Freitag, 21. September 2007

APOCALYPSE NOW (Francis Ford Coppola, 1979)

The horror... the horror...

Nachdem ich bei der letzten Sichtung die Redux-Fassung gesehen hatte, wählte ich dieses Mal die Kinofassung. Kurioserweise machte DVD Nr. 2 dann mit der Redux-Fassung weiter, obwohl ich auch hier die Kinofassung gewählt hatte (Mastering-Fehler?). So kam ich also in den zweifelhaften Genuss, eine Mischung aus Kinofassung (1. Hälfte) und Redux (2. Hälfte) zu sehen. Zum Ausgleich schaue ich dann vielleicht beim nächsten Mal die 1. Hälfte der Redux-Fassung und die 2. Hälfte des Kino-Cuts... 

Jedenfalls führte mir mein Missgeschick noch deutlicher als bei der letzten Redux-Sichtung vor Augen, dass die Plantagen-Szene ein Fremdkörper ist und den Filmfluss nicht nur merklich hemmt, sondern vor allem auch die bis dahin vorherrrschende bedrohliche Atmosphäre deutlich abkühlt. Damit keine Zweifel aufkommen: die Szene ist wunderschön fotografiert und toll gespielt, aber sie passt einfach nicht zum Rest des Films. Lustigerweise bezeichnet Coppola im Bonus-Material die Redux-Fassung als eine surreale Version des Kino-Cuts und hier führt er als Beleg insbesondere die Plantagenszene ins Feld. Ich bin genau der gegenteiligen Meinung: die Redux-Fassung mit ihren zahlreichen Ergänzungen hat nicht nur weniger Tempo, sondern wirkt auch bodenständiger. Alles in allem hat mich die gestrige Sichtung in meiner Meinung bestärkt, dass die Kinofassung der Redux-Fassung überlegen ist.

Im Gegensatz zur gängigen Meinung sehe ich Apocalypse Now nicht in erster Linie als Kriegsfilm, sondern vielmehr als Reise in den Wahnsinn - eben wie der Titel der Romanvorlage schon sagt: eine Reise ins Herz der Finsternis. Coppola inszenierte diese Reise wie einen schlechten Drogen-Trip, einen surrealen Fiebertraum, in dem die Grenzen zwischen richtig und falsch, zwischen Vernunft und Wahnsinn immer mehr verschwimmen. Charging a man with murder in this place was like handing out speeding tickets in the Indy 500 sagt Willard und trifft dabei den Nagel auf den Kopf. If that's how Kilgore fought the war I began to wonder what they really had against Kurtz. It wasn't just insanity and murder, there was enough of that to go around for everyone. Natürlich merkt Willard sehr bald, dass die Militärführung Kurtz deshalb töten lassen will, weil er nicht das macht, was sie ihm sagen, weil er sich nicht mehr von ihnen kontrollieren lässt. Der beste Dialog des Films kommt dann kurz vor Schluss, als Kurtz Willard nach seinem Auftrag fragt. They told me that you had gone totally insane, and that your methods were unsound sagt er, worauf Kurtz ihn fragt: Are my methods unsound? - I don't see any method at all entgegnet Willard. Eine Aussage, die nicht nur Kurtz‘ Verhalten beschreibt, sondern den gesamten Vietnamkrieg in sieben Worten charakterisiert. 

Apocalypse Now zählt ohne Zweifel zu Coppolas besten Arbeiten und ist ein Film, der mit jeder Sichtung wächst. Der arg strapazierte Begriff "Meisterwerk" ist hier durchaus angebracht.

Dienstag, 21. August 2007

TUCKER: THE MAN AND HIS DREAM (Francis Ford Coppola, 1988)

The car of tomorrow... today.

Coppola setzte seine persönliche Faszination für den legendären 1948 Tucker Sedan (Coppola hatte ebenso wie Produzent George Lucas bei Drehbeginn noch zwei Exemplare in seinem Besitz – wie das heute aussieht, weiß ich leider nicht) in Anlehnung an den 1948er Werbefilm für das Auto Tucker: The man and his car um und nutzte sogar eine leichte Abwandlung des Titels für seinen eigenen Film. Dem entsprechend wirkt Tucker (der Film) speziell zu Beginn wie ein Werbefilm, und auch im späteren Verlauf werden immer wieder aus dem Off gesprochene Passagen in typischer Verkäufermanier eingefügt. Ergänzt wird dies durch eine leicht theatralische Darbietung der Schauspieler, insbesondere Jeff Bridges spielt wie ein Darsteller auf einer Theaterbühne. Überhaupt ist es in erster Linie der brillanten Leistung von Bridges zu verdanken, dass der Film so gut funktioniert, denn er spielt den Idealisten Preston Tucker mit einer solchen Hingabe und Begeisterung, dass man als Zuschauer am liebsten selbst mitanpacken würde, damit das Auto schneller fertig wird. Beeindruckend zu sehen, wie weit Tucker damals seiner Zeit voraus war und wie er die zahlreichen Probleme, die sich ihm in den Weg stellten und den immensen zeitlichen Druck meisterte.

Coppola hält sich weitgehend an die tatsächlichen Geschehnisse, nimmt sich jedoch gegen Ende auch einige dramaturgische Freiheiten. Wenn man sich den oben bereits erwähnten Werbefilm ansieht, der auf der hervorragenden DVD von Paramount als Bonus enthalten ist, merkt man wie detailversessen Coppola gearbeitet hat. Die Szene, in der der Proto-Typ des Tucker der Öffentlichkeit vorgestellt wird, ist beinahe eine exakte Kopie der echten Szene, inklusive der unfreiwilligen Champagnerdusche.

Tucker ist ein mitreißender, wunderschön fotografierter Film über den visionären Autobauer, dessen Ideen damals revolutionär waren und heute Standard in jedem Auto sind (Sicherheitsgurte, Scheibenbremsen, Benzineinspritzung, etc.). Besonders ergreifend fand ich sein Plädoyer am Ende der Gerichtsverhandlung, wo er es mit nur wenigen Sätzen schafft, den ganzen Saal für sich einzunehmen.  

Sonntag, 22. Juli 2007

RUMBLE FISH (Francis Ford Coppola, 1983)

Blind terror in a fight can easily pass for courage.

Zweifellos einer der experimentellsten Coppola-Filme. Komplett in schwarzweiß gehalten, als visuelle Umsetzung der Farbenblindheit des Motorcycle Boy. Nur die siamesischen Kampffische werden rot und blau dargestellt. 

Die Story um den orientierungslosen Rusty James und seinen von ihm nahezu vergötterten Bruder Motorcycle Boy ist eigentlich nichts Außergewöhnliches, und sie ist im Grunde genommen auch nicht wichtig. Weitaus interessanter sind stilistischen Mittel, derer sich Coppola bedient, und die Rumble Fish recht deutlich von seinem übrigen Schaffen abgrenzen. Es gibt viele schräge Kamerawinkel, sowie zahlreiche Aufnahmen aus der Frosch- oder Vogelperspektive. Das Motiv der im Zeitraffer über den Himmel jagenden Wolken taucht immer wieder auf, ebenso die häufigen Close-Ups auf Uhren. Auch der Score von Stewart Copeland ist ziemlich abgefahren. Neben seiner Farbenblindheit hat der Motorycle Boy auch ein Problem mit dem Hören, was Coppola immer wieder zum Anlass nimmt, einzelne Szenengeräusche extrem in den Vordergrund zu spielen, wie z. B. das überlaute Klackern der Schreibmaschinen in der Szene, wo Rusty James der Schule verwiesen wird.

Eine besondere Erwähnung verdient Nicolas Cage, denn dies ist der einzige Film, in dem er mir nicht tierisch auf den Senkel geht.