Men do strike women sometimes.
Garlands dritter Film hat mich zunächst ziemlich verstört und ratlos zurückgelassen. Auch hier wird die Zuschauererwartung wieder gnadenlos unterlaufen und so ist Men ein völlig anderer Film als er zunächst zu sein scheint. Äußerlich ins Gewand eines Horrorfilms gekleidet, ist er in Wahrheit die Selbstfindungsreise einer Frau, die von unterschwelligen Schuldgefühlen geplagt wird, dahingehend, ihren Mann in den Selbstmord getrieben zu haben. Als Zuschauer weiß man, dass dies so nicht stimmt, da man in den mehrfach in nichtchronologischer Reihenfolge eingestreuten Rückblenden erfährt, dass James seine Frau zuvor massiv bedrängt und ins Gesicht geschlagen hat. Sehr oberflächlich betrachtet könnte man sagen, Men sei ein misogyner Film, weil er Harper die Schuld an den Geschehnissen zuzuweisen scheint. Der Pfarrer, dem sie ihre Geschichte erzählt, spricht dies ausdrücklich an, indem er sie fragt, ob sie ihrem Mann denn Gelegenheit gegeben habe, sich zu entschuldigen. Die Tatsache, dass er sie geschlagen hat, spielt er hingegen mit dem oben stehenden Zitat herunter.
Tatsächlich ist Men aber genau das Gegenteil eines frauenfeindlichen Films. Vielmehr treibt er die männlichen Argumentationsmuster auf die Spitze, indem er Harpers Schuldkomplexe in Form körperlicher und psychischer Bedrohungen manifestiert. Sehr bezeichnend ist die Diskussion mit dem Polizisten, in der dieser Harper erklärt, warum er den Mann, der sie bedroht hat, nach der Verhaftung wieder freigelassen hat. Schließlich sei es nicht so, dass er etwas Wertvolles gestohlen habe. Er habe lediglich einen Apfel entwendet. Ihren Beteuerungen, dass er sie verfolgt und bedroht habe, schenkt er keinen Glauben. Eine Situation, der sich in unserer "zivilisierten" Gesellschaft wahrscheinlich viele Frauen ausgesetzt sehen.
Im Laufe der Handlung fügt Harper dem Angreifer, der sich ihr gegenüber in Gestalt mehrerer Personen zeigt, die letztlich aber alle derselbe ("grüne") Mann sind (hervorragend verkörpert von Rory Kinnear) genau die Verletzungen zu, die James bei seinem Sprung aus dem Fenster erlitten hat. Dabei handelt sie jedoch stets in Notwehr bzw. im Falle von Geoffrey handelt es sich um einen Unfall. Die wahrlich ekelhafte und für meine Begriffe zu sehr in die Länge gezogene "Geburtszene" stellt die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau auf den Kopf und mündet schließlich in das vorhersehbare Ergebnis. Am Ende rückt Garland dann das Bild wieder zurecht als Harpers Freundin Riley am Landhaus ankommt und der Zuschauer erkennt, dass sie hochschwanger ist, nachdem man zuvor immer nur ihr Gesicht gesehen hat.
Men ist ein Film, der mich nach der Sichtung noch lange beschäftigt hat. Die genaue Bedeutung des "Grünen Mannes" und der Sheela-na-gig-Skulptur sind mir immer noch nicht ganz klar, wobei letztere natürlich die Fruchtbarkeit symbolisiert. Der Film schreit geradezu nach einer Zweitsichtung, die dann womöglich die Zusammenhänge noch etwas deutlich werden lässt. Am Ende bleibt das etwas unbefriedigende Gefühl, den Kern des Films nicht in Gänze durchdrungen zu haben. In jedem Fall aber untermauert er meinen bisherigen Eindruck, dass Alex Garland einer der interessantesten Filmemacher der Gegenwart ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen