Sonntag, 11. Mai 2025

TELEFON (Don Siegel, 1977)

Being paranoid doesn't mean we're not being followed.

Ich hatte Telefon in den 80er Jahren mal im Fernsehen gesehen, aber kaum noch Erinnerungen daran. Der gleichnamige Roman von Walter Wager, angesiedelt in der Phase der Entspannung während des Kalten Krieges, die spätestens durch den Einmarsch der Russen in Afghanistan nur wenige Jahre später beendet werden sollte, bildete die Grundlage für eine wirre Story um einen durchgeknallten KGB-Offizier, der aus Gründen, die nie ganz klar werden, per Telefonanruf eine Reihe von Schläfern aktiviert, die in den USA ein unauffälliges Leben führen und nun Selbstmordanschläge auf ehemals bedeutende militätrische Ziele ausführen. Für das Skript ist in erster Linie Peter Hyams verantwortlich, der wohl gerne auch Regie geführt hätte, was aber nicht die Billigung der Produzenten fand, und so bekam schließlich Siegel den Auftrag.

Die Handlung hat bei kritischer Betrachtung weder Hand noch Fuß und weist zudem gleich eine ganze Reihe von Logiklöchern auf, aber das stört nicht weiter, denn Siegel sorgt mit seiner gewohnt straffen Inszenierung und der Konzentration auf die wesentlichen Punkte dafür, dass man sich als Zuschauer gut unterhalten fühlr. Charles Bronson war ja nicht gerade ein Sympathieträger, aber hier passt er ausgezeichnet in die Rolle des KGB-Majors Grigori Borzov, der seinen Auftrag in einer Kombination aus Zielstrebigkeit und stoischer Gelassenheit ausführt. Die Chemie zwischen ihm und Lee Remick, die seine Partnerin Barbara verkörpert, ihrerseits eine Doppelagentin, war augenscheinlich nicht die beste, aber auch das fällt kaum ins Gewicht. Der Ablauf des Ganzen erinnert zum Teil an die James-Bond-Filme der damaligen Zeit. Mit dem Briten Donald Pleasance, der in You only live twice den Blofeld gab, konnte man auch einen charismatischen Gegenspieler für Bronson verpflichten, der den Psychopathen glaubwürdig mimt. Die Kritiker gingen mit Telefon nicht sehr nett um, und in der Tat gibt es auch Vieles, was man an dem Film kritisieren kann. Mir hat er trotzdem eine Menge Spaß gemacht, was womöglich auch meiner grundsätzlichen Siegel-Affinität geschuldet sein mag. 

 


Dienstag, 6. Mai 2025

PRIVATE HELL 36 (Don Siegel, 1954)

I didn't know there was this much money in the world.

Bei der Aufklärung eines ein Jahr zurückliegenden Raubüberfalls inklusive Mord stoßen die Polizisten Brunner und Farnham im Rahmen ihrer Ermittlungen dank eines Hinweises der Barsängerin Lilli Marlowe, die einen der markierten Geldscheine vom Mörder als Trinkgeld erhalten hat, auf den Koffer mit dem erbeuteten Geld. Statt die gesamte Beute ordnungsgemäß abzuliefern, kann Brunner der Versuchung nicht widerstehen und lässt einen Teil des Geldes verschwinden, um es später in einem angemieteten Camping-Wagen mit der Nummer 36 zu verstecken. Sein Kollege versucht vergeblich, ihn davon abzuhalten und wird gegen seinen Willen zum Mitwisser und Komplizen. Da die beiden gut befreundet sind, bleibt ihm nichts anderes übrig als gute Miene zum bösen Spiel zu machen, doch plagen ihn immer stärkere Gewissensbisse, die nicht nur sein Familienleben beeinträchtigen, sondern ihn auch immer öfter zur Flasche greifen lassen.

Private Hell 36 ist ein günstig produzierter Film noir mit Ida Lupino als Femme fatale, die dem Polizisten Brunner gehörig den Kopf verdreht. Ich fand Ida Lupino nie sonderlich attraktiv, obwohl ihre rauchige Stimme schon ihren Reiz hat, das muss ich zugeben. Da sie nicht nur am Skript mitgearbeitet hat, sondern auch die Ex-Frau des Filmproduzenten war, hatte sie erheblichen Einfluss auf die Gestaltung des Films. Ihre Rolle ist demzufolge entsprechend groß angelegt und ihre Beziehung zu Brunner so etwas wie das Zentrum des Films. Anhand einzelner Dialogzeilen, für die übrigens Sam Peckinpah verantwortlich zeichnete, ist erkennbar, dass Brunner sich nach einem anderen und zumindest aus seiner Sicht besseren Leben sehnt. Ein Leben in Reichtum und mit einer schönen Frau an seiner Seite soll es bitte sein ("You know, someday I'll come out here on my own time with a wad of dough and a girl like..."). Dennoch liegt nahe, dass seine Beziehung zu Lilli ("A man figures, if he likes the things I like and can afford them.") letztlich den Ausschlag gegeben hat für die Unterschlagung des gestohlenen Geldes.

Private Hell 36 ist nicht gerade als Meisterwerk des Film noir in die Geschichte eingegangen, sondern fristet - wie so viele andere auch - eher ein Schattendasein. Dennoch ist es spannender, kleiner Thriller mit einer guten Story und starken Darstellern. Ich schätze Siegel vor allem wegen seiner Filme aus den 60er und 70er Jahren, aber auch Private Hell 36 verdient durchaus Beachtung. Gute und kurzweilige Unterhaltung bietet er allemal. 

Sonntag, 4. Mai 2025

CHARLEY VARRICK (Don Siegel, 1973)

I don't sleep with whores... at least not knowingly.

Der hauptberufliche Schädlingsbekämpfer Charley Varrick raubt gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kumpanen eine lokale Bank in einer Kleinstadt in New Mexiko aus. Der Überfall geht dank der Aufmerksamkeit einer Polizeistreife gründlich schief. Varricks Frau und einer seiner Kumpels werden erschossen. Ihm selbst gelingt zwar mit seinem Freund Harman Sullivan die Flucht, doch stellt sich blöderweise bei der Sichtung der Beute heraus, dass die beiden statt der erhofften kleinen Summe mehr als 750.000 Dollar an Mafiageld erbeutet haben, das für wenige Tage in der Bank lagern sollte. Dass man die Polizei auf den Fersen haben würde, hatte man einkalkuliert, doch nun müssen die beiden sich auch mit dem Profikiller Molly (Joe Don Baker) herumschlagen.

Der Film sollte ursprünglich "The last of the independents" heißen, doch Siegel konnte sich diesbezüglich leider nicht gegen die Produzenten durchsetzen, die auf den nichtssagenden Titel Charley Varrick bestanden. Und das obwohl Siegel unmittelbar davor mit Dirty Harry seinen bisher größten Erfolg an den Kinokassen verbuchen konnte. Seinen aufgebesserten Status verrät auch die Einblendung "A Siegel Film" zu Beginn. Der ursprüngliche Titel hat es dann immerhin noch als Schriftzug auf Varricks Firmentruck geschafft. Er wäre jedenfalls viel treffender gewesen, denn tatsächlich ist Varrick so ziemlich der einzige Charakter im Film, der nicht in irgendeinem Abhängigkeitsverhältnis steht. Nach dem Tod seiner Frau durch die Kugel eines Polizisten hat er nichts mehr, auf das er Rücksicht nehmen müsste. Ein typischer Siegel-Charakter, wenn man so will. Und so schmiedet er einen cleveren Plan, um sich Polizei, Mafia und auch seinen sorglosen Kumpel, der zudem noch ein Alkoholproblem hat, vom Hals zu schaffen.

Der ganze Filme ist eine einzige Walter-Matthau-Schau. Auf den ersten Blick scheint er dem Geschehen hilflos ausgeliefert, jedoch erweist sich sein Charley Varrick im weiteren Verlauf als gewitzter, weitsichtiger Stratege, der alle Schritte seiner Gegner voraussieht. Darüber wird man allerdings als Zuschauer lange im Unklaren gelassen, denn das Geschehen auf dem Bildschirm vermittelt den Eindruck, als zöge sich die Schlinge immer stärker über seinem Kopf zusammen und als gerate er von Minute zu Minute in größere Schwierigkeiten. Gerade das macht die Faszination des Films aus, denn am Ende fügen sich alle Puzzleteile auch ohne Erlärung zu einem großen Ganzen zusammen.

Matthaus Verdienst ist auch, dass man Varrick die ganze Zeit über die Daumen drückt, wohwissend, dass er ein Bankräuber ist und mehrere Menschenleben auf dem Gewissen hat. Trotzdem kann man nicht anders als auf seiner Seite zu sein. Stilistisch weist Charley Varrick viele Parallelen zu seinem Vorgänger auf, wobei der urbane Raum der Großstadt San Francisco der ländlichen Weite New Mexikos weichen musste, was dem Film einen Hauch von Western-Feeling mitgibt. Übrigens ist auch Andrew Robinson wieder mit von der Partie, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Quentin Tarantino hat. Spielte er in Dirty Harry noch den psychotischen Killer, ist er hier als Varricks Kumpan Sullivan zu sehen. 

Für den dynamischen Score zeichnete wieder Siegels Stammkomponist Lalo Schifrin verantwortlich, die Kamera übernahm hier erstmals Michael Butler, der dann ein paar Jahre später bei Telefon nochmals mit Siegel zusammenarbeiten sollte. Die Inszenierung kommt direkt auf den Punkt und ist - wie immer bei Siegel - schnörkellos und pragmatisch. Bemerkenswert ist die große Verfolgungsjagd am Schluss, bei der sich Varrick in einer Propellermaschine und Molly in seinem Wagen ein erbittertes Duell liefern. 

Charley Varrick ist ein ganz wunderbarer Film, der völlig zu Unrecht ein Schattendasein fristet und vermutlich nur hartgesottenen Siegel-Fans bekannt sein dürfte. Das ist höchst bedauerlich, denn er unterstreicht einmal mehr, welch außergewöhnlicher Regisseur der Mann war. Als der Film zu Ende war, saß ich mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht im Sessel.

Mittwoch, 30. April 2025

HANG'EM HIGH (Ted Post, 1968)

How many men are you going to have to hang to heal your scar?

Nach seinem erfolgreichen Ausflug ins europäische Kino kehrte Eastwood in die USA zurück und drehte unter der Regie des Fernseh-Regisseurs Ted Post diesen Western, den ich eher im Bereich der B-Movies verorten würde. Dem Vernehmen nach hatte man den Stoff auch Sergio Leone angeboten, der aber dankend ablehnte und stattdessen an C’era una volta il West arbeitete. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, hätte er diesen Auftrag angenommen. Hang'em high wäre ein weitaus besserer Film geworden, soviel ist sicher, aber wer weiß, was dann aus seinem Jahrhundertwerk geworden wäre.

Wie auch immer: Hang'em high ist ein durchaus sehenswerter Western, dessen Story aber nicht immer schlüssig ist und zum Teil etwas ziellos umher mäandert. Eastwood spielt seine Paraderolle, ein von Rache getriebener Geist mit der Mission, die Leute, die ihn lynchen wollten, zur Strecke zu bringen. Sonderlich zielstrebig geht er dabei allerdings nicht vor, lässt er sich doch mehrfach von anderen Aufträgen ablenken, wenn auch dies nicht immer freiwillig geschieht. Ein bemerkenswerter Aspekt des Filmes ist die fortwährende Auseinandersetzung mit den Themen Gerechtigkeit und Justiz in einem riesigen, nur schwer überschaubaren Gebiet, das erst im Begriff ist, ein Bundesstaat zu werden. Angesichts der großen Entfernungen und der Vielzahl der Gesetzesbrecher ist es nicht verwunderlich, dass die wenigen Gesetzeshüter mit ihren Aufgaben hoffungslos überfordert sind. Und über allem thront in Fort Grant gottgleich der selbstgefällige Richter Fenton (überzeugend: Pat Hingle), der mit eiserner Hand für Recht und Ordnung sorgt, oder zumindest das, was er dafür hält. Dabei inszeniert er die Hinrichtungen mit großem Brimborium und volksfestähnlichem Charakter in der Hoffung, mögliche künftige Übeltäter damit abzuschrecken und die Stärke der Obrigkeit zu demonstrieren, die er über alles stellt.

Unter dem Strich ein unterhaltsamer kleiner Western, der durchaus Spaß macht.

Montag, 28. April 2025

DIRTY HARRY (Don Siegel, 1971)

You've gotta ask yourself a question: "Do I feel lucky?" - Well, do you, punk?

Dirty Harry ist sowas wie der Inbegriff des Polizeifilms. Er markiert bereits die vierte Zusammenarbeit zwischen Eastwood und seinem Mentor Don Siegel, wobei Callahan durchaus mit dem von Eastwood drei Jahre zuvor verkörperten Coogan verwandt sein könnte. Für Eastwood bedeutete der Erfolg des Films seinen Durchbruch als Hollywood-Star, nachdem er sich zuvor bereits vor allem mit Leones Dollar-Filmen einen Namen machen konnte. Seine Bedeutung lässt sich u. a. auch daran ablesen, dass Dirty Harry im Laufe der Zeit nicht nur vier Fortsetzungen nach sich zog, sondern darüber hinaus auch thematisch ähnlich gelagerten Filmen als Inspiration diente. Und die Figur des Inspektor Calahan, der seine Aufträge in der ihm eigenen unkonventionellen und rücksichtslosen Art erledigt, ist schon lange fester Bestandteil der Popkultur.

Aus heutiger Sicht wirkt die Aufregung, die Dirty Harry bei seiner Veröffentlichung evozierte, schwer nachvollziehbar. Dabei muss man das natürlich im Kontext des damaligen Zeitgeistes sehen. Aber im Grunde hat Callahan ja recht, wenn er Gesetze als "crazy" bezeichnet, die verhindern, dass eindeutige Beweise nicht verwendet werden dürfen, wenn sie auf nicht legale Weise erworben wurden, und somit ein mehrfacher Mörder wieder auf freien Fuß gesetzt werden muss. Mit Selbstjustiz hat Calahans Vorgehen nicht im geringsten etwas zu tun, auch wenn dies seinerzeit zum Teil so interpretiert wurde.

Don Siegel war bekannt für seinen schnörkellosen und effizienten Inszenierungsstil, was insbesondere in seinen frühen Tagen oft auch dem geringen Budget geschuldet war. Auch hier tritt dieses Merkmal klar zu Tage. Die Einstellungen des Films wirken nicht ausgefeilt und komponiert wie beispielsweise bei Eastwoods anderem Mentor, Sergio Leone, sondern eher hastig dahingerotzt. Dies passt wiederum perfekt zur Tonart des Films und bedeutet im Übrigen auch nicht, dass Dirty Harry auf der visuellen Ebene wenig zu bieten hätte. Im Gegenteil: Bruce Surtees, mit dem sowohl Siegel als auch vor allem Eastwood später noch öfter zusammenarbeiten sollten, setzte das San Francisco der späten 60er Jahre als Metropole der Flower-Power-Bewegung wunderbar in Szene und schuf dabei mitunter Bilder betörender Schönheit. Und eine geeignetere Stadt für einen Polizei-Thriller als San Francisco gibt es einfach nicht. Die Handlung als solche ist weder sonderlich originell noch übermässig spannend, aber das nimmt Dirty Harry nichts von der Faszination, die auch nach mehr als 50 Jahren noch von ihm ausgeht. Ein großartiger Film!

Sonntag, 27. April 2025

DEADLOCK (Roland Klick, 1970)

Wenn man will, kann man Deadlock im weitesten Sinne auch in die Riege der Spaghetti-Western einsortieren. Zumindest weist er in Aufbau und Handlung starke Ähnlichkeiten mit dem Genre auf. Ungewöhnlich ist vor allem auch die Tatsache, dass es sich um einen deutschen Film handelt. Und obwohl alle Darsteller mit Ausnahme des Schotten Anthony Dawson, der mich übrigens stark an Liam Neeson erinnerte, deutschsprachig sind, hat man eine englischsprachige Synchronisation angefertigt. Gefilmt wurde übrigens in Israel. Die Landschaft erinnert stark an den Süden der USA und dort könnte die Handlung auch angesiedelt sein, wobei man als Zuschauer darüber im Unklaren gelassen wird, wann und wo sich das Ganze zugetragen haben soll.

Dies trägt passenderweise zur bizarren Szenerie bei, die ein paar wenige Menschen - im Film spielen nur 7 oder 8 Darsteller mit - in einer alten Mienensiedlung zusammenführt. Der Aufseher dort ist ein echter Versager, wunderbar verkörpert von einem etwas korpulenten Mario Adorf. Sein Filmname ist ein sprechender, denn so wie es der Name Charles Dump suggeriert, wirkt es, als hätte man ihn dort abgesetzt und dann vergessen. Außerdem leben dort noch seine offensichtlich geistig unterentwickelte Tochter Jessy und ihre Mutter Corinna, die dem Alkohol verfallen ist. die Abgeschiedenheit zur Außenwelt wird nur dadurch unterbrochen, dass gelegentlich ein fahrender Händler vorbeikommt und sie mit dem Nötigsten versorgt.

Dann gibt es da noch die beiden Bankräuber Kid und Sunshine und natürlich den Koffer voller Geld - die Beute aus dem Überfall. Zwischen den beiden und Dump entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel, in dem jeder versucht, die anderen zu übertölpeln und sich mit dem Geld aus dem Staub zu machen.

Deadlock erinnerte mich in seiner fiebrigen Atmosphäre an Oliver Stones U-Turn, ein völlig unterschätzter Film, dem leider nicht die Aufmerksamkeit zuteil wurde, die er verdient hätte. Die Beschränkung des Handlungsstränge auf die Siedlung an der Miene und die unmittelbare Umgebung verleihen ihm einen kammerspielartigen Charakter, wozu auch die geringe Anzahl der Figuren und die sparsame musikalische Untermalung der Kölner Band Can beitragen. Gier und Einsamkeit sind die zentralen Motive des Films, und auch wenn man über die einzelnen Personen wenig erfährt, genügt dies doch, um sich ein ausreichend differenziertes Bild von ihnen machen zu können. Und so ist Deadlock eine kleine, feine Charakterstudie mit bizarren Figuren, die nachhaltig Eindruck hinterlässt.

 

Mittwoch, 23. April 2025

SOLEIL ROUGE (Terence Young, 1971)

Do you always shoot your bed partner in the morning?

Soleil Rouge wird mitunter gerne als Spaghetti Western bezeichnet, eine Einordnung, mit der ich mich etwas schwertue. Fraglos gibt es aber zahlreiche Gemeinsamkeiten mit diesem wunderbaren Subgenre des uramerikanischen Westerns. So handelt es sich um eine europäische Produktion mit dem erfolgreichen James-Bond-Regisseur Terence Young auf dem Regiesessel. Gedreht wurde in Spanien, und zwar in der Gegend um Granada in Andalusien. Auch der Gewaltgrad ist zünftig, ebenso wie der beachtliche Bodycount. Musikalisch untermalt wurde das Ganze leider nicht von Ennio Morricone, sondern dem französischen Komponisten Maurice Jarre, der seine Sache aber auch ganz gut macht. Dennoch gelingt es ihm im Gegensatz zum italienischen Großmeister nicht, dem Film seinen Stempel aufzudrücken oder zumindest einen musikalischen Wiedererkennungswert zu geben.

Bei der Wahl der Darsteller war man gleich interkontinental unterwegs. Neben den Europäern Alain Delon, dem Schweizer Bondgirl Ursula Andress, das sich hier erfreulicherweise deutlich freizügiger gibt als in Dr. No, und dem Amerikaner litauischer Abstammung Charles Bronson gibt es auch den japanischen Star Toshirō Mifune zu bewundern, der hier einen Samurai und Leibwächter des japanischen Botschafters spielt. Und so stehen – zumindest in der ersten Hälfte des Films – erwartungsgemäß die kulturellen Unterschiede zwischen den von Bronson und Mifune verkörperten Figuren im Besonderen und der japanischen und der amerikanischen Kultur im Allgemeinen im Fokus. Dies tritt mit zunehmender Spieldauer aber immer mehr in den Hintergrund. Trotzdem lebt Soleil Rouge natürlich in erster Linie vom Duell der beiden, wobei sich die anfängliche Rivalität zunehmend in Richtung einer partnerschaftlichen Freundschaft entwickelt. Und am Ende stellt sich dann sogar noch eine Prise Wehmut ein.

Youngs Verdienst ist, das Ganze nicht zu ernst zu nehmen und mit der entsprechenden Leichtigkeit in Szene zu setzen. Zwischendurch gibt es immer mal wieder groß angelegte Actionsequenzen, die zwar den ein oder anderen inszenatorischen Makel aufweisen, doch fällt das nicht groß ins Gewicht. Und so bietet Soleil Rouge über die gesamte Spieldauer unterhaltsame, leicht verdauliche Kost, die einfach Spaß macht.

Montag, 24. März 2025

HUNTER KILLER (Donovan Marsh, 2018)

What is better: be right or be alive?

Gemeinsame Sichtung mit einem alten Freund in dessen Kellerkino. Hauptauswahlkriterium war dann folgerichtig das Sounddesign des Films, nicht dessen inhaltliche Qualitäten. Letztere lassen arg zu wünschen übrig, während die brachiale Tonspur auf ganzer Linie überzeugen konnte. Eine hanebüchene Story, die auf einem mir unbekannten Roman basiert, und ein Drehbuch, das vor Ungereimtheiten nur so strotzt – da musste ich unwillkürlich an Olympus has fallen denken, mit dem Hunter Killer nicht nur das Produktionsteam und den Komponisten (Trevor Morris), sondern in Person von Gerard Butler auch den Hauptdarsteller gemeinsam hat. Im Gegensatz zu jenem verzichtet Hunter Killer jedoch auf eine allzu glorreiche Darstellung der amerikanischen Seite und überbordenden Pathos, sondern bemüht sich um eine wohltuend differenzierte Zeichnung der Gegenseite – in dem Fall der russischen. Der südafrikanische Regisseur ist für mich ein vollkommen unbeschriebenes Blatt, ich habe seinen Namen noch nie zuvor gehört. Die Inszenierung der zahlreichen Actionszenen ist rasant und gefällig, und wenn man versucht, die blödsinnige Story auszublenden und einfach in die Szenerie eintaucht, kann man durchaus seinen Spaß mit dem Film haben. 

Gerard Butler gibt einen starken Anführer, der mit seinen pragmatischen Entscheidungen jede noch so knifflige Situation meistert und nie das Gefühl vermittelt, nicht Herr der Lage zu sein. Gary Oldman kann in einer Nebenrolle ein paar Akzente setzen und auch der leider noch vor der Veröffentlichung des Films verstorbene Michael Nyqvist überzeugt in der Rolle des russischen U-Boot-Kapitäns trotz der wenigen Worte, die ihm das Skript zugesteht. 

Als reiner Unterhaltungsfilm funktioniert Hunter Killer trotz der inhaltlichen Defizite erstaunlich gut. Die Inszenierung ist tadellos. Für den Zuschauer gibt es praktisch keine Verschnaufpause, stattdessen atemlose Action am laufenden Band. Die zwei Stunden vergingen wie im Flug und die Ohren wurden gründlich durchgeblasen. Alles in allem fühlte ich mich gut unterhalten.



Mittwoch, 26. Februar 2025

NOSFERATU (Robert Eggers, 2024)

You could never please me as he could.

Remakes sind immer eine heikle Angelegenheit, wobei in diesem Fall eine Zeitspanne von mehr als 100 Jahren zwischen beiden Filmen liegt. Von daher war ich gespannt, inwieweit es Eggers gelingen würde, die düstere Atmosphäre des Originals mit den technischen und filmischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts zu reproduzieren. Um es kurz zu machen: Eggers hat geliefert. 

Sein Nosferatu ist ein ausgesprochen beklemmender Film und verbreitet eine in gewissem Maß depressive Grundstimmung. Die Farbgebung ist stark reduziert, es dominieren Blau- und Grautöne. Richtig hell ist es eigentlich nie. Dennoch schafft Eggers Stamm-Kamermamann Jarin Blaschke dabei Bilder von betörender Schönheit, auch wenn der ganze Film wirkt, als sei er mit einem Leichentuch überzogen. Das ist sicher nicht jedermanns Sache, trägt aber enorm zur außerordentlich dichten Atmosphäre bei. Bereits mit seinen bisherigen Filmen hat Eggers eindrücklich unter Beweis gestellt, dass es eine seiner Stärken ist, längst vergangene Epochen vor den Augen des Zuschauers wieder zum Leben zu erwecken. Dabei sieht er sich in hohen Maß der Authentizität verpflichtet und legt eine große Detailversessenheit an den Tag. So auch hier. Das Leben im fiktiven Wisburg des 19. Jahrhunderts hält offenkundig wenig Freuden für seine Bürger bereit und zu allem Überfluss macht sich mit der Ankunft des Grafen auch noch die Pest dort breit.

Für die Neuverfilmung des Murnau-Klassikers übernahm man in großen Teilen die Handlungsstränge des Originals, die ja bekanntlich auf Bram Stokers berühmtem Roman basieren, rückte dabei jedoch Ellens sexuelle Begierden, hervorgerufen durch ihre Einsamkeit, deutlich stärker in den Fokus. Und so sind es ihre okkulten Beschwörungsriten, die den Grafen Orlok erst aus seinem Jahrhunderte andauernden Schlaf erwecken, damit er dann in ihren wilden Albträumen ihre Bedürfnisse befriedigen kann.

Die Darsteller machen ihre Sache gut. Vor allem Lily-Rose Depp zeigt, dass sie vom Talent ihres berühmten Vaters einiges mitbekommen hat und Willem Dafoe, mit dem Eggers bereits zum dritten Mal zusammengearbeitet hat, ist gewohnt souverän. Zudem ist der von ihm verkörperte Professor die einzige Figur, die so etwas wie Hoffnung verbreitet, weil man das Gefühl hat, dass er alleine halbwegs versteht, was vor sich geht. Bill Skarsgård verblasst hingegen etwas. Sein Graf Orlok ist meist nur schemenhaft oder im Dunklen erkennbar, was seine darstellerischen Möglichkeiten arg begrenzt, andererseits jedoch die übernatürliche Existenz seiner Figur unterstreicht. 

Nosferatu ist alles andere als ein Film, der gute Laune verbreitet, sondern im Gegenteil eher auf die Stimmung drückt, dafür aber mit einer außerordentlich dichten und beklemmenden Atmosphäre, guten Darstellern, beeindruckenden Bildern und einem ebenso düsteren Score überzeugen kann. Das Ende ist dann nur konsequent und das Schlussbild zugleich drastisch und wunderschön.