Samstag, 28. Juni 2025

THE DUEL AT SILVER CREEK (Don Siegel, 1953)

I don't shoot men in the back.

Siegels erster Western überhaupt ist ein interessanter Genre-Mix, weil er typische Westernmotive mit einigen Anleihen beim Film noir versetzt. Die recht attraktive Faith Domergue spielt die klassische Femme fatale, die dem braven Marshall Tyrone (Stephen McNally in der Hauptrolle) den Kopf verdreht. Der heimliche Hauptdarsteller ist aber der hochdekorierte Kriegsheld Audie Murphy, der mit seiner spitzbübischen und sympathischen Art nicht nur das Herz der jungen Dusty erorbert. 

Die Story ist für einen Western außergewöhnlich komplex und beinhaltet einige kleinere Subplots sowie leider auch das ein oder andere Plothole. So ganz schlüssig ist das Verhalten der handelnden Personen nicht immer, aber das fällt nicht weiter ins Gewicht. Jedenfalls alles andere als ein typischer Siegelfilm, wobei es sich hierbei erst um seine vierte Arbeit als Regisseur handelt. Von dem direkten Vorgänger, The big Steal, unterscheidet sich The Duel at Silver Creek stilistisch doch erheblich, und das liegt nicht nur daran, dass die Handlung im Wilden Westen angesiedelt ist. Der actionreiche Beginn katapultiert den Zuschauer direkt ins Geschehen, wobei mich die Tatsache, dass ein Erzähler in der Ich-Form die Vorgeschichte aus dem Off erzählt, doch etwas verwirrt hat. Danach legt Siegel erstmal eine Vollbremsung hin und nimmt das Tempo völlig raus. Die Story ist recht spannend und lässt den Charakteren genügend Raum zur Entfaltung, bevor das Ganze dann in einen großen Showdown mit vorhersehbarem Ausgang in der Nähe des Silver Creek mündet.

Unter dem Strich ungeachtet der fehlenden Siegel-Trademarks ein spannendes und äußerst kurzweiliges Vergnügen mit guten Darstellern, das zudem mit einem schnauzbärtigen Lee Marvin in einer Nebenrolle aufwarten kann.

Montag, 23. Juni 2025

SORCERER (William Friedkin, 1977)

No one is just anything.

Friedkins Remake von Clouzots Le Salaire de la peur ist im engeren Sinne eigentlich gar keins, auch wenn der alberne deutsche Titel "Atemlos vor Angst" dies dem Zuschauer suggerieren will. Friedkin übernahm nur die Grundkonstellation und machte daraus einen ausgesprochen nihilistischen und hoffnungslosen Film. Das fängt schon bei den Protagonisten an, die allesamt Kriminelle auf der Flucht sind und sich in einem abgelegenen Dorf mitten im Dschungel eines namenlosen südamerikanischen Landes unter falschen Identitäten zusammenfinden. Die Einführung der Charaktere zu Beginn wirkt etwas lieblos aneinandergereiht und bleibt sehr oberflächlich. Lediglich über den Pariser Geschäftsmann Victor mit dem Decknamen Serrano erfährt man ein paar private Dinge, was später dazu beiträgt, dass sein Charakter am sympathischsten rüberkommt und man sich noch am ehesten mit ihm identifizieren kann.

Untereinander verhalten sich die vier Fahrer sehr reserviert und zurückhaltend. Es gibt praktisch keine Interaktion zwischen ihnen, die nicht direkt dem Erreichen des Ziels dient. Es handelt sich um eine reine Zweckgemeinschaft, deren einziges verbindendes Element der erfolgreiche Transport des Nitroglycerins zum brennenden Ölfeld ist. Und wenn dann erstmals so etwas wie ein persönliches Gespräch zwischen Victor und Kassem aufkommt, wird dies jäh durch den platzenden Reifen und den darauffolgenden Exitus der beiden unterbunden. Am Ende schafft es zwar einer der Fahrer bis ins Ziel, doch bevor Friedkin den Zuschauer mit dem Abspann entlässt, deutet er durch die Ankunft seiner Häscher an, dass auch der letzte Überlebende am Ende zu den Verlierern gehören wird.

Friedkin konnte zur Realisierung des Projekts letztlich auf ein recht üppiges Budget von rund 22 Mio Dollar zurückgreifen, auch wenn das ursprünglich nicht geplant war. Die Dreharbeiten, die überwiegend in der Dominikanischen Republik stattfanden, gestalteten sich sehr aufwändig und dies sieht man dem fertigen Film auch an. Mich faszinierten besonders der dreckige Look und die düstere, nihilistische Grundstimmung, trefflich untermalt von den sphärischen Klängen von Tangerine Dream. Ein durch und durch großartiger Film, der seinem großen Bruder an Intesität in nichts nachsteht.

Montag, 9. Juni 2025

COOGAN'S BLUFF (Don Siegel, 1968)

You learn a lot about a person when you hunt 'em.

Coogan's Bluff markiert den Beginn der Zusammenarbeit zwischen Eastwood und seinem Mentor Don Siegel, die über ein gutes Jahrzehnt andauern und weitere vier Filme hervorbringen sollte. Entstanden im selben Jahr wie Madigan greift er eines von dessen Hauptmotiven wieder auf, nämlich das des Polizisten, der einen Deliquenten aus seinem Gewahrsam entkommen lässt, um ihn anschließend nach seinen eigenen Regeln wieder zu jagen. Auch hier ist die Handlung in New York angesiedelt. Im Vergleich zum deutlich härteren Vorgänger dominieren in Coogan's Bluff jedoch die humoristischen Elemente. Das Ergebnis ist dann auch eher eine Action-Komödie als ein knallharter Copthriller. 
 
Ein zentraler Aspekt ist das Aufeinandertreffen der Kulturen - hier der prinzipientreue Kleinstadtsheriff mit Cowboyhut und Stiefeln aus dem westlichen Arizona, der von allen ständig für einen Texaner gehalten wird - dort die pulsierende Atlantik-Metropole New York mit ihren schrillen Hippies, dem allgegenwärtigen Drogenkonsum und dem bunten Nachtleben. Man kann dies auch stellvertretend für Eastwoods Transformation vom Westernhelden der 60er Jahre hin zum Polizisten der Neuzeit interpretieren, die einige Jahre später in der Figur des Dirty Harry ihren Höhepunkt finden sollte. Im Vergleich zu jenem wirkt Coogan noch vergleichsweise zahm, wobei auch er vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckt - wenn es sein muss auch gegenüber Frauen. Doch weiß er auch die schönen Dinge des Lebens zu schätzen und legt im Laufe der Handlung gleich drei Frauen flach. Und am Ende bietet er seinem Gefangenen sogar eine Zigarette an. 

Coogan's Bluff ist ein vergnügliches Filmchen, das sich selbst nicht zu ernst nimmt. An die Klasse seines Vorgängers reicht es nicht heran, nichtsdestotrotz bietet es einen hohen Unterhaltungswert. Highlights in Sachen Action sind die große Schlägerei im Billard-Club und die Verfolgungsjagd mit den Motorrädern durch die Außenbezirke Manhattans, in der Siegel seine Stärken voll ausspielen kann. Und Lee J. Cobb ist sowieso immer toll.

Samstag, 7. Juni 2025

THE BLACK WINDMILL (Don Siegel, 1974)

You're the kind of machine who should be working for us.

The black Windmill ist ein merkwürdiger Film und wirkt wie ein Fremdkörper in Siegels Schaffen. Angesiedelt in London - was für sich betrachtet schon ungewöhnlich, aber nicht unbedingt ein Nachteil ist - handelt es sich um einen verworrenen Spionagethriller, dessen Handlung bei kritischer Betrachtung weder Hand noch Fuß hat. Die Plottwists in der zweiten Filmhälfte gehen sogar soweit, dass der Protagonist (der MI6-Agent John Tarrant, gespielt von Michael Caine) seiner Frau die Geschehnisse erklären muss, damit auch der Zuschauer versteht, was vor sich geht. Grundlage für den ganzen Unsinn war ein Roman des britischen Autors Clive Egleton, was die Sache aber auch nicht besser macht.

Nach der Entführung von Tarrants Sohn in den ersten Filmminuten braucht die Story etwas, bis sie in die Gänge kommt, weil Siegel sich Zeit nimmt, die wichtigsten Charaktere einzuführen. Michael Caine spielt die Hauptfigur sehr reserviert und zurückhaltend, was allerdings gewollt ist, denn gerade sein extrem kontrolliertes Verhalten angesichts der Entführung seines Sohnes wirkt auf seine Vorgesetzten befremdlich und macht ihn verdächtig, mit den Entführern zu kollaborieren, zumal diese über Insiderinformationen verfügen, die nur einem sehr eingeschränkten Personenkreis zugänglich sind. Somit ist von Beginn an klar, dass einer der führenden MI6-Leute ein Verrräter ist.

In der zweiten Filmhälfte herrschen dann die Actionelemente vor. Nachdem Tarrant auf sich alleine gestellt ist und als einzige Aufgabe die Rettung seines Sohnes sieht, legt er sein kontrolliertes Verhalten zunehmend ab. Und doch ist das alles nicht so recht überzeugend. Ich schätze Michael Caine sehr, aber diese Rolle ist nicht gerade eine Glanzleistung von ihm. Ganz anders Donald Pleasance, der als empathieloser, unter neurotischen Zwängen leidender Vorgesetzter Tarrants eine grandiose Vorstellung abliefert. John Vernon gibt einen charismatischen Gegenspieler und Delphine Seyrig sieht einfach umwerfend aus.

Das größte Ärgernis ist die Tatsache, dass aus der eigentlichen simplen Prämisse ein unnötig komplizierter und verworrener Agententhriller gemacht wurde, der weder sonderlich spannend ist noch halbwegs ansehnliche Aufnahmen bietet, an denen man sich ergötzen kann. Atmosphärisch hingegen ist das alles durchaus stimmig, aber ich hätte mir gewünscht, dass sich Siegel auf das konzentriert hätte, was er am besten kann: geradlinige, mitreißende Action inszenieren. Unter dem Strich wahrscheinlich der schwächste Siegel-Film, den ich bisher gesehen habe, wenn auch kein völliger Ausfall. 

Montag, 2. Juni 2025

THE GUN RUNNERS (Don Siegel, 1958)

A man can't go bad if it ain't in him to go bad.

The Gun Runners war zum damaligen Zeitpunkt bereits die dritte Umsetzung von Hemingways "To have and have not". Knapp 30 Jahre später sollte dann noch eine vierte dazukommen. 

Das Drehbuch orientiert sich nur lose an der Vorlage, übernimmt aber die Hauptfigur, die hier Sam Martin heißt: ein Skipper in finanzieller Not, der in Key West lebt und Fischfangtouren für gut betuchte Touristen anbietet. Zudem siedelte man die Geschichte vor dem Hintergrund der Kubanischen Revolution an, die in Hemingways Geschichte logischerweise keine Rolle spielt, da sie sich erst zwanzig Jahre nach der Entstehung zutrug. Nicht zuletzt aufgrund des geringen Budgets entschloss man sich, in Kalifornien zu drehen statt an den Originalschauplätzen und behalf sich zudem mit einigen montierten Aufnahmen. Das fällt allerdings kaum auf und wenn ich es nicht gewusst hätte, hätte ich es vermutlich nicht einmal bemerkt. Siegel war mit dem Film alles andere als zufrieden und machte in erster Linie das geringe Budget dafür verantwortlich. Auch die Kritiken waren dem Film nicht sonderlich wohlgesonnen. 

Dessen ungeachtet ist The Gun Runners ein kurzweiliger und unterhaltsamer Film geworden, der mit dem von Audie Murphy verkörperten Protagonisten eine sympathische Identifikationsfigur bietet und mit dem äußerst charismatischen Eddie Albert einen ebenbürtigen Widersacher. Den meist betrunkenen Sidekick Harvey gibt Everett Sloane ebenfalls sehr überzeugend und mit der "Miss Stockholm" 1953, Gita Hall, gibt es nicht nur was fürs Auge; mit ihrer tiefen Stimme, dem schwedischen Akzent und einem äußerst anregenden Timbre verfügt sie über eine erotische Ausstrahlung wie kaum eine andere Frau in einem Siegel-Film. Dass es sich bei Rolle um ihren ersten Auftritt als Schauspielerin handelt, merkt man ihr überhaupt nicht an.

Im Œuvre Don Siegels spielt The Gun Runners keine große Rolle und auch als ernstzunehmende, ihrer großen Vorlage gerecht werdende Verfilmung des Hemingway-Romans kann man diesen eher unbekannten Streifen nicht betrachten. Und doch hat er mich über die vergleichsweise kurze Spielzeit von gut 80 Minuten ausgezeichnet unterhalten. Und mehr habe ich auch nicht erwartet.