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Mittwoch, 4. Februar 2015

SALINUI CHUEOK / MEMORIES OF MURDER (Bong Joon-ho, 2003)


Bongs zweiter Spielfilm basiert – ähnlich wie Finchers Zodiac, zu dem er im Übrigen einige Parallelen aufweist – auf einer wahren Begebenheit und erzählt von dem erfolglosen Versuch mehrerer Polizeibeamte, eine Mordserie an jungen Frauen aufzuklären. Dass die echte Mordserie nie aufgeklärt wurde, wird direkt am Anfang als Text eingeblendet. Wie auch bei seinen nachfolgenden Filmen vermischt Bong mehrere Genres, wobei der Schwerpunkt auf der kriminalistischen Aufklärung liegt. Doch gerade zu Beginn kommen auch komödiantische Elemente zum Einsatz, was Memories of Murder zunächst – trotz der Morde – eine relativ lockere Stimmung verleiht. 

Je weiter die Handlung voranschreitet, desto düsterer und bedrohlicher wird die Atmosphäre. Bong legte auch hier viel Wert auf eine detaillierte Zeichnung der Charaktere. Interessant ist vor allem der Konflikt zwischen dem alteingesessenen ländlichen Kriminalbeamten Park, der für sich in Anspruch nimmt, einen Mörder an seinen Augen zu erkennen, und seinem jungen Kollegen Seo aus der Hauptstadt, der deutlich strukturierter an die Sache herangeht. Während Park tagelang in der örtlichen Sauna nach Männern ohne Schambehaarung sucht, weil er sich in den Kopf gesetzt hat, der Mörder habe keine Schamhaare, weil bei den Opfern keine gefunden wurden, und später sogar die Dienste einer Schamanin in Anspruch nimmt, verfolgt Seo einen rationalen Ansatz. Auch der vor Ort üblichen Vorgehensweise, Verdächtige so lange zu prügeln und unter Druck zu setzen bis sie ein Geständnis unterschreiben, kann er wenig abgewinnen. Doch je länger sich die Ermittlungen hinziehen, desto emotionaler und unkontrollierter wird Seo, während Park sich zunehmend mit den Gegebenheiten abfindet.

Memories of Murder ist ein unheimlich fesselnder und mitreißender Film, der zudem wiederum mit erstklassigen Darstellern punkten kann. Und auch dem von mir anfangs bemühten Vergleich mit Zodiac kann er mühelos standhalten.

Mittwoch, 28. Januar 2015

MADEO / MOTHER (Bong Joon-ho, 2009)

Bong Joon-ho zum Dritten, und es wird immer besser. Nachdem mir schon die Sichtungen von The Host und Snowpiercer großes Vergnügen bereitet hatten, setzt der produktionstechnisch dazwischen angesiedelte Mother nochmal eins oben drauf. Auch hierbei handelt es sich um einen Genre-Bastard, der dieses Mal Elemente des klassischen Thrillers, der Komödie und des Familiendramas zu einer höchst gelungenen Mischung verbindet. 

Im Mittelpunkt steht die namenlose Mutter, die man auch über die verkörperte Person im Film hinaus als Sinnbild dafür begreifen kann, wozu eine Mutter in der Lage ist und welche Opfer sie zu bringen willens ist, um ihr einziges Kind zu retten. Das ist manchmal lustig, meistens sehr spannend und zudem darstellerisch exzellent umgesetzt. Das Drehbuch ist erstklassig, und obwohl man auf Wendungen vorbereitet ist, weil die Story geradezu danach zu schreien scheint, kommen sie dann doch überraschend. Dabei bleibt die Figurenentwicklung jederzeit stimmig und nachvollziehbar.

Madeo ist bis zur gut sitzenden Schlusspointe ein origineller, wendungsreicher und extrem spannender Film, der meine ohnehin schon große Vorfreude auf Bongs Memories of Murder, der demnächst zur Sichtung ansteht, nochmal erheblich steigerte. Koreanisches Kino, wie ich es liebe.

Freitag, 26. Dezember 2014

GWOEMUL / THE HOST (Bong Joon-ho, 2006)

Eine originelle Mischung aus Monsterfilm, Satire und Komödie, die mich ausgesprochen gut unterhalten hat. Der Score ist nicht sehr gelungen und wirkt häufig so, als bemühe er sich um Bombast, ohne dies zustande zu bringen, und auch die CGI sind alles andere als realitätsnah. Das macht aber gar nichts, denn dafür punktet der Film mit ebenso tollpatschigen wie sympathischen Charakteren, hervorragenden Darstellern und einer originellen und wendungsreichen Story, die sich angenehm von dem genre-üblichen Einheitsbrei abhebt. Dabei kommt er mitunter der Grenze zur Albernheit gefährlich nahe, so z. B. bei der Trauerszene zu Beginn, ohne sie jedoch zu überschreiten. Und Song Kang-ho ist einfach wunderbar als narkoleptischer, unterbelichteter Versager, der ständig bei den unpassendsten Gelegenheiten einschläft. Auf der Suche nach seiner verschleppten Tochter wächst er schließlich über sich hinaus und wird am Ende sogar zum Helden. 
 
Da dies nun schon der zweite gute Film von Bong Joon-ho ist, den ich gesehen habe, habe ich mir direkt noch zwei weitere besorgt. Mal gespannt, was der Südkoreaner sonst noch zu bieten hat.

Montag, 1. Dezember 2014

SNOWPIERCER (Bong Joon-ho, 2013)

I believe it is easier for people to survive on this train if they have some level of insanity.

Die Prämisse des Films ist ziemlich amüsant: In seiner unendlichen Hybris, die den Menschen glauben lässt, Herrscher über das Klima zu sein – dieser Tage übrigens wieder schön bei der „Weltklimakonferenz“ in Lima zu beobachten – , jagt man gigantische Mengen des Kühlmittels CW7 in die Atmosphäre, in der Hoffnung, den Planeten damit abzukühlen. Dies geht gründlich schief und löst eine Eiszeit aus, die nahezu alles Leben vernichtet. Die letzten Überlebenden können sich an Bord eines Zuges retten, der – angetrieben von einem Perpetuum mobile – unermüdlich den Globus umrundet. Schnell etabliert sich ein Ordnungssystem, das die Passagiere in rechtelose Mitfahrer im hinteren Zugteil und privilegierte Passagiere im vorderen Zugteil einteilt. Und ganz vorne wacht der Firmengründer über den heiligen Motor, der den Zug antreibt. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die untere Klasse gegen die Unterdrücker erhebt.

Der Südkoreaner Bong Joon-ho schuf mit Snowpiercer einen höchst unterhaltsamen Film, der sich des aktuellen Zeitgeists bedient, um die oben geschilderte Ausgangssituation zu schaffen. Es gehört nicht viel Phantasie dazu sich auszumalen, dass – wäre der Film 30 Jahre früher entstanden – als Begründung für die globale Eiszeit wahrscheinlich der Fallout einer nuklearen Katastrophe hätte herhalten müssen. Der Film würde ansonsten genauso funktionieren. In Zeiten, in denen niemand mehr Angst vor Atomwaffen hat, schürt man eine irrationale Angst vor dem Klimawandel. Vor irgendwas muss der Mensch ja schließlich Angst haben. Der Film funktioniert dann auch nach dem gleichen Schema: die Macht der Zugbetreiber baut in erster Linie auf die Angst der Passagiere vor einem Leben in der eisigen Kälte bzw. der Unmöglichkeit desselben, und so wird keine Gelegenheit ausgelassen, diese Angst weiter zu befeuern. Sei es durch mittelalterlich anmutende Bestrafungsaktionen wie das erzwungene Abfrieren von Gliedmaßen oder die einer Hirnwäsche gleichende Unterrichtung der Kinder der wohlhabenden Passagiere, die den lebenserhaltenden Motor der Lokomotive beinahe wie eine Gottheit verehren. 

Eine große Stärke des Films ist, dass die Handlung sich immer wieder in eine Richtung entwickelt, die schwer vorherzusehen ist. Zudem ist Bong in der Ausgestaltung der Details erfreulich konsequent und geht keine Kompromisse ein. Dies zieht sich durch bis zum bitteren Ende, das in seiner unnachgiebigen Konsequenz ziemlich verstörend ist. Und dennoch bleibt am Schluss ein Hoffnungsschimmer, verkörpert durch den Eisbär, der beweist, dass ein Leben unter den unwirtlichen Bedingungen der Außenwelt möglich ist.