Samstag, 25. Mai 2013

SIDE EFFECTS (Steven Soderbergh, 2013)

I'm not crazy, you know I'm not crazy.

Soderberghs vorletzter Film beginnt wie eine kritische Auseinandersetzung mit der Pharma-Industrie, wandelt sich jedoch schnell zu einem klassischen Thriller im Stile Hitchcocks. Die gewohnt straffe und schnörkellose Inszenierung sorgt für enorme Spannung, die über die volle Spielzeit aufrecht erhalten wird. 

Ein besonderes Lob gebührt den beiden Hauptdarstellern Jude Law und Rooney Mara, die überaus souverän agieren. Vor allem Rooney Mara lerne ich mit jedem ihrer Filme mehr zu schätzen, ist sie doch nicht nur eine hervorragende Schauspielerin, sondern bildet durch ihre interessante Erscheinung, die so gar nicht dem Ideal der gutaussehenden Hollywood-Diva entspricht, eine erfreuliche Ausnahme. Schön im klassischen Sinne ist sie sicher nicht, doch empfinde ich es jedesmal als faszinierend, ihr bei ihrem Spiel zuzuschauen. Schon bei The Girl with the Dragon Tattoo fand ich sie toll und auch hier trägt sie einen erheblichen Teil zum Gelingen des Films bei. Angesichts dessen Qualität ist es umso bedauerlicher, dass Soderbergh seinen Abschied vom Filmemachen angekündigt hat. 

Side Effects jedenfalls ist ein Hochgenuss von der ersten bis zur letzten Minute. Und ein sauspannender dazu.

Freitag, 17. Mai 2013

OUT OF SIGHT (Steven Soderbergh, 1998)

Is this your first time being robbed?

Soderberghs erster Ausflug in den Mainstream ist eine wunderbar leichte Gaunerkomödie mit Starbesetzung, wobei einige der heutigen Stars damals noch gar nicht so groß waren. Wie der ein Jahr zuvor entstandene Jackie Brown von Quentin Tarantino basiert Out of Sight auf einer Vorlage von Elmore Leonard. Lustigerweise spielt Michael Keaton in beiden Filmen die gleiche Rolle, wobei er in Out of Sight nur einen Kurzauftritt hat. 

George Clooney und Jennifer Lopez geben ein perfektes Paar ab und lassen die eigentlich absurde Liaison zwischen einem Bankräuber und einer FBI-Agentin durchaus glaubwürdig erscheinen. Zu verdanken ist das neben ihrem überzeugenden Spiel vor allem den hervorragenden Dialogen. In meiner bisherigen Soderbergh-Reihe markiert Out of Sight fraglos einen Höhepunkt. Toller Film!  

Samstag, 11. Mai 2013

SAVAGES (Oliver Stone, 2012)

Adrenaline is nature's way of telling you: don't fuck up!

Rasant inszenierter Thriller um zwei kalifornische Drogendealer, die sich mit einem mexikanischen Kartell anlegen. Solange man nicht weiter über die an den Haaren herbeigezogene und grausam konstruiert wirkende Handlung nachdenkt, kann man durchaus eine Menge Spaß mit dem Film haben. Stellenweise wirkte er auf mich wie eine auf Ernst getrimmte Geschichte aus dem Universum der Coen-Brüder. 

Man muss sich schon an den Kopf fassen, wenn einem beispielsweise einer der beiden Drogendealer als Gutmensch ersten Ranges verkauft wird, der seinen illegal erworbenen Reichtum selbstlos nutzt, um durch die Welt zu reisen und Projekte in Entwicklungsländern zu finanzieren. Und der andere ist auch nur deshalb manchmal böse, weil er bei seinen Kriegseinsätzen in Afghanistan und im Irak ganz furchtbar traumatisiert wurde. Das ist so absurd, dass es schon wieder lustig ist.

Savages zählt ganz gewiss nicht zu Stones größten Taten, aber unterhaltsam ist er allemal. Und Blake Lively ist wieder mal eine absolute Augenweide. Überflüssig hingegen ist das doppelte Ende. Die „erste“ Auflösung wäre der perfekte Ausklang gewesen... 

 

Freitag, 10. Mai 2013

RIDE WITH THE DEVIL (Ang Lee, 1999)

It ain't right, and it ain't wrong. It just is.

Western vor dem Hintergrund des Sezessionskriegs werden von mir immer gerne genommen, wobei die Konzentration auf die kleineren Scharmützel zwischen den beiden Guerilla-Gruppen (Bushwackers auf der einen und Jayhawkers auf der anderen Seite) einen interessanten Ansatz bildet. Nicht nur die Grenzen zwischen Zivilisten und Miliz sind fließend, sondern auch die zwischen Unionisten und Konföderierten. Dies zeigt die tiefe Zerrissenheit der amerikanischen Bevölkerung in jenen Tagen. 

Ang Lee kleidet die Geschichte in die für ihn so typischen ausladenden und betörend schönen Bilder. Und im CGI-Zeitalter tut es immer wieder gut, echte Reiterhorden mit lebenden Pferden und lebenden Menschen zu sehen. Runde Sache.

Donnerstag, 9. Mai 2013

3:10 TO YUMA (Delmer Daves, 1957)

Squeezin' that watch ain't gonna stop time.

Das Remake des Leonard-Westerns mit Russell Crowe in der Hauptrolle habe ich vor einigen Jahren gesehen und für gut befunden, ohne jetzt noch eine nennenswerte Erinnerung daran zu haben. Ein Vergleich zwischen Original und Remake ist mir somit nicht möglich. 

Das Original jedenfalls gefiel mir durch seinen puristischen Ansatz und die kargen Bilder. Ähnlich wie in High Noon steigert sich die Spannung bis zum großen Finale, wobei hier das psychologische Duell zwischen Ben Wade und Dan Evans im Mittelpunkt steht. Mit den ganz großen Namen kann Daves nicht aufwarten, doch machen die Darsteller – allen voran Van Heflin und Glenn Ford – ihre Sache sehr gut. Vor allem Letzterer gibt eine erstaunlich charismatische Vorstellung und meistert die Gratwanderung zwischen skrupellosem Mörder und sympathischem Draufgänger ganz vorzüglich. Und der deutsche Filmtitel ist sogar noch bescheuerter als der des Remakes. Das ist auch eine Leistung. 

Samstag, 4. Mai 2013

THE WILD BUNCH (Sam Peckinpah, 1969)

If they move, kill 'em.

The wild Bunch wird gemeinhin dem Sub-Genre des Spätwesterns zugeordnet und steht damit unter dem Generalverdacht, ein Abgesang auf den Western zu sein, eine Abrechnung mit seinen Mythen und dem Heroismus einer glorreichen Zeit. Dies trifft jedoch nur bedingt zu und spielt allenfalls eine untergeordnete Rolle. Am ehesten lässt sich dies noch an den alternden Banditen festmachen, die noch einmal einen dicken Coup landen wollen, bevor sie endgültig zu alt dafür sind. Pike schafft es kaum noch, alleine auf sein Pferd zu steigen. Durch mehrere Rückblenden versucht Peckinpah, den Charakteren Tiefe zu verleihen, doch will dies nicht recht gelingen. 

Für einen amerikanischen Western ist The wild Bunch äußerst zynisch, doch anno 1969 war dies auch nichts Besonderes mehr, nachdem Sergio Leone zuvor mit seiner Dollar-Trilogie das Feld bestellt hatte. Fraglos innovativ sind die Zeitlupenstudien während der ausladenden Schusswechsel.

Unter dem Strich bleibt ein ordentlicher Western mit drei großen Szenen (der Überfall zu Beginn, der Überfall auf den Zug und die Schießerei am Schluss) und einiges an Leerlauf dazwischen. Den Kultstatus, der dem Film zugesprochen wird, konnte ich nie nachvollziehen. Daran ändert auch die jüngste Sichtung nichts. Schön anzusehen ist er trotzdem.

Freitag, 3. Mai 2013

PIETA (Kim Ki-duk, 2012)

Nach seiner depressiven Phase und dem daraus hervorgehenden Dokumentarfilm Arirang bezeichnete Kim Ki-duk Pieta als einen Neuanfang. Allerdings liegt dazwischen noch sein Film Amen, dessen ich bisher leider noch nicht habhaft werden konnte. Auf den ersten Blick unterscheidet sich Pieta kaum von seinen früheren Arbeiten, doch bei genauerer Betrachtung fallen schon einige Unterschiede auf. So zeigt er in Pieta ganz explizit die Schattenseiten des Kapitalismus, die Verlierer des Systems, die in baufälligen Blechhütten hausen und mit ihrem traditionellen Handwerk ihr karges Dasein fristen. Leben können sie davon nicht, so dass sie gezwungen sind, Geld zu leihen in dem Wissen, es nicht zurückzahlen zu können. Der skrupellose Geldeintreiber Kang-do hat daher seine ganz eigenen Methoden entwickelt, die geliehene Summe samt 10-fachem Zinsaufschlag zu bekommen. Die Schuldner werden verstümmelt, damit die bei Kreditgewährung abgeschlossene Unfallversicherung einspringt und enden meist als Bettler oder Alkoholiker. Oder sie suchen den Freitod.

Die Verortung der Geschichte in einer sozialen Randgruppe und zudem im alten Arbeiterviertel Cheonggyecheon in Seoul ist in dieser Form ungewöhnlich für Kim, waren seine bisherigen Filme doch meist losgelöst von sozialen Strukturen und stellten zwischenmenschliche Probleme und Beziehungen in den Mittelpunkt. Das für ihn so typische Thema der Abhängigkeit kommt in Pieta natürlich ebenfalls vor. Nachdem Kang-do akzeptiert hat, dass Min-sun seine Mutter ist, nimmt ihre Beziehung zunehmend die Formen einer Abhängigkeit an. Die damit einhergehende Läuterung Kang-dos im Schnelldurchgang ist nicht sonderlich glaubwürdig und wirkt arg konstruiert, doch ist dies der einzige Schwachpunkt des ansonsten rundum überzeugenden Films. 

Im Vergleich mit Werken wie Samaria, Seom oder gar Bad Guy wirkt Pieta wesentlich bodenständiger und damit auch massentauglicher, wobei die krassen Gewaltszenen, die allerdings meist nur angedeutet werden, vermutlich dafür sorgen werden, dass der Mainstream-Filmfreund auch mit Kims 18. Film nicht viel wird anfangen können.