I've never run from anybody before.
Wie viele andere klassische Western habe ich High Noon zum letzten Mal gesehen, als ich ein Jugendlicher war. Der Spagetti-Western sagte mir seit jeher mehr zu, wobei High Noon
zweifellos ein herausragender Vertreter seines Genres ist. Dies nicht
nur wegen seiner filmhistorischen Bedeutung, sondern vor allem deshalb,
weil er ohne jedes Pathos auskommt und sein Protagonist genau das
Gegenteil eines strahlenden Helden ist. Die Verteidigung der Stadt
übernimmt er nicht aus irgendeinem Anstands- oder Ehrgefühl heraus,
sondern ausschließlich aus egoistischen Gründen, nämlich weil er weiß,
dass Miller und seine Leute ihn andernfalls jagen würden bis zu seinem
Tod. Da ist ein Showdown in seiner Stadt, in der er sich auskennt, einem
möglichen Angriff aus dem Hinterhalt vorzuziehen.
Ein zweiter Aspekt,
der High Noon so außergewöhnlich macht, ist die
Komprimierung der Handlung auf die letzten anderthalb Stunden vor dem
Eintreffen Millers und den eigentlich Showdown. Der Film läuft also
praktisch in Echtzeit ab. Die damit einhergehende Simplifizierung
reduziert die Story auf die vergeblichen Versuche Kanes Leute zu finden,
die ihm helfen, während er auf die Ankunft Millers wartet. Amüsant ist
dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass in diese außerordentlich
simple und geradlinige Story schon alles Mögliche hineininterpretiert
wurde. In Wahrheit ging es Zinnemann wohl eher darum, eine möglichst
einfache Story möglichst spannend zu erzählen.
Dies ist ihm zweifellos
gelungen und so ist High Noon unbestritten ein
Highlight unter den klassischen Western. Einziger Schwachpunkt aus
meiner Sicht ist die immer wiederkehrende Thematisierung des Titelsongs,
der mir vom Grunde her zwar gefällt und auch hervorragend zur Handlung
passt, nach der fünfzehnten Wiederholung aber doch anstrengend wird.
Dennoch natürlich ein zeitloser Klassiker.