Irgendwo habe ich gelesen, Peppermint sei „Death Wish on steroids“ und das trifft den Nagel auf den Kopf. Jennifer Garner pflügt mit eiskalter Präzision als Rächerin Riley North durch die gut 100 Minuten und lässt die Schergen des lokalen Drogenhändlers Diego zu Dutzenden über die Klinge springen. Wobei – genauer gesagt – ein sauberer Kopfschuss ihre bevorzugte Hinrichtungsmethode ist. Im Vergleich dazu wirkt Paul Kersey wie ein Waisenknabe. Der Härtegrad ist deftig, die Inszenierung rasant und die Bilder sind ausgesprochen stylisch. Egal, ob ein versifftes Armenviertel oder die prachtvoll ausgestattete Luxusvilla des Drogenbarons – ein Gefühl für ansehnliche Bildkompositionen kann man Pierre Morel und seinem Kameramann David Lanzenberg nicht absprechen.
Die Charakterzeichnung bleibt dabei erwartungsgemäß auf der Strecke. Obwohl man Riley den gesamten Film über folgt, weiß man am Ende fast nichts über sie. Auch die fünf Jahre zwischen dem Mord an ihrer Familie und dem Beginn ihres Rachefeldzugs bleiben komplett im Dunkeln. Man erfährt lediglich, dass sie sich zwischendurch als MMA-Kämpferin verdingte, um sich auf die kommende Kämpfe körperlich und psychisch vorzubereiten.
Diese inhaltliche Leere fällt jedoch überhaupt nicht negativ ins Gewicht. Man erfährt immerhin genug, um mit ihr auf ihrer Mission mitfiebern zu können, zumal die Dialoge überwiegend gut auf den Punkt kommen. Ein paar kernige One-Liner dürfen dabei natürlich auch nicht fehlen. Garners schauspielerische Leistung ist tadellos. Die von Verlustschmerz und Rachedurst zerfressene Frau spielt sie sehr überzeugend und sieht dabei sogar noch gut aus. Eine kritische Bewertung ihrer Taten findet lediglich durch die Polizei statt, die aber – abgesehen von der finalen Konfrontation – immer einen Schritt zu spät kommt. In den sozialen Medien hingegen wird sie als Schutzengel der Schwachen regelrecht gefeiert, und auch die Obdachlosen fühlen sich dank Riley wieder sicher. Ihre Identität ist allen Beteiligten praktisch von Anfang an bekannt. Trotzdem gelingt es weder Diegos Häschern noch dem FBI, ihrer habhaft zu werden.
Wer einen intelligenten und halbwegs glaubhaften Actionfilm sehen will, ist hier komplett fehl am Platz. Gegen die eher zierliche Jennifer Garner sind selbst die durchtrainiertesten Auftragskiller völlig chancenlos. Bevor sie wissen, was los ist, spritzt ihre Hirnmasse schon durch die Gegend. Freunde von comichaft überzeichneter Gewalt und stylisch inszenierten Hinrichtungen kriegen hier hingegen die Vollbedienung. Peppermint scheißt einen riesengroßen Haufen auf die allgegenwärtige political correctness und reibt dem pikierten Publikum seine „Selbstjustiz-ist-geil“-Message mit ausgestrecktem Stinkefinger unter die Nase. Und das gelungene Ende setzt auf den Haufen dann noch das Sahnehäubchen oben drauf. Sehr schön.
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