Mittwoch, 31. Juli 2013

THE MASTER (Paul Thomas Anderson, 2012)

If you leave me now, in the next life you will be my sworn enemy.

Nach dem grandiosen There will be Blood waren die Erwartungen an Andersons neuen Film sehr hoch. Mit Daniel Day-Lewis kann er dieses Mal nicht aufwarten, aber mit Joaquín Phoenix und vor allem Philip Seymour Hoffman gibt es würdigen Ersatz. Phoenix liefert eine der besten Leistungen seiner Karriere ab und spielt seine Rolle unter vollem Körpereinsatz und mit beängstigender Intensität. Noch beeindruckender ist die raumfüllende Präsenz Hoffmans, die ihn alle Szenen dominieren lässt. Sein Lancaster Dodd ist ein charismatischer Verführer und Blender, unbestreitbar aber auch ein sympathischer und ein Stück weit sogar liebenswürdiger Mensch.  

The Master ist von vorne bis hinten ein Schauspielerfilm. Kern und Höhepunkte sind die Wortgefechte zwischen Hoffman und Phoenix, die für eine ganze Reihe von erinnerungswürdigen Szenen sorgen. Dabei wird der Plot schon mal etwas vernachlässigt und mäandert bisweilen etwas ziellos umher, doch vermag dies den Filmgenuss nur marginal zu beeinträchtigen. Ganz toll übrigens auch die Szene, in der Hoffman bei einem Treffen seiner Anhänger in einem feudalen Landhaus spontan ein Ständchen zum Besten gibt. Während des Gesangs wechselt die Perspektive zu Phoenix, der die Szene aus einer Ecke heraus beobachtet, und plötzlich sind alle Frauen nackt.

The Master ist nicht ganz so fesselnd wie der meisterhafte There will be Blood, aber ganz sicher einer der herausragenden Filme des vergangenen Jahres.

Donnerstag, 25. Juli 2013

LINCOLN (Steven Spielberg, 2012)

Die erste Frage, die man sich stellt, wenn der Abspann läuft, ist die, warum der Film Lincoln heißt. Weitaus treffender wäre The Thirteenth Amendment gewesen, denn während der zweieinhalb Stunden geht es praktisch ausschließlich um diesen Verfassungszusatz, der die Sklaverei abschaffte, respektive die letztlich erfolgreichen Versuche der Helfer des Präsidenten, die dafür notwendige 2/3-Mehrheit im Repräsentantenhaus zu organisieren. Die Person des Präsidenten wird dabei zum Helden stilisiert, der die Sklaverei überwand. Dass er aber auch einer der größten Spalter unter den amerikanischen Präsidenten war und das Land in einen blutigen Bürgerkrieg mit 600.000 Toten führte, wird dabei geflissentlich unterschlagen. Ein typischer Fall von Geschichtsschreibung à la Hollywood.

Bedingt durch die erwähnte Reduzierung der Handlung auf den an sich unspektakulären Prozess der Mehrheitsfindung, der natürlich nach den gängigen Hollywood-Formeln aufgepeppt bzw. künstlich dramatisiert wurde, ist Lincoln sehr dialoglastig ausgefallen. Die Dialoge sind nicht durchgehend gelungen, was in Kombination mit dem holprigen Drehbuch schnell zu ersten Ermüdungserscheinungen führt. Insbesondere die erste Stunde ist richtig langweilig, ab der Hälfte der Spielzeit wird es etwas besser. 

Sets und Kostüme sind hingegen hervorragend. Auch gegen den dezenten Score von John Williams ist wenig zu sagen, der lediglich an einer Stelle ins Pathetische abdriftet. Die Atmosphäre ist durchaus stimmig, doch letztlich bleibt nur ein einziger Grund, sich Lincoln anzuschauen: Daniel Day-Lewis. Eine weitere brillante Vorstellung eines der fraglos besten Schauspieler unserer Zeit. Seine Darstellung sorgt immerhin dafür, dass Lincoln keinen völligen Schiffbruch erleidet, zumal sich auch die übrigen Darsteller keine Blöße geben. Zur Unterhaltung taugt er dennoch nur bedingt, als Geschichtsstunde versagt er völlig.