Mittwoch, 8. Juli 2015

THE GUNMAN (Pierre Morel, 2015)

Sean Penns Ausflug in das Actiongenre wurde von den Kritiken gnadenlos zerrissen. Dies mag verständlich sein, wenn man mit falschen Erwartungen an die Sichtung geht. Penn ist als linker Aktivist bekannt, und wenn er die Hauptrolle in einem Film übernimmt, der vor dem Hintergrund des kongolesischen Bürgerkriegs spielt, erwartet man unter Umständen einen kritischen Beitrag zur Rolle der westlichen Welt in diesem Konflikt, insbesondere im Hinblick auf die Ausbeutung der dort vorhandenen Rohstoffe. Genau dies ist The Gunman allerdings nicht geworden, und insofern ist eine daraus resultierende Enttäuschung ein Stück weit nachvollziehbar. Andererseits ist es durchaus fragwürdig, einem Film mit bestimmten Erwartungen gegenüberzutreten und dem fertigen Produkt dann vorzuwerfen, dass diese nicht erfüllt wurden. Pierre Morel und Sean Penn wollten einen harten Actionreißer drehen – und genau das ist The Gunman. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Grundkonstellation ist natürlich alles andere als originell oder neu. Ein ehemaliger Söldner, der mit seiner Vergangenheit abgeschlossen hat und inzwischen für eine wohltätige NGO tätig ist, soll von den Häschern seines ehemaligen Geschäftspartners liquidiert werden, weil er zu viel weiß und Interpol inzwischen gegen die Firma ermittelt. Kennt man alles schon.

Penn hat die letzten Jahre offensichtlich viel Zeit mit Trainingsgeräten und Hanteln verbracht und sorgsam auf seine Ernährung geachtet. Von den sich im Laufe der Handlung bietenden zahlreichen Gelegenheiten, seine beeindruckenden Oberarme zu zeigen, macht er ausgiebig Gebrauch. Und doch ist der von ihm verkörperte John Terrier alles andere als das eindimensionale Abziehbild, das sich durch so manchen Actionfilm prügelt, sondern ein von den Sünden seiner Vergangenheit gezeichneter Charakter, der unter Schwindel und Gedächtnisstörungen, hervorgerufen durch eine degenerative Hirnerkrankung, leidet. Er schläft schlecht, weil ihn die Geister der Vergangenheit nicht ruhen lassen, muss sich plötzlich übergeben oder wird zur unpassenden Zeit ohnmächtig. Um den Überblick zu behalten ist er gezwungen, sich ständig Notizen zu machen und alle relevanten Dinge aufzuschreiben, was wiederum die Ursache dafür ist, dass er so unbarmherzig gejagt wird. Ein äußerlich starker, innerlich aber gebrochener Mann, ein psychisches und seelisches Wrack. Dies alles wirkt in sich stimmig und glaubwürdig und so ist gerade die detailliert gezeichnete Figur des ehemaligen Auftragskillers eine der großen Stärken des Films.

Eine weitere ist die äußerst dynamische Inszenierung des Franzosen Morel, die durch hohes Tempo und eine präzise Schnittfolge gekennzeichnet ist. Dabei verzichtet er auf die üblichen Spielereien wie Jumpcuts und wackelnde Kameras. Das Ergebnis ist eine äußerst wohlgefällig dahinfließende Bilderfolge, die das Auge des Zuschauers erfreut und das Erzähltempo durchgehend hoch hält. Die Story gibt – wie schon erwähnt – nicht viel her und am fehlenden Realismus darf man sich auch nicht stören, aber alles in allem ist The Gunman ein spannender Actionthriller mit einem starken Hauptdarsteller, der über die gesamte Spielzeit ausgesprochen gut zu unterhalten weiß. Und mehr hatte ich – im Gegensatz zu manch anderem Rezensenten – auch nicht erwartet.

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