Montag, 31. Dezember 2018

A QUIET PLACE (John Krasinski, 2018)

Die Handlung von A quiet Place ist in einer Zukunft angesiedelt, in der eine schwer gepanzerte Alienrasse die Herrschaft über die Erde an sich gerissen hat. Die Aliens sind blind, verfügen jedoch über ein außerordentlich gutes Gehör. Demzufolge heißt es für die noch lebenden Menschen, dass sie ein Leben in absoluter Lautlosigkeit fristen müssen, denn jedes Geräusch hätte den sofortigen todbringenden Angriff eines Aliens zur Folge. Dem Zuschauer wird dies gleich zu Beginn drastisch vor Augen geführt, als der jüngste Sohn der im Mittelpunkt des Films stehenden Familie Abbott in Stücke gerissen wird, nachdem er mit einer Piepstöne von sich gebenden Spielzeugrakete gespielt hatte.

Diese recht originelle Ausgangslage schafft eine beklemmende Atmosphäre, in der Naturgeräuschen und Soundeffkekten eine tragende Rolle zukommt. Gesprochen wird fast nichts, die Protagonisten unterhalten sich ganz überwiegend in Gebärdensprache. Eine der wenigen Ausnahmen ist ein Dialog zwischen Vater und Sohn vor einem rauschenden Wasserfall, der lauter ist als die menschlichen Stimmen und daher vor der Entdeckung schützt. Einen weiteren interessanten Aspekt steuert die Tatsache bei, dass die Tochter der Familie taubstumm ist. Während ihr Vater ständig versucht, ein funktionstüchtiges Hörgerät zu bauen, fühlt sie sich für den Tod ihres Bruders verantwortlich, weil sie ihm die Rakete zum Spielen gegeben hat.

Der weitere Handlungsverlauf folgt den innerhalb des Horror-Genres üblichen Mustern. Auch die Schockeffekte, die allerdings verdammt gut sitzen, folgen den bekannten Regeln. Nicht einmal für den abgeschmackten Effekt, in dem plötzlich zunächst nicht zuzuordnende Geräusche auftauchen, deren Urheber sich dann als harmlose Tiere erweisen - hier zwei Ratten - ist man sich zu schade. Das alles mindert das Sehvergnügen aber in keiner Weise, denn schon durch das originelle Setting alleine hebt sich A quiet Place deutlich von der Masse der Genre-Vertreter ab. Dabei bewegt sich das Team um Regisseur und Hauptdarsteller John Krasinski auch technisch auf höchstem Niveau. Neben dem phantastischen Sounddesign sind auch die hervorragende Fotografie sowie der dynamische Schnitt hervorzuheben. Auch die Effekte, insbesondere das Design der Aliens, können überzeugen, wobei die Außerirdischen schon stark an ihre Kollegen aus Ridley Scotts Meisterwerk bzw. dessen Nachfolger erinnern. Hinzu kommt, dass der Film einfach sauspannend ist und mit einer Laufzeit von 90 Minuten auch knackig kurz. Vor allem aber macht Krasinski nicht den Fehler, alles erklären zu wollen. Vom Zuschauer ist also ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit gefordert und dennoch bleiben am Ende viele Fragen unbeantwortet.

Unter dem Strich ist A quiet Place ein origineller, wahnsinnig spannender und seine Grundidee konsequent zu Ende führender Horrorfilm, der trotz seiner formelhaften Handlung ganz ausgezeichnet unterhält.

Samstag, 29. Dezember 2018

Death Wish (Eli Roth, 2018)

Dass Michael Winners Klassiker, der immerhin vier Fortsetzungen nach sich zog, erst jetzt ein Remake erfährt, ist auf den ersten Blick verwunderlich angesichts der Remake-Flut der letzten Jahre, bei genauerer Betrachtung aber mit der chaotischen, sich über viele Jahre hinziehenden Produktionsgeschichte mit wechselnden Regisseuren, Autoren und Darstellern erklärbar. Letztlich erhielt Eli Roth den Auftrag, dessen Namen ich vorwiegend mit blutgetränkten B-Movies verbinde.

Hinsichtlich der Story nimmt sich die Neuauflage recht große Freiheiten, wobei das Grundmotiv des Protagonisten nahezu unverändert übernommen wurde. Wie im Original geht es Paul Kersey, der dieses Mal kein Architekt sondern Chirurg ist, auch hier zunächst weniger um direkte Rache an den Mördern seiner Frau, die er im Übrigen gar nicht kennt, sondern darum, Schwerverbrecher quasi stellvertretend hinzurichten. Dass er dabei dann doch relativ schnell auf die Mörder seiner Frau stößt, ist eher dem Zufall geschuldet, weil einer aus der Bande schwerverletzt auf seinem OP-Tisch landet.

Wenn Charles Bronson sich anno 1974 noch unbeobachtet auf der Suche nach Opfern durch New York bewegen konnte, ist dies Bruce Willis heute kaum noch möglich. Direkt bei seiner ersten Aktion wird er von einer Passantin gefilmt und das Video ist schneller bei youtube hochgeladen als die Polizei die Produzentin verhören kann. Wobei ganz grundsätzlich festzustellen ist, dass die Übertragung der Story in die Gegenwart und die damit verbundene weitaus stärkere Einbindung der Medien äußerst gut gelungen ist. Während ein Teil der Journalisten und Radiomoderatoren Kerseys Vorgehen verurteilt, wird er von vielen anderen als Grim Reaper regelrecht gefeiert.

Bruce Willis ist als Hauptdarsteller eine gute Wahl und macht es dem Zuschauer leicht, sich mit ihm zu solidarisieren. Dabei wird auf eine beinahe putzige Art und Weise detailliert dargelegt, wie Kersey angesichts der mit den vielen Morden überforderten Polizei nach und nach zu dem Punkt kommt, an dem er das Gesetz selbst in die Hand nimmt. Erst als seine Tochter nach Wochen überraschend aus dem Koma erwacht, beendet er seine Mission. Da trifft es sich gut, dass der Hauptäter ihn schließlich zu Hause aufsucht und sich ebenfalls von ihm zur Strecke bringen lässt.

Bei den Kritikern kam Death Wish nicht sonderlich gut weg, wobei mir die Gründe nicht ganz klar sind. Insbesondere die Kritik an der Leistung von Bruce Willis geht ins Leere. In meinen Augen ist Roth ein erfrischender und äußerst kurzweiliger Rachethriller gelungen, der das Original gekonnt in die Gegenwart transportiert. Vielleicht ist es die Enttäuschung, weil man bei einem Regisseur wie Eli Roth deutlich mehr Gewalt erwartet hätte, als der Film dann zu bieten hat? Andererseits wurden Filme mit dem Thema Selbstjustiz seit jeher kritisch gesehen, auch Winners Film wurde seinerzeit vielfach ablehnend aufgenommen. Vermutlich ist das auf ein allgemeines Unwohlsein zurückzuführen, weil Selbstjustiz dem etablierten Rechtsverständnis zuwider läuft und eine daraus resultierende mangelnde Fähigkeit, sich mit dem Protagonisten zu identifizieren. Mir sind derlei Probleme fremd. Death Wish hat mir einfach Spaß gemacht.

Donnerstag, 20. Dezember 2018

CHILD 44 (Daniél Espinosa, 2015)

Homosexuality is a serious crime!

Der der Verfilmung zugrunde liegende Roman ist mir gänzlich unbekannt. Das erschwert mir die Einordnung, denn für sich betrachtet ist Child 44 ein etwas kruder Mix aus Familiendrama, Historienepos und Thriller, der sich nicht entscheiden kann, was er nun sein möchte. Wobei darin auch ein gewisser Reiz liegt, denn durch die heterogene Struktur lässt man den Zuschauer über weite Strecken im Unklaren, wohin sich die Handlung entwickeln wird. Was zunächst wie eine klassische Geschichte von Aufstieg und Fall des MGB-Offiziers Leo aussieht – angesiedelt in der stalinistischen Sowjetunion – wandelt sich im weiteren Verlauf zunehmend in die Hatz auf einen Serienkiller, der es auf junge Knaben abgesehen hat. Das Problem dabei ist, dass Espinosa respektive sein Drehbuchschreiber Richard Price zu viel Stoff in gut zwei Stunden Film gepresst haben und am Ende viele Fragen offen bleiben, deren Beantwortung man sich als Zuschauer gewünscht hätte.

Unklar bleibt vor allem Leos Motiv, den Mörder unbedingt finden zu wollen. Er ist regelrecht besessen davon den Fall aufzuklären. Durch die heimliche Reise nach Moskau geht er mit seiner Frau sogar das Risiko ein, in ein Straflager gesteckt zu werden, was die beiden nur durch ihre rechtzeitige Flucht verhindern können. Letztlich zahlt sich Leos Beharrlichkeit sogar aus, weil er den Mörder stellt und am Ende rehabilitiert wird. Nur war dies von ihm ja kaum in dieser Art und Weise vorhersehbar, geschweige denn geplant. Und auch die Tatsache, dass er rehabilitiert wird dafür, einen Serienmörder zur Strecke gebracht zu haben, dessen Existenz zuvor vom Regime hartnäckig geleugnet wurde, will nicht ganz einleuchten.

Trotz dieser Ungereimtheiten hat mir Child 44 insgesamt doch recht gut gefallen. Die Stärken des Films liegen in seiner beklemmenden Atmosphäre, die den Schrecken des Stalin-Terrors treffend einfängt, den gelungenen Sets und Kostümen sowie den starken Darstellerleistungen, allen voran Tom Hardy und Gary Oldman. Dies alles lässt einen über die inhaltlichen Schwächen hinwegsehen. Dennoch schade, denn mit etwas mehr Finesse hätte Child 44 ein richtig guter Film werden können. So bietet er zumindest ordentliche Unterhaltung.