Dienstag, 24. September 2013

STOKER (Park Chan-wook, 2013)

We don't need to be friends. We're family.

Wenn ein unbekannter Onkel namens Charlie zu Besuch kommt, denkt man natürlich als erstes an Hitchcocks Shadow of a Doubt. Und so ist es sicher kein Zufall, dass Parks US-Debut ganz in der Tradition der Arbeiten des britischen Altmeisters steht. Schon in der ersten Szene, in der Onkel Charlie zu sehen ist, wird klar, dass eine Bedrohung von ihm ausgeht, nur bleibt diese lange im Unklaren. Man spürt das Böse, das ihn umgibt, doch kann man es nicht greifen. 

Das Drehbuch, das auch von Brian de Palma stammen könnte, ist wenig originell, doch kommt es darauf gar nicht an. Was Stoker so faszinierend macht, ist seine völlig makellose Inszenierung, die ganz nahe an der Perfektion ist. Kameraführung, Schnitt und Ton sind meisterhaft und sorgen für atemlose Spannung und ein ständig spürbares Unbehagen, das sich jedoch nie richtig entlädt. Mia Wasikowska in der Rolle der India Stoker, an der Schwelle zwischen Teenager und Frau, dominiert den Film mit der dunklen Aura, die sie umgibt. Eine besonders denkwürdige Szene ist jene, in der sie unter der Dusche masturbiert, während vor ihrem geistigen Auge nochmal Whips Tötung abläuft, der sie zuvor vergewaltigen wollte. In dem Moment, in dem sein Genick bricht, setzt ihr Orgasmus ein.

Filme über ein gewalttätiges sexuelles Erwachen gibt es einige – der Vergleich mit de Palmas Carrie drängt sich geradezu auf. Doch selten gelang es einem Regisseur, dies so formvollendet umzusetzen.

Freitag, 20. September 2013

SLEEPING BEAUTY (Julia Leigh, 2011)

Fear of death is the number one hoax.

Der Titel suggeriert eine Dornröschen-Adaption, und als solche kann das Regie-Debut der Australierin Julia Leigh - viel guten Willen und eine gehörige Portion Phantasie vorausgesetzt - durchaus verstanden werden. 
 
Lucy geht wie eine Schlafwandlerin durch ihr Leben. Sie nimmt alles, was mit ihr geschieht, gleichgültig hin, egal wie demütigend es auch sein mag. Selbst das Geld, das sie verdient, scheint ihr nichts zu bedeuten. Teilnahmslos verbrennt sie einen 100-Dollarschein, obwohl sie kaum in der Lage ist, die Untermiete in ihrer WG zu bezahlen und dort schließlich vor die Tür gesetzt wird. Während des gesamten Films zeigt sie praktisch keine Gefühlsregung. Erst in der letzten Szene wacht sie im doppelten Sinne auf – mit einem markerschütternden Schrei.

Ein merkwürdiger Film, der mehr verspricht als er am Ende einzulösen vermag. Dennoch nicht uninteressant.

Samstag, 7. September 2013

GANGSTER SQUAD (Ruben Fleischer, 2013)

You can't shoot me, you're a cop.

Gangsterfilme, die in den 30er oder 40er Jahren spielen, können bei mir meistens punkten. So auch Fleischers Film über eine Guerilla-Polizei-Truppe, die im Verborgenen gegen den Mob vorgeht. Dabei eifert er erkennbar seinen großen Vorbildern L. A. Confidential und The Untouchables nach, gibt sich dabei aber deutlich actionlastiger als jene. In der Folge bleibt die Charakterzeichnung etwas auf der Strecke, einige der Squad-Mitglieder kommen über einen bloßen Abziehbild-Status nicht hinaus. 

Die Inszenierung hingegen bietet kaum Schwachpunkte und die herrliche Farbgebung des Films fängt die Atmosphäre der 40er Jahre wunderbar ein. Ausstattung und Sets können ebenso überzeugen wie die Besetzung, die u. a. mit Sean Penn, Nick Nolte, Josh Brolin und Ryan Gosling recht hochkarätig ausgefallen ist. Aufgrund des großen Action-Anteils ist Gangster Squad erfreulich kurzweilig ausgefallen und bietet zwei Stunden gute und spannende Unterhaltung. Schöner Film.

Donnerstag, 5. September 2013

BULLET TO THE HEAD (Walter Hill, 2012)

Are we gonna fight or are you planning on boring me to death?

Solider und routiniert gemachter Actionreißer des in die Jahre gekommenen Regie-Veteranen, der sich nach vielen Jahren der Abstinenz nochmal auf den Regiestuhl setzte. 

Äußerst ärgerlich sind die Anbiederungen an den Zeitgeist in Form von Jumpcuts und einfrierender Bilder, die ein Walter Hill nun wirklich nicht nötig hat. Sollte man jedenfalls meinen. Vielleicht war er aber auch der Meinung, dass das heutzutage so sein muss, aber zu Dinosauriern wie ihm oder auch Stallone passt das einfach nicht. Wobei diese Stilmittel auch nicht neu sind, nur habe ich irgendwie den Eindruck, dass sie in den aktuellen Produktionen allgegenwärtig sind. Womöglich wollte Hill damit beweisen, dass er inszenatorisch up-to-date ist und noch nicht zum alten Eisen gehört. 

Sei's drum, recht ordentlich unterhalten wird man dennoch, darstellerisch ist alles im grünen Bereich und Jason Momoa ist ein durchaus charismatischer Bösewicht.