Mittwoch, 31. Dezember 2014

SUPERSTAU (Manfred Stelzer, 1991)

 Jetzt moch'i di Bahn dicht!

Komödien sind normalerweise gar nicht mein Ding, und für gewöhnlich meide ich sie wie der Teufel das Weihwasser. Wenn es dann aber schon sein muss, dann bitte schön entweder schwärzesten britischen Humor oder eben flachen deutschen. Superstau ist ein besonders gelungener Vertreter der zweiten Art. Die Machart ist simpel: man nehme verschiedene Figuren aus allen Ecken Deutschlands, gestalte sie nach den gängigen Klischees, lasse sie in ihrem jeweiligen Dialekt sprechen und sich alle anlässlich eines Staus bei der Reise in den Urlaub auf der Autobahn treffen. Ein Prinzip, das hier hervorragend funktioniert, was zum Großteil auch den tollen Darstellern zu verdanken ist. Die jeweiligen Figuren sind wie aus dem Leben gegriffen. Mein Favorit ist seit jeher der bayrische Wohnmobilfahrer Ludwig Stocker, wunderbar verkörpert von Ottfried Fischer. Wenn er über seinen harten Stuhl philosophiert oder seine Frau für seine eigenen Fehler verantwortlich macht, könnte ich mich jedesmal wegschmeißen. Ich habe Superstau schon so oft gesehen, dass ich die meisten Dialoge auswendig aufsagen kann. Und trotzdem ist jede weitere Sichtung immer wieder ein großes Vergnügen.

Sonntag, 28. Dezember 2014

HANNA (Joe Wright, 2011)

I just missed your heart.

Nett gemachter und recht spannender Reißer, der allerdings außer einer glänzenden Oberfläche nicht viel zu bieten hat. Die Story ist dünn und wenig originell, die Plotholes so groß wie Fußballfelder. Die einzige Chance, überhaupt Gefallen an dem Film zu finden, ist die Handlung nicht zu hinterfragen, sondern das bunte Treiben einfach so hinzunehmen. Hirn ausschalten und Anlage aufdrehen, sonst fragt man sich spätestens nach 20 Minuten, was der ganze Schwachsinn überhaupt soll. Punkten kann Wright vor allem mit der dynamischen Inszenierung, die mich allerdings stark an Tykwers Lola rennt erinnerte, was ja grundsätzlich weder schlecht noch verwerflich ist. Zudem kann er auf ein vorzügliches Darsteller-Ensemble bauen, wobei vor allem die stets großartige Cate Blanchett und die beim Dreh erst 16-jährige Saoirse Ronan hervorzuheben sind. Die stärkste Szene ist die, in der Hanna in einem marokkanischen Hotel übernachten will und dort mit diversen technischen Geräten konfrontiert wird, die sie, die ohne Elektrik in der Wildnis aufgewachsen ist, völlig überfordern. Die Szene ist toll geschnitten und ermöglicht es dem Zuschauer für einen Moment, sich in Hannas Gedankenwelt zu versetzen. Schade, dass der Film nicht mehr solcher Szenen zu bieten hat. 

Freitag, 26. Dezember 2014

GWOEMUL / THE HOST (Bong Joon-ho, 2006)

Eine originelle Mischung aus Monsterfilm, Satire und Komödie, die mich ausgesprochen gut unterhalten hat. Der Score ist nicht sehr gelungen und wirkt häufig so, als bemühe er sich um Bombast, ohne dies zustande zu bringen, und auch die CGI sind alles andere als realitätsnah. Das macht aber gar nichts, denn dafür punktet der Film mit ebenso tollpatschigen wie sympathischen Charakteren, hervorragenden Darstellern und einer originellen und wendungsreichen Story, die sich angenehm von dem genre-üblichen Einheitsbrei abhebt. Dabei kommt er mitunter der Grenze zur Albernheit gefährlich nahe, so z. B. bei der Trauerszene zu Beginn, ohne sie jedoch zu überschreiten. Und Song Kang-ho ist einfach wunderbar als narkoleptischer, unterbelichteter Versager, der ständig bei den unpassendsten Gelegenheiten einschläft. Auf der Suche nach seiner verschleppten Tochter wächst er schließlich über sich hinaus und wird am Ende sogar zum Helden. 
 
Da dies nun schon der zweite gute Film von Bong Joon-ho ist, den ich gesehen habe, habe ich mir direkt noch zwei weitere besorgt. Mal gespannt, was der Südkoreaner sonst noch zu bieten hat.

Dienstag, 23. Dezember 2014

GONE GIRL (David Fincher, 2014)

You two are the most fucked-up people I've ever known.

Die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Gillian Flynn, die auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, ist eine gnadenlose Abrechnung mit der Institution Ehe, die in ihrer Konsequenz ebenso erschreckend wie faszinierend ist. Ein zynischer Blick in die Abgründe des menschlichen Miteinanders, die unter der glänzenden Oberfläche lauern. Ein weiteres Kernthema ist die manipulative Macht der Medien, der sich nicht einmal die ermittelnden Polizisten völlig entziehen können. Ein Stoff also, der wie gemacht ist für den Zyniker Fincher, der seit jeher ein Faible für menschliche Abgründe und Menschen in Extremsituationen hat. Und wer die Ehe als solche bisher nicht als Extremsituation wahrgenommen hat, wird durch die Sichtung von Gone Girl womöglich eines Besseren belehrt. 
 
Denn Fincher stellt hier erneut unter Beweis, dass er einer der besten Regisseure der Gegenwart ist. Formal wie immer brillant erzählt er die wendungsreiche Geschichte mit jener atemlosen Spannung, die in dieser Form zu erzeugen außer ihm nur wenige seiner Kollegen in der Lage sind. Trent Reznor, mit dem Fincher schon mehrfach zusammengearbeitet hat, sorgt mit einem bedrohlich wummernden Score für die passende musikalische Untermalung. Plottwists sind bei Fincher schon fast Standard und dennoch kommen sie auch hier wieder überraschend und unerwartet. Bis zum Schluss lässt er den Zuschauer stets im Ungewissen, in welche Richtung sich die Handlung entwickeln wird, um sie dann zu einem ebenso stimmigen wie unerwarteten Ende zu bringen. Von der ursprünglich drohenden Todesstrafe wird Nick (großartig: Ben Affleck) „begnadigt“ zu lebenslanger Haft mit einer unberechenbaren Psychopathin – da ist man fast geneigt zu fragen, welches Schicksal das gnädigere gewesen wäre. Ein herausragender Film.

Montag, 22. Dezember 2014

IRONCLAD (Jonathan English, 2011)

I am the blood!

Historische Schlachtgemälde sind mir stets willkommen, doch weist Ironclad bedauerlicherweise ein ganzes Füllhorn von Schwächen auf, die den Filmgenuss erheblich schmälern. Dabei ist die Story gar nicht übel und auch die Darstellerriege (u. a. Paul Giamatti und Brian Cox) kann sich sehen lassen. Umso ärgerlicher, dass diese ihr Potential aufgrund der schablonenhaften Figuren nicht ausspielen kann. Die Idee, die einzelnen Crew-Mitglieder zu Beginn einzeln einzusammeln, ist nicht neu, hat aber durchaus Charme, nur macht der Film daraus zu wenig, denn die meisten Charaktere bleiben relativ blass. Der Inszenierungsstil soll wahrscheinlich Authentizität vorgaukeln, wirkt jedoch schlicht billig und lässt den Verdacht aufkommen, es hier mit einer lieblos heruntergekurbelten TV-Produktion zu tun zu haben; in Wahrheit lief Ironclad – zumindest in Großbritannien – im Kino. Die Kämpfe sind – wie heutzutage leider üblich – schnell geschnitten und recht blutig, wobei die Effekte zum Teil misslungen sind. Und auch die vorgetragene Behauptung, dass die Protagonisten aufgrund zur Neige gegangener Vorräte Hunger leiden, ist optisch nicht zu belegen, sind sie auch nach wochenlangem Hungern überaus wohlgenährt, zum Teil sogar fettleibig. Soviel zum Thema Authentizität.

Dies alles wäre schon ärgerlich genug, doch zu allem Überfluss wird noch eine Liebesgeschichte zwischen dem Tempelritter und der Frau des Festungskommandanten breit ausgetreten, die völlig deplaziert wirkt. Das einzig Positive an Ironclad ist, dass er trotz der genannten Schwächen recht spannend erzählt wird. Das alleine ist zu wenig. Schade um das verschenkte Potential.

Sonntag, 21. Dezember 2014

THE EXPENDABLES 3 (Patrick Hughes, 2014)

Time to mow the lawn.

Alle Jahre wieder kommen die alten Haudegen aus der Versenkung und lassen nochmal die Sau raus. Für Freunde der Old-School-Action wie mich jedesmal ein Festtag. Glücklicherweise hat man am Konzept der Reihe nichts geändert und bietet wiederum die richtige Mischung aus Selbstironie, knackigen Onelinern und krachender Action. Bei mir jedenfalls trifft dies genau ins Schwarze.

Für den dritten Teil wurde der Australier Patrick Hughes als Regisseur verpflichtet, der zumindest für mich bisher ein unbeschriebenes Blatt war. Seine Arbeit macht er über weite Strecken sehr ordentlich, auch wenn er sich inszenatorisch nicht immer ganz auf der Höhe zeigt. Hin und wieder fällt es schwer, in dem Kampfgetümmel den Überblick zu behalten. Neben den bisher bekannten Altstars kommt eine Reihe illustrer Namen dazu wie Antonio Banderas, Wesley Snipes, Harrison Ford oder Mel Gibson. Ein Gewinn ist in jedem Fall die Verpflichtung der Mixed-Martial-Arts-Kämpferin Ronda Rousey, die nicht nur ganz ansprechend aussieht, sondern auch richtig kämpfen kann. Die rasante Inszenierung hält das Tempo durchgehend hoch und lässt kaum Zeit zum Luftholen. Trotz der recht stattlichen Spieldauer von gut zwei Stunden gibt es keinerlei Durchhänger. Danach fühlt man sich wie frisch gebadet.

Montag, 15. Dezember 2014

THE POSSESSION (Ole Bornedal, 2012)

Solide inszenierter und leidlich spannender Thriller ohne besondere Momente. Ganz offensichtlich keine Herzensangelegenheit des Dänen, sondern die klassische Auftragsarbeit. Die Story bietet Altbekanntes, die Darsteller machen ihre Sache ordentlich, das Sounddesign ist gelungen und sorgt für den ein oder anderen Schockmoment. Und die Bornedal-typische Szene in der Leichenhalle gibt's auch. Gruselig ist das alles nicht, aber ganz nett anzuschauen. Durchaus unterhaltsam, aber ohne großen Erinnerungswert. Der Mann hat weitaus bessere Filme gemacht.

Dienstag, 9. Dezember 2014

DAWN OF THE PLANET OF APES (Matt Reeves, 2014)

War has already begun.

Nach dem überraschend guten Rise of the Planet of Apes, der mich ungeachtet seiner Schwächen sehr ordentlich zu unterhalten wusste, bietet der Nachfolger nicht viel mehr als biedere Hausmannskost. Die Geschichte des Films wurde in ähnlicher Form schon hundertmal erzählt: ein sich langsam zuspitzender Konflikt zwischen zwei Parteien, die ihrerseits beide über besonnene Anführer und streitlustige Widersacher verfügen. Das einzig Neue dabei ist, dass eine der Konfliktparteien aus Affen besteht. Ansonsten wird jedes erdenkliche Klischee bemüht, sowohl auf Seite der Menschen als auch der Affen. Überhaupt: die Verhaltensweisen der Affen sind derart menschlich, dass man sie problemlos durch eine Menschengruppe ersetzen könnte, ohne am Drehbuch viel ändern zu müssen. Selbst der klassische Vater-Sohn-Konflikt wurde eingebaut. Dies ist dann auch die größte Schwäche des Films: dass er es nämlich nicht schafft, den Affen eine eigene Identität zu verleihen, sondern sie wie Menschen mit einem niedrigeren Zivilisationsgrad wirken lässt. Merkwürdig auch, dass die Affen sich meist in Gebärdensprache unterhalten, dabei aber der englischen Sprache mächtig sind. Ihre eigene Lautsprache nutzen sie hingegen kaum noch, ohne dass ein Grund erkennbar ist. Warum sollte eine Gruppe von Lebewesen, die in der Lage ist, sich untereinander mit Lauten zu verständigen, dazu übergehen, sich in Gebärdensprache zu unterhalten? Nicht die einzige Frage, die am Ende offen bleibt. Und so ist DawnofthePlanetofApes ein zwar unterhaltsamer und tricktechnisch beeindruckender, aber eben auch völlig uninspirierter und klischeebeladener Film geworden, der die Finesse seines Vorgängers vermissen lässt.

Montag, 1. Dezember 2014

SNOWPIERCER (Bong Joon-ho, 2013)

I believe it is easier for people to survive on this train if they have some level of insanity.

Die Prämisse des Films ist ziemlich amüsant: In seiner unendlichen Hybris, die den Menschen glauben lässt, Herrscher über das Klima zu sein – dieser Tage übrigens wieder schön bei der „Weltklimakonferenz“ in Lima zu beobachten – , jagt man gigantische Mengen des Kühlmittels CW7 in die Atmosphäre, in der Hoffnung, den Planeten damit abzukühlen. Dies geht gründlich schief und löst eine Eiszeit aus, die nahezu alles Leben vernichtet. Die letzten Überlebenden können sich an Bord eines Zuges retten, der – angetrieben von einem Perpetuum mobile – unermüdlich den Globus umrundet. Schnell etabliert sich ein Ordnungssystem, das die Passagiere in rechtelose Mitfahrer im hinteren Zugteil und privilegierte Passagiere im vorderen Zugteil einteilt. Und ganz vorne wacht der Firmengründer über den heiligen Motor, der den Zug antreibt. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die untere Klasse gegen die Unterdrücker erhebt.

Der Südkoreaner Bong Joon-ho schuf mit Snowpiercer einen höchst unterhaltsamen Film, der sich des aktuellen Zeitgeists bedient, um die oben geschilderte Ausgangssituation zu schaffen. Es gehört nicht viel Phantasie dazu sich auszumalen, dass – wäre der Film 30 Jahre früher entstanden – als Begründung für die globale Eiszeit wahrscheinlich der Fallout einer nuklearen Katastrophe hätte herhalten müssen. Der Film würde ansonsten genauso funktionieren. In Zeiten, in denen niemand mehr Angst vor Atomwaffen hat, schürt man eine irrationale Angst vor dem Klimawandel. Vor irgendwas muss der Mensch ja schließlich Angst haben. Der Film funktioniert dann auch nach dem gleichen Schema: die Macht der Zugbetreiber baut in erster Linie auf die Angst der Passagiere vor einem Leben in der eisigen Kälte bzw. der Unmöglichkeit desselben, und so wird keine Gelegenheit ausgelassen, diese Angst weiter zu befeuern. Sei es durch mittelalterlich anmutende Bestrafungsaktionen wie das erzwungene Abfrieren von Gliedmaßen oder die einer Hirnwäsche gleichende Unterrichtung der Kinder der wohlhabenden Passagiere, die den lebenserhaltenden Motor der Lokomotive beinahe wie eine Gottheit verehren. 

Eine große Stärke des Films ist, dass die Handlung sich immer wieder in eine Richtung entwickelt, die schwer vorherzusehen ist. Zudem ist Bong in der Ausgestaltung der Details erfreulich konsequent und geht keine Kompromisse ein. Dies zieht sich durch bis zum bitteren Ende, das in seiner unnachgiebigen Konsequenz ziemlich verstörend ist. Und dennoch bleibt am Schluss ein Hoffnungsschimmer, verkörpert durch den Eisbär, der beweist, dass ein Leben unter den unwirtlichen Bedingungen der Außenwelt möglich ist.

Montag, 10. November 2014

NIGHTWATCH (Ole Bornedal, 1997)

I guess they got the wrong guy.

Mit den Filmtiteln in Deutschland ist das oftmals eine lustige Sache, und der Titelwirrwarr um Nightwatch ist dafür ein wunderbares Beispiel. Statt Bornedals Debut in Deutschland unter dem Titel Nachtwache zu veröffentlichen, griff man auf den internationalen Titel Nightwatch zurück, denn englisch klingt ja viel cooler. Blöd nur, dass das US-Remake, für das ebenfalls Bornedal verantwortlich zeichnete, auch so heißt. Offenbar beseelt vom festen Willen, die doppelte Verwendung des Titels zu umgehen, kam man auf die glorreiche Idee, das Remake unter dem völlig albernen Titel „Freeze – Alptraum Nachtwache“ zu veröffentlichen, was zwangsläufig die Frage aufwirft, wer oder was in dem Film denn nun frieren mag.

Was Bornedal geritten hat, nur drei Jahre nach seinem phantastischen Debut ein englischsprachiges Remake mit US-Darstellern zu drehen, weiß wohl nur er selbst. Wahrscheinlich zielte er damit auf eine vermeintlich größere Publikumsgruppe auf dem amerikanischen Markt ab oder war schlichtweg von monetären Motiven getrieben. Von allen entbehrlichen Remakes der Filmgeschichte ist das hier wohl eines der überflüssigsten: die Story wurde zum Original kaum verändert, allerdings wurden Kürzungen vorgenommen, die dazu führen, dass einige der besten Szenen nicht mehr vorhanden sind. Beispielhaft seien die Verunglimpfung des Andersen-Denkmals oder die Sex-Szene in der Leichenhalle genannt, wobei es von der Letztgenannten kurioserweise immerhin die Spermaspuren in den fertigen Film geschafft haben. Die Darsteller sind bei weitem nicht so sympathisch wie im Original – Patricia Arquette sieht immerhin besser aus als Sofie Gråbøl - und die bedrohliche Atmosphäre desselben gelang es nicht einmal ansatzweise zu reproduzieren. 

Unter dem Strich bleibt dennoch ein stimmiger und recht gelungener Thriller, den man in Unkenntnis des weitaus besseren Originals durchaus genießen kann; im direkten Vergleich jedoch schmiert er gnadenlos ab.

Samstag, 8. November 2014

SABOTAGE (David Ayer, 2014)

Look at you, with your 48 percent body fat!

Sabotage wird sicher nicht als Glanztat in das filmische Wirken Schwarzeneggers eingehen. Dafür ist die Story zu dämlich und zu einfallslos. Im Vergleich zu seinem ersten Film nach Beendigung der politischen Karriere The last Stand fällt Sabotage deutlich ab, und auch die Filme, in denen er neben Stallone lediglich die zweite Geige spielte, konnten mich mehr überzeugen. Zumal Arnie hier zum ersten Mal richtig alt aussieht - daran kann auch die Heinrich-Himmler-Gedächtnisfrisur nichts ändern. Charisma und Leinwandpräsenz hat er natürlich nach wie vor zu bieten, die Actionszenen sind ordentlich choreografiert und inszeniert und auch eine gewisse Spannung kann man Sabotage sicher nicht absprechen. 

Für einen ausgemachten Arnie-Fan wie mich immer noch genug Gründe, anderthalb Stunden Lebenszeit auf die Sichtung des Streifens zu verwenden. Und die Schlusseinstellung ist sogar richtig toll, wenn Arnie sich - tödlich getroffen - an einem Bartisch niederlässt, um sich einen letzten Drink und eine letzte Zigarre zu genehmigen, zufrieden dreinblickend und mit sich im Reinen, weil seine Rachemission vollendet ist.

Freitag, 31. Oktober 2014

COLOMBIANA (Olivier Megaton, 2011)

I want to be a killer.

Formidable Rachegeschichte aus der Feder von Luc Besson, die aufgrund der tadellosen Inszenierung uneingeschränkt zu begeistern weiß. Zoë Saldaña strahlt eine raubtierhafte Eleganz aus und mimt die eiskalte Rächerin ganz vorzüglich. Und nebenbei sieht sie auch noch sehr ansprechend aus. Natürlich strotzt der Plot vor Ungereimtheiten und Logikfehlern, doch lässt sich darüber großzügig hinwegsehen. 

Olivier Megaton bemüht sich zumindest, dem Charakter seiner Protagonistin Tiefe zu verleihen und wirft die Frage auf, inwieweit der Vollzug der Rache ihr tatsächlich die erhoffte Erlösung zu verschaffen mag. Und das ist schon mehr, als man bei einem simpel gestrickten Reißer erwarten darf. Gut gelungen ist auch der Score des Franzosen Nathaniel Méchaly, der die schönen Bilder perfekt ergänzt. Insgesamt eine runde Sache.

Donnerstag, 30. Oktober 2014

NATTEVAGTEN (Ole Bornedal, 1994)

Bornedals Debut zählte in den 90er Jahren zu den von mir am häufigsten gesehenen Filmen und besticht vor allem durch seine wahnsinnig dichte Atmosphäre, die sympathischen Darsteller und das hervorragende Sound-Design. Die Fähigkeit des dänischen Filmemachers, Spannung mehr aus der Charakterentwicklung denn aus vordergründigen Schockeffekten zu evozieren, ist bereits hier deutlich erkennbar. Dabei ist die Inszenierung ebenso stylisch wie bodenständig. Die Ansiedlung von großen Teilen der Handlung in der Pathologie eines Krankenhauses verleiht Nattevagten überdies eine höchst morbide Atmosphäre, die durch Szenen wie die schnelle Nummer in der Leichenhalle noch unterstrichen wird. 

Ein durch und durch großartiger Film, der über die gesamte Spielzeit eine enorme Spannung aufbaut, die sich schließlich in einem - zugegebenermaßen etwas unrealistischen - Showdown entlädt. Die Dreharbeiten scheinen jedenfalls Kim Bodnia so beeindruckt zu haben, dass er gleich zwei der drei Darstellerinnen (nacheinander natürlich) heiratet. Pflichtprogramm für alle Freunde des skandinavischen Kinos.

Donnerstag, 23. Oktober 2014

KÆRLIGHED PÅ FILM (Ole Bornedal, 2007)

Kærlighed på Film, der international unter dem treffenden Titel Just another Love Story und in Deutschland unter dem ebenso albernen wie nichtssagenden Titel Bedingungslos erschienen ist, ist ein extrem stilisierter Thriller um Identitätstausch und die Verlockung, aus dem eintönigen Familienleben auszubrechen. Stellenweise könnte man fast den Eindruck haben, Bornedal hätte ein paar Filme von Kim Ki-duk gesehen, denn der Stoff könnte in ähnlicher Form auch von dem Südkoreaner stammen, auch wenn dieser die Handlung sicherlich deutlich entschlackt und weniger komplex erzählt hätte. 

Atmosphärisch fühlte ich mich hingegen an Bornedals Debut Nattevagten erinnert, was nicht zuletzt mit den zahlreichen Innenaufnahmen von Pathologie und Leichenhalle zu tun hat, schließlich fotografiert der Protagonist beruflich Mordopfer. Garniert ist dies zudem mit einem Hauch Noir, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass Julias Vergangenheit lange im Unklaren bleibt. Die stets wiederkehrenden und länger werdenden Flashbacks verleihen ihr eine geheimnisvolle Note. Die Figurenentwicklung bleibt trotz des ungewöhnlichen Handlungsverlaufs jederzeit schlüssig, und auch wenn die Dinge am Schluss etwas aus dem Ruder zu laufen drohen, ist Kærlighed på Film in seiner Gesamtheit noch 'ne ganze Ecke besser geraten als sein Nachfolger.

Samstag, 11. Oktober 2014

FRI OS FRA DET ONDE (Ole Bornedal, 2009)

Fri os fra det Onde heißt soviel wie "Erlöse uns von dem Bösen", und der Titel ist Programm. Das Böse steckt in jedem von uns und das führt Bornedal uns mit unbarmherziger Konsequenz vor Augen. Die anfangs heimelige Idylle des kleinen Dörfchens im dänischen Jütland erweist sich schnell als trügerisch. Das Geschehen spitzt sich langsam aber unaufhaltsam zu, um schließlich in einem extremen Finale zu kulminieren, das im Übrigen ganz dreist bei Peckinpahs Straw Dogs geklaut ist. Dies stört jedoch nicht im Geringsten, zumal ich Peckinpah im Allgemeinen und Straw Dogs im Besonderen ohnehin nicht viel abgewinnen kann. 

Die Darsteller sind toll, mir jedoch allesamt unbekannt, wobei ich vom dänischen Kino jenseits von Nicolas Winding Refn ziemlich unbeleckt bin. Dass Bornedal Thriller kann, hat er bereits vor zwanzig Jahren mit seinem Debut Nattevagten eindrucksvoll bewiesen, und so wohnt Fri os fra det Onde eine nägelkauende Spannung inne, die bis zum Ende nicht nachlässt. Dabei meistert er die Herausforderung, die Figuren trotz ihrer extremen Handlungen glaubwürdig erscheinen zu lassen. Unter formalen Aspekten gibt es ohnehin nichts zu kritisieren. Der starke Einsatz von Farbfiltern und die hervorragende Kamera-Arbeit bringen ausgesprochen schöne Bilder hervor. Auch der Twist am Ende ist gelungen, wenn in einer kurzen Rückblende gezeigt wird, was wirklich passiert ist. 

Ein rundum gelungener Film und für mich Anlass genug, das (überschaubare) Werk des einst von mir geschätzten und früh aus den Augen verlorenen Ole Bornedal zum Thema einer Wiederentdeckungsreise zu machen. Fri os fra det Onde war ein vielversprechender Auftakt. So darf es gerne weitergehen.

Mittwoch, 8. Oktober 2014

GODZILLA (Gareth Edwards, 2014)

Ich habe in meinem Leben ja schon einige schlechte Filme gesehen, aber ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen solchen Müll gesehen habe wie Edwards unsäglichen Godzilla. Lächerliche Effekte, blasse Darsteller und ein Drehbuch, das dermaßen bekloppt ist, dass es einem die Sprache verschlägt. Und da der Film mich schon zwei Stunden meiner Lebenszeit gekostet hat, will ich ihm nicht noch mehr Zeit widmen. Jedes weitere Wort wäre zuviel.

Freitag, 3. Oktober 2014

OZ THE GREAT AND POWERFUL (Sam Raimi, 2013)

I don't want to be a good man... I want to be a great one.

Der Film erzählt die Vorgeschichte zum Zauberer von Oz, und wie eben jener richtet er sich an ein sehr junges Publikum. Zwar ist man auch als Erwachsener hier nicht direkt fehl am Platz, doch ist die Zielgruppe erkennbar in der Altersgruppe zwischen 6 und 16 zu suchen. Tim Burton zeigt seit vielen Jahren, wie man Filme macht, die Groß und Klein begeistern können, Sam Raimi gelingt dies hingegen nur bedingt. Insbesondere in der ersten Stunde gilt es allerlei Albernheiten zu überstehen und zudem über die zum Teil erschreckend schwachen Effekte hinwegzusehen. Insbesondere nach der Ankunft Oscars in Oz gibt es viele Szenen, die aussehen als würden die Darsteller vor schlecht gemachten Hintergrundbildern umherlaufen. Zum Teil sind die Effekte aber auch richtig gut, sodass insgesamt ein merkwürdiger Mischmasch entsteht. 

Während der Sichtung ertappte ich mich mehrfach bei Überlegungen, wie der Film wohl aussehen würde, wenn Tim Burton Regie geführt hätte. Sein (thematisch einige Parallelen aufweisender) Alice in Wonderland gefällt mir im direkten Vergleich jedenfalls deutlich besser. James Franco spielt den Zauberer übrigens auch ähnlich wie Johnny Depp derartige Rollen anlegt. Letzten Endes ist Oz the Great and Powerful ein mäßig unterhaltsamer Film geworden, der sich allerdings vorzüglich für einen Filmnachmittag mit der ganzen Familie eignet.

Sonntag, 14. September 2014

THE PLACE BEYOND THE PINES (Derek Cianfrance, 2012)

If you ride like lightning, you're going to crash like thunder.

Cianfrankes Drama liegt eine interessante Idee zugrunde, aus der aber letztlich zu wenig gemacht wird. Die erste Story mit dem Bankräuber ist die mit Abstand interessanteste. Der Mittelteil mit dem Polizisten, der den Bankräuber erschossen hat, fällt deutlich ab, was nicht zuletzt mit der Figur des Avery Cross zusammenhängt, die für mich einfach nicht stimmig ist. Das Finale, in dem sich die beiden Söhne treffen, wirkt fast etwas unmotiviert, so als wären den Machern die Ideen ausgegangen, was sie mit der - an sich hochinteressanten - Konstellation denn nun anfangen könnten. 

Zugute halten muss man dem Film, dass er über die gesamte Spieldauer spannend ist, weil der Zuschauer nie weiß, in welche Richtung sich die Handlung weiterentwickeln wird. Zumindest dann, wenn man - wie in meinem Fall - ohne Vorkenntnisse an die Filmsichtung geht. Sicher kein schlechter Film, aber auch einer, der mehr verspricht, als er einzulösen vermag und den man - hat man ihn mal gesehen - sicher nicht nochmal sehen will.

Mittwoch, 10. September 2014

NOAH (Darren Aronofsky, 2014)

We build an ark.

Bibelverfilmung bzw. Verfilmungen von Geschichten aus der Bibel stehe ich seit jeher skeptisch gegenüber, sind diese nicht selten doch recht schwülstig geraten und/oder mit stark missionarischen Untertönen behaftet. Ganz anders Noah: Aronofsky erzählt die Geschichte um den Bau der Arche mit prachtvollen Bildern voller Poesie und unbändiger Kraft. Natürlich kommt er dabei nicht umhin, die Verderbtheit der Menschen zu zeigen, die den Schöpfer dazu treibt, alles Leben zu vernichten und mit wenigen Auserwählten ganz neu anzufangen. Das bringt die Geschichte, die im Übrigen recht frei interpretiert wurde, so mit sich. Dennoch ist dies auf recht subtile Art und Weise gelöst - erstaunlich bei einem Mann wie Aronofsky, für den Subtilität immer ein Fremdwort zu sein schien; diesen Schluss legen zumindest seine bisherigen Filme nahe.

Russell Crowe ist natürlich die Idealbesetzung für den gottesfürchtigen Noah, den er in seiner gewohnt überheblichen Art wunderbar interpretiert. Der restliche Cast gibt sich ebenfalls keine Blöße, und auch die Effekte sind überwiegend gut gelungen; nur die versteinerten Wächter sehen etwas merkwürdig aus.  

Noah ist von Anfang bis Ende ein äußerst spannendes und mitreißendes Filmerlebnis, das über die gesamte Spieldauer zu fesseln weiß.

Mittwoch, 3. September 2014

MONSTERS (Gareth Edwards, 2010)

I'm going to be a meteorologist, because it's the only job where I can be wrong every day, and not get fired.

Das Kinodebut des britischen Regisseurs Gareth Edwards hat als Besonderheit die Prämisse vorzuweisen, dass Aliens auf die Erde gelangt sind und dort nun in einer infizierten Zone im Norden Mexikos ihr Unwesen treiben. Edwards machte daraus keinen klassischen Monsterfilm, sondern erzählt eine romantische Geschichte über ein Paar, das das Schicksal zusammengeführt hat. Die Existenz der Monster ist inzwischen Normalität und wird von den Menschen so hingenommen. Tatsächlich neu ist diese Idee nicht, hat doch der Südafrikaner Neill Blomenkamp ein Jahr zuvor für District 9 eine ähnliche Grundkonstellation benutzt. Man sieht also: neu oder gar revolutionär ist an Monsters gar nichts.

Bemerkenswert ist da schon eher das bescheidene Budget von 500.000 Dollar, denn Monsters sieht aus, als sei er weitaus teurer gewesen. Die beiden Hauptdarsteller sind sympathisch (und auch im wahren Leben ein Paar), der Plot ist jedoch nur mäßig spannend. Die vielen Laiendarsteller tragen erheblich zur Authentizität bei. Unter dem Strich ein durchaus unterhaltsamer, aber eben auch völlig belangloser Film.

Sonntag, 31. August 2014

THE WOLF OF WALL STREET (Martin Scorsese, 2013)

I want you to deal with your problems by becoming rich!

Faszinierendes Porträt, das vom steilen Aufstieg und tiefen Fall eines skrupellosen Finanzhais erzählt, und eine wahrhaft phantastische Lebensgeschichte zur Vorlage hat. Auf den Altmeister ist nach wie vor Verlass. Drei Stunden lang schildert er Jordan Belfort als ebenso schillernde wie gewinnende Persönlichkeit, die es mit nur wenigen Worten schafft, praktisch jeden um den Finger zu wickeln. Nur bei den gegen ihn ermittelnden FBI-Beamten funktioniert seine Masche nicht. Leonardo DiCaprio gibt den Verführer derart überzeugend, dass ich schon nach 20 Minuten auf seiner Seite stand und bereit war, jedes Wort zu glauben, das er von sich gab. 

Dabei findet Scorsese genau die richtige Mischung zwischen detailversessener Biographie und mitreißendem Drama, variiert das Erzähltempo gefühlvoll und mit jenem feinen Gespür, dass ihn seit vielen Jahren auszeichnet. Trotz der stattlichen Spieldauer wird der Film zu keiner Zeit langweilig, andererseits hat man am Ende das Gefühl, allen wesentlichen Ereignissen beigewohnt und nichts verpasst zu haben. Für den Schnitt zeichnet wieder einmal Scorseses langjährige Weggefährtin Thelma Schoonmaker verantwortlich, mit der er seit mehr als 30 Jahren zusammenarbeitet. Erstmals hingegen griff er auf die Dienste des Kameramanns Rodrigo Prieto zurück, dessen Bilder mich schon bei Filmen wie Frida, Alexander oder zuletzt Argo begeistern konnte. 

The Wolf of Wall Street ist ein weiterer großartiger Film des italo-amerikanischen Meisterregisseurs, der ganz in der Tradition seiner epischen Gangsterfilme wie GoodFellas und Casino steht.

Mittwoch, 20. August 2014

MICHAEL KOHLHAAS (Arnaud des Pallières, 2013)

Des Pallières "freie" Interpretation der berühmten Kleist-Novelle präsentiert sich audiovisuell durchaus ansprechend, hat aber neben dem schönen Schein wenig zu bieten. Eines der zentralen Motive von Kleists Vorlage, nämlich der Übergang vom mittelalterlichen Fehde-Recht zur "modernen" Rechtssprechung des Zeitalters der Aufklärung und die daraus resultierenden unterschiedlichen Rechtsauffassungen, kommt kaum zur Geltung. Im Film wirkt Kohlhaas wie der Anführer einer Horde von Banditen, die mordend und raubend durch die Gegend ziehen, beispielsweise wenn er zwischendurch einen seiner Gefolgsleute hängen lässt, weil dieser ein Haus geplündert hat. Dafür handelt er sich dann prompt den Tadel Martin Luthers ein. Die Figur des Protagonisten ist alles andere als stimmig. In den Szenen mit seiner Frau und seiner Tochter wird er als pflichtbewusster Familienmensch dargestellt und wirkt wie eine andere Person. Gerade in diesen Szenen fällt es schwer, die Motivation für sein Handeln nachzuvollziehen. 

Die eigenwillige Inszenierung, die sich immer wieder Zeit nimmt, endlos lange auf Gesichtern oder Landschaften zu verweilen, die eigentlichen Geschehnisse jedoch oft sprunghaft erzählt und es dem Zuschauer überlässt, sich die Details auszumalen, hat durchaus ihren Reiz, auch wenn ich mir mitunter etwas mehr Dynamik gewünscht hätte. Das Resultat wirkte recht unausgegoren und mehr einem bestimmten audiovisuellen Stil verpflichtet als einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit dem Kern der Vorlage oder auch einfach nur der Erzählung einer spannenden Geschichte. Hervorzuheben ist in jedem Fall der tolle Score, der sich sehr zurückhaltend präsentiert und vorwiegend auf die gängigen mittelalterlichen Instrumente wie Laute, Geige oder Dudelsack stützt. Viele Szenen kommen völlig ohne Musik und Dialoge aus und überlassen alleine dem ständig blasenden Wind das Feld.

Montag, 18. August 2014

INSIDE LLEWYN DAVIS (Ethan & Joel Coen, 2013)

If it was never new and it never gets old, then it's a folk song.

In ihrem neuestem Film stellen die Coen-Brüder zum wiederholten Mal ihre Vorliebe für Verlierer unter Beweis. Inside Llewyn Davis erzählt die Geschehnisse einer Woche aus dem Jahr 1961 im Leben des titelgebenden Folk-Sängers, der sich mehr schlecht als recht durch die Gegend schlägt und nur einer von vielen talentierten Musikern ist, dem der große Ruhm verwehrt blieb. Die Figur ist fiktiv, jedoch von der Biographie des realen Dave van Ronk inspiriert. 

Viele andere Regisseure hätten es sicher weitaus interessanter gefunden, einen Film über Bob Dylan zu machen, doch nicht so die Coen-Brüder. Wie die meisten ihrer Protagonisten ist auch Llewyn Davis ein durch und durch sympathischer Bursche, dem nichts gelingen will und der von einem Problem zum nächsten stolpert. Dabei setzen die Brüder auf einen herrlich feinfühligen Humor, der auch schon den Vorgänger A serious Man auszeichnete. Auch die Darsteller sind wunderbar, allen voran Oscar Isaac und natürlich John Goodman als drogenabhängiger Jazz-Musiker, der mit einem unfassbar hässlichen Toupet den Vogel abschießt. Toller Film. 

Montag, 28. April 2014

CHE: PART ONE & CHE: PART TWO (Steven Soderbergh, 2008)

Homeland or death!

Um die Sichtung habe ich mich eine geraume Zeit herumgedrückt, in erster Linie wegen der langen Spieldauer von 4 1/2 Stunden, nicht zuletzt aber auch deshalb, weil ich insgeheim die Befürchtung hatte, ein verklärendes Biopic vorgesetzt zu bekommen. Wobei gerade dies bei genauerer Betrachtung angesichts des Regisseurs gar nicht zu erwarten war. Und so ist Che folgerichtig und glücklicherweise ein Film (ich habe beide Teile unmittelbar nacheinander gesehen und betrachte das Projekt als einen Film, auch wenn es technisch gesehen zwei sind), der die überlebensgroße Ikone Che Guevara auf Normalgröße zurückstutzt und ihn als die Figur porträtiert, die er war, nämlich ein ideologisch verbohrter Spinner, der besessen war von dem an sich hehren Ziel, einen besseren Menschen zu erschaffen und soziale Ungleichheiten zu überwinden. Dabei war ihm beinahe jedes Mittel recht und überdies egal, ob die Betroffenen sich überhaupt als benachteiligt ansahen. In seiner grenzenlosen Selbstüberschätzung war er der Meinung, seine Ideologie in beinahe jedem nichtwestlichen Land gewaltsam durchsetzen zu können. Doch während er bei der Kuba-Revolution das Glück hatte, sich Fidel Castro anschließen und dann durch einige militärische Erfolge auf sich aufmerksam machen zu können, versagte er bei dem lächerlichen Versuch einer Revolution in Bolivien kläglich. Den noch kläglicheren Versuch, im Kongo einen Umsturz herbeizuführen, spart Soderbergh völlig aus. Am Ende wird Che in einem kleinen Bergdorf in den Anden erschossen wie ein räudiger Hund. Und so ist Soderberghs Che vor allem eines: die Entzauberung eines Mythos.

Stilistisch unterscheiden sich die beiden Teile etwas voneinander. Während der erste die Ereignisse in nicht chronologischer Reihenfolge erzählt und ständig zwischen Orten und Zeiten hin- und herspringt, wobei er dies für meinen Geschmack zu häufig tut, präsentiert sich der zweite Teil durchgehend chronologisch. Dies erleichtert dem Zuschauer die Orientierung, denn beim ersten Teil fällt es gelegentlich schwer, die einzelnen Szenen richtig einzuordnen. Den zweiten Teil fand ich dann auch deutlich spannender und interessanter als den ersten. Die Erzählweise ist in beiden Teilen unzusammenhängend und wirkt so, als habe man wahllos irgendwelche Szenen aneinandergereiht, viele Dinge dazwischen aber auch weggelassen. Dies verleiht Che einen Tagebuch-artigen Charakter, was sicherlich auch so beabsichtigt war. Dies wird unterstützt durch die realistische Inszenierung. Die Kamera ist meist ganz eng am Geschehen, teils verwackelt, immer aber das Gefühl vermittelnd, man befinde sich als Zuschauer mittendrin. Dies gipfelt schließlich darin, dass Ches Erschießung aus seiner Perspektive gefilmt wird. Vor allem aber vermittelt die realitätsnahe Inszenierung ein Gefühl dafür, wie mühselig das Guerrilla-Dasein doch ist. Dies kommt vor allem im zweiten Teil zur Geltung, wo Che neben seinen Asthma-Anfällen und den gegnerischen Soldaten noch mit Hunger, Deserteuren und Unzufriedenheit in der Gruppe zu kämpfen hat - vom fehlenden Rückhalt in der ländlichen Bevölkerung ganz zu schweigen. Positiv zu erwähnen ist neben der tollen Kameraführung unbedingt die großartige Leistung Benicio del Toros, die alleine den Film sehenswert macht. 

Sonntag, 5. Januar 2014

BRONSON (Nicolas Winding Refn, 2008)

You shouldn't mess with boys that are bigger than you.

Bronson erzählt kleinere Episoden aus dem Leben des "most violent prisoner in Britain", die sich wohl größtenteils so ähnlich hinter britischen Gefängnismauern abgespielt haben. Ganz sicher kann man sich da nicht sein, denn abgesehen von der erzählerischen Freiheit des Filmemachers ist die objektive Richtigkeit des Gezeigten auch schon deshalb zweifelhaft, weil sämtliche Szenen aus der Sicht des Gefangenen gezeigt werden, so dass unklar bleibt, ob sich diese so zugetragen haben oder ob Bronson, der mit bürgerlichem Namen Michael Gordon Peterson heißt, diese Szenen aus seiner subjektiven Perspektive so wahrgenommen hat (in Bezug auf die Person im Film natürlich). Nun hätten vermutlich die meisten Regisseure, so sie einen Film über Bronson gemacht hätten, versucht, Erklärungen für sein Verhalten zu liefern und ihn damit für den Zuschauer ein Stück weit sympathisch zu machen. Nicht so Refn: sein Bronson ist ein durch und durch asoziales Subjekt, unfähig sich in einem normalen Umfeld außerhalb des Gefängnisses zu bewegen, nur an körperlicher Konfrontation interessiert. Zwischen ihm und dem Zuschauer bleibt immer eine Distanz, die es nahezu unmöglich macht, so etwas wie Sympathie oder Verständnis für ihn aufzubringen. Im Gegenteil: man genießt es geradezu, wenn er von den Gefängniswärtern ordentlich auf die Fresse kriegt. 
 
Das Erstaunliche dabei ist, dass Bronson dennoch ein äußerst spannender und sehr kurzweiliger Film geworden ist, bei dessen Sichtung die Zeit wie im Flug vergeht. Die Erzählweise ist größtenteils chronologisch, doch gibt es immer wieder Szenen, bei denen die zeitliche Einordnung nicht ganz klar ist. Interessant sind auch die immer wieder eingestreuten Auftritte Bronsons auf einer Showbühne vor imaginärem Publikum, in denen er seine Sicht der Dinge im Stile eines Theaterschauspielers schildert. Ich habe diese Exkurse als Ausgeburt seiner Phantasie interpretiert, beispielsweise Gedanken, wie sie einem abends vor dem Einschlafen durch den Kopf gehen. Gleichzeitig weisen sie natürlich auch auf die starken kreativen Fähigkeiten Bronsons hin, die im letzten Teil des Films in den Mittelpunkt rücken, als er beginnt, sich künstlerisch zu betätigen. 
 
Ein besonderes Lob gebührt dem Hauptdarsteller Tom Hardy, der vollkommen in seiner Rolle aufgeht und eine Performance hinlegt, die am besten mit dem Wort "animalisch" zu beschreiben ist.

Mittwoch, 1. Januar 2014

ONLY GOD FORGIVES (Nicolas Winding Refn, 2013)

And how many cocks can you entertain with that cute little cum dumpster of yours?

Only God forgives ist nun der fünfte Refn-Film, den ich gesehen habe. Während der Sichtung fiel mir auf, wie stark sich Refns drei letzte Filme (God, Drive, Valhalla) inhaltlich und stilistisch von den Pusher-Filmen unterscheiden. Stand dort noch eine stimmungsvolle Millieu-Studie mit sorgsam ausgearbeiteten Charakteren, sind es nunmehr die betörend schönen Bilder artifizieller Sets und hypnotischen Bilderfolgen, untermalt von atmosphärischen Klängen, die im Vordergrund stehen. Eine Handlung wird nur noch in Ansätzen skizziert, gesprochen wird wenig, Identifikationsfiguren oder gar Helden gibt es keine (wobei Drive beim letzten Punkt etwas aus dem Rahmen fällt). Wie schon die beiden Vorgänger wirkt Only God forgives wie eine Aneinanderreihung ausdrucksstarker Bilder, wie der (gelungene) Versuch, Stimmungen in kunstvoll ausgeleuchteten Bildern festzuhalten. 

Refn hat seine Vision von Bangkok, die er dem Zuschauer nahebringen will. Dass diese nicht viel mit der Realität zu tun hat, stört ihn wenig. Die vielen Aufnahmen von langen Fluren oder durch Türrahmen hindurch – meist streng symmetrisch ausgerichtet – erinnerten mich an Lynch, die konsequente Abarbeitung des Schuld-und-Sühne-Themas findet sich häufig in ähnlicher Weise beim Südkoreaner Kim Ki-duk. Interessant ist vor allem die Figur des Polizeichefs Chang: trotz seiner archaischen Vorstellungen von gerechter Strafe und obwohl er seine Opfer mit erkennbar sadistischer Freude ihrem Schicksal zuführt, tut er im Grunde genommen nichts moralisch Verwerfliches, da er lediglich die bestraft, die ihrerseits Böses getan haben. Einen derjenigen, die ihn töten wollten, lässt er sogar ungeschoren davonkommen, nachdem er merkt, dass er einen behinderten Jungen hat, der ohne ihn niemanden hätte, der für ihn sorgt. 

Am Ende sind alle Bösen bestraft und Chang kann in Ruhe sein Liedchen trällern.