Donnerstag, 20. Dezember 2018

CHILD 44 (Daniél Espinosa, 2015)

Homosexuality is a serious crime!

Der der Verfilmung zugrunde liegende Roman ist mir gänzlich unbekannt. Das erschwert mir die Einordnung, denn für sich betrachtet ist Child 44 ein etwas kruder Mix aus Familiendrama, Historienepos und Thriller, der sich nicht entscheiden kann, was er nun sein möchte. Wobei darin auch ein gewisser Reiz liegt, denn durch die heterogene Struktur lässt man den Zuschauer über weite Strecken im Unklaren, wohin sich die Handlung entwickeln wird. Was zunächst wie eine klassische Geschichte von Aufstieg und Fall des MGB-Offiziers Leo aussieht – angesiedelt in der stalinistischen Sowjetunion – wandelt sich im weiteren Verlauf zunehmend in die Hatz auf einen Serienkiller, der es auf junge Knaben abgesehen hat. Das Problem dabei ist, dass Espinosa respektive sein Drehbuchschreiber Richard Price zu viel Stoff in gut zwei Stunden Film gepresst haben und am Ende viele Fragen offen bleiben, deren Beantwortung man sich als Zuschauer gewünscht hätte.

Unklar bleibt vor allem Leos Motiv, den Mörder unbedingt finden zu wollen. Er ist regelrecht besessen davon den Fall aufzuklären. Durch die heimliche Reise nach Moskau geht er mit seiner Frau sogar das Risiko ein, in ein Straflager gesteckt zu werden, was die beiden nur durch ihre rechtzeitige Flucht verhindern können. Letztlich zahlt sich Leos Beharrlichkeit sogar aus, weil er den Mörder stellt und am Ende rehabilitiert wird. Nur war dies von ihm ja kaum in dieser Art und Weise vorhersehbar, geschweige denn geplant. Und auch die Tatsache, dass er rehabilitiert wird dafür, einen Serienmörder zur Strecke gebracht zu haben, dessen Existenz zuvor vom Regime hartnäckig geleugnet wurde, will nicht ganz einleuchten.

Trotz dieser Ungereimtheiten hat mir Child 44 insgesamt doch recht gut gefallen. Die Stärken des Films liegen in seiner beklemmenden Atmosphäre, die den Schrecken des Stalin-Terrors treffend einfängt, den gelungenen Sets und Kostümen sowie den starken Darstellerleistungen, allen voran Tom Hardy und Gary Oldman. Dies alles lässt einen über die inhaltlichen Schwächen hinwegsehen. Dennoch schade, denn mit etwas mehr Finesse hätte Child 44 ein richtig guter Film werden können. So bietet er zumindest ordentliche Unterhaltung.

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