Mittwoch, 3. September 2025

SECONDS (John Frankenheimer, 1966)

You can't let the mistakes jeopardize the dream.

Seconds wirft die interessante Frage auf, inwieweit man sein Leben besser und erfüllender gestalten könnte, wenn man nochmal die Möglichkeit bekäme, ganz neu anzufangen. Der Protagonist in Frankenheimers Film, der in gehobener Position tätige Bankangestellte Arthur Hamilton, der gute Chancen hat, in absehbarer Zeit die Leitung der Bank zu übernehmen, erhält diese Chance nach dem Anruf eines tot geglaubten Freundes, der ihm von einer Firma erzählt, die Menschen scheinbar sterben lassen und ihnen anschließend ein neues Aussehen, einen neuen Körper und eine neue Identität verschafft. Eher widerwillig und mehr aus Neugierde nimmt Hamilton Kontakt mit der Firma auf, wird dort aber mithilfe eines präparierten Getränks unter Drogen gesetzt und mit einer fingierten Vergewaltigung erpresst, den Vertrag zu unterschreiben und den größten Teil seines Vermögens der Firma als Bezahlung abzutreten. Nach zahlreichen schmerzhaften Operationen, für die auch ein "Spender-Leichnam" verwendet wurde, und endlos erscheinender Reha-Maßnahmen findet er sich in der neuen Identität des Malers Tony Wilson wieder, der ein mondänes Anwesen in Kalifornien bewohnt. Nach einer Eingewöhnungsphase genießt er zunächst sein neues Leben und seinen verjüngten Körper, merkt aber schnell, dass er seiner inneren Leere auch in der neuen Identität nicht entkommen kann. Zumal er in seiner neuen Umgebung ausschließlich von Angestellten der Firma umgeben ist sowie von Menschen, die selbst ihre zweite Identität leben.

Schon die Opening-Sequenz, die menschliche Körperteile und Details einer plastischen Chirurgie in Nahaufnahme zeigt, ist vielversprechend. Die originelle Story basiert auf einem Roman des amerikanischen Schriftstellers David Ely und behandelt die vermutlich zeitlose Frage, wie das eigene Leben verlaufen wäre, hätte man sich von seiner Leidenschaft lenken lassen, statt einen langweiligen, "serösen" Beruf zu ergreifen. Wobei diese nachträglich gewonnene Wahlfreiheit hier natürlich nur inszeniert ist. Mit fortschreitender Spieldauer manövriert sich Wilson immer mehr in eine ausweglose Situation, die in einem fiesen Finale kulminiert.

Erwähnenswert neben den guten Darsteller-Leistungen - selbst Rock Hudson in der Hauptrolle überzeugt - ist vor allem die gute Kamera-Arbeit des Chinesen James Wong Howe, der hier vielfach mit Body-Cams arbeitet und dadurch eine ganz eigene klaustrophobische Atmosphäre schafft. Der Filmtitel bezieht sich übrigens entgegen meiner ersten Annahme nicht auf die Zeiteinheit, sondern ist mit "Die Zweiten" zu übersetzen, steht also für die Menschen, die ihre erste Identität zugunsten einer zweiten aufgegeben haben.

Ein fesselnder und ausgesprochen düsterer Film, der sicherlich zu Frankenheimers besten Arbeiten zählt.

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