Donnerstag, 31. März 2016

THE SHOOTIST (Don Siegel, 1976)

I'm a dying man scared of the dark.

The Shootist war bekanntlich John Waynes letzter Film, und einen würdigeren Abgang für einen der größten Western-Darsteller überhaupt kann man sich kaum vorstellen. Die Story um einen alternden Revolverhelden, der für seinen schnellen Abzug weithin gefürchtet ist, und der in das beschauliche Städtchen Carson City kommt, um sich dort zur Ruhe zu setzen und seine letzten Tage zu verbringen, hat mich jedenfalls sofort gefesselt. Books wird seit einiger Zeit von starken Schmerzen geplagt und sucht einen dort ansässigen, ihm lange bekannten Arzt auf (auch toll: James Stewart), um sich von ihm die Bestätigung der niederschmetternden Diagnose zu holen, die er schon von einem anderen Arzt erhalten hat: Krebs im Endstadium. Seine letzten Tage will er in Carson City verbringen. Er kommt bei der Witwe Bond Rogers unter, deren Herz er trotz ihrer anfänglichen Abneigung ihm gegenüber gewinnen kann.

Auch wenn über allem unverkennbar der Schleier der Melancholie liegt: The Shootist ist alles andere als ein trübseliger Film. Books, der es stets gewohnt war, jede Situation unter Kontrolle zu haben, will sich dem unaufhaltbaren Siechtum nicht einfach so hingeben, sondern selbstbestimmt in den Tod gehen - zu einem Zeitpunkt, den er bestimmt und unter Umständen, die er selbst wählt. Statt sich seinem Schicksal wehrlos zu ergeben, wählt er einen Abgang, der seinem Werdegang und dem damit verbundenen Ruf gerecht wird. Selbst seine Henker wählt er selbst, auch wenn diese sich letztlich als unfähig erweisen, ihre Aufgabe auszuführen, weil Books auf seine alten Tage immer noch schneller ist als seine Widersacher. Er ist ein Relikt aus einer anderen Zeit, deren Ende hier auch durch den Tod Königin Victorias symbolisiert wird, die das britsche Königreich zuvor 67 Jahre lang regiert hatte. Und doch zeigt er in seinen letzten Minuten noch allen, was eine Harke ist.

The Shootist ist ein Film voller erinnerungswürdiger Sprüche, mit einer tollen Story und erstklassigen und zum Teil recht amüsanten Dialogen. Insbesondere die Wortgefechte zwischen Bacall und Wayne sind wunderbar, die romantische Beziehung zwischen ihnen, die mehr angedeutet als ausgeschmückt wird, wirkt glaubwürdig und ist frei von Kitsch. Die beeindruckende Darsteller-Riege tut das ihre. Siegel hat das gewohnt zielstrebig und schnörkellos inszeniert und setzt der Western-Ikone John Wayne damit ein Denkmal. Ein großartiger Film!

Mittwoch, 30. März 2016

CRIMSON PEAK (Guillermo del Toro, 2015)

Funny. That's the last thing Mother said, too.

Zu Guillermo del Toro habe ich ein eher schwieriges Verhältnis. Mit den meisten seiner Filme kann ich, soweit ich sie kenne, wenig anfangen. Ob Blade II, Hellboy oder Pacific Rim - alles keine Streifen, die ich mir freiwillig ein zweites Mal anschauen würde. Lediglich El Laberinto del Fauno ragt aus seinem höchst durchschnittlichen Werk positiv heraus und konnte mich nachhaltig beeindrucken.

Crimson Peak, sein neuester Film, hat auf den ersten Blick mehr mit Letztgenanntem gemein als mit den übrigen Filmen, die entweder einen Comic als Grundlage haben oder sich zumindest stilistisch in diese Richtung bewegen. Es handelt sich um einen traditionell erzählten Horrorfilm, der weder besonders originell ist noch mit außergewöhnlichen Ideen aufwarten kann. Mit der Logik nimmt er es auch nicht so genau, gilt es doch eine Reihe von Plotholes großzügig zu übersehen. Die Schockeffekte wirken meist weniger optisch, sondern eher aufgrund des äußerst gelungenen Sounddesigns, wobei man ohnehin die hinlänglich bekannte bekannte Geschichte von den eigentlich guten Geistern bemüht, die dem Protagonisten nur helfen wollen. Echte Angst muss man vor den zahlreichen Erscheinungen also nicht haben.

Das größte Plus ist ohne Zweifel das tolle Setting in dem alten Schloss, das eine höchst gelungene Kulisse für das Geschehen bildet. Von Anfang ist man sich als Zuschauer darüber im Klaren, dass man selbst unter keinen Umständen auch nur eine Nacht in dem schaurigen Gebäude verbringen würde und wünscht der Protagonistin dringend die nötige Einsicht, dies ebenfalls zu erkennen. Ein Lob gebührt an dieser Stelle dem dänischen Kameramann Dan Laustsen, der seine Fähigkeiten u. a. bei Le Pacte des Loups oder Nattevagten unter Beweis stellte. Darstellerisch wird hingegen solide Kost geboten. Die Beteiligten machen ihre Sache recht gut, ohne dabei groß zu glänzen. Solange man nichts Revolutionäres erwarten, wird man hier unter dem Strich sehr ordentlich unterhalten, und den deutlich erkennbaren Poe-Faktor habe ich mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen.

Mittwoch, 16. März 2016

SPECTRE (Sam Mendes, 2015)

I can think of worse ways to go.

Schon im Vorfeld war klar, dass es schwierig werden würde, an das Niveau des sehr erfolgreichen Vorgängers Skyfall anzuknüpfen. Dessen waren sich ganz offensichtlich auch die Macher bewusst, und so bemüht man sich erkennbar, die Magie alter Zeiten heraufbeschwören. Das fängt schon beim Vorspann an, der erstmals seit dem Neustart der Reihe wieder mit der traditionellen Pistolenlauf-Sequenz aufwartet. Unterlegt ist diese allerdings von einem wirklich scheußlichen Song, der gewiss als einer der schwächsten Bond-Songs in die Geschichte eingehen wird. Auffällig sind die vielen Selbstreferenzen, die jedoch im Gegensatz zum hervorragenden Casino Royale völlig humorlos und ironiefrei vorgetragen werden. Schon die Story wirkt wie eine Verneigung vor den Anfängen der Reihe. Da gibt es eine Zugfahrt inklusive Schlägerei wie seinerzeit in From Russia with Love, das in mehreren Bondstreifen bemühte Motiv des Oberschurken als Gastgeber, wobei es sich in Wahrheit eher um eine Gefangennahme handelt, und mit Blofeld kommt ein alter Gegenspieler Bonds zu einem neuen Auftritt. Und da zeigt sich gleich auch die Schwäche dieser überbordenden Selbstverliebtheit: Nicht genug damit, dass Blofeld ein böser und mächtiger Gegenspieler ist, ist er zugleich auch quasi Bonds Adoptivbruder, der seinen Hass auf jenen als Triebfeder seines Handelns begreift, und nicht nur der heimliche Boss aller vorherigen Bondgegner sondern auch dafür verantwortlich ist, dass Bond alle Menschen verloren hat, die ihm mal etwas bedeutet haben. Blofeld ist seine ganz persönliche Nemesis. Doch damit immer noch nicht genug: Blofeld hat auch den Chef des britischen Geheimdienstes gekauft, um mit diesem gemeinsam den weltweiten Einsatz seines Spionagesystems zu erreichen. Wer angesichts solcher Kapriolen seine Fassung bewahrt, kann sich meines Respekts sicher sein. Mir jedenfalls wurde das alles irgendwann einfach zu viel und ich war nicht mehr bereit, der kruden Story inhaltlich zu folgen.

Nun ist Spectre nicht der erste Bondfilm mit zweifelhafter Story und oft genug ist es den Vorgängern gelungen, dieses Manko mit mitreißender Action zu kompensieren. Doch auch in diesem Punkt kann Bond Nummer 24 nicht völlig überzeugen. Abgesehen von der tollen Pre-Credits-Sequenz, die den Höhepunkt des Films darstellt, gibt es wenig, was das Herz des Actionfreundes höher schlagen lässt. Zwar ist die Verfolgungsjagd mit den Autos routiniert inszeniert, wirkt aber erstaunlich bieder und vermittelt den Eindruck, als habe Mendes nicht gewusst, wie er die Handbremse löst. Und auch in puncto Bondgirls schwächelt Spectre. Monika Bellucci sieht für ihre 50 Lenze ziemlich alt aus (wenn auch nicht unattraktiv) und zu sagen, die blasse Léa Seydoux hätte keine Austrahlung, ist eine maßlose Untertreibung. Dass Bond sich in dieses unreife kleine Mädchen verlieben und wegen ihr seine Agententätigkeit an den Nagel hängen soll, ist die Krönung der an Absurditäten nicht armen Geschichte.

Gibt es auch Positives zu berichten? Durchaus: der neue Aston Martin DB10, der extra für den Film gebaut wurde, ist ein Hingucker, kommt aber leider nur zu einem kurzen Einsatz, es gibt ein paar schöne, wenn auch nicht übermäßig exotische Locations zu bewundern und die erste Film Hälfte ist dank eines gewohnt starken Daniel Craig ziemlich unterhaltsam geraten, bevor das Script dann im zweiten Teil ziemlich aus dem Ruder läuft. Und so ist Spectre zwar nicht völlig misslungen, zählt nach meinem Empfinden aber in jedem Fall zu den schwächeren Bonds.