Mittwoch, 31. Dezember 2014

SUPERSTAU (Manfred Stelzer, 1991)

 Jetzt moch'i di Bahn dicht!

Komödien sind normalerweise gar nicht mein Ding, und für gewöhnlich meide ich sie wie der Teufel das Weihwasser. Wenn es dann aber schon sein muss, dann bitte schön entweder schwärzesten britischen Humor oder eben flachen deutschen. Superstau ist ein besonders gelungener Vertreter der zweiten Art. Die Machart ist simpel: man nehme verschiedene Figuren aus allen Ecken Deutschlands, gestalte sie nach den gängigen Klischees, lasse sie in ihrem jeweiligen Dialekt sprechen und sich alle anlässlich eines Staus bei der Reise in den Urlaub auf der Autobahn treffen. Ein Prinzip, das hier hervorragend funktioniert, was zum Großteil auch den tollen Darstellern zu verdanken ist. Die jeweiligen Figuren sind wie aus dem Leben gegriffen. Mein Favorit ist seit jeher der bayrische Wohnmobilfahrer Ludwig Stocker, wunderbar verkörpert von Ottfried Fischer. Wenn er über seinen harten Stuhl philosophiert oder seine Frau für seine eigenen Fehler verantwortlich macht, könnte ich mich jedesmal wegschmeißen. Ich habe Superstau schon so oft gesehen, dass ich die meisten Dialoge auswendig aufsagen kann. Und trotzdem ist jede weitere Sichtung immer wieder ein großes Vergnügen.

Sonntag, 28. Dezember 2014

HANNA (Joe Wright, 2011)

I just missed your heart.

Nett gemachter und recht spannender Reißer, der allerdings außer einer glänzenden Oberfläche nicht viel zu bieten hat. Die Story ist dünn und wenig originell, die Plotholes so groß wie Fußballfelder. Die einzige Chance, überhaupt Gefallen an dem Film zu finden, ist die Handlung nicht zu hinterfragen, sondern das bunte Treiben einfach so hinzunehmen. Hirn ausschalten und Anlage aufdrehen, sonst fragt man sich spätestens nach 20 Minuten, was der ganze Schwachsinn überhaupt soll. Punkten kann Wright vor allem mit der dynamischen Inszenierung, die mich allerdings stark an Tykwers Lola rennt erinnerte, was ja grundsätzlich weder schlecht noch verwerflich ist. Zudem kann er auf ein vorzügliches Darsteller-Ensemble bauen, wobei vor allem die stets großartige Cate Blanchett und die beim Dreh erst 16-jährige Saoirse Ronan hervorzuheben sind. Die stärkste Szene ist die, in der Hanna in einem marokkanischen Hotel übernachten will und dort mit diversen technischen Geräten konfrontiert wird, die sie, die ohne Elektrik in der Wildnis aufgewachsen ist, völlig überfordern. Die Szene ist toll geschnitten und ermöglicht es dem Zuschauer für einen Moment, sich in Hannas Gedankenwelt zu versetzen. Schade, dass der Film nicht mehr solcher Szenen zu bieten hat. 

Freitag, 26. Dezember 2014

GWOEMUL / THE HOST (Bong Joon-ho, 2006)

Eine originelle Mischung aus Monsterfilm, Satire und Komödie, die mich ausgesprochen gut unterhalten hat. Der Score ist nicht sehr gelungen und wirkt häufig so, als bemühe er sich um Bombast, ohne dies zustande zu bringen, und auch die CGI sind alles andere als realitätsnah. Das macht aber gar nichts, denn dafür punktet der Film mit ebenso tollpatschigen wie sympathischen Charakteren, hervorragenden Darstellern und einer originellen und wendungsreichen Story, die sich angenehm von dem genre-üblichen Einheitsbrei abhebt. Dabei kommt er mitunter der Grenze zur Albernheit gefährlich nahe, so z. B. bei der Trauerszene zu Beginn, ohne sie jedoch zu überschreiten. Und Song Kang-ho ist einfach wunderbar als narkoleptischer, unterbelichteter Versager, der ständig bei den unpassendsten Gelegenheiten einschläft. Auf der Suche nach seiner verschleppten Tochter wächst er schließlich über sich hinaus und wird am Ende sogar zum Helden. 
 
Da dies nun schon der zweite gute Film von Bong Joon-ho ist, den ich gesehen habe, habe ich mir direkt noch zwei weitere besorgt. Mal gespannt, was der Südkoreaner sonst noch zu bieten hat.

Dienstag, 23. Dezember 2014

GONE GIRL (David Fincher, 2014)

You two are the most fucked-up people I've ever known.

Die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Gillian Flynn, die auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, ist eine gnadenlose Abrechnung mit der Institution Ehe, die in ihrer Konsequenz ebenso erschreckend wie faszinierend ist. Ein zynischer Blick in die Abgründe des menschlichen Miteinanders, die unter der glänzenden Oberfläche lauern. Ein weiteres Kernthema ist die manipulative Macht der Medien, der sich nicht einmal die ermittelnden Polizisten völlig entziehen können. Ein Stoff also, der wie gemacht ist für den Zyniker Fincher, der seit jeher ein Faible für menschliche Abgründe und Menschen in Extremsituationen hat. Und wer die Ehe als solche bisher nicht als Extremsituation wahrgenommen hat, wird durch die Sichtung von Gone Girl womöglich eines Besseren belehrt. 
 
Denn Fincher stellt hier erneut unter Beweis, dass er einer der besten Regisseure der Gegenwart ist. Formal wie immer brillant erzählt er die wendungsreiche Geschichte mit jener atemlosen Spannung, die in dieser Form zu erzeugen außer ihm nur wenige seiner Kollegen in der Lage sind. Trent Reznor, mit dem Fincher schon mehrfach zusammengearbeitet hat, sorgt mit einem bedrohlich wummernden Score für die passende musikalische Untermalung. Plottwists sind bei Fincher schon fast Standard und dennoch kommen sie auch hier wieder überraschend und unerwartet. Bis zum Schluss lässt er den Zuschauer stets im Ungewissen, in welche Richtung sich die Handlung entwickeln wird, um sie dann zu einem ebenso stimmigen wie unerwarteten Ende zu bringen. Von der ursprünglich drohenden Todesstrafe wird Nick (großartig: Ben Affleck) „begnadigt“ zu lebenslanger Haft mit einer unberechenbaren Psychopathin – da ist man fast geneigt zu fragen, welches Schicksal das gnädigere gewesen wäre. Ein herausragender Film.