Mittwoch, 30. April 2025

HANG'EM HIGH (Ted Post, 1968)

How many men are you going to have to hang to heal your scar?

Nach seinem erfolgreichen Ausflug ins europäische Kino kehrte Eastwood in die USA zurück und drehte unter der Regie des Fernseh-Regisseurs Ted Post diesen Western, den ich eher im Bereich der B-Movies verorten würde. Dem Vernehmen nach hatte man den Stoff auch Sergio Leone angeboten, der aber dankend ablehnte und stattdessen an C’era una volta il West arbeitete. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, hätte er diesen Auftrag angenommen. Hang'em high wäre ein weitaus besserer Film geworden, soviel ist sicher, aber wer weiß, was dann aus seinem Jahrhundertwerk geworden wäre.

Wie auch immer: Hang'em high ist ein durchaus sehenswerter Western, dessen Story aber nicht immer schlüssig ist und zum Teil etwas ziellos umher mäandert. Eastwood spielt seine Paraderolle, ein von Rache getriebener Geist mit der Mission, die Leute, die ihn lynchen wollten, zur Strecke zu bringen. Sonderlich zielstrebig geht er dabei allerdings nicht vor, lässt er sich doch mehrfach von anderen Aufträgen ablenken, wenn auch dies nicht immer freiwillig geschieht. Ein bemerkenswerter Aspekt des Filmes ist die fortwährende Auseinandersetzung mit den Themen Gerechtigkeit und Justiz in einem riesigen, nur schwer überschaubaren Gebiet, das erst im Begriff ist, ein Bundesstaat zu werden. Angesichts der großen Entfernungen und der Vielzahl der Gesetzesbrecher ist es nicht verwunderlich, dass die wenigen Gesetzeshüter mit ihren Aufgaben hoffungslos überfordert sind. Und über allem thront in Fort Grant gottgleich der selbstgefällige Richter Fenton (überzeugend: Pat Hingle), der mit eiserner Hand für Recht und Ordnung sorgt, oder zumindest das, was er dafür hält. Dabei inszeniert er die Hinrichtungen mit großem Brimborium und volksfestähnlichem Charakter in der Hoffung, mögliche künftige Übeltäter damit abzuschrecken und die Stärke der Obrigkeit zu demonstrieren, die er über alles stellt.

Unter dem Strich ein unterhaltsamer kleiner Western, der durchaus Spaß macht.

Montag, 28. April 2025

DIRTY HARRY (Don Siegel, 1971)

You've gotta ask yourself a question: "Do I feel lucky?" - Well, do you, punk?

Dirty Harry ist sowas wie der Inbegriff des Polizeifilms. Er markiert bereits die vierte Zusammenarbeit zwischen Eastwood und seinem Mentor Don Siegel, wobei Callahan durchaus mit dem von Eastwood drei Jahre zuvor verkörperten Coogan verwandt sein könnte. Für Eastwood bedeutete der Erfolg des Films seinen Durchbruch als Hollywood-Star, nachdem er sich zuvor bereits vor allem mit Leones Dollar-Filmen einen Namen machen konnte. Seine Bedeutung lässt sich u. a. auch daran ablesen, dass Dirty Harry im Laufe der Zeit nicht nur vier Fortsetzungen nach sich zog, sondern darüber hinaus auch thematisch ähnlich gelagerten Filmen als Inspiration diente. Und die Figur des Inspektor Calahan, der seine Aufträge in der ihm eigenen unkonventionellen und rücksichtslosen Art erledigt, ist schon lange fester Bestandteil der Popkultur.

Aus heutiger Sicht wirkt die Aufregung, die Dirty Harry bei seiner Veröffentlichung evozierte, schwer nachvollziehbar. Dabei muss man das natürlich im Kontext des damaligen Zeitgeistes sehen. Aber im Grunde hat Callahan ja recht, wenn er Gesetze als "crazy" bezeichnet, die verhindern, dass eindeutige Beweise nicht verwendet werden dürfen, wenn sie auf nicht legale Weise erworben wurden, und somit ein mehrfacher Mörder wieder auf freien Fuß gesetzt werden muss. Mit Selbstjustiz hat Calahans Vorgehen nicht im geringsten etwas zu tun, auch wenn dies seinerzeit zum Teil so interpretiert wurde.

Don Siegel war bekannt für seinen schnörkellosen und effizienten Inszenierungsstil, was insbesondere in seinen frühen Tagen oft auch dem geringen Budget geschuldet war. Auch hier tritt dieses Merkmal klar zu Tage. Die Einstellungen des Films wirken nicht ausgefeilt und komponiert wie beispielsweise bei Eastwoods anderem Mentor, Sergio Leone, sondern eher hastig dahingerotzt. Dies passt wiederum perfekt zur Tonart des Films und bedeutet im Übrigen auch nicht, dass Dirty Harry auf der visuellen Ebene wenig zu bieten hätte. Im Gegenteil: Bruce Surtees, mit dem sowohl Siegel als auch vor allem Eastwood später noch öfter zusammenarbeiten sollten, setzte das San Francisco der späten 60er Jahre als Metropole der Flower-Power-Bewegung wunderbar in Szene und schuf dabei mitunter Bilder betörender Schönheit. Und eine geeignetere Stadt für einen Polizei-Thriller als San Francisco gibt es einfach nicht. Die Handlung als solche ist weder sonderlich originell noch übermässig spannend, aber das nimmt Dirty Harry nichts von der Faszination, die auch nach mehr als 50 Jahren noch von ihm ausgeht. Ein großartiger Film!

Sonntag, 27. April 2025

DEADLOCK (Roland Klick, 1970)

Wenn man will, kann man Deadlock im weitesten Sinne auch in die Riege der Spaghetti-Western einsortieren. Zumindest weist er in Aufbau und Handlung starke Ähnlichkeiten mit dem Genre auf. Ungewöhnlich ist vor allem auch die Tatsache, dass es sich um einen deutschen Film handelt. Und obwohl alle Darsteller mit Ausnahme des Schotten Anthony Dawson, der mich übrigens stark an Liam Neeson erinnerte, deutschsprachig sind, hat man eine englischsprachige Synchronisation angefertigt. Gefilmt wurde übrigens in Israel. Die Landschaft erinnert stark an den Süden der USA und dort könnte die Handlung auch angesiedelt sein, wobei man als Zuschauer darüber im Unklaren gelassen wird, wann und wo sich das Ganze zugetragen haben soll.

Dies trägt passenderweise zur bizarren Szenerie bei, die ein paar wenige Menschen - im Film spielen nur 7 oder 8 Darsteller mit - in einer alten Mienensiedlung zusammenführt. Der Aufseher dort ist ein echter Versager, wunderbar verkörpert von einem etwas korpulenten Mario Adorf. Sein Filmname ist ein sprechender, denn so wie es der Name Charles Dump suggeriert, wirkt es, als hätte man ihn dort abgesetzt und dann vergessen. Außerdem leben dort noch seine offensichtlich geistig unterentwickelte Tochter Jessy und ihre Mutter Corinna, die dem Alkohol verfallen ist. die Abgeschiedenheit zur Außenwelt wird nur dadurch unterbrochen, dass gelegentlich ein fahrender Händler vorbeikommt und sie mit dem Nötigsten versorgt.

Dann gibt es da noch die beiden Bankräuber Kid und Sunshine und natürlich den Koffer voller Geld - die Beute aus dem Überfall. Zwischen den beiden und Dump entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel, in dem jeder versucht, die anderen zu übertölpeln und sich mit dem Geld aus dem Staub zu machen.

Deadlock erinnerte mich in seiner fiebrigen Atmosphäre an Oliver Stones U-Turn, ein völlig unterschätzter Film, dem leider nicht die Aufmerksamkeit zuteil wurde, die er verdient hätte. Die Beschränkung des Handlungsstränge auf die Siedlung an der Miene und die unmittelbare Umgebung verleihen ihm einen kammerspielartigen Charakter, wozu auch die geringe Anzahl der Figuren und die sparsame musikalische Untermalung der Kölner Band Can beitragen. Gier und Einsamkeit sind die zentralen Motive des Films, und auch wenn man über die einzelnen Personen wenig erfährt, genügt dies doch, um sich ein ausreichend differenziertes Bild von ihnen machen zu können. Und so ist Deadlock eine kleine, feine Charakterstudie mit bizarren Figuren, die nachhaltig Eindruck hinterlässt.

 

Mittwoch, 23. April 2025

SOLEIL ROUGE (Terence Young, 1971)

Do you always shoot your bed partner in the morning?

Soleil Rouge wird mitunter gerne als Spaghetti Western bezeichnet, eine Einordnung, mit der ich mich etwas schwertue. Fraglos gibt es aber zahlreiche Gemeinsamkeiten mit diesem wunderbaren Subgenre des uramerikanischen Westerns. So handelt es sich um eine europäische Produktion mit dem erfolgreichen James-Bond-Regisseur Terence Young auf dem Regiesessel. Gedreht wurde in Spanien, und zwar in der Gegend um Granada in Andalusien. Auch der Gewaltgrad ist zünftig, ebenso wie der beachtliche Bodycount. Musikalisch untermalt wurde das Ganze leider nicht von Ennio Morricone, sondern dem französischen Komponisten Maurice Jarre, der seine Sache aber auch ganz gut macht. Dennoch gelingt es ihm im Gegensatz zum italienischen Großmeister nicht, dem Film seinen Stempel aufzudrücken oder zumindest einen musikalischen Wiedererkennungswert zu geben.

Bei der Wahl der Darsteller war man gleich interkontinental unterwegs. Neben den Europäern Alain Delon, dem Schweizer Bondgirl Ursula Andress, das sich hier erfreulicherweise deutlich freizügiger gibt als in Dr. No, und dem Amerikaner litauischer Abstammung Charles Bronson gibt es auch den japanischen Star Toshirō Mifune zu bewundern, der hier einen Samurai und Leibwächter des japanischen Botschafters spielt. Und so stehen – zumindest in der ersten Hälfte des Films – erwartungsgemäß die kulturellen Unterschiede zwischen den von Bronson und Mifune verkörperten Figuren im Besonderen und der japanischen und der amerikanischen Kultur im Allgemeinen im Fokus. Dies tritt mit zunehmender Spieldauer aber immer mehr in den Hintergrund. Trotzdem lebt Soleil Rouge natürlich in erster Linie vom Duell der beiden, wobei sich die anfängliche Rivalität zunehmend in Richtung einer partnerschaftlichen Freundschaft entwickelt. Und am Ende stellt sich dann sogar noch eine Prise Wehmut ein.

Youngs Verdienst ist, das Ganze nicht zu ernst zu nehmen und mit der entsprechenden Leichtigkeit in Szene zu setzen. Zwischendurch gibt es immer mal wieder groß angelegte Actionsequenzen, die zwar den ein oder anderen inszenatorischen Makel aufweisen, doch fällt das nicht groß ins Gewicht. Und so bietet Soleil Rouge über die gesamte Spieldauer unterhaltsame, leicht verdauliche Kost, die einfach Spaß macht.