Assume everyone will betray you and you will never be disappointed.
Im Nachhinein eine Vorgeschichte für die Figur des Han Solo zu erzählen, ist grundsätzlich eine blöde Idee, da die damit verbundene Erwartungshaltung gar nicht befriedigt werden kann. Ein Scheitern ist quasi unausweichlich. Erschwerend kommt hinzu, dass die Star-Wars-Saga auch nicht nach einer solchen Vorgeschichte verlangt. Während Rogue One noch eine sinnvolle Ergänzung darstellte und einige offene Fragen beantworten konnte („wie gelangten die Pläne des Todessterns in die Hände der Rebellen“, „warum hat eine derart perfekte Kampfstation eine solche Schwachstelle“, etc.), gibt es zur Herkunft von Han Solo keine Fragen, die zwingend beantwortet werden müssten. Alle zusätzlichen Informationen sind somit im besten Fall überflüssig, im schlechtesten Fall sogar geeignet, das Bild, das man seit vierzig Jahren von ihm hat, zu beeinträchtigen.
Denkbar schlechte Voraussetzungen also für Solo: A Star Wars Story. Immerhin konnte man nach einigem Hin und Her mit Ron Howard einen erfahrenen Regisseur, der sein Handwerk versteht, für das Projekt gewinnen. Mit der Wahl Alden Ehrenreichs als Hauptdarsteller bewies man hingegen ein weniger glückliches Händchen. Zwar macht er seine Sache nicht so schlecht, doch fehlt ihm erkennbar das Draufgängerische, das den von Harrison Ford gespielten Solo auszeichnete. Ehrenreichs Solo ist weniger der liebenswerte Halunke aus Episode IV als vielmehr ein sympathischer, verliebter Jüngling, der von einer großen Zukunft und seinem eigenen Raumschiff träumt. Hingegen verkörpert der von Woody Harrelson gespielte Tobias Beckett all jenes, was man bisher mit Solo verbunden hat und lässt Ehrenreich daneben ziemlich blass aussehen.
Angesichts der schwierigen Ausgangssituation ist Solo: A Star Wars Story dennoch ein recht ansehnlicher Film geworden, der über die gesamt Spielzeit gut unterhält. Das von Star-Wars-Veteran Lawrence Kasdan in Zusammenarbeit mit seinem Sohn erstellte Drehbuch ist ganz brauchbar und sorgt mit einigen Wendungen zumindest dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Neben einem tollen Woody Harrelson kann auch Donald Glover als Lando Calrissian überzeugen und Paul Bettany hat ebenfalls einen gelungenen Auftritt als Oberschurke. Die Dialoge sind recht gewitzt und kommen überwiegend gut auf den Punkt. Zudem ist das Ganze routiniert inszeniert und schön fotografiert, die Effekte können ebenfalls überzeugen. Bezüglich der Frage, ob ich den Charakter der auf einem knallharten Emanzipationskurs befindlichen, resoluten Roboterdame L3-37 als gelungen ansehen soll, bin ich mir noch nicht ganz im Klaren. Eigentlich fand ich die Idee recht witzig, und sie ist auch auf durchaus originelle Art und Weise umgesetzt, doch die dezenten Andeutungen in Richtung einer romantische Züge annehmenden Beziehung zwischen L3-37 und ihrem Besitzer Lando fand ich dann doch etwas weit hergeholt und wenig glaubwürdig.
Angesichts der eingangs formulierten Kritikpunkte ist die Tatsache, dass Solo: A Star Wars Story vielfach nur mäßige Begeisterung ausgelöst hat, verständlich. Bei nicht allzu kritischer Herangehensweise kann man aber durchaus seinen Spaß mit dem Film haben. Gegen den meiner Meinung nach hervorragenden Rogue One stinkt er jedoch ziemlich ab.
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