Sonntag, 31. März 2013

SEX, LIES, AND VIDEOTAPE (Steven Soderbergh, 1989)

My life is shit. It's just shit.

Soderberghs Debut, für das er 1989 die Goldene Palme bei den FIlmfestspielen von Cannes gewann, ist aus heutiger Sicht eher unspektakulär, ungeachtet seines Einflusses auf die Entwicklung des Independentfilms. Man kann sich jedoch vorstellen, wie der Film vor mehr als zwanzig Jahren im prüden Amerika angekommen sein muss. 

Sein Thema ist natürlich zeitlos, die Probleme in der Beziehung zwischen Mann und Frau haben sich seither nicht wesentlich verändert. Und aufgrund der pointierten Dialoge und der guten Darstellerleistungen ist Sex, Lies, and Videotape immer noch äußerst kurzweilig und unterhaltsam. Absolut sehenswert. 

Samstag, 30. März 2013

ZULU DAWN (Douglas Hickox, 1979)

Bullets run out... and those bloody spears don't.

Zulu Dawn ist eine Art Prequel zum 15 Jahre früher erschienen Zulu. Im Gegensatz zu jenem war Zulu Dawn nur mäßiger Erfolg beschieden - freundlich formuliert. In Deutschland lief der Film noch nicht mal im Kino, und ich gebe zu, dass ich bis vor zwei Wochen gar nichts von seiner Existenz wusste. Hinter dem Titel hätte ich vermutlich auch eher einen Horrorfilm vermutet. Erzählt wird die historische Schlacht am Berg Isandhlwana am 22. Januar 1879, bei der eine britische Heeresabteilung von etwa 1.300 Mann trotz technischer Überlegenheit von mehr als 20.000 Zulu-Kriegern komplett vernichtet wurde. Dies geschah unmittelbar vor dem Kampf um Rorke's Drift, von dem der Film Zulu erzählt. Das Drehbuch stammt von Cy Endfield, der beim ersten Film Regie geführt hat. Was ihn bewogen hat, 15 Jahre später und im fortgeschrittenen Alter diese Drehbuch zu schreiben, würde mich schon interessieren. Vielleicht war es tatsächlich das 100-jährige Jubiläum dieser historischen Niederlage.

Nun denn, mit entsprechend geringen Erwartungen bin ich die Sichtung angegangen und wurde äußerst positiv überrascht. Schon anhand des Casts wird schnell klar, dass es sich hier keineswegs um eine Low-Budget-Produktion handelt. Burt Lancaster, Peter O'Toole und John Mills sind Namen, die für Qualität stehen, zudem steuerte Elmer Bernstein den Score bei. Wie schon beim ersten Film wurde ausschließlich vor Ort gedreht, insbesondere in der südafrikanischen Provinz Natal. Das Ergebnis ist ein episches und überaus bildgewaltiges Abenteuer, das für die Entstehungszeit völlig untypisch ist. Solche Filme kennt man eher aus den 50er und 60er Jahren. Ursächlich für die bittere Niederlage der britischen Truppen war nach heutigem Kenntnisstand eine Kette von Fehlentscheidungen und Fehleinschätzungen der kommandierenden Offiziere, was im Film auch deutlich herausgearbeitet wird. Persönliche Eitelkeiten und Streitereien darüber, wer denn nun das Kommando habe, und taktische Fehler gehörten ebenso dazu wie eine permanente Geringschätzung des Gegners. Dies resultierte in der für kriegerische Auseinandersetzungen in den Kolonialgebieten ungewöhnlich hohen Zahl eigener Verluste. Für die Zulus war es ein Pyrrhussieg. Es dauerte kein halbes Jahr mehr bis zu ihrer endgültigen Vernichtung durch das britische Empire.

Warum Zulu Dawn mit einer derartigen Ignoranz seitens der Filmfreunde gestraft wird, ist mir völlig schleierhaft. Der filmhistorische Stellenwert der beiden Filme lässt sich übrigens prima an der Bluray-Umsetzung ablesen. Während der fast 50 Jahre alte Zulu in atemberaubender Farbenpracht auf die Scheibe gebannt wurde, ist die Bildqualität des 15 Jahre jüngeren Prequels bestenfalls als dem Alter angemessen zu bezeichnen. Verdient hat Zulu Dawn diese Missachtung wirklich nicht.  

UNDER SIEGE 2: DARK TERRITORY (Geoff Murphy, 1995)

Assumption is the mother of all fuck-ups.

Nach dem großen Erfolg des ersten Teils musste natürlich eine Fortsetzung her. Diese ist im Allgemeinen nicht sehr beliebt, ich hingegen mag sie genauso gerne wie Teil 1. Das Setting in einem Zug gefällt mir sogar noch besser als das Schiffs-Szenario des Vorgängers. Im Vergleich zu diesem wurde das Budget deutlich aufgestockt, was u. a. eine grandiose Actionsequenz am Ende ermöglichte, in der der Zug auf einer Brücke frontal mit einem mit Benzin beladenem Güterzug kollidiert. 

Für die Regie verpflichtete man den Neuseeländer Geoff Murphy, der mich schon mit dem zehn Jahr zuvor entstandenen Endzeitfilm The Quiet Earth nachhaltig beeindrucken konnte und auch hier gute Arbeit ablieferte. Einige Abstriche muss man beim Cast machen. Zwar gelang es, den kompletten Krisenstab des ersten Teils wieder zu verpflichten, doch haben die beiden Oberschurken Everett McGill und Eric Bogosian nicht das Charisma eines Gary Busey oder gar Tommy Lee Jones. 

Dies lässt sich aber leicht verschmerzen, zumal die Vertonung dieses Mal in den kompetenten Händen von Basil Poledouris lag. Und so bietet Under Siege II anderthalb Stunden beste Unterhaltung. Und der Spruch, den ich als Zitat vorangestellt habe, ist inzwischen Legende.

Freitag, 29. März 2013

HAYWIRE (Steven Soderbergh, 2011)

I've never done a woman before.

Als ich kürzlich einen Artikel über Steven Soderbergh las, wurde mir bewusst, dass ich nur wenige Filme von ihm kenne, diese aber alle gut finde. Höchste Zeit also, den eigenen Horizont etwas zu erweitern...

Haywire ist ein James-Bond-artiger Actionfilm mit ständig wechselnden Sets rund um die Welt. Barcelona, Dublin, New York, New Mexico, Vera Cruz, Mallorca - viel mehr geht auch beim britischen Geheimagenten nicht. Bei Haywire ist die Protagonistin eine Frau, und zwar die frühere Mixed-Martial-Arts-Kämpferin Gina Carano, die nicht nur phantastisch aussieht, sondern aufgrund ihrer früheren Tätigkeit über höchst beeindruckende kämpferische Fähigkeiten verfügt. Sie ist es dann auch, die den Film so sehenswert macht. Die (nicht allzu große) schauspielerische Herausforderung meistert sie leidlich, doch die Kampfszenen sind nicht nur erstklassig choreografiert, sondern wirken darüber hinaus größtenteils sehr realistisch. Aufgrund ihrer Technik nimmt man es ihr durchaus ab, dass sie die Männer gleich reihenweise vermöbelt. 
 
Die Inszenierung ist makellos. Bemerkenswert ist die Montage der Befreiungssequenz des chinesischen Dissidenten in Barcelona: während sie sich optisch an den üblichen Formalien orientiert wie schnelle Schnittfolge, wackelnde Kamera, etc., wird die natürliche Geräuschkulisse zunächst komplett durch Musik überlagert. Als dann die ersten Schüsse fallen, sind diese nur dumpf zu hören, während die anfangs sehr langsame Musik stetig an Tempo gewinnt und im Laufe der Verfolgungsjagd immer dynamischer wird. In gleichem Maße kommen dann auch wieder die natürlichen Geräusche zum Einsatz, die sich zunächst mit der Musik mischen und diese zum Schluss ganz verdrängen. Großartig! In den Nebenrollen kann Soderbergh mit einem beeindruckenden Cast aufwarten: Ewan McGregor, Michael Douglas, Bill Paxton, Antonio Banderas und Michael Fassbender.

Nüchtern betrachtet ist Haywire ein formelhafter und spannender Actionreißer, der sich jedoch durch seine perfekte Inszenierung und die wunderbare Hauptdarstellerin, die zugleich Gefahr und Sex-Appeal ausstrahlt, von der Masse abhebt.

Mittwoch, 27. März 2013

ZULU (Cy Endfield, 1964)

We dropped at least 60, wouldn't you say? - That leaves only 3,940.

Sehr guter Kriegsfilm über die geschichtlich belegte Schlacht um Rorke's Drift, bei der etwa 150 britische Soldaten einem Angriff von 3.000 bis 4.000 Zulu-Kriegern standhielten. Endfield bemühte sich um eine objektive Darstellung der gegnerischen Parteien, wobei die Zulus natürlich nur eine gesichtslose Masse bleiben. Er verzichtete jedoch auf jeden Pathos, und so stehen die Sieger am Ende nicht als strahlende Gewinner da, sondern als glückliche Überlebende eines grausamen Massakers, auf das niemand stolz sein kann. "Sick" erwidert dann auch folgerichtig Lt. Bromhead (Michael Caine in seiner ersten größeren Rolle) nach gewonnener Schlacht auf die Frage, wie er sich fühle. Übelkeit, Ekel und Erschöpfung statt wehender Fahnen und Siegesfeiern. 

Sehr überzeugende Darsteller, allen voran Stanley Baker, der den Film auch mitproduziert hat. Endfield porträtiert ihn nicht als heldenhaften Führer, sondern als zaudernden Kommandeur, der zwischenzeitlich sogar kurz davor ist, dem Kampf zu entfliehen und sich hinter seiner nur leichten Verletzung zu verstecken. Letztlich trifft er jedoch die richtigen Entscheidungen und hat das notwendige Glück, die Schlacht zu überstehen. 

Zum Schluss wird's dann doch noch pathetisch, als die Zulus nochmal anrücken, die Briten in Kampfstellung gehen, um dann festzustellen, dass die Zulus ihnen durch einen Gesang Ehrerbietung für ihren tapferen Kampf erweisen und anschließend friedlich von dannen ziehen. Das ist natürlich kompletter Unsinn. In Wahrheit sind die völlig erschöpften Zulus abgerückt, weil die britische Verstärkung eintraf.

Montag, 25. März 2013

RAISING ARIZONA (Joel Coen, 1987)

Eine Komödie der Coen Brothers in ihrem unverwechselbaren Stil, die teilweise recht albern daherkommt. Einige Gags sind doch erschreckend flach. Nicolas Cage nervt mich ja sowieso und ganz grundsätzlich, wobei er hier noch einigermaßen zu ertragen ist. Ansonsten gibt es viel Altbewährtes. Highlights sind natürlich wieder alle Szenen mit John Goodman - der Typ ist einfach klasse! 

Raising Arizona ist nicht gerade mein Lieblings-Coen, aber besser als Intolerable Cruelty oder O Brother, Where Art Thou? ist das hier allemal. Einmal gucken reicht dann aber auch.

Sonntag, 24. März 2013

FROM DUSK TILL DAWN (Robert Rodriguez, 1996)

Psychos do not explode when sunlight hits them, I don't give a fuck how crazy they are!

Noch ein Roadmovie, das auf einem Tarantino-Drehbuch basiert, oder besser gesagt eine Mischung aus Roadmovie und Vampirfilm. Ein prägendes Element neben den staubigen Straßen ist die großartige Musik von Tito & Tarantula, die für ein perfektes Südstaaten-Flair sorgt.

Im direkten Vergleich mit True Romance fällt From Dusk Till Dawn doch deutlich ab. Tarantinos Einfluss ist wieder deutlich zu spüren, wobei ich aufgrund der Tatsache, dass Rodriguez sein Kumpel ist und er selbst zudem als Darsteller in Erscheinung tritt, vermute, dass sein Einfluss hier ungleich größer war. Ein Problem des Streifens ist aus meiner Sicht, dass die Eröffnungsszene in dem Liquor-Store die mit Abstand beste Szene des ganzen Films ist. Danach geht es langsam aber stetig bergab, wobei immerhin der knisternde Auftritt Salma Hayeks nochmal ein Ausrufezeichen setzen kann. Höchst amüsant finde ich, dass Tarantino diese Szene ganz unverfroren dazu nutzte, um quasi seine persönlichen Bedürfnisse zu befriedigen.

From Dusk Till Dawn bietet trotz seiner Schwächen - vor allem in der zweiten Hälfte - gute und überwiegend kurzweilige Unterhaltung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Mittwoch, 20. März 2013

THELMA & LOUISE (Ridley Scott, 1991)

You finally got laid properly. That's so sweet!

Starke Frauenfiguren sind in Scotts von Männern dominiertem Kino mindestens so ungewöhnlich wie ein Roadmovie mit zwei Frauen auf der Flucht im Kino im Allgemeinen. Doch Scotts Film ist nicht nur Roadmovie, sondern auch Charakterstudie. Insbesondere Thelma durchläuft eine tiefgreifende Wandlung, nämlich die vom ängstlichen, braven aber auch frustrierten Heimchen am Herd zur starken, selbstbewussten Frau, die sich nimmt, was sie will. Dabei fängt alles so harmlos an. Ein Wochenendausflug der beiden Freundinnen Thelma und Louise, ein kleiner Flirt mit einem Fremden, eine versuchte Vergewaltigung, eine anschließende Provokation, ein Mord. Und schon ist aus einer unbeschwerten Spritztour eine hektische Flucht geworden, die schließlich zu einem Selbstzerstörungstrip mutiert. Durch unglückliche Zufälle, vor allem aber auch durch eigene Dummheit werden die beiden Flüchtigen immer mehr in die Enge getrieben und greifen zu immer radikaleren Mitteln. Spätestens nach dem Telefonat zwischen Louise und Hal ist klar, dass sie aus der Nummer nicht mehr rauskommen werden. Dies führt dazu, dass sie auch noch die letzten Hemmungen ablegen und ihre kostbare Zeit verschwenden, um den notgeilen LKW-Fahrer für sein ungebührliches Verhalten ihnen gegenüber zu bestrafen.

Die Irrfahrt der beiden erinnerte mich in mehrerlei Hinsicht an Kowalskis Odyssee in Vanishing Point. Letzten Endes bleibt ihnen hier wie ihm dort nur die Wahl zwischen Gefängnis und Freiheit, wobei Letztere nur durch den Freitod zu erreichen ist. Schon früh wird klar, für welche Varianten sich die beiden Frauen entscheiden werden. Der finale Abflug in die Tiefen des Grand Canyon ist an Symbolkraft nur schwer zu übertreffen.

Der Film lebt vor allem vom Spiel seiner sympathischen Hauptdarstellerinnen. Die Besetzung ist ideal. Susan Sarandon, die ich ohnehin immer als Feministin wahrgenommen habe, gibt die toughe Louise, die aufgrund traumatischer Erfahrungen in der Vergangenheit, die der Film erfreulicherweise im Dunkeln lässt, Männern mit Misstrauen gegenübertritt. Und Geena Davis als liebenswertes, naives Dummchen, das durch Ungeschicklichkeit nicht unerheblich zur stufenweisen Eskalation der Geschehnisse beiträgt. Auch toll: Harvey Keitel als väterlicher Polizist, der den Fliehenden grundsätzlich wohlgesonnen ist, weil er ahnt, dass sie in erster Linie durch die Umstände getrieben werden. Bei dem Versuch, sie zur Vernunft zu bringen, scheitert er jedoch auf ganzer Linie. Grandiose Landschaftsaufnahmen gibt es nebenbei übrigens auch noch. Das alles passend untermalt von Hans Zimmers wunderbarem Score.

Immer wieder schön zu sehen, dass Ridley Scott neben seinen beiden alles überstrahlenden Meisterwerken Alien und Blade Runner noch andere gute Filme gemacht hat. Thelma & Louise ist einer davon.

TRUE ROMANCE (Tony Scott, 1993)

Cicilians were spawned by niggers.

Nach den waschechten Tarantino-Filmen müssen natürlich noch die beiden Umsetzungen seiner Drehbücher folgen (Natural Born Killers spare ich dabei mal großzügig aus, kann man doch diesen unabhängig von seinen nicht zu leugnenden Qualitäten nicht als adäquate Umsetzung in Tarantinos Sinne betrachten). True Romance hatte ich auch schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Wurde also mal wieder höchste Zeit.

Tony Scott hat einige Änderungen am ursprünglichen Drehbuch vorgenommen. Er machte aus der nicht chronologischen Struktur eine lineare Erzählweise und verpasste dem Film ein Happy-End, in dem Clarence die Schießerei unter Verlust seines Auges überlebt. Ungeachtet dieser Änderungen ist Tarantinos Einfluss an allen Ecken und Enden spürbar. Seien es die ebenso skurrilen wie liebenswerten Charaktere, die für ihn so typischen Dialoge, der starke Bezug zum Film im Allgemeinen und dem asiatischen Kino im Besonderen oder etwa der Mexican Standoff am Ende – inzwischen ja ein immer wiederkehrendes Element seiner Filme. Nicht zuletzt ist die Figur des Clarence erkennbar durch Tarantinos eigene Biografie inspiriert. Der wesentliche Punkt, der True Romance von den „echten“ Tarantino-Filmen unterscheidet, ist die schnörkellose, temporeiche Inszenierung, die ohne Umwege direkt zum Punkt kommt. Tarantino geht da doch etwas verspielter zu Werke.

Die Darstellerriege, die Scott hier versammeln konnte, ist sehr beachtlich und trägt erheblich dazu bei, jeder noch so kleinen Nebenrolle eine besondere Note zu verleihen. Den denkwürdigsten Part haben dabei Christopher Walken und Dennis Hopper in der wohl besten Szene, die Tarantino je geschrieben hat. Doch auch darüber hinaus bietet True Romance eine Vielzahl erinnerungswürdiger Momente. Ein ganz wundervoller Film und die mit großem Abstand beste Arbeit von Tony Scott. Dieses Qualitätsniveau hat er danach nie wieder erreicht.

Montag, 18. März 2013

FROM BEYOND (Stuart Gordon, 1986)

Humans are such an easy prey.

Nach dem überraschend guten Dagon ging ich die Sichtung von From Beyond mit großen Erwartungen an, führte hier doch ebenfalls Stuart Gordon Regie, und wie auch bei Dagon war Brian Yuzna der Produzent. Umso größer die Enttäuschung über dieses alberne, billige Horrorfilmchen, von dem nach der Sichtung vor allem schlechte Masken und schwache Effekte in Erinnerung bleiben. Spannung und Atmosphäre Fehlanzeige. 

Mit Lovecraft hat das nicht viel zu tun, obwohl der Protagonist, der Filmtitel und die Grundkonstellation seiner gleichnamigen Kurzgeschichte übernommen wurden. Ein Film, auf den dessen Sichtung ich getrost hätte verzichten können.

Sonntag, 17. März 2013

INGLOURIOUS BASTERDS (Quentin Tarantino, 2009)

Amerikanisches Olympiagold lässt sich mit Negerschweiß aufwiegen.

Inglourious Basterds ist der erste Tarantino-Film, der nicht in der Gegenwart spielt. Selbstreferenzen sucht man daher vergebens. Stattdessen bedient er sich historischer Figuren und mischt sie mit fiktiven Elementen, um daraus die Geschichte in seinem Sinne umzuschreiben, was I. B. stellenweise wie eine Comic-Verfilmung wirken lässt oder wie einen Nazi-Schundroman. Auffällig sind die vielen Bezüge auf Regisseure und die Filmindustrie der damaligen Zeit sowie die zentrale Rolle des Mediums Film, dem hier sogar die ehrenvolle Rolle zuteil wird, den zweiten Weltkrieg zu beenden. 

Leider schwächelt auch Inglourious Basterds bei den Dialogen - viele sind schlichtweg langweilig. Die Eröffnungsszene auf dem französischen Bauernhof hätte man beispielsweise locker auf die halbe Spielzeit zusammenstreichen können. Das größte Problem, das ich mit dem Film habe, ist die Tatsache, dass es keine Figuren gibt, die die Möglichkeit der Identifikation mit ihnen bieten oder zumindest Empathie für sie zu empfinden. Fast sämtliche Charaktere sind entweder vollkommen unsympathisch oder nerven wie Sau. Den Vogel schießt Brad Pitt ab, den ich normalerweise gerne sehe, aber hier geht er mir einfach nur auf den Keks. Und auch Christoph Waltz, den ich im Übrigen für einen exzellenten Schauspieler halte, nervt mit seinem selbstgefälligen Geschwätz.

Inglourious Basterds ist alles andere als ein schlechter Film, es gibt eine Reihe witziger Einfälle, solide Darstellerleistungen und einen gelungenen Score. Und doch ist es Tarantinos bisher schwächster. Und vom Niveau seiner ersten fünf Filme ist das hier ziemlich weit entfernt.

Samstag, 16. März 2013

DEATH PROOF (Quentin Tarantino, 2007)

Fuck that shit! Let's kill this bastard.

Death Proof ist der erste Film Tarantinos, der leichte Schwächen aufweist und das Niveau seiner Vorgänger nicht ganz erreicht. Das liegt an der ersten Stunde, die stellenweise arg belanglos vor sich hinplätschert. Die Mädels, die im Mittelpunkt des Geschehens stehen, sind doch eher langweilig und vermögen keinen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Lediglich die hübsche Sydney Tamiia Poitier fällt hier positiv auf. 

Das alles ändert sich komplett nach dem inszenierten Unfall. Die zweite Gruppe bietet viel interessantere Charaktere, und auch die Dialoge sind plötzlich deutlich besser. Vor allem Zoë Bell hat es mir angetan. Und die Idee, Ship's Mast auf dem 1970er Dodge Challenger zu spielen, ist herrlich bescheuert. 

Gegen Ende nimmt Death Proof dann mächtig Fahrt auf und endet in einem furiosen Finale, das für die ein oder andere Länge zu Beginn entschädigt. Insgesamt ein toller Film, der jedoch hinter seinen fünf Vorgängern zurückbleibt. Das ist aber keine Schande.

Montag, 11. März 2013

KILL BILL: VOL. 2 (Quentin Tarantino, 2004)

I overreacted.

Nach dem rasanten ersten Teil kommt Volume 2 etwas gediegener daher. Die Erzählweise ist deutlich ruhiger, was vor allem an den zahlreichen Rückblenden in die Zeit vor dem Two-Pines-Massaker liegt. Die Fragen, die im ersten Teil aufgeworfen wurden, wollen beantwortet, die Profile der Charaktere geschärft werden. 

Tarantinos Zitierfreude hat das natürlich keinen Abbruch getan und auch sonst knüpft Volume 2 nahtlos an die Stärken des 1. Teils an. Was auch nicht weiter verwundert, schließlich war Kill Bill ja ursprünglich als ein Film konzipiert. Aufgrund der dialogbetonten Erzählweise verfügt Vol. 2 dennoch über eine eigenständige Note, richtige Actionszenen gibt es nur wenige. Herausragend in jedem Fall der furiose Kampf im Wohnwagen zwischen Beatrix Kiddo und Elle Driver, bei der nahezu das komplette Inventar in seine Bestandteile zerlegt wird. 

Insgesamt gefällt mir Vol. 2 einen Tick weniger gut als Vol. 1, aber auch so ist es ein herausragender, ein meisterhafter Film.

KILL BILL: VOL. 1 (Quentin Tarantino, 2003)

Well, give me the gory details, son number one!

Tarantinos großes Rache-Epos, für das er sich sechs Jahre Zeit gelassen hat, ist so lang geraten, dass er es in zwei Teilen ins Kino bringen musste. Nach wie vor betrachtet er jedoch die beiden Kill-Bill-Teile als einen Film, was man auch daran erkennt, dass er Django Unchained unlängst als seinen siebten Film bezeichnete. Nicht, dass das unbedingt wichtig wäre, doch wenn er seine Ankündigung wahrmachen sollte, nach zehn Filmen seine Karriere als Regisseur zu beenden, weiß man seither immerhin, dass er noch drei Filme vor sich hat.

Der erste Teil bildet einen bunten stilistischen Mischmasch und bedient sich u. a. beim klassischen Kungfu-Film, dem Spagetti-Western und dem japanischem Manga. Durchsetzt mit Pulp-Elementen und in nichtchronologischer Reihenfolge erzählt wirkt er in seiner Gesamtheit dennoch wie aus einem Guss. Die Inszenierung ist betont dynamisch und bietet keinerlei Leerlauf. Sehr gelungen ist auch die Musikauswahl. Das fängt schon mit dem melancholischen Bang Bang von Nancy Sinatra an, das den passenden Ausklang für die Schwarzweiß-Sequenz mit der blutverschmierten Braut bildet. Natürlich ist die Story kompletter Blödsinn, aber die Art und Weise, wie Tarantino jedes noch so absurde Detail höchst stilvoll zelebriert, nötigt mir nach wie vor großen Respekt ab. Ein Paradebeispiel dafür ist die phantastische Splitscreen-Montage, in der sich Daryl Hannah als Krankenschwester verkleidet und mit einer Giftspritze bewaffnet der komatösen Braut nähert, kongenial untermalt von Bernard Herrmanns Twisted Nerve.

Kill Bill: Vol. 1 ist eine irre Achterbahnfahrt durch 30 Jahre Filmgeschichte, die vor witzigen Einfällen und bizarren Ideen nur so strotzt. Meisterhaft!

Dienstag, 5. März 2013

JACKIE BROWN (Quentin Tarantino, 1997)

Wanna fuck?

Jackie Brown ist der einzige Tarantino-Film, der auf einer Romanvorlage basiert, auf Elmore Leonards Rum Punch genauer gesagt. Inwieweit dieser Zusammenhang ursächlich ist für die zurückgenommene, beinahe gemächliche Erzählweise weiß ich nicht, Fakt aber ist, dass ebenjene Jackie Brown zu einem ungeheuer entspannten Film macht. Vielleicht aber wollte Tarantino auch einfach nur die Erwartungen des Zuschauers unterlaufen. 

Ein Hauptaugenmerk legte er wieder einmal auf die detaillierte und liebevolle Zeichnung der Charaktere und hier hat er sich selbst übertroffen. Jackie Brown und Max Cherry sind wahrscheinlich die beiden liebenswertesten Figuren im Tarantino-Universum. Und selbst der egomanische, rücksichtslose Waffenhändler Ordell, der so gerne eine große Nummer wäre, in Wahrheit aber nur Kleinganoven und Drogensüchtige zu seinen Kunden zählen und damit höchstens seinen heruntergekommenen, schmierigen Kumpel Louis (grandios: Robert de Niro) beeindrucken kann, ist einem irgendwie sympathisch. Auch mit der Wahl der Darsteller hat Tarantino voll ins Schwarze getroffen. Die Blaxploitation-Ikone Pam Grier ist einfach wunderbar und dominiert den Film durch ihre starke Präsenz und Robert Forster steht ihr in nichts nach.

Jackie Brown ist ein ganz großartiger Film voller magischer Momente und liebevoller Details. Und ganz unzweifelhaft eine von Tarantinos besten Arbeiten.