Freitag, 15. Januar 2016

THE FOUR FEATHERS (Zoltan Korda, 1939)

I am a coward, Doctor.

Kordas Verfilmung des gleichnamigen Romans von  A. E. W. Mason war bereits die vierte Umsetzung des Stoffes in bewegte Bilder. Seither sind noch drei weitere dazugekommen, die letzte datiert aus dem Jahr 2002 mit Heath Ledger in der Hauptrolle. Da ich keine der anderen Versionen kenne, stand einem unbelasteten Sehvergnügen nichts im Wege. Und ein Vergnügen war es tatsächlich. In schönstem Technicolor entfaltet der ungarische Regisseur die Geschichte um die Soldatenehre und männliche Tugenden. Geprägt durch die heroischen Erzählungen der Kriegskameraden seines Vaters wird dem jungen Harry von Kind auf eingetrichtert, dass Feigheit vor dem Feind ein unverzeihliches Vergehen ist. Dennoch kneift er als er erfährt, dass seine Kompanie am nächsten Tag in Richtung Ägypten ausrücken soll und reicht seinen Rücktritt ein. Dies bringt ihm nicht nur die tiefe Verachtung seiner drei engsten Freunde und Kameraden ein, die ihm jeweils eine weiße Feder zukommen lassen, sondern zu seiner Überraschung auch die seiner Verlobten, die sich ebenfalls von ihm abwendet. Harry erkennt, dass er einen schweren Fehler begangen hat und beschließt, sich als Einheimischer getarnt auf eigene Faust nach Ägypten aufzumachen, um seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen und seinen Freunden die weißen Federn zurückzugeben.

The Four Feathers bietet prachtvolles Ausstattungskino in seiner besten Form. Es gibt große Schlachten und Massenszenen mit hunderten von Statisten, Kamelen und Pferden. Gedreht wurde an Originalschauplätzen, was eine ganze Reihe beeindruckender Landschaftsaufnahmen zur Folge hat. Filme mit Bezug zur Kolonialzeit haben mich seit jeher begeistert und auch The Four Feathers bildet keine Ausnahme.

Etwas erstaunlich aus heutiger Sicht ist, dass die dem Film zugrundeliegende Geschichte die Menschen in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts anscheinend so fasziniert hat, dass sie in diesem Zeitraum auf eine rekordverdächtige Anzahl von vier Verfilmungen kommt. Mir ist jedenfalls keine andere Vorlage bekannt, die es auf derart viele Umsetzungen bereits vor dem 2. Weltkrieg gebracht hat. Das Leben damals - zwischen den beiden großen Kriegen - war natürlich weitaus stärker vom Militär geprägt als das heute der Fall ist. Das gilt umso mehr für das 19. Jahrhundert, in dem die Handlung angesiedelt ist. Die gesellschaftliche Ächtung eines Soldaten, der einer kriegerischen Auseinandersetzung aus dem Weg geht, ist heutzutage undenkbar, wo es längst Usus ist, vor Problemen wegzulaufen statt sich ihnen zu stellen oder aber nach fremder Hilfe zu rufen - gerade zigtausendfach in den Krisengebieten der Welt zu beobachten. Harry hingegen setzt alles aufs Spiel, um sich zu rehabilitieren. Dafür scheut er weder Hunger noch Durst oder körperliche Schmerzen. Sein stolzer Blick, als der arabische Arzt ihn für seinen Mut lobt, nachdem er sich von diesem das Brandmal auf die Stirn hat setzen lassen, um als einheimischer Sangali durchzugehen, sagt alles.

Während seiner abenteuerlichen Reise entwickelt er beinahe übermenschliche Fähigkeiten. Alles scheint ihm zu gelingen. Und so wird am Ende aus dem feigen Drückeberger der allseits umjubelte Held, der seinen drei Freunden das Leben rettet und auch das Herz seiner Verlobten wiedergewinnen kann. Und ganz nebenbei kann er auch die Heldengeschichte seines angehenden Schwiegervaters, die dieser bei jeder Gelegenheit zum besten gibt, als maßlose Übertreibung entlarven. Ein Sieg auf der ganzen Linie also.

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