Angesichts des mächtigen Getöses, das im Vorfeld des Kinostarts um The Revenant veranstaltet wurde, waren meine Erwartungen sehr hoch. Die Sichtung verlief dann mit einem eher ernüchternden Ergebnis. Denn trotz der eigentlich guten Story, die ja angeblich auf einer wahren Begebenheit im Leben des Trappers Hugh Glass beruht, ist Iñárritus neuer Film vor allem eines: langatmig. Dabei fängt alles so gut an. Der Indianerüberfall zu Beginn ist von beachtlicher Intensität und sehr dynamisch inszeniert und auch Glass' Kampf mit dem Grizzly ist höchst spannend und wirkt erschreckend echt. Leider kann der mexikanische Starregisseur dieses Niveau nicht halten und verzettelt sich zunehmend in esoterischen Spielereien und bedeutungsschwangeren Visionen, die sich um das zentrale Motiv der Ermordung von Glass' indianischer Frau drehen, sodass man sich stellenweise fast in einem Terrence-Malick-Film wähnt. Und überhaupt: dieser ganze elende Subplot um die fehlende Akzeptanz von Glass' Mischlingssohn durch die Trapper-Gruppe, die letztlich in dessen Ermordung durch den Indianerhasser Fitzgerald mündet, ist vollkommen unnötig und erkennbar dem Bemühen geschuldet, die in Hollywood so angesagte Rassismus-Thematik im Film unterzubringen. Sowas macht sich bei der Oscar-Verleihung immer gut. Der reine Selbstzweck also, einen Mehrwert gibt dies dem Film nicht.
Und so schleppt sich das Geschehen über weite Strecken ähnlich mühsam dahin wie der verwundete Glass durch die verschneite Wildnis. Spannend ist das nur selten, zumal Überraschungen ausbleiben. Die Regenerationsfähigkeiten, die der Protagonist dabei an den Tag legt, sind erstaunlich. Kann er sich anfangs nur kriechend bewegen, springt er bald wie ein junges Reh durch die Gegend, stiehlt ein Pferd von einer Truppe französischer Trapper und vollbringt im Vorbeigehen noch eine gute Tat, indem er eine gefangen gehaltene Häuptlingstochter vor ihrem Vergewaltiger rettet. Ein echter Held eben. Zum Schluss kommt es dann zum unvermeidlichen Showdown, bei dem Iñárritu auch noch die letzten Ansätze von Logik und Realismus über Bord wirft. Dass der Kommandant des Forts sich überhaupt die Mühe macht, Fitzgerald zu verfolgen, ist angesichts des zeitlichen Rahmens, in dem die Handlung angesiedelt ist, wenig glaubwürdig. Dass er aber auch noch alleine mit dem halbtoten Glass die Verfolgung aufnimmt, statt einen Trupp Soldaten mitzunehmen, kann man sich beim besten Willen nicht vorstellen. Das Ganze ist zudem unterlegt mit einem hektischen Score, der die Nerven des Zuschauers stellenweise arg strapaziert.
Ganz so schlimm, wie sich das alles liest, ist The Revenant aber nun auch wieder nicht. Denn ungeachtet der vorstehend geschilderten Schwächen kann die erste halbe Stunde durchaus überzeugen. Zudem gibt es durchweg schöne Landschaftsaufnahmen zu sehen und nicht zuletzt mit Leonardo DiCaprio und Tom Hardy zwei starke Hauptdarsteller. Vielleicht waren meine Erwartungen einfach zu hoch, doch ich bin sicher, dass bei einer strafferen Inszenierung The Revenant ein weitaus besserer Film hätte werden können. Im direkten Vergleich mit dem tollen Birdman fällt The Revenant in jedem Fall deutlich ab.
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