Je
weiter die Handlung voranschreitet, desto düsterer und bedrohlicher wird
die Atmosphäre. Bong legte auch hier viel Wert auf eine detaillierte
Zeichnung der Charaktere. Interessant ist vor allem der Konflikt
zwischen dem alteingesessenen ländlichen Kriminalbeamten Park, der für
sich in Anspruch nimmt, einen Mörder an seinen Augen zu erkennen, und
seinem jungen Kollegen Seo aus der Hauptstadt, der deutlich
strukturierter an die Sache herangeht. Während Park tagelang in der
örtlichen Sauna nach Männern ohne Schambehaarung sucht, weil er sich in
den Kopf gesetzt hat, der Mörder habe keine Schamhaare, weil bei den
Opfern keine gefunden wurden, und später sogar die Dienste einer
Schamanin in Anspruch nimmt, verfolgt Seo einen rationalen Ansatz. Auch
der vor Ort üblichen Vorgehensweise, Verdächtige so lange zu prügeln und
unter Druck zu setzen bis sie ein Geständnis unterschreiben, kann er
wenig abgewinnen. Doch je länger sich die Ermittlungen hinziehen, desto
emotionaler und unkontrollierter wird Seo, während Park sich zunehmend
mit den Gegebenheiten abfindet.
Memories of Murder ist ein unheimlich fesselnder
und mitreißender Film, der zudem wiederum mit erstklassigen Darstellern
punkten kann. Und auch dem von mir anfangs bemühten Vergleich mit Zodiac kann er mühelos standhalten.
Mittwoch, 4. Februar 2015
SALINUI CHUEOK / MEMORIES OF MURDER (Bong Joon-ho, 2003)
Mittwoch, 28. Januar 2015
MADEO / MOTHER (Bong Joon-ho, 2009)
Im Mittelpunkt steht die namenlose Mutter, die man auch über die verkörperte Person im Film hinaus als Sinnbild dafür begreifen kann, wozu eine Mutter in der Lage ist und welche Opfer sie zu bringen willens ist, um ihr einziges Kind zu retten. Das ist manchmal lustig, meistens sehr spannend und zudem darstellerisch exzellent umgesetzt. Das Drehbuch ist erstklassig, und obwohl man auf Wendungen vorbereitet ist, weil die Story geradezu danach zu schreien scheint, kommen sie dann doch überraschend. Dabei bleibt die Figurenentwicklung jederzeit stimmig und nachvollziehbar.
Madeo ist bis zur gut sitzenden Schlusspointe ein origineller, wendungsreicher und extrem spannender Film, der meine ohnehin schon große Vorfreude auf Bongs Memories of Murder, der demnächst zur Sichtung ansteht, nochmal erheblich steigerte. Koreanisches Kino, wie ich es liebe.
Freitag, 26. Dezember 2014
GWOEMUL / THE HOST (Bong Joon-ho, 2006)
Montag, 1. Dezember 2014
SNOWPIERCER (Bong Joon-ho, 2013)
I believe it is easier for people to survive on this train if they have some level of insanity.
Der Südkoreaner Bong Joon-ho schuf mit Snowpiercer einen höchst unterhaltsamen Film, der sich des aktuellen Zeitgeists bedient, um die oben geschilderte Ausgangssituation zu schaffen. Es gehört nicht viel Phantasie dazu sich auszumalen, dass – wäre der Film 30 Jahre früher entstanden – als Begründung für die globale Eiszeit wahrscheinlich der Fallout einer nuklearen Katastrophe hätte herhalten müssen. Der Film würde ansonsten genauso funktionieren. In Zeiten, in denen niemand mehr Angst vor Atomwaffen hat, schürt man eine irrationale Angst vor dem Klimawandel. Vor irgendwas muss der Mensch ja schließlich Angst haben. Der Film funktioniert dann auch nach dem gleichen Schema: die Macht der Zugbetreiber baut in erster Linie auf die Angst der Passagiere vor einem Leben in der eisigen Kälte bzw. der Unmöglichkeit desselben, und so wird keine Gelegenheit ausgelassen, diese Angst weiter zu befeuern. Sei es durch mittelalterlich anmutende Bestrafungsaktionen wie das erzwungene Abfrieren von Gliedmaßen oder die einer Hirnwäsche gleichende Unterrichtung der Kinder der wohlhabenden Passagiere, die den lebenserhaltenden Motor der Lokomotive beinahe wie eine Gottheit verehren.
Eine große Stärke des Films ist, dass die Handlung sich immer wieder in eine Richtung entwickelt, die schwer vorherzusehen ist. Zudem ist Bong in der Ausgestaltung der Details erfreulich konsequent und geht keine Kompromisse ein. Dies zieht sich durch bis zum bitteren Ende, das in seiner unnachgiebigen Konsequenz ziemlich verstörend ist. Und dennoch bleibt am Schluss ein Hoffnungsschimmer, verkörpert durch den Eisbär, der beweist, dass ein Leben unter den unwirtlichen Bedingungen der Außenwelt möglich ist.