Ein ekelerregender, abscheulicher Film, dessen Sichtung ich hier nur erwähne, um der Chronistenpflicht Genüge zu tun. Jedes weitere Wort wäre zuviel.
Samstag, 23. August 2025
Sonntag, 17. August 2025
COOL HAND LUKE (Stuart Rosenberg, 1967)
What we've got here is failure to communicate.
Mir ist durchaus bewusst, dass Rosenbergs Film im Allgemeinen als einer der Wegbereiter des New Hollywood angesehen wird. Auch die Tatsache, dass die von mir sehr geschätzte Plattform Rotten Tomatoes eine Bewertung von 100 % ausweist, spricht für die Qualität desselben. Und doch wurde ich mit Cool Hand Luke nicht warm. Dies ist nicht zuletzt der trägen Erzählweise geschuldet, die keinerlei Dynamik vermittelt. Die ohnehin nicht sonderlich interessante Story schleppt sich über weite Strecken müde dahin.
Abgesehen davon wirkt die Figur des durch Paul Newman verkörperten Luke wenig glaubwürdig. Insbesondere seine Motivation, plötzlich aus dem Gefängnis auszubrechen, nachdem er sich dort mit den Begebenheiten gut arrangiert und den Respekt seiner Mitgefangenen erworben hat, bleibt unklar. Begründet wird dies mit der von ihm als ungerecht empfundenen Behandlung nach dem Tod seiner Mutter. Die Gefängnisleitung lässt ihn präventiv einige Tage in Isolationshaft sperren, da der Tod von nahen Angehörigen üblicherweise ein Auslöser für einen Fluchtversuch ist. Paradoxerweise bewirkt man damit bei Luke genau das Gegenteil und motiviert ihn dadurch ungewollt zu seinem ersten Fluchtversuch, der natürlich scheitert.
Positiv zu erwähnen ist in jedem Fall die tolle Kamera-Arbeit von Conrad Lee Hall, die die flimmernde Hitze der Südstaaten-Szenerie wunderbar einfängt und durch technische Spielereien wie die wiederholt verwendeten Spiegelungen in der Sonnenbrille eines Aufsehers das Auge des Zuschauers erfreut. Und für mich ziemlich überraschend erschloss sich mir dann auch die Herkunft des berühmten Zitats, das die Rockband Guns N' Roses beim Intro ihres Songs Civil War verwendet hat: Es handelt sich um die Ansprache des Gefängnisdirektors, nachdem der entlaufene Luke wieder dingfest gemacht wurde.
Samstag, 16. August 2025
REVENGE (Coralie Fargeat, 2017)
Ok, they fucked up big time, but you're so damn beautiful. It's hard to resist you.
Rape-and-Revenge-Thriller gibt es so einige und nicht zuletzt der Name der Protagonistin deutet darauf hin, dass Meir Zarchis Day of the Woman, den ich leider noch nicht kenne, hier Pate stand. Revenge ist das Spielfilm-Debut der französischen Regisseurin Coralie Fargeat, die auch das Drehbuch geschrieben hat und zuletzt mit The Substance, den ich ebenfalls noch nicht kenne, für Aufsehen sorgte. Die Tatsache, dass bei Revenge eine Frau Regie führte, ist vor allem angesichts des extremen Gewaltlevels und der äußerst splattrigen Umsetzung bemerkenswert. Im weiteren Verlauf spritzt das Kunstblut gleich literweise, denn die arme Jennifer kennt natürlich nur noch ein Ziel, das mit dem Filmtitel schon verraten wird. Die Reduzierung der Handlung auf nur vier Personen (sieht man von dem kurzen Auftritt des Hubschrauberpiloten zu Beginn ab) verleiht dem Film trotz der weiten Wüstenlandschaften etwas kammerspielartiges. Weitaus bemerkenswerter sind aber die visuellen Stilmittel, mit denen die Pariserin arbeitet. Dazu zählen u. a. extreme Nahaufnahmen, wie z. B. die Ameise, die verzweifelt versucht, Jennifers Bluttropfen zu entkommen oder die Spinne, die im Strahl von Stans Pisse ertränkt wird. Ganz zu schweigen von den quälend langen Nahaufnahmen verletzter Körperteile oder klaffender Wunden, die zartbesaitete Zuschauer auf eine harte Probe stellen. Revenge ist nichts für schwache Nerven, soviel ist sicher.
Sehr schön sind auch die Halluzinationen der Protagonistin umgesetzt, nachdem sie die Drogen genommen hat, um ihre Schmerzen zu betäuben und ihre Wunde zu versorgen. Dabei verpasst sie sich im Drogenrausch ein Branding der besonderen Art, indem sie eine aufgeschnittene Bierdose erhitzt und sich auf die klaffende Wunde presst. Fortan läuft sie mit dem eingebrannten Schriftzug des Bierherstellers samt darunter abgebildetem Phönix auf ihrem Bauch durch die Gegend - Rambo würde vor Neid erblassen.
Matilda Lutz in der Hauptrolle verzückt nicht nur mit einem perfekten Äußeren wie ihrem wunderschönen Gesicht, dem bezaubernden Lächeln und der makellosen Figur. Diese Vorzüge setzt Fargeat dann auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Szene. Die Kamera weidet sich geradezu an Jennifers körperlichen Reizen, wie ein geifernder Spanner, der sein Objekt der Begierde begafft. Darüber hinaus bietet Lutz auch eine famose schauspielerische Leistung und trägt den Film souverän auf ihren zarten Schultern und sieht dabei auch mit ihren zahlreichen Verletzungen immer gut aus. Selbst die Aufnahmen von ihr, wenn sie mit weggeschossenem Ohrläppchen blutüberströmt mit dem Gewehr im Anschlag auf ihre Gegner lauert, strahlen eine nicht zu leugnende Anmut aus.
Coralie Fargeat ist mit Revenge ein formidabler Rachethriller mit extrem hohem Gore-Gehalt gelungen, der ganz ausgezeichnet unterhält, sich bei allen Metzeleien aber selbst nicht zu ernst nimmt. Ein sehr beachtliches Debut, dessen Sichtung mir großes Vergnügen bereitet hat.
Donnerstag, 14. August 2025
JURASSIC WORLD: REBIRTH (Gareth Edwards, 2025)
I don't make any money in that scenario.
Den Höhepunkt hatte die Jurassic Park/Jurassic World-Reihe bereits vor 22 Jahren, nämlich 1993 mit Spielbergs Jurassic Park, den ich damals sogar als Vorpremiere im örtlichen Kino gesehen habe. Alle nachfolgenden Filme waren mehr oder weniger jeweils nur ein Abklatsch des Originals. Und nicht nur die Qualität der Filme wurde schlechter, sondern die Handlung wurde auch immer blöder. Zumindest in dieser Disziplin setzt Jurassic World: Rebirth neue Bestmarken, denn was man sich hier für einen Schwachsinn zusammengereimt hat, um einen Grund zu finden, zwei Gruppen von Menschen auf einer Insel mit frei lebenden Dinosauriern auszusetzen, spottet jeder Beschreibung. Umso erstaunlicher, dass Routinier David Koepp für das Drehbuch verantwortlich zeichnete, der nicht nur bei den beiden ersten Filmen der Reihe seine Finger im Spiel hatte, sondern darüber hinaus im Laufe seiner Karriere zumeist solide bis gute Arbeit abgeliefert hat. Schwer zu erklären, was ihn hier geritten hat.
Mir persönlich ist das relativ egal, denn als jemand, der bereits seit seiner frühesten Kindheit von Dinosauriern und anderen prähistorischen Tieren fasziniert ist, reicht es mir, diese Kreaturen leinwandfüllend dargeboten zu bekommen. Das Drumherum ist mir dabei nicht so wichtig, und so hatte ich auch mit dem neuesten Film der Reihe meinen Spaß. Mit Scarlett Johansson gibt es eine starke und charismatische Hauptdarstellerin und auch Mahershala Ali als ihr Söldnerkumpan weiß zu gefallen.
Die Effekte hingegen können nicht immer überzeugen. Einige Saurier sehen richtig gut aus, aber in einigen Szenen sieht man ihnen die digitale Herkunft doch deutlich an. Immerhin gibt es eine Reihe interessanter neuer Saurier, zum Teil auch Mutationen, wobei der D-Rex eine frappierende Ähnlichkeit zum Rancor aus dem Star-Wars-Universum aufweist. Die Inszenierung ist nach einem verhaltenen Beginn sehr dynamisch und hält das Tempo durchweg hoch, was einen über so manche Ungereimtheit großzügig hinwegblicken lässt.
Unter dem Strich macht Jurassic World: Rebirth durchaus Spaß und ist auch besser als seine beiden Vorgänger. Ein richtig guter Film ist er trotzdem nicht, aber das ist einem Dino-Fan wie mir egal. Zwei Stunden äußerst kurzweilige Unterhaltung bietet er allemal und mehr hatte ich auch nicht erwartet.
Montag, 4. August 2025
DER HAUPTMANN (Robert Schwentke, 2017)
Dem Ungeziefer muss Zucht und Ordnung beigebracht werden.
So absurd die Geschichte auch anmutet, basiert sie doch in ihren Grundzügen auf wahren Begebenheiten. Schwentke entschloss sich aus stilistischen Gründen, dies in düsteren Schwarzweiß-Bildern umzusetzen. Doch trotz der interessanten Ausgangslage konnte mich Der Hauptmann nicht überzeugen. Darstellerisch gibt es wenig zu beanstanden. Max Hubacher in der Hauptrolle macht seine Sache ordentlich und sieht darüber hinaus dem echten Willi Herold sehr ähnlich. Die Grundstimmung ist ausgesprochen düster. Die Hoffnunglosigkeit der Menschen nach sechs Jahren Krieg ist mit den Händen zu greifen und die Auflösungserscheinungen der deutschen Truppe setzen der Moral der treu ergebenen Soldaten merklich zu. Positiv zu erwähnen ist auch unbedingt der dissonante Score von Martin Todsharow, der vielfach mit verzerrten Soundeffekten spielt und einen erheblichen Anteil an der defätistischen Grundstimmung des Films hat.
Und doch konnte mich das Geschehen nur bedingt fesseln. Der Anfang ist noch vielversprechend. Herold erkennt schnell, dass die Uniform in Verbindung mit einem äußerst forschen Auftreten ihm alle Möglichkeiten bietet und er auch noch so kritische Situationen vergleichsweise einfach meistern kann. Mit zunehmender Spieldauer treten jedoch die inszenatorischen Schwächen immer deutlicher zu Tage. Man hat das Gefühl, dass Schwentke sich gar nicht für den Menschen Willi Herold interessiert. Obwohl er die zentrale Figur ist, bleibt sein Profil bis zum Ende blass und seine Wandlung vom Fahnenflüchtigen zum sadistischen Massenmörder ist für den Zuschauer kaum nachvollziehbar. Zumindest ging es mir so. Zudem liegt über allem auch ein komödiantischer Unterton. Und wenn Herold von seinem ausgedachten Sondereinsatz und "Vollmacht von ganz oben" schwadroniert, liegt ein Hauch von Stromberg in der Luft.
Erschwerend hinzu kommt, dass es der Handlung auch an Spannung fehlt. Das Geschehen schleppt sich über weite Strecken mühsam dahin und man muss diverse Tanz- und Gesangseinlagen sowie völlig unnötige Diskussionen (beispielsweise das hypothetische Lügenspiel mit den beiden Schauspielern im Rahmen des von Herold organisierten bunten Abends) über sich ergehen lassen. Der Film dauert gerade mal zwei Stunden, fühlt sich aber an wie mindestens drei. Völlig unpassend auch die Blende gegen Ende, wenn Schwentke ein paar aktuelle Farbaufnahmen des Feldes einblendet, an dem das Lager damals stand, um anschließend wieder in Schwarzweiß-Bilder zu wechseln. Und das völlig bescheuerte Ende, in dem Herolds Truppe durch das heutige Görlitz marodiert und unschuldige Passanten beraubt, ist an Albernheit nur schwer zu überbieten.
Ganz so schlecht, wie sich das jetzt liest, ist Der Hauptmann nicht. Der Film hat durchaus seine Qualitäten, doch hätte ein besserer Regisseur aus der Thematik einen deutlich besseren Film gemacht. So bleibt viel verschenktes Potential und ein Film mit einer guten ersten und einer langweiligen zweiten Stunde. Entbehrlich.
Sonntag, 27. Juli 2025
KINGS OF THE SUN (J. Lee Thompson, 1963)
It is not the dying, it is the manner of it.
Die Dreharbeiten fanden in Mexiko statt mit vergleichsweise großem materiellen Aufwand. Es gibt einige Massenszenen mit hunderten von Statisten. Erwartungsgemäß lebt der Film weniger von einer interessanten Handlung oder tollen Darstellerleistungen, sondern in erster Linie von seinen Schauwerten. Massenszenen mit echten Menschen sind halt immer noch etwas anderes als die heute üblichen CGI-Szenen.
Inhaltlich versucht man einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten - in dem Fall zwischen den nach Norden auf die Halbinsel Yucatan geflüchteten Maya und den dort ansässigen, als Nomadenvolk lebenden Indianern, sowie zur Überwindung archaischer Rituale, nämlich der bis dato von den Maya praktizierten Darbringung von Menschenopfern, um die Götter gnädig zu stimmen. Beides gelingt am Ende, doch kann man das alles nur schwerlich ernstnehmen. Leidlich unterhaltsam ist das Ganze dennoch, aber Kings of the Sun ist nun wirklich kein Film, den man unbedingt gesehen haben muss. Solide Unterhaltung am Sonntag Nachmittag allemal.
Mittwoch, 23. Juli 2025
THE AMATEUR (James Hawes, 2025)
I want to find and kill the people who murdered my wife.
Filme mit dem Thema Selbstjustiz finde ich grundsätzlich interessant. Solange man selbst nicht betroffen ist, steht man dem in der Regel ablehnend gegenüber, aber ein gewisses Verständnis für das Bedürfnis, den Mörder einer geliebten Person persönlich seiner verdienten Strafe zuzuführen, schwingt zumindest bei mir immer mit.
Im vorliegenden Fall ist der Protagonist ein hochintelligenter Computer-Nerd (IQ 170), der weder besondere körperliche Fähigkeiten und erst recht keinen Killerinstinkt hat. Daran ändert auch die Ausbildung nichts, die er im Trainingscamp des CIA genießt, doch bringt sie ihm immerhin die Erkenntis, dass er weder ein brauchbarer Schütze ist noch in der Lage, einen Gegner aus nächster Nähe zu töten. Dies tut jedoch seinem Eifer, die Mörder seiner Frau zu stellen, keinen Abbruch und um seine Schwachpunkte wissend bringt er diese auf seine ganz eigene Art zur Strecke, wobei mir insbesondere die Idee mit dem Swimming Pool gefallen hat.
Man mag Rami Maleks sparsame Mimik kritisieren, doch ich finde, dass er mit seiner schmächtigen Statur und seinem beinahe hilflosen Hundeblick, in dem immer auch eine gehörige Portion Raffinesse mitschwingt, die ideale Besetzung für die Rolle ist. Seinen Gegnern, zu denen nicht nur die Mörderbande zählt, sondern auch sein CIA-Ausbilder, den seine Vorgesetzten auf ihn angesetzt haben, ist er körperlich weit unterlegen, macht dies aber durch seine überragenden Fähigkeiten wett und ist so jederzeit Herr der Lage, auch wenn es im ersten Augenblick nicht so wirkt. Ausgesprochen witzig übrigens die Szene, in der er auf seinem Samrtphone ein youtube-Video anschaut, in dem erklärt wird, wie man ein Türschloss knackt, um die erhaltenen Tipps sofort erfolgreich in die Tat umzusetzen.
The Amateur, der übrigens auf einem mir unbekannten Roman basiert und anno 1981 schon einmal verfilmt wurde, bietet eine ausgesprochen unterhaltsame Mischung aus James Bond und den Death Wish-Filmen, die mich nicht zuletzt durch ihre dynamische und schnörkellose Inszenierung von der ersten bis zur letzten Minute ausgezeichnet unterhalten hat. Die guten Dialoge tun das ihre. Kein Film, der in die Geschichte eingehen wird, aber doch eine recht originelle Variante des üblichen Selbstjustizthrillers ohne große Schwächen. Natürlich fügen sich die Dinge für Charlie immer auf wundersame Weise zusammen, seine intellektuellen Fähigkeiten erscheinen beinahe außerirdisch, doch trüben diese Übertreibungen das Sehbvergnügen in keiner Weise. Das Ende mag den ein oder anderen Zuschauer enttäuschen, fällt das große Feuerwerk doch aus, aber im Gesamtkontext wirkt es nur folgerichtig und konsequent. Und Laurence Fishburne ist sowieso immer toll.
Samstag, 12. Juli 2025
The Sugarland Express (Steven Spielberg, 1974)
I want my baby back!
Die Story von einem Pärchen auf der Flucht vor der Polizei ist alles andere als originell und wurde in ähnlicher Form vor und nach Spielbergs Film mehrfach verwurstet, wobei Arthur Penns Bonnie and Clyde nach wie vor der Maßstab ist, an den The Sugarland Express allerdings nicht einmal ansatzweise heranreicht. Stellenweise wirkt er wie eine seichte Version von Stones zwanzig Jahre später entstandenem Natural born Killers. Im Vergleich mit den Protagonisten der genannten Filme sind Lou und Clovis weit weniger gewalttätig und wirken eher wie naive Kinder, die weder einen Plan haben, noch den Ernst der Situation zu begreifen scheinen. Umso erstaunlicher, dass es mir deutlich schwerer fiel, mich mit den beiden zu identifizieren, was nicht zuletzt an Goldie Hawn liegt, die durch ihr hysterisches Verhalten meine Nerven stellenweise arg strapazierte und dafür im Gegenzug noch nicht mal optische Reize zu bieten hat.
Auf der Habenseite stehen die ausgesprochen schöne Fotografie von Vilmos Zsigmond, mit dem Spielberg hier erstmals zusammenarbeitete, genauso übrigens wie mit seinem Stammkomponisten John Williams, und die zum Teil recht witzigen Einfälle, die gelegentlich der Grenze zum Slapstick recht nahe kommen, beispielsweise wenn Polizeiautos gleich haufenweise zu Schrott gefahren oder in absurde Massenkarambolagen verstrickt werden. Jedenfalls scheint es im gesamten Staat Texas keinen Polizisten zu geben, der in der Lage ist, vernünftig Auto zu fahren. Die Erzählweise ist merkwürdig entschleunigt und auch die gelegentlich eingestreuten Verfolgungsjagden vermitteln keinerlei Dynamik.
Unter dem Strich trotz aller Schwächen ein unterhaltsames und kurzweiliges Filmchen, das aber weder seinem tollen Vorgänger und natürlich erst recht nicht seinem direkten Nachfolger Jaws das Wasser reichen kann.
Mittwoch, 9. Juli 2025
COUNT THE HOURS (Don Siegel, 1953)
It's terrible to be hated.
Ein klassisches Drama um einen unschuldig Verurteilten, der sich durch ungeschicktes Verhalten und ein durch psychischen Druck veranlasstes Geständnis selbst in die Bredouille gebracht hat. Die Revision scheitert, der Gouvernor lehnt das Gnadengesuch ab und so soll er für zwei Morde gehängt werden, die er nicht begangen hat. Der Film spielt mit einigen interessanten Motiven wie das des ehrenwerten Anwaltes, der gegen alle Widerstände versucht, die Unschuld seines Klienten zu beweisen und dabei nicht nur seine Beziehung opfert und seinen bis dahin tadellosen Ruf ruiniert, sondern auch alle übrigen Klienten vergrault, die mit ihm nichts mehr zu tun haben wollen oder das der Ehefrau des vermeintlichen Mörders, die unter den Anfeindungen der Menschen in ihrem Umfeld zu leiden hat und auch körperlich bedroht wird. Das alles wird nicht weiter vertieft, sondern bleibt relativ oberflächlich, trägt aber dazu bei, dass man sich mit den handelnden Personen gut identifizieren kann.
Die Figur des Mörders ist hingegen wenig glaubwürdig. Ein völlig durchgeknallter und dem Alkohol verfallener Psychopath, dessen irrationales Verhalten hauptsächlich der Not der Drehbuchautoren geschuldet zu sein scheint, ihn am Ende irgendwie des Mordes überführen zu können.
Unter dem Strich gibt das aber doch eine recht homogene Mischung, zudem durchaus spannend und kurzweilig - nicht zuletzt dank der straffen Regie von Siegel, der nie den roten Faden verliert und sich wie gewohnt auf das Wesentliche fokussiert. Erwähnenswert auch die gute Kamera-Arbeit von John Alton, die das Geschehen in stilvollen Schwarzweiß-Bildern einfängt und darüber hinaus mit ein paar wirklich schönen Aufnahmen punkten kann.
Sonntag, 6. Juli 2025
Death of a Gunfighter (Don Siegel & Robert Totten, 1969)
I got a bad habit of losing my temper.
Death of a Gunfighter, der in Deutschland unter dem albernen (wenn auch inhaltlich zutreffenden) Titel "Frank Patch - Deine Stunden sind gezählt" erschienen ist, zeigt die texanische Kleinstadt Cottonwood Springs an der Schwelle zur Zeitenwende. Im Jahr 1903 ist der Wilde Westen auf dem Rückzug und mit der Eisenbahn soll die Moderne Einzug halten. Dabei ist der Marshal Frank Patch mit seiner rabiaten Amtsführung, die immer mal wieder das ein oder andere Todesopfer fordert, nach Auffassung des Stadtrats ein Hindernis, das mögliche Investoren verschreckt. Da sich Patch mit guten Worten nicht überzeugen lässt aus dem Amt zu scheiden, ruft man den County Sheriff zu Hilfe.
Im Vorspann wird die Regie für den Film einem gewissen Allen Smithee zugeschrieben, ein Pseudonym, das hier erstmals zum Einsatz kam und später noch bei weiteren Filmen Verwendung finden sollte. Der ursprüngliche Regisseur Robert Totten überwarf sich während der Dreharbeiten mit dem Hauptdarsteller Richard Widmark und Don Siegel, der bereits ein Jahr zuvor erfolgreich mit Widmark bei Madigan zusammengearbeitet hatte, führte das Projekt zu Ende. Da aber Tottens Anteil am fertigen Film größer war, wollte er nicht als Regisseur genannt werden. Gegen die Nennung Tottens legte wiederum Widmark sein Veto ein. Und so kam "Allen Smithee" zu seinem ersten Spielfilm.
Aufgrund der oben geschilderten Umstände weist Death of a Gunfighter einige für Siegel eher untypische Elemente auf, die vermutlich Totten zuzuschreiben sind, wie die starke Fokussierung auf die einzelnen Figuren, das Verweilen auf markanten Gesichtern (Sergio Leone lässt grüßen) oder auch die sich anbahnende romantische Beziehung zwischen Hilda und Dan. Insbesondere die lange Einstellung mit Hildas nackten Füßen irritiert den treuen Siegel-Freund, kennt man so etwas doch ansonsten eher vom Fußfetischisten Quentin Tarantino, der allerdings zur Drehzeit gerade mal dem Kindergarten entwachsen war.
Gerade aber die Hauptfiguren sind interessant, vor allem natürlich Marshal Patch (wie immer großartig: Richard Widmark), ein Relikt aus der Vergangenheit, der stur darauf beharrt, seine Arbeit solange auszuführen, wie er es möchte. Niemand in der Stadt ist in der Lage ihm Paroli zu bieten und ihm offen gegenüber zu treten, zu groß ist der Respekt vor seiner bisweilen unbeherrschten Art. Wunderbar übrigens auch Amy Thomson in einer Nebenrolle als Hure, die mehrfach dabei zu sehen ist, wie sie unkontrolliert Essen in sich reinstopft oder einfach nur grimmig dreinschaut.
Kernthema des Films ist natürlich die Ablösung des Althergebrachten durch das Neue und Moderne, das naturgemäß nicht ohne Reibungsverluste vonstatten gehen kann. Sehr schön versinnbildlicht in der Szene, in der das Auto des Bürgermeistens beinahe mit dem Reiter kollidiert. Dass das Alte am Ende weichen muss - sprich: Patch erschossen wird - verrät schon der Titel. Eingerahmt wird das in die Szene, in der seine Frau beobachtet, wie sein Sarg in den Zug verladen wird: die erste Einstellung des Films findet damit ihre Fortsetzung in der letzten.
Samstag, 28. Juni 2025
THE DUEL AT SILVER CREEK (Don Siegel, 1953)
I don't shoot men in the back.
Die Story ist für einen Western außergewöhnlich komplex und beinhaltet einige kleinere Subplots sowie leider auch das ein oder andere Plothole. So ganz schlüssig ist das Verhalten der handelnden Personen nicht immer, aber das fällt nicht weiter ins Gewicht. Jedenfalls alles andere als ein typischer Siegelfilm, wobei es sich hierbei erst um seine vierte Arbeit als Regisseur handelt. Von dem direkten Vorgänger, The big Steal, unterscheidet sich The Duel at Silver Creek stilistisch doch erheblich, und das liegt nicht nur daran, dass die Handlung im Wilden Westen angesiedelt ist. Der actionreiche Beginn katapultiert den Zuschauer direkt ins Geschehen, wobei mich die Tatsache, dass ein Erzähler in der Ich-Form die Vorgeschichte aus dem Off erzählt, doch etwas verwirrt hat. Danach legt Siegel erstmal eine Vollbremsung hin und nimmt das Tempo völlig raus. Die Story ist recht spannend und lässt den Charakteren genügend Raum zur Entfaltung, bevor das Ganze dann in einen großen Showdown mit vorhersehbarem Ausgang in der Nähe des Silver Creek mündet.
Unter dem Strich ungeachtet der fehlenden Siegel-Trademarks ein spannendes und äußerst kurzweiliges Vergnügen mit guten Darstellern, das zudem mit einem schnauzbärtigen Lee Marvin in einer Nebenrolle aufwarten kann.
Montag, 23. Juni 2025
SORCERER (William Friedkin, 1977)
No one is just anything.
Untereinander verhalten sich die vier Fahrer sehr reserviert und zurückhaltend. Es gibt praktisch keine Interaktion zwischen ihnen, die nicht direkt dem Erreichen des Ziels dient. Es handelt sich um eine reine Zweckgemeinschaft, deren einziges verbindendes Element der erfolgreiche Transport des Nitroglycerins zum brennenden Ölfeld ist. Und wenn dann erstmals so etwas wie ein persönliches Gespräch zwischen Victor und Kassem aufkommt, wird dies jäh durch den platzenden Reifen und den darauffolgenden Exitus der beiden unterbunden. Am Ende schafft es zwar einer der Fahrer bis ins Ziel, doch bevor Friedkin den Zuschauer mit dem Abspann entlässt, deutet er durch die Ankunft seiner Häscher an, dass auch der letzte Überlebende am Ende zu den Verlierern gehören wird.
Friedkin konnte zur Realisierung des Projekts letztlich auf ein recht üppiges Budget von rund 22 Mio Dollar zurückgreifen, auch wenn das ursprünglich nicht geplant war. Die Dreharbeiten, die überwiegend in der Dominikanischen Republik stattfanden, gestalteten sich sehr aufwändig und dies sieht man dem fertigen Film auch an. Mich faszinierten besonders der dreckige Look und die düstere, nihilistische Grundstimmung, trefflich untermalt von den sphärischen Klängen von Tangerine Dream. Ein durch und durch großartiger Film, der seinem großen Bruder an Intesität in nichts nachsteht.
Montag, 9. Juni 2025
COOGAN'S BLUFF (Don Siegel, 1968)
You learn a lot about a person when you hunt 'em.
Coogan's Bluff ist ein vergnügliches Filmchen, das sich selbst nicht zu ernst nimmt. An die Klasse seines Vorgängers reicht es nicht heran, nichtsdestotrotz bietet es einen hohen Unterhaltungswert. Highlights in Sachen Action sind die große Schlägerei im Billard-Club und die Verfolgungsjagd mit den Motorrädern durch die Außenbezirke Manhattans, in der Siegel seine Stärken voll ausspielen kann. Und Lee J. Cobb ist sowieso immer toll.
Samstag, 7. Juni 2025
THE BLACK WINDMILL (Don Siegel, 1974)
You're the kind of machine who should be working for us.
The black Windmill ist ein merkwürdiger Film und wirkt wie ein Fremdkörper in Siegels Schaffen. Angesiedelt in London - was für sich betrachtet schon ungewöhnlich, aber nicht unbedingt ein Nachteil ist - handelt es sich um einen verworrenen Spionagethriller, dessen Handlung bei kritischer Betrachtung weder Hand noch Fuß hat. Die Plottwists in der zweiten Filmhälfte gehen sogar soweit, dass der Protagonist (der MI6-Agent John Tarrant, gespielt von Michael Caine) seiner Frau die Geschehnisse erklären muss, damit auch der Zuschauer versteht, was vor sich geht. Grundlage für den ganzen Unsinn war ein Roman des britischen Autors Clive Egleton, was die Sache aber auch nicht besser macht.
Nach der Entführung von Tarrants Sohn in den ersten Filmminuten braucht die Story etwas, bis sie in die Gänge kommt, weil Siegel sich Zeit nimmt, die wichtigsten Charaktere einzuführen. Michael Caine spielt die Hauptfigur sehr reserviert und zurückhaltend, was allerdings gewollt ist, denn gerade sein extrem kontrolliertes Verhalten angesichts der Entführung seines Sohnes wirkt auf seine Vorgesetzten befremdlich und macht ihn verdächtig, mit den Entführern zu kollaborieren, zumal diese über Insiderinformationen verfügen, die nur einem sehr eingeschränkten Personenkreis zugänglich sind. Somit ist von Beginn an klar, dass einer der führenden MI6-Leute ein Verrräter ist.
In der zweiten Filmhälfte herrschen dann die Actionelemente vor. Nachdem Tarrant auf sich alleine gestellt ist und als einzige Aufgabe die Rettung seines Sohnes sieht, legt er sein kontrolliertes Verhalten zunehmend ab. Und doch ist das alles nicht so recht überzeugend. Ich schätze Michael Caine sehr, aber diese Rolle ist nicht gerade eine Glanzleistung von ihm. Ganz anders Donald Pleasance, der als empathieloser, unter neurotischen Zwängen leidender Vorgesetzter Tarrants eine grandiose Vorstellung abliefert. John Vernon gibt einen charismatischen Gegenspieler und Delphine Seyrig sieht einfach umwerfend aus.
Das größte Ärgernis ist die Tatsache, dass aus der eigentlichen simplen Prämisse ein unnötig komplizierter und verworrener Agententhriller gemacht wurde, der weder sonderlich spannend ist noch halbwegs ansehnliche Aufnahmen bietet, an denen man sich ergötzen kann. Atmosphärisch hingegen ist das alles durchaus stimmig, aber ich hätte mir gewünscht, dass sich Siegel auf das konzentriert hätte, was er am besten kann: geradlinige, mitreißende Action inszenieren. Unter dem Strich wahrscheinlich der schwächste Siegel-Film, den ich bisher gesehen habe, wenn auch kein völliger Ausfall.
Montag, 2. Juni 2025
THE GUN RUNNERS (Don Siegel, 1958)
A man can't go bad if it ain't in him to go bad.
The Gun Runners war zum damaligen Zeitpunkt bereits die dritte Umsetzung von Hemingways "To have and have not". Knapp 30 Jahre später sollte dann noch eine vierte dazukommen.
Das Drehbuch orientiert sich nur lose an der Vorlage, übernimmt aber die Hauptfigur, die hier Sam Martin heißt: ein Skipper in finanzieller Not, der in Key West lebt und Fischfangtouren für gut betuchte Touristen anbietet. Zudem siedelte man die Geschichte vor dem Hintergrund der Kubanischen Revolution an, die in Hemingways Geschichte logischerweise keine Rolle spielt, da sie sich erst zwanzig Jahre nach der Entstehung zutrug. Nicht zuletzt aufgrund des geringen Budgets entschloss man sich, in Kalifornien zu drehen statt an den Originalschauplätzen und behalf sich zudem mit einigen montierten Aufnahmen. Das fällt allerdings kaum auf und wenn ich es nicht gewusst hätte, hätte ich es vermutlich nicht einmal bemerkt. Siegel war mit dem Film alles andere als zufrieden und machte in erster Linie das geringe Budget dafür verantwortlich. Auch die Kritiken waren dem Film nicht sonderlich wohlgesonnen.
Dessen ungeachtet ist The Gun Runners ein kurzweiliger und unterhaltsamer Film geworden, der mit dem von Audie Murphy verkörperten Protagonisten eine sympathische Identifikationsfigur bietet und mit dem äußerst charismatischen Eddie Albert einen ebenbürtigen Widersacher. Den meist betrunkenen Sidekick Harvey gibt Everett Sloane ebenfalls sehr überzeugend und mit der "Miss Stockholm" 1953, Gita Hall, gibt es nicht nur was fürs Auge; mit ihrer tiefen Stimme, dem schwedischen Akzent und einem äußerst anregenden Timbre verfügt sie über eine erotische Ausstrahlung wie kaum eine andere Frau in einem Siegel-Film. Dass es sich bei Rolle um ihren ersten Auftritt als Schauspielerin handelt, merkt man ihr überhaupt nicht an.
Im Œuvre Don Siegels spielt The Gun Runners keine große Rolle und auch als ernstzunehmende, ihrer großen Vorlage gerecht werdende Verfilmung des Hemingway-Romans kann man diesen eher unbekannten Streifen nicht betrachten. Und doch hat er mich über die vergleichsweise kurze Spielzeit von gut 80 Minuten ausgezeichnet unterhalten. Und mehr habe ich auch nicht erwartet.
Samstag, 31. Mai 2025
MADIGAN (Don Siegel, 1968)
Madigan is a good cop, Tony. Doesn't always go by the book.
Der schlecht gewählte deutsche Titel Nur noch 72 Stunden gaukelt dem Zuschauer eine zeitliche Dramatik vor, die im Film gar keine Rolle spielt. Zwar ist es richtig, dass die beiden New Yorker Polizisten Madigan und Bonaro nur 72 Stunden Zeit haben, den ihnen entwischten Verbrecher dingfest zu machen, doch interessiert sich Siegel für die Zeitkomponente allenfalls am Rande und greift dies lediglich in Form von Einblendungen der jeweiligen Wochentage auf. (Das Drehbuch hieß übrigens ursprünglich "Friday, Saturday, Sunday".) Vielmehr stellt er den zuweilen recht tristen Polizeialltag in den Mittelpunkt der Erzählung, der geprägt ist von mühevoller Kleinarbeit, Misserfolgen und falschen Fährten. Der titelgebende Detective Madigan (großartig: Richard Widmark) ist dabei die zentrale Figur. Wie auch später der Protagonist in Dirty Harry nimmt er es nicht immer so genau mit Recht und Gesetz, sondern legt Letzteres im Zweifel etwas großzügig zu seinen Gunsten aus und agiert ebenso opportunistisch wie pragmatisch im Dienst der Sache. Seine guten Kontakte in die New Yorker Unterwelt kommen ihm bei der täglichen Arbeit zugute und den ein oder anderen Gratisdrink kann er dabei auch abgreifen.
Das krasse Gegenteil ist der Commissioner Russell (Hery Fonda), ein der täglichen Praxis des Polizeilebens weit entrückter Bürohengst, der für die Probleme der ihm unterstellten Mitarbeiter wenig Verständnis hat. Während er bei seinen Beamten hohe Maßstäbe anlegt und erwartet, dass sie sich in jeder Situation korrekt verhalten, hat er seinerseits ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau.
Die detailliert gezeichneten Figuren und der authentisch dargestellte Polizeialltag machen die Hauptfaszination des Films aus. Daneben gibt es auch ein paar gute Actionszenen, wobei hier vor allem die groß angelegte Schießerei am Schluss hervorzuheben ist. Neben dem Haupterzählstrang um die beiden Detektives gibt es noch einige Nebenplots, wie die Geschichte um den schwarzen Arzt Dr. Taylor, dessen Sohn in Konflikt mit der Polizei geraten ist, oder die Bestechungsgeschichte um Chief Inspector Kane (auch toll: James Whitmore), der zugleich Russells langjähriger Freund und Wegbegleiter ist und diesen damit in ein ernsthaftes Dilemma bringt.
Madigan zeichnet ein sehr detailliertes Bild vom Alltag der New Yorker Polizei und deren Verflechtungen mit zwielichtigen Gestalten und überzeugt mit wunderbaren Darstellern, stimmigen Charakteren, einer durchdachten und komplexen Story, gutaussehenden Frauen in den Nebenrollen (vor allem Inger Stevens und Sheree North können hier punkten) und einer gewohnt schnörkellosen, punktgenauen Inszenierung. Ein ganz hervorragender Film, zudem prägend für nachfolgende Polizei-Filme, und ganz ohne Zweifel eine von Siegels besten Arbeiten.
Freitag, 30. Mai 2025
FLAMING STAR (Don Siegel, 1960)
To tell the truth, I don't know who's my people.
Nach dem mediokren Edge of Eternity drehte Siegel einen Western, der vor allem deshalb bekannt wurde, weil Elvis Presley eine der Hauptrollen spielt. Glücklicherweise hält er sich mit Gesangseinlagen zurück und so beschränken sich seine diesbezüglichen Beiträge auf das Einsingen des Titelsongs und ein Lied bei einer Familienfeier zu Beginn des Films, die die da noch heile Welt der Protagonisten zeigt, die unter dem Druck der Kiowas-Angriffe sehr bald auseinanderbrechen soll.
Presley spielt den Mestizen Pacer, Sohn einer Kiowas-Frau und eines weißen Farmers, der zwischen beiden Welten steht und beiderseits bedrängt wird, sich für eine Seite zu entscheiden, obwohl er das gar nicht will. Letztlich kommt er durch die sich immer weiter zuspitzenden Ereignisse jedoch nicht umhin und so bildet der Mord an seiner Mutter den ausschlaggebenden Punkt. Presley spielt das erstaunlich gut und nuanciert. Dabei verfügt er über eine charismatische Ausstrahlung, die dazu beiträgt, dass man seine Figur als das Zentrum des Films wahrnimmt. Auch die übrigen Darsteller geben sich keine Blöße. Schon zu Beginn der Handlung wird relativ schnell klar, dass die Eskalation der Gesamtsituation unausweichlich ist. Siegel bemüht sich, die Motive beider Seiten nachvollziehbar darszustellen, was ihm auch recht gut gelingt, auch wenn die Sichtweise der Kiowas insgesamt vielleicht etwas zu kurz kommt. Die Spannung ist dementsprechend konstant hoch und an Action mangelt es auch nicht.
Quentin Tarantino bezeichnete Flaming Star mal als Siegels besten Western. Ganz soweit würde ich nicht gehen, denn obwohl es sich hier um einen zweifellos sehr guten Film handelt, fällt er doch im Gegensatz zu dem großartigen The Shootist deutlich ab. Das aber soll keineswegs negativ verstanden werden. Don Siegel hat viele gute Filme gemacht und Flaming Star ist einer davon.
Samstag, 24. Mai 2025
EDGE OF ETERNITY (Don Siegel, 1959)
Rising with the sun, or just going to bed?
Von allen Siegel-Filmen, die ich kenne, ist dies sicherlich der am wenigsten spektakuläre und auch einer derer, in dem seine Handschrift am wenigsten erkennbar ist. Es gibt zwar eine tolle Auto-Verfolgungsjagd zwischen dem Deputy und der draufgängerischen Janice zu Beginn, aber ansonsten vergleichsweise wenig Action. Den Abschluss bildet ein Zweikampf zwischen den Protagonisten auf der Kabine einer Seilbahn, der ziemlich vorhersehbar nach Schema F abläuft und wenig aufregend ist. Die Darsteller sind solide und machen ihre Sache gut, ohne dabei zu glänzen oder in irgendeiner Art und Weise hervorzustechen. Cornel Wilde war zwar seinerzeit ein gefragter und bekannter Schauspieler, doch fehlte es ihm für meine Begriffe an Charisma. Die eigentliche Hauptattraktion sind zweifellos die atemberaubenden Weitwinkelaufnahmen des Grand Canyon, der selten besser in Szene gesetzt wurde als hier, und die gute Bluray bringt das mit einem tollen Farbspektrum hervorragend zur Geltung.
Edge of Eternity ist kein schlechter Film, aber irgendwie wollte sich das klassische Siegel-Feeling während der Sichtung nicht einstellen. Mir fehlte vor allem der Drive, den man ansonsten von ihm gewohnt ist. Das Geschehen plätschert so vor sich her und echte Spannung kommt zu keiner Zeit auf. Das tut meiner grundsätzlichen Begeisterung für seine Arbeiten natürlich keinen Abbruch, aber der Mann hat weitaus bessere Filme gemacht.
Freitag, 23. Mai 2025
STRANGER ON THE RUN (Don Siegel, 1967)
It ain't a game no more, is it?
Für die Hauptrolle konnte man Henry Fonda gewinnen, der hier den heruntergekommenen Trunkenbold und ehemaligen Häftling Ben Chamberlain spielt, der in die kleine Eisenbahnsiedlung Banner kommt, um eine ihm unbekannte Frau namens Alma zu retten. Dies hatte er ihrem Bruder, einem Mithäftling, versprochen. In Banner sorgt Sheriff McKay mit einer Horde von Mördern als Deputys auf Geheiß des Gesandten der Eisenbahngesellschaft auf höchst fragwürdige Weise für Recht und Ordnung. Offiziell will die Eisenbahngesellschaft davon natürlich nichts wissen und so kommt McKay der Mord an der Dorfhure Alma durch einen der Deputys höchst ungelegen. Wäre da nicht Chamberlain, dem man den Mord in die Schuhe schieben könnte, um anschließend die Jagd auf ihn zu eröffnen.
Stranger on the Run ist meines Wissens der zweite Fernsehfilm von Siegel, nachdem er drei Jahre zuvor bereits The hanged Man, den ich leider noch nicht kenne, fürs Fernsehen gedreht hat. Dabei beließ er es dann auch und wandte sich fortan glücklicherweise wieder der Leinwand zu. Dennoch ist Stranger on the Run absolut sehenswert und kann insbesondere durch seine - für Siegel-Verhältnisse - gut ausgearbeiteten Charaktere überzeugen. Zwar erfährt man nicht allzu viel über sie, doch reichen die Informationen aus, sich ein recht detailliertes Bild vom Seelenleben der Protagonisten zu machen. Da ist der desillusionierte Chamberlain, der sich für den Tod seiner Frau verantwortlich fühlt und in der Folge dem Alkohol verfallen ist, die einsame Witwe, die alleine mit ihrem 17-jährigen Sohn auf einer Ranch etwas außerhalb des Ortes lebt, eben jener Sohn, der nach dem Wunsch seiner Mutter Farmer werden und in die Fußstapfen seines toten Vaters treten soll, der seinerseits aber McKay vergöttert und sich seiner Deputy-Bande anschließen will oder der Sheriff, dem es zunehmend schwerer fällt, seine schießwütige und gewalttätige Bande unter Kontrolle zu halten.
Darstellerisch konnte Siegel hier aus dem Vollen schöpfen. Neben Anne Baxter und einem sehr jungen Michael Burns fesselt vor allem Fonda mit seinen stahlblauen Augen, hier in einer ungewohnten Versager-Rolle. Den Vogel schießt aber Michael Parks als Sheriff McKay ab. Seine Performance begeisterte Quentin Tarantino so, dass er ihn Jahrzehnte später gemeinsam mit seinem Kumpel Robert Rodriguez in seinen eigenen Filmen castete, lustigerweise in immer der gleichen Rolle als Texas Ranger Earl McGraw.
Donnerstag, 22. Mai 2025
THE LINEUP (Don Siegel, 1958)
A dead man can't point at you.
Die Handlung des Films wirkt merkwürdig inkonsistent und zerrissen. Was als klassischer Kriminalfilm mit dem Fokus auf der Ermittlungsarbeit der beiden oben erwähnten Polizisten beginnt, wandelt sich im weiteren Verlauf zu einem knallharten Gangsterfilm. Der Fokus verschiebt sich dabei von den Polizisten, die in der zweiten Filmhälfte nur noch selten zu sehen sind, zu dem Gangsterduo Dancer (Eli Wallach in ungewohnter Rolle) und Julian (wunderbar: Robert Keith), wobei der Erstgenannte ein leicht reizbarer, psysopathischer Killer ist, dessen Einsamkeit (angedeutet in der Szene mit Cindy im Aquarium) sich in Aggression und Hass ausdrückt, und der zweite so etwas wie sein Mentor, stets ruhig und besonnen und bemüht, das Temperament seines Kumpels im Zaum zu halten. Für ein Buch, das er zu schreiben gedenkt, sammelt er die letzten Worte der Opfer, die Dancer ermordet. Stellenweise erinnerten die beiden mich an die beiden Auftragsmörder aus Siegels sechs Jahre später entstandenem The Killers, der allerdings ein deutlich ausgereifterer Film ist.
Angesiedelt ist das Ganze in San Francisco und wie so oft in Filmen, die in der kalifornischen Metropole spielen, wirkt sich dies positiv auf das Flair und die Grundstimmung des Films aus. Es gibt ein paar beeindruckende Weitwinkel-Aufnahmen von Hal Mohr, mit dem Siegel zuvor schon mehrfach zusammengearbeitet hatte, und am Ende noch eine dramatische Verfolgungsjagd in der Nähe der Golden-Gate-Bridge. Die Story offenbart bei nüchterner Betrachtung doch einige Ungereimtheiten, über die man dank der straffen Inszenierung jedoch großzügig hinwegsehen kann. The Lineup ist ein klassischer Siegel-Film, der alle für seine Arbeit so typischen Elemente vorzuweisen hat, und bietet über knapp 90 Minuten äußerst kurzweilige Unterhaltung.
Dienstag, 20. Mai 2025
THE BIG STEAL (Don Siegel, 1949)
Whatever I said about women drivers, I take back.
The big Steal ist in Deutschland unter dem merkwürdigen Titel Die rote Schlinge erschienen, der keinerlei Bezug zum Geschehen hat, und kann im weiteren Sinne als Film noir durchgehen, mutet aber eher wie eine Mischung aus Gangsterfilm und Roadmovie an. Die Handlung ist - vergleichsweise ungewöhnlich - im mexikanischen Hinterland angesiedelt. Glücklicherweise wurden die Außenszenen vor Ort in Mexiko gedreht, was erheblich zur Authenzität beiträgt. Insbesondere die Einbindung verschiedener Elemente der mexikanischen Kultur wirkt sich bereichernd aus und verleiht dem Ganzen einen ganz eigenen Flair.
Neben den guten Darstellern, allen voran einem starken Robert Mitchum in der Hauptrolle, der das Geschehen souverän über die recht knapp bemessene Spielzeit von gerade einmal 70 Minuten trägt, ist vor allem die mitreißende Verfolgungsjagd zwischen den drei Protagonisten bemerkenswert, die sich gegenseitig durch die von Serpentinen geprägte mexikanische Berglandschaft jagen. Hier sind insbesondere die für die damalige Zeit außergewöhnliche Kameraführung und der rasante Schnitt zu erwähnen, die eine fast atemlose Spannung erzeugen. In der weiblichen Hauptrolle gibt es wieder eine wenig attraktive Dame zu bewundern, dieses Mal ist es die spröde Jane Greer, die dem Mitchum-Charakter in einer - für eine Frau in einem Siegelfilm - ungewohnt dominanten Art und Weise den Takt vorgibt, was eine interessante Interaktion zwischen den beiden zur Folge hat. Auch muss man ihr zugute halten, dass die Chemie zwischen ihr und Mitchum zu stimmen scheint. Die gemeinsamen Szenen lassen dies jedenfalls vermuten.
Die Handlung um die gestohlenen Armeegehälter, aufgepeppt um ein paar nette Plottwists, kann den Zuschauer mühelos bei der Stange halten und die überzeugenden Darsteller tun das ihre. Nicht zuletzt aufgrund der sehr überschaubaren Spielzeit ein höchst unterhaltsames und kurzweiliges Vergnügen und ein Highlight in Siegels früher Schaffensphase. Toller Film!
Sonntag, 11. Mai 2025
TELEFON (Don Siegel, 1977)
Being paranoid doesn't mean we're not being followed.
Ich hatte Telefon in den 80er Jahren mal im Fernsehen gesehen, aber kaum noch Erinnerungen daran. Der gleichnamige Roman von Walter Wager, angesiedelt in der Phase der Entspannung während des Kalten Krieges, die spätestens durch den Einmarsch der Russen in Afghanistan nur wenige Jahre später beendet werden sollte, bildete die Grundlage für eine wirre Story um einen durchgeknallten KGB-Offizier, der aus Gründen, die nie ganz klar werden, per Telefonanruf eine Reihe von Schläfern aktiviert, die in den USA ein unauffälliges Leben führen und nun Selbstmordanschläge auf ehemals bedeutende militätrische Ziele ausführen. Für das Skript ist in erster Linie Peter Hyams verantwortlich, der wohl gerne auch Regie geführt hätte, was aber nicht die Billigung der Produzenten fand, und so bekam schließlich Siegel den Auftrag.
Die Handlung hat bei kritischer Betrachtung weder Hand noch Fuß und weist zudem gleich eine ganze Reihe von Logiklöchern auf, aber das stört nicht weiter, denn Siegel sorgt mit seiner gewohnt straffen Inszenierung und der Konzentration auf die wesentlichen Punkte dafür, dass man sich als Zuschauer gut unterhalten fühlt. Charles Bronson war ja nicht gerade ein Sympathieträger, aber hier passt er ausgezeichnet in die Rolle des KGB-Majors Grigori Borzov, der seinen Auftrag in einer Kombination aus Zielstrebigkeit und stoischer Gelassenheit ausführt. Die Chemie zwischen ihm und Lee Remick, die seine Partnerin Barbara verkörpert, ihrerseits eine Doppelagentin, war augenscheinlich nicht die beste, aber auch das fällt kaum ins Gewicht. Der Ablauf des Ganzen erinnert zum Teil an die James-Bond-Filme der damaligen Zeit. Mit dem Briten Donald Pleasance, der in You only live twice den Blofeld gab, konnte man auch einen charismatischen Gegenspieler für Bronson verpflichten, der den Psychopathen glaubwürdig mimt. Die Kritiker gingen mit Telefon nicht sehr nett um, und in der Tat gibt es auch Vieles, was man an dem Film kritisieren kann. Mir hat er trotzdem eine Menge Spaß gemacht, was womöglich auch meiner grundsätzlichen Siegel-Affinität geschuldet sein mag.
Dienstag, 6. Mai 2025
PRIVATE HELL 36 (Don Siegel, 1954)
I didn't know there was this much money in the world.
Private Hell 36 ist ein günstig produzierter Film noir mit Ida Lupino als Femme fatale, die dem Polizisten Brunner gehörig den Kopf verdreht. Ich fand Ida Lupino nie sonderlich attraktiv, obwohl ihre rauchige Stimme schon ihren Reiz hat, das muss ich zugeben. Da sie nicht nur am Skript mitgearbeitet hat, sondern auch die Ex-Frau des Filmproduzenten war, hatte sie erheblichen Einfluss auf die Gestaltung des Films. Ihre Rolle ist demzufolge entsprechend groß angelegt und ihre Beziehung zu Brunner so etwas wie das Zentrum des Films. Anhand einzelner Dialogzeilen, für die übrigens Sam Peckinpah verantwortlich zeichnete, ist erkennbar, dass Brunner sich nach einem anderen und zumindest aus seiner Sicht besseren Leben sehnt. Ein Leben in Reichtum und mit einer schönen Frau an seiner Seite soll es bitte sein ("You know, someday I'll come out here on my own time with a wad of dough and a girl like..."). Dennoch liegt nahe, dass seine Beziehung zu Lilli ("A man figures, if he likes the things I like and can afford them.") und sein Bestreben, ihnen beiden ein Leben in Reichtum zu ermöglichen, letztlich den Ausschlag gegeben hat für die Unterschlagung des gestohlenen Geldes.
Private Hell 36 ist nicht gerade als Meisterwerk des Film noir in die Geschichte eingegangen, sondern fristet - wie so viele andere auch - eher ein Schattendasein. Dennoch ist es spannender, kleiner Thriller mit einer guten Story und starken Darstellern. Ich schätze Siegel vor allem wegen seiner Filme aus den 60er und 70er Jahren, aber auch Private Hell 36 verdient durchaus Beachtung. Gute und kurzweilige Unterhaltung bietet er allemal.
Sonntag, 4. Mai 2025
CHARLEY VARRICK (Don Siegel, 1973)
I don't sleep with whores... at least not knowingly.
Der hauptberufliche Schädlingsbekämpfer Charley Varrick raubt gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kumpanen eine lokale Bank in einer Kleinstadt in New Mexiko aus. Der Überfall geht dank der Aufmerksamkeit einer Polizeistreife gründlich schief. Varricks Frau und einer seiner Kumpels werden erschossen. Ihm selbst gelingt zwar mit seinem Freund Harman Sullivan die Flucht, doch stellt sich blöderweise bei der Sichtung der Beute heraus, dass die beiden statt der erhofften kleinen Summe mehr als 750.000 Dollar an Mafiageld erbeutet haben, das für wenige Tage in der Bank lagern sollte. Dass man die Polizei auf den Fersen haben würde, hatte man einkalkuliert, doch nun müssen die beiden sich auch mit dem Profikiller Molly (Joe Don Baker) herumschlagen.
Der Film sollte ursprünglich "The last of the independents" heißen, doch Siegel konnte sich diesbezüglich leider nicht gegen die Produzenten durchsetzen, die auf den nichtssagenden Titel Charley Varrick bestanden. Und das obwohl Siegel unmittelbar davor mit Dirty Harry seinen bisher größten Erfolg an den Kinokassen verbuchen konnte. Seinen aufgebesserten Status verrät auch die Einblendung "A Siegel Film" zu Beginn. Der ursprüngliche Titel hat es dann immerhin noch als Schriftzug auf Varricks Firmentruck geschafft. Er wäre jedenfalls viel treffender gewesen, denn tatsächlich ist Varrick so ziemlich der einzige Charakter im Film, der nicht in irgendeinem Abhängigkeitsverhältnis steht. Nach dem Tod seiner Frau durch die Kugel eines Polizisten hat er nichts mehr, auf das er Rücksicht nehmen müsste. Ein typischer Siegel-Charakter, wenn man so will. Und so schmiedet er einen cleveren Plan, um sich Polizei, Mafia und auch seinen sorglosen Kumpel, der zudem noch ein Alkoholproblem hat, vom Hals zu schaffen.
Der ganze Filme ist eine einzige Walter-Matthau-Schau. Auf den ersten Blick scheint er dem Geschehen hilflos ausgeliefert, jedoch erweist sich sein Charley Varrick im weiteren Verlauf als gewitzter, weitsichtiger Stratege, der alle Schritte seiner Gegner voraussieht. Darüber wird man allerdings als Zuschauer lange im Unklaren gelassen, denn das Geschehen auf dem Bildschirm vermittelt den Eindruck, als zöge sich die Schlinge immer stärker über seinem Kopf zusammen und als gerate er von Minute zu Minute in größere Schwierigkeiten. Gerade das macht die Faszination des Films aus, denn am Ende fügen sich alle Puzzleteile auch ohne Erlärung zu einem großen Ganzen zusammen.
Matthaus Verdienst ist auch, dass man Varrick die ganze Zeit über die Daumen drückt, wohwissend, dass er ein Bankräuber ist und mehrere Menschenleben auf dem Gewissen hat. Trotzdem kann man nicht anders als auf seiner Seite zu sein. Stilistisch weist Charley Varrick viele Parallelen zu seinem Vorgänger auf, wobei der urbane Raum der Großstadt San Francisco der ländlichen Weite New Mexikos weichen musste, was dem Film einen Hauch von Western-Feeling mitgibt. Übrigens ist auch Andrew Robinson wieder mit von der Partie, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Quentin Tarantino hat. Spielte er in Dirty Harry noch den psychotischen Killer, ist er hier als Varricks Kumpan Sullivan zu sehen.
Für den dynamischen Score zeichnete wieder Siegels Stammkomponist Lalo Schifrin verantwortlich, die Kamera übernahm hier erstmals Michael Butler, der dann ein paar Jahre später bei Telefon nochmals mit Siegel zusammenarbeiten sollte. Die Inszenierung kommt direkt auf den Punkt und ist - wie immer bei Siegel - schnörkellos und pragmatisch. Bemerkenswert ist die große Verfolgungsjagd am Schluss, bei der sich Varrick in einer Propellermaschine und Molly in seinem Wagen ein erbittertes Duell liefern.
Charley Varrick ist ein ganz wunderbarer Film, der völlig zu Unrecht ein Schattendasein fristet und vermutlich nur hartgesottenen Siegel-Fans bekannt sein dürfte. Das ist höchst bedauerlich, denn er unterstreicht einmal mehr, welch außergewöhnlicher Regisseur der Mann war. Als der Film zu Ende war, saß ich mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht im Sessel.
Mittwoch, 30. April 2025
HANG'EM HIGH (Ted Post, 1968)
How many men are you going to have to hang to heal your scar?
Wie auch immer: Hang'em high ist ein durchaus sehenswerter Western, dessen Story aber nicht immer schlüssig ist und zum Teil etwas ziellos umher mäandert. Eastwood spielt seine Paraderolle, ein von Rache getriebener Geist mit der Mission, die Leute, die ihn lynchen wollten, zur Strecke zu bringen. Sonderlich zielstrebig geht er dabei allerdings nicht vor, lässt er sich doch mehrfach von anderen Aufträgen ablenken, wenn auch dies nicht immer freiwillig geschieht. Ein bemerkenswerter Aspekt des Filmes ist die fortwährende Auseinandersetzung mit den Themen Gerechtigkeit und Justiz in einem riesigen, nur schwer überschaubaren Gebiet, das erst im Begriff ist, ein Bundesstaat zu werden. Angesichts der großen Entfernungen und der Vielzahl der Gesetzesbrecher ist es nicht verwunderlich, dass die wenigen Gesetzeshüter mit ihren Aufgaben hoffungslos überfordert sind. Und über allem thront in Fort Grant gottgleich der selbstgefällige Richter Fenton (überzeugend: Pat Hingle), der mit eiserner Hand für Recht und Ordnung sorgt, oder zumindest das, was er dafür hält. Dabei inszeniert er die Hinrichtungen mit großem Brimborium und volksfestähnlichem Charakter in der Hoffung, mögliche künftige Übeltäter damit abzuschrecken und die Stärke der Obrigkeit zu demonstrieren, die er über alles stellt.
Unter dem Strich ein unterhaltsamer kleiner Western, der durchaus Spaß macht.
Montag, 28. April 2025
DIRTY HARRY (Don Siegel, 1971)
You've gotta ask yourself a question: "Do I feel lucky?" - Well, do you, punk?
Aus heutiger Sicht wirkt die Aufregung, die Dirty Harry bei seiner Veröffentlichung evozierte, schwer nachvollziehbar. Dabei muss man das natürlich im Kontext des damaligen Zeitgeistes sehen. Aber im Grunde hat Callahan ja recht, wenn er Gesetze als "crazy" bezeichnet, die verhindern, dass eindeutige Beweise nicht verwendet werden dürfen, wenn sie auf nicht legale Weise erworben wurden, und somit ein mehrfacher Mörder wieder auf freien Fuß gesetzt werden muss. Mit Selbstjustiz hat Calahans Vorgehen nicht im geringsten etwas zu tun, auch wenn dies seinerzeit zum Teil so interpretiert wurde.
Don Siegel war bekannt für seinen schnörkellosen und effizienten Inszenierungsstil, was insbesondere in seinen frühen Tagen oft auch dem geringen Budget geschuldet war. Auch hier tritt dieses Merkmal klar zu Tage. Die Einstellungen des Films wirken nicht ausgefeilt und komponiert wie beispielsweise bei Eastwoods anderem Mentor, Sergio Leone, sondern eher hastig dahingerotzt. Dies passt wiederum perfekt zur Tonart des Films und bedeutet im Übrigen auch nicht, dass Dirty Harry auf der visuellen Ebene wenig zu bieten hätte. Im Gegenteil: Bruce Surtees, mit dem sowohl Siegel als auch vor allem Eastwood später noch öfter zusammenarbeiten sollten, setzte das San Francisco der späten 60er Jahre als Metropole der Flower-Power-Bewegung wunderbar in Szene und schuf dabei mitunter Bilder betörender Schönheit. Und eine geeignetere Stadt für einen Polizei-Thriller als San Francisco gibt es einfach nicht. Die Handlung als solche ist weder sonderlich originell noch übermässig spannend, aber das nimmt Dirty Harry nichts von der Faszination, die auch nach mehr als 50 Jahren noch von ihm ausgeht. Ein großartiger Film!
Sonntag, 27. April 2025
DEADLOCK (Roland Klick, 1970)
Dies trägt passenderweise zur bizarren Szenerie bei, die ein paar wenige Menschen - im Film spielen nur 7 oder 8 Darsteller mit - in einer alten Mienensiedlung zusammenführt. Der Aufseher dort ist ein echter Versager, wunderbar verkörpert von einem etwas korpulenten Mario Adorf. Sein Filmname ist ein sprechender, denn so wie es der Name Charles Dump suggeriert, wirkt es, als hätte man ihn dort abgesetzt und dann vergessen. Außerdem leben dort noch seine offensichtlich geistig unterentwickelte Tochter Jessy und ihre Mutter Corinna, die dem Alkohol verfallen ist. die Abgeschiedenheit zur Außenwelt wird nur dadurch unterbrochen, dass gelegentlich ein fahrender Händler vorbeikommt und sie mit dem Nötigsten versorgt.
Dann gibt es da noch die beiden Bankräuber Kid und Sunshine und natürlich den Koffer voller Geld - die Beute aus dem Überfall. Zwischen den beiden und Dump entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel, in dem jeder versucht, die anderen zu übertölpeln und sich mit dem Geld aus dem Staub zu machen.
Deadlock erinnerte mich in seiner fiebrigen Atmosphäre an Oliver Stones U-Turn, ein völlig unterschätzter Film, dem leider nicht die Aufmerksamkeit zuteil wurde, die er verdient hätte. Die Beschränkung des Handlungsstränge auf die Siedlung an der Miene und die unmittelbare Umgebung verleihen ihm einen kammerspielartigen Charakter, wozu auch die geringe Anzahl der Figuren und die sparsame musikalische Untermalung der Kölner Band Can beitragen. Gier und Einsamkeit sind die zentralen Motive des Films, und auch wenn man über die einzelnen Personen wenig erfährt, genügt dies doch, um sich ein ausreichend differenziertes Bild von ihnen machen zu können. Und so ist Deadlock eine kleine, feine Charakterstudie mit bizarren Figuren, die nachhaltig Eindruck hinterlässt.
Mittwoch, 23. April 2025
SOLEIL ROUGE (Terence Young, 1971)
Do you always shoot your bed partner in the morning?
Soleil Rouge wird mitunter gerne als Spaghetti Western bezeichnet, eine Einordnung, mit der ich mich etwas schwertue. Fraglos gibt es aber zahlreiche Gemeinsamkeiten mit diesem wunderbaren Subgenre des uramerikanischen Westerns. So handelt es sich um eine europäische Produktion mit dem erfolgreichen James-Bond-Regisseur Terence Young auf dem Regiesessel. Gedreht wurde in Spanien, und zwar in der Gegend um Granada in Andalusien. Auch der Gewaltgrad ist zünftig, ebenso wie der beachtliche Bodycount. Musikalisch untermalt wurde das Ganze leider nicht von Ennio Morricone, sondern dem französischen Komponisten Maurice Jarre, der seine Sache aber auch ganz gut macht. Dennoch gelingt es ihm im Gegensatz zum italienischen Großmeister nicht, dem Film seinen Stempel aufzudrücken oder zumindest einen musikalischen Wiedererkennungswert zu geben.
Bei der Wahl der Darsteller war man gleich interkontinental unterwegs. Neben den Europäern Alain Delon, dem Schweizer Bondgirl Ursula Andress, das sich hier erfreulicherweise deutlich freizügiger gibt als in Dr. No, und dem Amerikaner litauischer Abstammung Charles Bronson gibt es auch den japanischen Star Toshirō Mifune zu bewundern, der hier einen Samurai und Leibwächter des japanischen Botschafters spielt. Und so stehen – zumindest in der ersten Hälfte des Films – erwartungsgemäß die kulturellen Unterschiede zwischen den von Bronson und Mifune verkörperten Figuren im Besonderen und der japanischen und der amerikanischen Kultur im Allgemeinen im Fokus. Dies tritt mit zunehmender Spieldauer aber immer mehr in den Hintergrund. Trotzdem lebt Soleil Rouge natürlich in erster Linie vom Duell der beiden, wobei sich die anfängliche Rivalität zunehmend in Richtung einer partnerschaftlichen Freundschaft entwickelt. Und am Ende stellt sich dann sogar noch eine Prise Wehmut ein.
Youngs Verdienst ist, das Ganze nicht zu ernst zu nehmen und mit der entsprechenden Leichtigkeit in Szene zu setzen. Zwischendurch gibt es immer mal wieder groß angelegte Actionsequenzen, die zwar den ein oder anderen inszenatorischen Makel aufweisen, doch fällt das nicht groß ins Gewicht. Und so bietet Soleil Rouge über die gesamte Spieldauer unterhaltsame, leicht verdauliche Kost, die einfach Spaß macht.
Montag, 24. März 2025
HUNTER KILLER (Donovan Marsh, 2018)
What is better: be right or be alive?
Gerard Butler gibt einen starken Anführer, der mit seinen pragmatischen Entscheidungen jede noch so knifflige Situation meistert und nie das Gefühl vermittelt, nicht Herr der Lage zu sein. Gary Oldman kann in einer Nebenrolle ein paar Akzente setzen und auch der leider noch vor der Veröffentlichung des Films verstorbene Michael Nyqvist überzeugt in der Rolle des russischen U-Boot-Kapitäns trotz der wenigen Worte, die ihm das Skript zugesteht.
Als reiner Unterhaltungsfilm funktioniert Hunter Killer trotz der inhaltlichen Defizite erstaunlich gut. Die Inszenierung ist tadellos. Für den Zuschauer gibt es praktisch keine Verschnaufpause, stattdessen atemlose Action am laufenden Band. Die zwei Stunden vergingen wie im Flug und die Ohren wurden gründlich durchgeblasen. Alles in allem fühlte ich mich gut unterhalten.