Donnerstag, 25. Februar 2016

THE EQUALIZER (Antoine Fuqua, 2014)

I see a lot of widowed guys. Something in your eyes. You know, it’s not sad. It’s just kind of…lost, you know?

The Equalizer ist ein bis ins kleinste Detail durchgestylter typischer Fuqua-Film, der jedoch ungeachtet seiner zeitlichen Verortung in der Gegenwart unverkennbar den Geist der 80er Jahre atmet. Dies kommt nicht von ungefähr, handelt es sich doch um die Wiederbelebung der gleichnamigen Fernseh-Serie aus dieser Zeit, die mir allerdings gänzlich unbekannt ist. Entsprechend unvorbelastet konnte ich die Sichtung angehen.

Seit der frühere Agent Robert McCall seinen Tod durch eine Autobombe vorgetäuscht hat, lebt er ein unauffälliges Leben, das vom Tod seiner Frau geprägt ist. Emotionslos, beinahe wie eine Maschine, vollzieht er die immer gleichen Rituale, Tag für Tag. Abends besucht er regelmäßig ein Bistro, wo er die russische Nutte Teri kennenlernt, für die er so etwas wie väterliche Zuneigung entwickelt. Nachdem Teri von ihrem Zuhälter krankenhausreif geprügelt wurde, begibt er sich auf einen erbarmungslosen Rachefeldzug und legt sich ganz alleine mit der russischen Mafia an.

Zugegeben: das klingt jetzt nicht sonderlich originell und ist es auch nicht. Die Story könnte genauso gut aus einem 80er-Jahre-Actionreißer stammen, mit Charles Bronson, Steven Seagal oder Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle. Und auch die Kompromisslosigkeit, mit der Robert seine Mission durchzieht, sowie die brachiale Vorgehensweise erinnern an die Filme jener Zeit. Unter optischen Gesichtspunkten wähnt man sich hingegen sofort in einem Fuqua-Film. Statt dreckiger Hinterhöfe gibt es ausgesprochen schöne Hochglanzbilder zu sehen. Dabei ist The Equalizer erfrischend einfältig in der Schwarzweiß-Zeichnung seiner Figuren, die klischeehafter kaum sein könnten. Und der Protagonist ist ein wahrer Samariter, der sein Leben völlig selbstlos in den Dienst der Benachteiligten und Verbrechensopfer stellt. Eine Mutter Teresa mit Knarre sozusagen. Am Ende gibt er sogar über's Internet eine Anzeige auf und bietet sich der Online-Gemeinde als universeller Problemlöser an. Da könnte man glatt kotzen.

Dem Film schadet das aber gar nicht, denn dessen inhärente Logik funktioniert wunderbar, zumal der Fokus ohnehin auf den mitreißend inszenierten Actionszenen liegt, die zum Teil einfach mit Hingabe zelebrierte Hinrichtungen sind. Grandios zum Beispiel die Szene im Hinterzimmer eines Restaurants, in der Robert es mit gleich fünf Gangstern aufnimmt und die Abläufe vorher, auf die Sekunde getaktet, im Kopf durchgeht. Nicht unerwähnt bleiben darf der tolle Score des Briten Harry Gregson-Williams, der das Geschehen trefflich orchestriert. Und dass das simple Prinzip "ein Guter allein gegen das Böse" einen Film trägt, wurde in der Vergangenheit oft genug unter Beweis gestellt. The Equalizer bildet da keine Ausnahme und bietet zwei Stunden beste Unterhaltung.

Freitag, 19. Februar 2016

BLACK MASS (Scott Cooper, 2015)


Black Mass ist ein groß angelegtes Gangster-Epos, das die - zumindest im Kern wahre - Geschichte des Bostoner Kriminellen James Bulger erzählt, der erst im Jahr 2011 verhaftet wurde. Die Messlatte für derartige Geschichten legte Martin Scorsese anno 1990 mit seinem Meisterwerk Goodfellas ziemlich hoch. Da ist es keine Überraschung, dass Black Mass diese nicht erreicht.

Der Film beginnt mit den Anfängen der von Bulger geführten Bande Mitte der 70er Jahre und endet mit der Zerschlagung derselben. Bulgers Verhaftung wird nur kurz angedeutet. Um eine solch gewaltige Zeitspanne so abzudecken, dass der Zuschauer das Gefühl hat, er habe alles Entscheidende mitbekommen und alle relevanten Informationen erhalten, bedarf es schon außergewöhnlicher Fähigkeiten, über die Sott Cooper ganz offensichtlich nicht verfügt. Vielmehr hat man den Eindruck, einzelnen Episoden aus dem Leben des Gangsterbosses beizuwohnen, wobei dies bevorzugt Hinrichtungen von Personen sind, die sich ihm gegenüber ihm Ton vergriffen haben, ihn an ihrer Loyalität ihm gegenüber zweifeln ließen, geschäftlich im Weg sind oder ihm sonst irgendwie das Gefühl gegeben haben, eine Gefahr darzustellen. Wie Bulger sein kriminelles Imperium aufgezogen hat, womit er das Geld verdient, etc. kommt dabei etwas zu kurz.

Dies soll jedoch nicht heißen, dass Black Mass ein schlechter Film wäre - im Gegenteil: Seine Stärke ist eindeutig die detaillierte Charakterzeichnung seiner Figuren, und dies betrifft nicht nur Bulger selbst, sondern auch seine engsten Vertrauten und seine Verbündeten beim FBI. Die exzellente Besetzung bis in die Nebenrollen leistet dabei einen erheblichen Beitrag, aber auch Coopers offensichtliche Fähigkeit, das Maximale aus seinen Darstellern herauszuholen. Dass Johnny Depp eine erstklassige Leistung bieten würde, war im Vorfeld zu erwarten, und doch ist sein James Bulger ein derart bedrohlich wirkender Zeitgenosse, dass man als Zuschauer froh ist, ihm nicht begegnen zu müssen. Depp spielt das sehr zurückhaltend, ohne übertriebene Gesten oder irgendwelche zur Schau getragenen Manierismen. Und dennoch strahlt er in fast jeder Szene eine fast animalische Bedrohung aus. Beispielhaft sei die Sequenz genannt, in der er bei Connolly zu Hause zum Essen eingeladen ist. Connollys Frau mag ihn nicht und zieht sich unter dem Vorwand, sich nicht gut zu fühlen, auf ihr Zimmer zurück. Bulger kommt zu ihr, erkundigt sich süffisant nach ihrem Wohlergehen und tastet langsam ihr Gesicht und ihren Hals ab, nachdem sie ihm erklärt hat, sich krank zu fühlen. Dabei schafft er es, oberflächlich fast fürsorglich zu wirken und dennoch ist klar, dass es nur eines falschen Wortes oder einer unüberlegten Bewegung ihrerseits bedarf, um ihr Schicksal zu besiegeln.

Black Mass ist ein Film, bei dem in erster Linie die Darsteller glänzen. Ein paar Actionszenen gibt es zwar, auch eine Schießerei, doch wer hier ein Actionfeuerwerk erwartet, wird zwangsläufig enttäuscht werden. Wer sich hingegen für traditionelles Darsteller-Kino mit detailliert porträtierten Charakteren begeistern kann, wird sicher auf seine Kosten kommen.

Donnerstag, 18. Februar 2016

THE MARTIAN (Ridley Scott, 2015)

I colonized Mars.

Scotts jüngster Film über den Astronauten Mark Watney, der von seinen Kollegen im Glauben, er sei tot, alleine auf dem Mars zurückgelassen wurde, bietet klassisches Erzählkino, das trotz des Themas erstaunlich bodenständig daherkommt. Der Vergleich mit Nolans Interstellar drängt sich angesichts des Themas natürlich auf. Wo jener einen visionären Ansatz verfolgt, konzentriert sich The Martian darauf, Watneys Rettung möglichst spannend zu erzählen. Im Ergebnis ist so ein einigermaßen (soweit ich das beurteilen kann) realistischer Film entstanden, abgesehen vielleicht von der finalen Rettungsaktion, die so sicherlich nicht möglich wäre. Ansonsten hat man aber nie das Gefühl, mit dem Drehbuchautor seien die Pferde durchgegangen. 

Dabei sind dennoch höchst beeindruckende Bilder entstanden, für die sich wieder einmal der Pole Dariusz Wolski verantwortlich zeigt, mit dem der britische Regisseur schon mehrfach zusammengearbeitet hat. Die Außenaufnahmen für die Szenen auf dem Mars wurden im Wadi Rum in Jordanien gedreht, und es fällt nicht schwer sich vorzustellen, dass es auf dem Mars so ähnlich aussehen könnte. Die Inszenierung ist - wie von Scott gewohnt - routiniert und leistet sich keine Schwächen, die Musikauswahl hingegen etwas eigenwillig, wird aber damit schlüssig begründet, dass Watney ausschließlich die von seiner Kommandantin mitgebrachte Mucke zur Verfügung steht. Das Problem, über einen langen Zeitraum Watneys Isolation auf dem Mars zu zeigen, löste man elegant, indem man ihn ein Videotagebuch führen ließ, in dem er von seinen Aktivitäten berichtet. Das lockert das Ganze auf und vermeidet zudem zahlreiche Selbstgespräche des Protagonisten, die andernfalls als Erklärung für den Zuschauer erforderlich gewesen wären. In diesem Zusammenhang ist unbedingt auch Matt Damons Leistung hervorzuheben, der seine Rolle mit viel Witz und Sarkasmus interpretiert - sicherlich ein geeignetes Konzept um nicht zu verzweifeln, wenn man sich in einer derartigen Situation wiederfindet und daher keineswegs unpassend. Die übrigen Figuren entsprechen weitgehend den gängigen Klischees: die  Kommandantin, die sich Vorwürfe macht, weil sie einen ihrer Männer zurückgelassen hat, der Nerd, der die geniale Idee zur Rettung hat, der NASA-Direktor, der diese ablehnt, weil er nicht das Leben von fünf Menschen riskieren will, um ein einzelnes zu retten etc. Kennt man alles aus zahllosen anderen Filmen, stört aber nicht weiter, weil Menschen nun mal so sind. In der zweiten Filmhälfte kommen die Szenen auf dem Mars für meinen Geschmack etwas zu kurz, hier hätte ich gerne noch mehr über Watneys Reise zum Ares-IV-Landeplatz erfahren. Stattdessen dominieren Sequenzen auf der Erde, die zeigen, wie Watneys Rettung vonstatten geht.

The Martian ist ein nach den gängigen Formeln und zu weiten Teilen voraussehbarer, nichtsdestotrotz jedoch in hohem Maße spannender Science-Fiction-Film, der mit seiner interessanten Story, guten Darstellern und imposanten Bildern aufwarten kann.

Samstag, 13. Februar 2016

THE HATEFUL EIGHT (Quentin Tarantino, 2015)

That's the problem with old men: you can kick'em down the stairs and say it's an accident, but you can't just shoot'em. 

Na also, er kann's doch noch! Nachdem mich die beiden letzten Streifen des Meisters, Inglourious Basterds und Django unchained, ob ihrer deutlich erkennbaren Hinwendung zum Mainstream doch ziemlich enttäuscht hatten - wobei der große finanzielle Erfolg der Filme ihm letztlich irgendwo recht gegeben hat, besinnt er sich mit seinem neuesten Werk auf alte Stärken. Nicht nur der Cast erinnert an seinen genialen Erstling Reservoir Dogs, sind doch mit Tim Roth und Michael Madsen gleich zwei der "Hunde" vertreten, auch den Kammerspiel-Charakter hat The hateful Eight mit jenem gemein, auch wenn die ausgedehnte Eröffnungssequenz, in der eine Kutsche durch schneebedeckte Landschaften fährt, dies zunächst nicht vermuten lässt. Sind die "Acht" aber erstmal in der Hütte versammelt, entwickelt sich schnell ein dialoggetriebenes Kammerspiel, das wie eine Mischung aus Thriller, Western und dem klassischen "Who-dunnit"-Krimi anmutet, durchsetzt von einer kräftigen Prise derben Humors und einigen deftigen Splattereinlagen. 

Das Ganze ist natürlich in typischer Tarantino-Manier ungeheuer geschwätzig, doch im Gegensatz zu den überwiegend langweiligen Dialogen der beiden Vorgänger gestalten sich die Wortgefechte hier höchst unterhaltsam. Wobei Tim Roth interessanterweise den Christoph Waltz gibt und eine Rolle spielt, die den von dem Österreicher in den Vorgängern verkörperten Figuren sehr nahe kommt. Dabei kommt der Brite jedoch sympathischer rüber als sein Wiener Kollege und hat zudem nicht einmal ansatzweise soviel Screentime wie jener, sodass sein Auftritt deutlich weniger enervierend geraten ist. Michael Madsen spielt wieder die Rolle, die er in Tarantino-Filmen immer spielt und Samuel L. Jackson gibt einen richtigen Kotzbrocken, wobei generell zu sagen ist, dass sämtliche in der Hütte versammelte Charaktere durch und durch unsympathische Zeitgenossen sind - mit Ausnahme des Kutschers O.B. vielleicht, der aber nur wenige Szenen hat und dessen Charakter relativ blass bleibt. Einen kleinen Schwachpunkt bildet Jennifer Jason Leigh, deren Leistung nicht immer völlig überzeugend ist, doch fällt dies nicht weiter ins Gewicht.

Mit fortschreitender Spieldauer wird das Geschehen immer bizarrer und gleitend zunehmend ins Surreale ab. Stellenweise erinnert The hateful Eight eher an eine Theateraufführung als an einen Spielfilm, wobei ich dies keineswegs als negativ empfunden habe. Ein gutes Beispiel dafür ist die großartige "Tanz"-Szene zum Schluss - wer den Film gesehen hat, weiß was ich meine. Der Dynamik der Handlung kann man sich ohnehin nicht entziehen, und so vergehen die knapp drei Stunden wie im Flug. Mit einer Einordnung in Tarantinos Gesamtwerk bin ich nach nur einer Sichtung vorsichtig, aber soweit lege ich mich fest: The hateful Eight ist ein großartiger Film und der beste von Tarantino seit Kill Bill.

Montag, 1. Februar 2016

DEAD IN TOMBSTONE (Roel Reiné, 2013)

Mäßig amüsante DTV-Produktion mit recht ansprechender Darsteller-Riege. Danny Trejo ist in der Rolle des von den Toten zurückgekehrten Rächers Guerrero zu sehen, der einen Pakt mit dem Teufel schließt. Dieser gewährt ihm eine 24-stündige Rückkehr in sein früheres Leben, damit er die sechs ehemaligen Mitglieder seiner Räuberbande, die ihn verraten und getötet haben, zur Strecke bringen und ihre Seelen dem Beelzebub (ein unglaublich schmieriger und aufgequollener Mickey Rourke) zuführen kann. Gelingt ihm dies innerhalb dieser Zeitspanne, darf er weiter unter den Lebenden weilen. Andernfalls erwartet ihn die ewige Verdammnis.

Der Niederländer Roel Reiné, dessen wenig imposante Filmografie Hits wie The Scorpion King 3 oder Death Race 2 aufweist, scheint ein großer Fan von Robert Rodriguez zu sein, dessen Stil er zu kopieren versucht - natürlich ohne das Gefühl für Bildkompositionen, wie es der texanisch-mexikanische Regisseur unzweifelhaft besitzt. Dies äußert sich u. a. in zahlreichen Jumpcuts in Verbindung mit ausgedehnten Zeitlupenstudien, die bei jeder möglichen oder unmöglichen Gelegenheit eingesetzt werden. So zum Beispiel in einer Szene, in der Danny Trejo den Saloon betritt, auf den Barkeeper zugeht und einen Whiskey bestellt. Reiné zieht das ewig in die Länge, lässt die sporenbewehrten Stiefel bedeutungsschwanger auf die Holzdiehlen knallen, begleitet vom ängstlich-ehrfürchtigen Blick des Mannes hinter der Theke. Die Szene ist völlig belanglos und wird durch die langatmige und umständliche Inszenierung künstlich mit Bedeutung aufgeladen. Vergleichbare Szenen gibt es mehrere, so dass Dead in Tombstone stellenweise wie Desperado für Arme wirkt.

Die Geschichte selbst gibt auch nicht viel her und bietet Altbekanntes leicht variiert. Von den unnötigen Spielereien abgesehen, ist die Inszenierung aber zumindest solide, insbesondere die Schießereien sind ganz gut gemacht. Und die einmaligen Hackfressen von Trejo und Rourke verleihen den Hauptfiguren zumindest einen starken Wiedererkennungswert. Auch Anthony Michael Hall macht seine Sache als Trejos Gegenpart ordentlich. Für das optische Highlight sorgt die äußerst attraktive Dina Meyer, die mir schon anno 1997 bei Starship Troopers ausgesprochen gut gefallen hat, und inzwischen deutlich gereift ist. Und so kann Dead in Tombstone unter dem Strich trotz zahlreicher Schwächen leidlich unterhalten - in die Filmgeschichte wird er ganz sicher nicht eingehen. Kann man sich schon mal anschauen, man kann es genauso gut aber auch sein lassen.