanischen Star Toshirō Mifune zu bewundern, der hier einen Samurai und Leibwächter des japanischen Botschafters spielt. Und so stehen – zumindest in der ersten Hälfte des Films – erwartungsgemäß die kulturellen Unterschiede zwischen den von Bronson und Mifune verkörperten Figuren im Besonderen und der japanischen und der amerikanischen Kultur im Allgemeinen im Fokus. Dies tritt mit zunehmender Spieldauer aber immer mehr in den Hintergrund. Trotzdem lebt Soleil Rouge natürlich in erster Linie vom Duell der beiden, wobei sich die anfängliche Rivalität zunehmend in Richtung einer partnerschaftlichen Freundschaft entwickelt. Und am Ende stellt sich dann sogar noch eine Prise Wehmut ein.

Youngs Verdienst ist, das Ganze nicht zu ernst zu nehmen und mit der entsprechenden Leichtigkeit in Szene zu setzen. Zwischendurch gibt es immer mal wieder groß angelegte Actionsequenzen, die zwar den ein oder anderen inszenatorischen Makel aufweisen, doch fällt das nicht groß ins Gewicht. Und so bietet Soleil Rouge über die gesamte Spieldauer unterhaltsame, leicht verdauliche Kost, die einfach Spaß macht.

Montag, 24. März 2025

HUNTER KILLER (Donovan Marsh, 2018)

What is better: be right or be alive?

Gemeinsame Sichtung mit einem alten Freund in dessen Kellerkino. Hauptauswahlkriterium war dann folgerichtig das Sounddesign des Films, nicht dessen inhaltliche Qualitäten. Letztere lassen arg zu wünschen übrig, während die brachiale Tonspur auf ganzer Linie überzeugen konnte. Eine hanebüchene Story, die auf einem mir unbekannten Roman basiert, und ein Drehbuch, das vor Ungereimtheiten nur so strotzt – da musste ich unwillkürlich an Olympus has fallen denken, mit dem Hunter Killer nicht nur das Produktionsteam und den Komponisten (Trevor Morris), sondern in Person von Gerard Butler auch den Hauptdarsteller gemeinsam hat. Im Gegensatz zu jenem verzichtet Hunter Killer jedoch auf eine allzu glorreiche Darstellung der amerikanischen Seite und überbordenden Pathos, sondern bemüht sich um eine wohltuend differenzierte Zeichnung der Gegenseite – in dem Fall der russischen. Der südafrikanische Regisseur ist für mich ein vollkommen unbeschriebenes Blatt, ich habe seinen Namen noch nie zuvor gehört. Die Inszenierung der zahlreichen Actionszenen ist rasant und gefällig, und wenn man versucht, die blödsinnige Story auszublenden und einfach in die Szenerie eintaucht, kann man durchaus seinen Spaß mit dem Film haben. 

Gerard Butler gibt einen starken Anführer, der mit seinen pragmatischen Entscheidungen jede noch so knifflige Situation meistert und nie das Gefühl vermittelt, nicht Herr der Lage zu sein. Gary Oldman kann in einer Nebenrolle ein paar Akzente setzen und auch der leider noch vor der Veröffentlichung des Films verstorbene Michael Nyqvist überzeugt in der Rolle des russischen U-Boot-Kapitäns trotz der wenigen Worte, die ihm das Skript zugesteht. 

Als reiner Unterhaltungsfilm funktioniert Hunter Killer trotz der inhaltlichen Defizite erstaunlich gut. Die Inszenierung ist tadellos. Für den Zuschauer gibt es praktisch keine Verschnaufpause, stattdessen atemlose Action am laufenden Band. Die zwei Stunden vergingen wie im Flug und die Ohren wurden gründlich durchgeblasen. Alles in allem fühlte ich mich gut unterhalten.



Mittwoch, 26. Februar 2025

NOSFERATU (Robert Eggers, 2024)

You could never please me as he could.

Remakes sind immer eine heikle Angelegenheit, wobei in diesem Fall eine Zeitspanne von mehr als 100 Jahren zwischen beiden Filmen liegt. Von daher war ich gespannt, inwieweit es Eggers gelingen würde, die düstere Atmosphäre des Originals mit den technischen und filmischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts zu reproduzieren. Um es kurz zu machen: Eggers hat geliefert. 

Sein Nosferatu ist ein ausgesprochen beklemmender Film und verbreitet eine in gewissem Maß depressive Grundstimmung. Die Farbgebung ist stark reduziert, es dominieren Blau- und Grautöne. Richtig hell ist es eigentlich nie. Dennoch schafft Eggers Stamm-Kamermamann Jarin Blaschke dabei Bilder von betörender Schönheit, auch wenn der ganze Film wirkt, als sei er mit einem Leichentuch überzogen. Das ist sicher nicht jedermanns Sache, trägt aber enorm zur außerordentlich dichten Atmosphäre bei. Bereits mit seinen bisherigen Filmen hat Eggers eindrücklich unter Beweis gestellt, dass es eine seiner Stärken ist, längst vergangene Epochen vor den Augen des Zuschauers wieder zum Leben zu erwecken. Dabei sieht er sich in hohen Maß der Authentizität verpflichtet und legt eine große Detailversessenheit an den Tag. So auch hier. Das Leben im fiktiven Wisburg des 19. Jahrhunderts hält offenkundig wenig Freuden für seine Bürger bereit und zu allem Überfluss macht sich mit der Ankunft des Grafen auch noch die Pest dort breit.

Für die Neuverfilmung des Murnau-Klassikers übernahm man in großen Teilen die Handlungsstränge des Originals, die ja bekanntlich auf Bram Stokers berühmtem Roman basieren, rückte dabei jedoch Ellens sexuelle Begierden, hervorgerufen durch ihre Einsamkeit, deutlich stärker in den Fokus. Und so sind es ihre okkulten Beschwörungsriten, die den Grafen Orlok erst aus seinem Jahrhunderte andauernden Schlaf erwecken, damit er dann in ihren wilden Albträumen ihre Bedürfnisse befriedigen kann.

Die Darsteller machen ihre Sache gut. Vor allem Lily-Rose Depp zeigt, dass sie vom Talent ihres berühmten Vaters einiges mitbekommen hat und Willem Dafoe, mit dem Eggers bereits zum dritten Mal zusammengearbeitet hat, ist gewohnt souverän. Zudem ist der von ihm verkörperte Professor die einzige Figur, die so etwas wie Hoffnung verbreitet, weil man das Gefühl hat, dass er alleine halbwegs versteht, was vor sich geht. Bill Skarsgård verblasst hingegen etwas. Sein Graf Orlok ist meist nur schemenhaft oder im Dunklen erkennbar, was seine darstellerischen Möglichkeiten arg begrenzt, andererseits jedoch die übernatürliche Existenz seiner Figur unterstreicht. 

Nosferatu ist alles andere als ein Film, der gute Laune verbreitet, sondern im Gegenteil eher auf die Stimmung drückt, dafür aber mit einer außerordentlich dichten und beklemmenden Atmosphäre, guten Darstellern, beeindruckenden Bildern und einem ebenso düsteren Score überzeugen kann. Das Ende ist dann nur konsequent und das Schlussbild zugleich drastisch und wunderschön.