The world of love wants no monsters in it.
Angesiedelt ist die Handlung in den 80er Jahren, was der Atmosphäre ungemein zuträglich ist. Im Mittelpunkt des Geschehens steht die 18jährige Maren, die eine rätselhafte Lust nach menschlichem Fleisch verspürt, die sie nur für eine gewisse Zeit unterdrücken kann, bevor sie wieder "hungrig" wird. Nachdem sie in ihrem aktuellen Wohnort verhaltsauffällig geworden ist, muss sie mit ihrem Vater (der dieses Verlangen nicht verspürt, aber um die Situation seiner Tochter weiß) Hals über Kopf fliehen. Zu allem Überfluss macht sich ihr Vater während sie schläft aus dem Staub und hinterlässt ihr lediglich ein Bündel Geldscheine, ihre Geburtsurkunde und eine Nachricht in Form einer besprochenen Tonband-Kassette. Da sie nicht weiß, wohin sie gehen soll, beschließt sie, ihre Mutter zu suchen, die sie kurz nach ihrer Geburt verlassen hat. Auf ihrer Reise lernt sie den jungen Lee kennen, der die gleiche kannibalistischen Gelüste hat wie sie.
Ich bin die Sichtung natürlich mal wieder völlig unvorbereitet angegangen und hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Daher hat mich die Szene zu Beginn, als Maren völlig unvermittelt ihrer Klassenkameradin das Fleisch vom Finger beißt, fast aus dem Sessel gehauen. Trotz dieser Ausgangslage ist Guadagninos Film alles andere als ein plakativer Splatterfilm, sondern eher eine Mischung aus romantischem Roadmovie und Coming-Of-Age-Drama. Dazwischen gibt es immer mal wieder sehr drastische Szenen, die zartbesaiteten Gemütern einiges abverlangen, und einige wenige gut sitzende Schockmomente. Vor allem das Treffen zwischen Maren und ihrer Mutter wird mir nachhaltig in Erinnerung bleiben. Während der Sichtung fühlte ich mich mehrfach an Bigelows Near Dark erinnert, obgleich dieser eine völlig andere Stimmung verbreitet und darüber hinaus auch von Vampiren handelt. Gewisse Parallelen gibt es aber durchaus.
Hervorzuheben ist die Leistung der beiden Hauptdarsteller, der Kanadierin Taylor Russell, die beim Dreh schon 27 Jahre alt war aber deutlich jünger wirkt, und des ein Jahr jüngeren US-Amerikaners Timothée Chalamet. Die Chemie zwischen den beiden stimmt und beide verkörpern ihre Außenseiter-Rollen und die sich daraus ergebenden inneren Konflikte äußerst glaubhaft. Und die Szene, in der Maren merkt, dass ihr Vater sie verlassen hat, ist wirklich herzzerreißend.
Bones and all ist ein mitreißender Genre-Bastard, der über die gesamte Spieldauer zu fesseln weiß und mich nach 130 Minuten begeistert entließ. Sehr gut!