Montag, 25. Februar 2013

PULP FICTION (Quentin Tarantino, 2004)

But you know what's on my mind right now? It ain't the coffee in my kitchen, it's the dead nigger in my garage!

Pulp Fiction war der erste Tarantino-Film, den ich gesehen habe, und es ist bis heute auch der Meistgesehene. Mein Lieblings-Tarantino war er hingegen nie, insbesondere deshalb, weil ich den Mittelteil (die Bruce-Willis-Story) immer als recht langatmig empfunden habe. Heute hingegen kam sie mir gar nicht so lang vor, und Pulp Fiction hat mir noch nie so viel Spaß gemacht wie dieses Mal. Highlights des Films sind natürlich die gemeinsamen Szenen von Samuel L. Jackson und John Travolta, insbesondere die "Bonnie-Situation" hat es mir seit jeher angetan. 

Pulp Fiction greift verschiedene Elemente aus dem Vorgänger auf und führt sie konsequent weiter, ist insgesamt jedoch deutlich überzeichneter als jener, ganz getreu dem Filmtitel. Aufgefallen ist mir dieses Mal, wie oft Vincent auf dem Klo rumhängt. Die entscheidenden Dinge bekommt er nie mit und am Ende wird er sogar erschossen, als er vom Klo kommt. Toll auch wieder die Musikauswahl, und wie schon beim Vorgänger (und beim Nachfolger) ist die Musik immer Teil der jeweiligen Szene und kommt nie von außerhalb als bloße Untermalung. Ein Prinzip, von dem sich Tarantino schon lange verabschiedet hat.

Was seinen filmgeschichtlichen Status und seinen popkulturellen Einfluss angeht, ist Pulp Fiction ganz zweifellos Tarantinos bedeutendster Film. In jedem Fall ein Werk, das die Filmwelt ein Stück weit verändert hat.

Sonntag, 24. Februar 2013

NACHT ÜBER BERLIN (Friedemann Fromm, 2013)

Lief vorgestern im Fernsehen, auf Eins Festival. Eine deutsche Fernsehproduktion, die den Brand des Reichtages im Februar 1933 thematisiert. In bester David-Lean-Tradition wird eine fiktive Liebesgeschichte - eingebettet in einen historischen Kontext - erzählt. Eine interessante Idee, da die Zeit der Weimarer Republik in der Filmgeschichte doch eher stiefmütterlich behandelt wurde. 

Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen, ist allerdings auch mit einigen Schwächen behaftet. Die augenscheinlichste sind die wenig natürlich wirkenden Kulissen. Zwar hat man sich alle Mühe gegeben, das Berlin der 30er Jahre wieder auferstehen zu lassen, doch hat man meist das Gefühl, sich in einem überdimensionierten Studio zu befinden. Bei der Rekonstruktion des Reichstags kam gar CGI zum Einsatz. Dies geht natürlich zu Lasten der Atmosphäre, wird allerdings teilweise durch die detailverliebte Ausstattung kompensiert. Die Liebesgeschichte zwischen der Ballhausbesitzerin und dem jüdischen Arzt, der zudem für die SPD im Reichstag sitzt, ist belanglos und dient nur dazu, den Zuschauer emotional in das Geschehen einzubeziehen. Das funktioniert soweit auch ganz gut, was in erster Linie ein Verdienst des überzeugenden Schauspielerehepaares Loos/Liefers ist. 

Insgesamt eine recht unterhaltsame Angelegenheit.

Freitag, 22. Februar 2013

RESERVOIR DOGS (Quentin Tarantino, 1992)

You don't need proof when you have instinct.

Nach dem enttäuschenden Django Unchained verspürte ich das dringende Bedürfnis, mir nochmal einen richtig guten Tarantino-Film anzuschauen. Und da ich die meisten seiner Filme seit Jahren nicht mehr gesehen habe, entschloss ich mich zu einer kompletten Werkschau, was angesichts der sehr überschaubaren Anzahl von Filmen vielleicht etwas großkotzig klingt. Wie auch immer, los geht's mit seinem Debut.

Reservoir Dogs war noch nicht der kommerzielle Erfolg von Pulp Fiction beschieden, doch bedient er sich zum Teil der gleichen Stilmittel, wie beispielsweise der nichtchronologischen Erzählweise oder der detaillierten Charakterzeichnung der Gangster über das Führen von Alltagsgesprächen. Ein maßgeblicher Einfluss für Tarantino war natürlich Kubricks The Killing, der ebenfalls vom einem gescheiterten Überfall erzählt. Auch Don Siegels The Killers stand ganz offensichtlich Pate. Eine der Stärken des Films sind seine liebevoll gezeichneten Charaktere. Obwohl es Verbrecher sind, fällt die Identifikation mit ihnen leicht und man wünscht ihnen geradezu, dass es ihnen gelingt, sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien. 
 
Die Darsteller sind allesamt wunderbar. Eine besondere Freude war das Wiedersehen mit dem leider viel zu früh verstorbenen Chris Penn, der hier die Rolle des Nice-Guy Eddie spielt. Interessant ist vor allem die Figur des Mr. Pink. Während er zu Beginn eher durch Unprofessionalität auffällt (seine Weigerung, als Einziger kein Trinkgeld zu geben, seine Beschwerde über seinen Decknamen), ist er am Ende derjenige, der kühlen Kopf bewahrt und professionell agiert. Belohnt wird er damit, dass er nicht nur als Einziger überlebt, sondern auch noch mit der Beute entkommen kann.

Reservoir Dogs strahlt eine rohe, ungezügelte Kraft aus, die den späteren Tarantino-Filmen völlig abhanden gekommen ist. Obwohl sehr dialogorientiert ist die Inszenierung äußerst dynamisch und mitreißend. Für mich nach wie vor ein Highlight in Tarantinos Schaffen.

Sonntag, 17. Februar 2013

THE OUTLAW JOSEY WALES (Clint Eastwood, 1976)

Dyin' ain't much of a livin', boy!

Im dritten Anlauf habe ich nun meinen Frieden mit Eastwoods zweitem Western (unter seiner Regie) gemacht. Was mich bisher störte, weiß ich nicht mehr, weil die beiden anderen Sichtungen so lange zurückliegen. Ich kann mich nur noch erinnern, den Film seinerzeit als langweilig empfunden zu haben. 

Dies ist er keineswegs, wie ich nunmehr feststellen durfte. Die Ziellosigkeit, ja fast Orientierungslosigkeit, mit der Wales durch die Gegend reitet und dabei allerlei illustre Gestalten trifft, erinnert an den klassischen Roadmovie. Am Ende bringt er dann den Mörder seiner Familie doch noch zur Strecke, nicht etwa weil er ihn gesucht hat, sondern weil dieser ihn unbedingt erledigen wollte und ihm bis nach Texas gefolgt ist. 

Vieles, was in den gut zwei Stunden geschieht, wirkt beliebig und ziellos, so dass man stellenweise den Eindruck haben könnte, den Drehbuchautoren seien die Ideen ausgegangen. Doch ist es gerade diese Beliebigkeit, die den Verlust der Familie, der Ranch, der Heimat, so treffend beschreibt.

Samstag, 16. Februar 2013

THE LOVELY BONES (Peter Jackson, 2009)

I was here for a moment. And then I was gone.

The lovely Bones wirkt in Jacksons Œuvre fast wie ein Fremdkörper, nachdem er sich in den letzten 15 Jahren fast vollständig dem Blockbusterkino verschrieben hat. Von der Machart erinnert er an den kürzlich gesichteten Heavenly Creatures. So werden auch hier zwei Welten miteinander verknüpft, wobei es sich bei The lovely Bones nicht um eine Phantasiewelt handelt, sondern um einen Schwebezustand zwischen Leben und Tod als bildliche Umsetzung des Nicht-loslassen-Könnens. 

Die Entwicklung der Charaktere wirkt zwar nicht immer schlüssig, doch muss man Jackson zugestehen, einen emotional sehr berührenden Film geschaffen zu haben, dessen Szenen stellenweise nur schwer zu ertragen sind. Dabei vor allem jene, in der der Mörder Susie in die Grube lockt. Die Szene bereitete mir beim Zuschauen ein spürbares körperliches Unbehagen. Das ist großartig inszeniert und ebenso großartig gespielt. 

Die meisten Kritiken waren dem Film nicht allzu wohlgesonnen, doch Jackson-Bashing ist seit den Lord-of-the-Rings-Filmen ja sowieso chic. Ich sehe das etwas pragmatischer, mit Ausnahme von Meet the Feebles und The Frighteners mag ich all seine Filme. Auch diesen hier.

Mittwoch, 13. Februar 2013

DAGON (Stuart Gordon, 2001)

No one leave Imboca. People come, but no one leave.

Bei Dagon handelt es sich um eine Verfilmung der Lovecraft-Erzählung The Shadow over Innsmouth aus dem Jahre 1931. Von der Kurzgeschichte Dagon hingegen wurde nur der Name übernommen. An der Story wurden weitgreifende Änderungen und Ergänzungen vorgenommen, die Handlung wurde in die Gegenwart verlagert, das Grundgerüst der Vorlage jedoch erhalten. Und im Gegensatz zum kürzlich gesichteten The Whisperer in Darkness sind diese Anpassungen durchaus stimmig. 

Gordon legt viel Wert auf eine düstere Atmosphäre und verschleppt das Tempo nach der Ankunft des Protagonisten in Imbocca merklich. Verfallene Gebäude, dunkle Gassen und schmutzige Hinterhöfe prägen das Bild des Ortes, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Bevölkert wird er von degenerierten Kreaturen, die sich irgendwo in der Entwicklung zwischen Fisch und Mensch befinden und dem Fischgott Dagon verfallen sind. Die Masken sind größtenteils gut gelungen, die (glücklicherweise nur spärlich eingesetzten) CGI weniger. 

Das Ende ist äußerst stimmig und entspricht in etwa dem der Vorlage, deren letzter Absatz schließlich im schönen Schlussbild zitiert wird. Insgesamt eine rundum gelungene Lovecraft-Umsetzung und Anlass, die übrigen Gordon- bzw. Yuzna-Lovecraft-Filme für künftige Sichtungen vorzumerken.