Montag, 30. Dezember 2013

ELYSIUM (Neill Blomkamp, 2013)

Do you think I enjoy breathing this air? 

Nach dem großartigen District 9 war meine Erwartungshaltung bezüglich Blomkamps zweitem Film entsprechend hoch. Insofern verlief die Sichtung von Elysium ein Stück weit ernüchternd. Das soll nicht heißen, dass der Film schlecht ist, doch lässt er Witz und Esprit des Vorgängers vermissen. 

Elysium ist aufwendiger, teurer und größer und verfügt mit Matt Damon und Jodie Foster über zwei Hollywood-Stars, die etwas Glanz in die Hütte bringen. Die Story liefert einen interessanten Ansatz, jedoch kommt dieser nicht über die Funktion eines bloßen Gimmicks hinaus. Was bleibt, ist ein rasant inszenierter Action-/SciFi-Thriller, der nicht langweilig wird, im Vergleich mit dem Vorgänger jedoch irgendwie seelenlos wirkt. Recht unterhaltsam ist er dennoch, aber eben auch nicht mehr.

DISTRICT 9 (Neill Blomkamp, 2009)

Get your fukkin' tentacle out of my face!

Als das Debut des Südafrikaners Neill Blomkamp in die Kinos kam, las man allenthalben in Kritiken davon, dass es sich um eine Allegorie auf die Apartheid, respektive Rassismus im Allgemeinen handeln würde. Eine Aussicht, die meinen Eifer, den Film zu sichten, nicht gerade befeuerte. Umso erstaunlicher, dass diese Einschätzung, die von zahlreichen Kritikern seinerzeit vertreten wurde, völlig fehlgeleitet ist. Natürlich ist District 9 weder eine Allegorie auf das eine noch das andere, das wird dem unvoreingenommenen Rezipienten bereits nach kurzer Zeit klar. Die Art und Weise, wie die Prawns dargestellt werden, nämlich als degenerierte, triebgesteuerte Wesen, deren Hauptinteresse im Verzehr von Katzenfutter und der eigenen Reproduktion liegt, ist nicht dazu angetan, Mitgefühl mit ihnen zu evozieren. Die einzige Ausnahme bildet der anscheinend deutlich intelligentere Christopher Johnson, der mit seinem Sohn heimlich daran arbeitet, das Mutterschiff startklar zu bekommen, um damit zum Heimatplaneten zurückkehren zu können. Zudem wird hier gleich ein ganzes Volk munter verunglimpft, indem die Niederträchtigkeit und Bösartigkeit der im Ghetto hausenden Nigerianer bei jeder Gelegenheit betont wird. District 9 könnte in Bezug auf die zur Rede stehenden Themen also allenfalls als Satire durchgehen. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um einen reinen Genrefilm. Und die Tatsache, dass Blomkamp sich bei der Ausgestaltung des Ghettos von der Vergangenheit Südafrikas hat inspirieren lassen, ist ebenso passend wie naheliegend.

Interessanter ist da schon die Art und Weise, wie er die Geschichte erzählt, nämlich als Vermengung dokumentarisch angehauchten Materials und herkömmlicher Erzähltechnik. Dies ist clever, denn damit erreicht er einen schnellen Einstieg in die Thematik, spart sich eine lange Einleitung und produziert ganz nebenbei eine atemlose Spannung, weil schon am Anfang angedeutet wird, dass die geplante Umsiedlungsaktion schiefgehen und etwas Schreckliches passieren wird. Erstaunlich auch, wie professionell das alles aussieht, angesichts des in der heutigen Zeit bescheiden anmutenden Budgets von 30 Millionen Dollar. Natürlich kommt einem Vieles bekannt vor, Blomkamp bedient sich ganz dreist u. a. bei Cronenbergs The Fly oder Verhoevens Starship Troopers, doch wer will ihm das verübeln? Die Mischung stimmt jedenfalls, die Story ist witzig und originell, die Special Effects sind größtenteils gelungen und die rasante, temporeiche Inszenierung lässt keine Sekunde Langeweile aufkommen. 
 
Ein höchst eindrucksvolles Debut, dass der Südafrikaner da abgeliefert hat.

Sonntag, 29. Dezember 2013

BONNIE AND CLYDE (Arthur Penn, 1967)

This here's Miss Bonnie Parker. I'm Clyde Barrow. We rob banks.

Penns Verfilmung der berühmten Geschichte um Bonnie Parker und Clyde Barrow und ihre Gang ist nicht die erste, ganz sicher aber die filmhistorisch bedeutendste und auch eine der schönsten Umsetzungen des Stoffes. Nicht umsonst zählt man sie zu den Wegbereitern des New Hollywood.

Penns Version der Geschichte romantisiert das Geschehen um das Gangsterpärchen, dargestellt von Warren Beatty, der auch als Produzent fungierte, und einer atemberaubend schönen Faye Dunaway, und bringt den Zuschauer damit dazu, mit den beiden zu sympathisieren. Damit war er stilprägend für später nachfolgende Filme, die das Thema aufgriffen oder variierten, sei es Scotts Thelma & Louise oder Stones NBK. Beachtlich in jedem Fall der für die damalige Zeit deftige Gewaltgrad des Films. Zudem hat bis dahin kaum ein Film das Konzept des Roadmovies derart verinnerlicht wie Penns Film, spielt hier doch beinahe jede Szene direkt im oder in unmittelbarer Nähe des Autos.  
 
Bonnie and Clyde ist ein zeitloser Klassiker des amerikanischen Kinos, und ein sehr einflussreicher dazu. Und auch 45 Jahre später ist er immer noch wunderbar anzuschauen.  

Donnerstag, 26. Dezember 2013

THE HOBBIT: THE DESOLATION OF SMAUG (Peter Jackson, 2013)

I am fire. I am death.

Nachdem ich den ersten Teil im herkömmlichen 2D im Kino gesehen hatte, gönnte ich mir dieses Mal die 3D-Vorstellung mit doppelter Framerate - mit Rücksicht auf meine Tochter, die mich begleitete, jedoch nur in der synchronisierten Fassung. Wobei dies bei den Mittelerde-Filmen kein großes Manko ist, da sowohl die HdR- als auch die Hobbit-Reihe sehr gut synchronisiert wurde - das muss selbst ich als eingefleischter Synchro-Hasser anerkennen. Die Synchronstimme von Smaug erinnerte mich übrigens an Till Lindemann von Rammstein - er ist es aber nicht.

Nun denn: der zweite Hobbit-Film ist actionlastiger und weniger "kindlich" als der erste, aber dennoch nicht ganz so gut wie jener. Atmosphärisch fand ich den ersten Teil stimmiger. Zudem ist die Flussfahrt mit den Fässern im zweiten Teil zu sehr durchchoreografiert und erinnert teilweise mehr an ein Videospiel als an einen Kinofilm. Doch ist das Jammern auf hohem Niveau, denn unter dem Strich ist auch The Desolation of Smaug ein rundum gelungener Film geworden, der nun mal mit dem Makel zu kämpfen hat, dass er den Mittelteil einer Dreierserie bildet, also weder einen richtigen Anfang noch ein Ende hat. Das hatte seinerzeit auch schon The Two Towers etwas zu schaffen gemacht. 

Erfreulich ist, dass es Jackson gekonnt vermieden hat, sich bei den Actionszenen zu wiederholen, sondern stattdessen mit neuen Ideen aufwarten kann. Ein paar neue Charaktere gibt's auch, ebenso wie altbekannte Elben aus den HdR-Filmen. Höhepunkt des Films ist sicherlich die Szene, in der Gandalf erfolglos versucht, die sich ausbreitende Dunkelheit mit Licht zu bekämpfen. Dies wurde von Jackson schlichtweg grandios inszeniert, womit er einmal mehr unter Beweis stellt, welch visionärer Filmemacher er ist. Und das Problem mit dem fehlenden Ende löst er auf äußerst elegante Weise: mit einem ebenso fiesen wie gelungenen Cliffhanger im klassischen Sinne, der nochmal kräftig den Appetit auf Teil 3 anheizt.  

Montag, 23. Dezember 2013

THE LONE RANGER (Gore Verbinski, 2013)

I buried you.

Pirates of the Caribbean im Wilden Westen – auf diese einfache Formel lässt sich The Lone Ranger reduzieren. An den Unterhaltungswert des ersten Piratenfilms kommt er zwar nicht heran und stellenweise gestaltet sich das Treiben arg albern – insbesondere im zu lang geratenen Finale – doch macht das Ganze durchaus Spaß. Die eigentlich zentrale, weil titelgebende Figur lässt Johnny Depp mit seiner aus den Piratenfilmen hinlänglich bekannten Performance erwartungsgemäß zur Randfigur verkommen. 

An der ein oder anderen Stelle hätte dem Film eine Kürzung gut zu Gesicht gestanden, doch kommt es nicht soweit, dass man sich langweilt. Seinem Anspruch, kurzweilige und anspruchslose Unterhaltung zu bieten, wird der Film in jedem Fall gerecht, und mehr will er auch gar nicht.  

Sonntag, 22. Dezember 2013

PUSHER II (Nicolas Winding Refn, 2004)

Der zweite Pusher-Film nimmt sich der Figur des Tonny (Mads Mikkelsen) an, der im ersten Teil vor allem dadurch auffiel, dass er seinen Kumpel Frank an die Polizei verraten hat. Man merkt dem Film an, dass Refn inzwischen ein paar Filme gedreht hatte und über mehr Erfahrung verfügte, denn Pusher II wirkt reifer und souveräner als der Vorgänger, ohne dabei jedoch an Intensität und Authentizität zu verlieren. Kam bei diesem noch oft die Handkamera zum Einsatz, wurde dies hier deutlich reduziert. 

Und auch der Drogenhandel spielt nicht mehr die zentrale Rolle, wenn auch der Konsum des Stoffes omnipräsent ist. Vielmehr rückt Refn den Vater-Sohn-Konflikt in den Mittelpunkt. Auch dies ist nicht sonderlich originell, erzählt er doch die typische "Sohn-kämpft-um-Respekt-und-Anerkennung-durch-den-Vater"-Geschichte, doch wie schon beim Vorgänger sorgen die sympathischen Charaktere und die erstklassigen Darsteller - allen voran Mikkelsen - dafür, dass keine Spur von Langeweile aufkommt. 

Und so ist Pusher II unter dem Strich sogar noch eine Idee besser als der erste Film. Bei Filmserien eher die Ausnahme als die Regel, aber umso erfreulicher.

PUSHER (Nicolas Winding Refn, 1996)

Refns Debut gewährt einen authentischen und äußerst intensiven Einblick in die Kopenhagener Unterwelt. Der Reiz des Films liegt weniger in der Story, die nichts Besonderes bietet, sondern einem kleinen Drogendealer folgt, der durch Pech und Ungeschicklichkeit von einer Schwierigkeit in die nächste stolpert. Vielmehr sind es die detailliert gezeichneten Charaktere, die ungeachtet dessen was sie tun allesamt irgendwie sympathisch rüberkommen, was nicht zuletzt natürlich ein Verdienst der hervorragenden Darsteller ist. Und Kim Bodnia sehe ich sowieso gerne.  

Pusher ist ein äußerst fesselnder kleiner Film, der förmlich danach schreit, sich weitere Geschichten aus der Kopenhagener Drogenszene zu Gemüte zu führen. Glücklicherweise gibt es ja noch zwei Fortsetzungen...

Dienstag, 19. November 2013

PASSION (Brian de Palma, 2012)

Now I want to be loved.

Nach dem grausigen Redacted tut es gut, de Palma wieder in alter Form zu sehen. Dafür hat er sich auch immerhin fünf Jahre Zeit gelassen. Passion ist vor allem eine große Selbstreferenz und ganz offensichtlich de Palmas Weg zurück zu seinen eigenen Wurzeln. Es handelt sich dabei um ein Remake des mir unbekannten Thrillers Love Crime des Franzosen Alain Corneau. 

Etwas merkwürdig mutet die Ansiedlung der Geschichte in Berlin an, wobei die Stadt an sich keine Rolle spielt. Wahrscheinlich waren dafür eher praktische Gründe ausschlaggebend: de Palma drehte in Babelsberg, da lag es nahe, Berlin als Schauplatz zu verwenden. Die deutsch sprechenden Kommissare, die natürlich auch von deutschen Darstellern gespielt werden, verleihen Passion etwas Provinzielles und lassen den Film stellenweise fast wie eine Tatort-Folge wirken. Toll ist in jedem Fall Rachel McAdams als skrupelloses, intrigantes Biest.

Passion bietet all das, was einen guten de-Palma-Film ausmacht: eine spannungsreiche, mit vielen Wendungen versehene Story, die der Grenze zur Absurdität gefährlich nahekommt, ambivalente, undurchsichtige Charaktere, eine Prise Erotik, eine famose Bildregie und natürlich die fast schon obligatorische Splitscreen-Szene. Absolut gelungen.

  

Sonntag, 17. November 2013

REDACTED (Brian de Palma, 2007)

Was Brian de Palma geritten hat, dieses strunzdumme und grundnaive Propaganda-Filmchen zu drehen, das zudem noch wie ein billiger Abklatsch seines (weitaus besseren) Casualties of War wirkt, vermag ich nicht zu sagen. In jedem Fall offenbart er darin eine widerwärtig arrogante Haltung dem amerikanischen Militär gegenüber und schwingt sich zum moralischen Richter auf. Dabei bin ich mir durchaus darüber im Klaren, dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit beruht. Nur macht sie das keinen Deut besser, zumal de Palma in erzählerischer Hinsicht auf ganzer Linie versagt. Die Charaktere sind so flach wie die Sandwüste im Irak. Hier wird kein noch so billiges Klischee ausgespart. Gepaart mit dem krampfhaften Versuch, dem Ganzen dadurch Authentizität zu verleihen, dass er einen wilden Mischmasch diverser Medien und Videoquellen verwendet, ergibt dies eine unverdauliche Mischung, die einem noch Stunden später wie ein Sack Steine im Magen liegt. Nicht einmal für den abgegriffenen, wohl schon obligatorischen Nazi-Vergleich ist sich de Palma zu schade. Und wenn man dann meint, man habe nun wenigstens den Tiefpunkt des Films hinter sich gebracht, unterbietet de Palma selbst das noch mühelos, indem er zum Schluss die Worte "Collateral Damage" einblendet und echte Fotos irakischer Kriegsopfer zeigt, bevorzugt natürlich Frauen und Kleinkinder.

Ganz offensichtlich hat die allgemein um sich greifende, medial nach Kräften unterstützte Verblödung auch vor ihm nicht haltgemacht. Dies ist umso bedauerlicher, als ich de Palmas Arbeiten normalerweise sehr schätze. Redacted ist jedenfalls der absolute Tiefpunkt in seinem bisherigen Schaffen. Nach der Sichtung hätte ich fast gekotzt.

Dienstag, 5. November 2013

WALL STREET: MONEY NEVER SLEEPS (Oliver Stone, 2010)

It's not about the money, it's about the game

Völlig missratene Fortsetzung, die außer oberflächlichen Phrasen und Allerweltsweisheiten nicht viel zu bieten hat. Stone betet nur das nach, was eh jeder weiß und bemüht sich ansonsten, niemandem zunahe zu treten. So kommt Wall Street: Money never sleeps seltsam blutleer daher und lässt all die Stärken seines Vorgängers vermissen. Doch damit nicht genug, baut Stone noch ein albernes Familiendrama ein, das platter kaum sein könnte. 

Einigermaßen sehenswert wird der Film erst im letzten Drittel, wenn Gordon Gekko seine Tochter um 100 Millionen Dollar prellt und damit - dem allgemeinen Trend entgegen - die 10-fache Summe als Gewinn erzielt. Aber selbst das macht Stone durch das unglaubwürdige, auf Harmonie getrimmte Ende zunichte. 

Shia LaBeouf agiert völlig konturenlos und Carey Mulligan geht einem mit ihrer zur Schau gestellten Wehleidigkeit schon nach kurzer Zeit auf den Keks. So ist es an Michael Douglas, die Kohlen aus dem Feuer zu holen und den Film vor dem völligen Untergang zu bewahren. Viel retten kann er auch nicht mehr, doch sorgt er immerhin für ein paar Szenen, die auch nach dem Abspann noch in Erinnerung bleiben. Ansonsten eher ein Film zum Vergessen.

Montag, 4. November 2013

WALL STREET (Oliver Stone, 1987)

If you need a friend, get a dog!

Stones kritische Auseinandersetzung mit den Schattenseiten des Kapitalismus ist inzwischen ein Klassiker und Gordon Gekkos "Greed is good"-Rede hat bis heute nichts von ihrer Wirkung verloren. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sie nicht nur die unter Börsenspekulanten und Wirtschaftsmagnaten weit verbreitete Mentalität treffend beschreibt, sondern eben auch unbestreitbar wahr ist. Gier ist eine der Triebfedern der Gesellschaft und ohne sie wäre die Menschheit nicht da, wo sie heute ist. 

Dreh- und Angelpunkt des Films ist ein glänzend aufgelegter Michael Douglas, der hier eine der eindrucksvollsten Leistungen seiner Karriere ablieferte. Toll auch Martin Sheen in der Rolle des unbeugsamen, aufrechten, durch und durch aufrichtigen Gewerkschaftlers, der sich Gekkos Avancen als Einziger widersetzt. 

Natürlich bedienen die Figuren die gängigen Klischees und sind gnadenlos überzeichnet; Stone kennt nur schwarz oder weiß - da bleibt wenig Raum für Zwischentöne. Doch verzeiht man ihm dies gerne, sind es doch gerade diese Zuspitzungen, die Wall Street zu dem herausragenden Film machen, der er ist.

Mittwoch, 30. Oktober 2013

THE THING (Matthijs van Heijningen, 2011)

Burn it!

Durchaus brauchbares Prequel zu Carpenters gleichnamigem Klassiker, der allerdings die klaustrophobische Atmosphäre desselben vermissen lässt. Dies ist vor allem auf die zahlreichen Logikfehler des Drehbuchs und die etwas farblosen Darsteller zurückzuführen. Leidlich spannend ist die Geschichte trotzdem, und die Anwesenheit einer weiblichen Wissenschaftlerin (anfangs sind es sogar zwei) bringt so etwas wie eine Alien-Komponente ins Spiel. 

Die Special Effects sind einigermaßen gelungen, doch wird das Alien für meinen Geschmack viel zu oft und zu deutlich gezeigt. Hier wäre ein dezenterer Einsatz wünschenswert gewesen, um der Phantasie des Zuschauers mehr Raum zu geben. Dafür ist die Helikopter-Sequenz am Ende, die den nahtlosen Übergang zum Carpenter-Film markiert, besonders gut gelungen. Insgesamt ein sehr ordentliches Debut des niederländischen Regisseurs.  

THE GREY (Joe Carnahan, 2011)

Fuck faith! Prove yourself!

Hat man den schwachen Beginn, der vom Offscreen-Gebrabbel des Protagonisten gekennzeichnet ist, gut hinter sich gebracht, entpuppt sich Carnahans Film über eine Gruppe Überlebender eines Flugzeugabsturzes, die sich einer Meute hungriger Wölfe gegenüber sieht, als äußerst mitreißender Thriller, der vor allem durch seinen realitätsnahen Ansatz und den Verzicht auf übertrieben dramatische Zuspitzungen überzeugen kann. Wobei es zunächst noch einen dicken Logikfehler zu verarbeiten gilt: Die Begründung, warum die Männer nach dem Absturz das Flugzeugwrack verlassen und sich zu einer Gruppe weit entfernter Bäume aufmachen, ist an den Haaren herbeigezogen und unter rationalen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar. Immerhin hätte das Flugzeugwrack etwas Schutz geboten, und die Chance, gefunden zu werden, war dort auch am größten. 

Wie auch immer: nimmt man dies einfach so hin, bereitet The Grey dem Zuschauer eine Menge Freude. Neben der Gefahr, die von den Wölfen ausgeht, ist auch das Thema Verlust ein prägendes Element, was der Geschichte zumindest etwas Tiefe verleiht. Toll ist auch das Ende, das aber an dieser Stelle nicht verraten werden soll.

Montag, 28. Oktober 2013

LE PACTE DES LOUPS (Christophe Gans, 2001)

Dritte Sichtung, wobei die letzte fast zehn Jahre zurückliegt – dafür jetzt erstmals auf Bluray. Die eigenwillige Mixtur aus Fantasy-Elementen, Historienfilm und Martial-Arts-Szenen rund um die historisch verbürgte Geschichte der Bestie vom Gévaudan, aufgepeppt durch eine krude Verschwörungstheorie, wirkt zwar auf den ersten Blick etwas inkonsistent, fügt sich aber dann doch erstaunlich gut zusammen. Vincent Cassel gibt einen charismatischen Bösewicht und Monika Bellucci die geheimnisvolle Schöne. 

Eindeutiger Schwachpunkt sind die Animationssequenzen mit der Kreatur, die den Eindruck erwecken, für vernünftige CGI habe das Geld trotz des üppigen Budgets nicht gereicht. Da sich dies auf wenige Szenen gegen Ende beschränkt, kann man darüber ebenso großzügig hinwegsehen wie über die ein oder andere inhaltliche Ungereimtheit. 

Unter dem Strich ist Gans ein rundum stimmiger und äußerst unterhaltsamer Film gelungen. Die stattliche Spieldauer von immerhin 2 ½ Stunden verging wie im Flug.

Freitag, 18. Oktober 2013

CARRIERS (David und Àlex Pastor, 2009)

Sometimes choosing life is just choosing a more painful form of death.

Bei Endzeitfilmen gibt es die verschiedensten Herangehensweisen, die alle ihr Für und Wider haben. Oft sind Zombies im Spiel, ersatzweise Kannibalen - irgendeine feindliche Macht eben, die eine Gefahr für die Protagonisten darstellt. Die Pastor-Brüder hingegen wählen einen ebenso minimalistischen wie realistischen Ansatz, indem sie den Alltag einer Gruppe von vier jungen Leuten zeigen, die sich mit den Gegebenheiten arrangieren müssen. Dabei verzichten sie auf Elemente der künstlichen Dramatisierung und richten den Fokus auf die permanente Ansteckungsgefahr in Verbindung mit der Frage, inwieweit man Infizierten, die ohnehin bald sterben werden, Hilfe angedeihen lässt und sich dabei der Gefahr aussetzt, sich selbst anzustecken. Ist es noch vergleichsweise einfach, einen Fremden samt kranker Tochter alleine zurückzulassen, fällt dies bei der Freundin oder dem eigenen Bruder schon deutlich schwerer. 

Trotz seiner pessimistischen Grundhaltung ist Carriers kein Film, der einen runterzieht oder gar deprimiert zurücklässt. Der anfangs eingeschlagene Weg wird konsequent weiter verfolgt. Die Handlung besteht im Prinzip aus kleinen Episoden, die Wegpunkte auf der Fahrt der vier Freunde zur Westküste markieren. Dabei baut sich eine enorme Spannung auf, die es zusammen mit der dichten Atmosphäre mühelos schafft, den Zuschauer über die gesamte Spieldauer zu fesseln. 

Ein toller Film, der dem Genre den ein oder anderen neuen Aspekt hinzufügen kann. Umso bedauerlicher, dass Carriers nicht die Wertschätzung erfahren hat, die er verdient.

Donnerstag, 17. Oktober 2013

DRAG ME TO HELL (Sam Raimi, 2009)

Choke on it, bitch!

Die Zahl der Raimi-Filme, für die ich mich begeistern kann, ist sehr überschaubar. Und soviel ist sicher: Drag me to Hell gehört nicht dazu. Ganz offensichtlich ein Versuch, zurück zu den Anfängen zu gehen. Dort stand der Kult-Klassiker Evil Dead, da kann man auch gleich die Story nochmal verwursten, von der Enge der Waldhütte in die Weite der Großstadt verlegen und das Ganze mit dem Erfolg der Spiderman-Filme im Rücken entsprechend aufwändiger produzieren. 

Das Ergebnis ist ein völlig uninspiriertes Filmchen, das den Zuschauer mit billigen Taschenspielertricks und Selbstreferenzen langweilt. Die Heimsuchungen durch den bösen Geist wiederholen sich ständig und nerven spätestens ab dem zweiten Mal. Immerhin sitzen einige der Schockeffekte aufgrund des hervorragenden Sounddesigns ganz gut, helfen aber auch nicht gegen die immer stärker um sich greifende Langeweile. Der Film dauert gerade mal 90 Minuten, die sich aber anfühlen wie zwei Stunden. Die Story ist dermaßen blöd, dass man noch nicht mal darüber lachen kann. Dadurch hat der Abspann eine ungeheuer befreiende Wirkung.

Dienstag, 8. Oktober 2013

SPRING BREAKERS (Harmony Korine, 2012)

Just fucking pretend like it's a video game.

Ein völlig abgefahrener Film, der es dem Zuschauer alles andere als leicht macht. Ist man zunächst versucht, ihn aufgrund seiner buntflimmernden Video-Clip-Ästhetik mit Zeitlupen sowie ständigen Wiederholungen von Bildabfolgen und Dialogzeilen schnell als an oberflächlichen Reizen interessiertes Popfilmchen abzustempeln, entpuppt er sich mit zunehmender Spieldauer als bitterböse Satire, die sich eben genau jener Stilmittel bedient und die Orientierung an oberflächlichen Reizen ad absurdum führt. Dabei werden die Erwartungen des Zuschauers gnadenlos unterlaufen. Der Film entwickelt sich über die gesamte Spielzeit nie so, wie man es erwartet. Das gipfelt im überraschenden Schluss, in dem die Grenzen zwischen realem Leben und Videospiel komplett verwischen. Da ist es dann auch schon fast wieder logisch, dass die beiden Mädels mit ihrer Nummer durchkommen und am Ende entspannt mit dem Lamborghini abdüsen, gemäß dem Motto: Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse Mädchen überall hin.

Das alles ist sehr schön anzuschauen, wobei die bunten Bilder in krassem Gegensatz zu der Gewalt stehen, in deren Sog die Mädels immer stärker hineingerissen werden. Auf die Spitze treibt Korine das, wenn er sie im Voice-Over mit Mama oder Oma telefonieren lässt, die erzählt bekommen, wie paradiesisch das Leben doch sei und wie sehr man sich in Florida selbst verwirklichen könne, während die Kamera sterbende Körper einfängt. Eine ziemlich extreme Form der Selbstverwirklichung, die die Damen da praktizieren.

Samstag, 5. Oktober 2013

FRANKENWEENIE (Tim Burton, 2012)

I can fix it.

Burtons Interpretation des Frankenstein-Themas ist bekanntlich ein Remake seines eigenen Kurzfilms Frankenweenie aus dem Jahr 1984. Die Umsetzung als Stop-Motion-Film, zudem in stilvollem Schwarzweiß gehalten, hat unbestreitbar Charme. Wie in praktisch allen Burton-Filmen sind es auch hier die vielen Details, die liebevoll gestalteten Sets und die bizarren Figuren, die besondere Aufmerksamkeit erregen. Die vom biederen amerikanischen Mittelstand bevölkerte Vorstadt-Siedlung New Holland, in der sich das Geschehen größtenteils abspielt, ist dabei unverkennbar an das Städtchen in Edward Scissorhands angelehnt; mit der Figur des Lehrers Rzykruski, dessen Äußeres stark an Vincent Price erinnert, der dort in einer Nebenrolle zu sehen ist, gibt es eine weitere Parallele. Die Story orientiert sich grob an der des großen Vorbildes, bereichert um zahlreiche Verweise auf die Horrorfilme der 50er und 60er Jahre. Da darf selbst Godzilla nicht fehlen.  

Frankenweenie strotzt nur so von verrückten Ideen, und man merkt seinen Machern die liebevolle Verehrung der stilbildenden Horrorfilme des letzten Jahrhunderts und seiner Protagonisten zu jeder Sekunde an. Mit Frankenweenie ist Burton eine detailverliebte Hommage an ebenjene gelungen, die sich zudem wohltuend von seinen letzten Regiearbeiten abhebt, die zunehmend zu quietschbunten Johnny-Depp-Kostümparaden zu verkommen drohten.

Dienstag, 24. September 2013

STOKER (Park Chan-wook, 2013)

We don't need to be friends. We're family.

Wenn ein unbekannter Onkel namens Charlie zu Besuch kommt, denkt man natürlich als erstes an Hitchcocks Shadow of a Doubt. Und so ist es sicher kein Zufall, dass Parks US-Debut ganz in der Tradition der Arbeiten des britischen Altmeisters steht. Schon in der ersten Szene, in der Onkel Charlie zu sehen ist, wird klar, dass eine Bedrohung von ihm ausgeht, nur bleibt diese lange im Unklaren. Man spürt das Böse, das ihn umgibt, doch kann man es nicht greifen. 

Das Drehbuch, das auch von Brian de Palma stammen könnte, ist wenig originell, doch kommt es darauf gar nicht an. Was Stoker so faszinierend macht, ist seine völlig makellose Inszenierung, die ganz nahe an der Perfektion ist. Kameraführung, Schnitt und Ton sind meisterhaft und sorgen für atemlose Spannung und ein ständig spürbares Unbehagen, das sich jedoch nie richtig entlädt. Mia Wasikowska in der Rolle der India Stoker, an der Schwelle zwischen Teenager und Frau, dominiert den Film mit der dunklen Aura, die sie umgibt. Eine besonders denkwürdige Szene ist jene, in der sie unter der Dusche masturbiert, während vor ihrem geistigen Auge nochmal Whips Tötung abläuft, der sie zuvor vergewaltigen wollte. In dem Moment, in dem sein Genick bricht, setzt ihr Orgasmus ein.

Filme über ein gewalttätiges sexuelles Erwachen gibt es einige – der Vergleich mit de Palmas Carrie drängt sich geradezu auf. Doch selten gelang es einem Regisseur, dies so formvollendet umzusetzen.

Freitag, 20. September 2013

SLEEPING BEAUTY (Julia Leigh, 2011)

Fear of death is the number one hoax.

Der Titel suggeriert eine Dornröschen-Adaption, und als solche kann das Regie-Debut der Australierin Julia Leigh - viel guten Willen und eine gehörige Portion Phantasie vorausgesetzt - durchaus verstanden werden. 
 
Lucy geht wie eine Schlafwandlerin durch ihr Leben. Sie nimmt alles, was mit ihr geschieht, gleichgültig hin, egal wie demütigend es auch sein mag. Selbst das Geld, das sie verdient, scheint ihr nichts zu bedeuten. Teilnahmslos verbrennt sie einen 100-Dollarschein, obwohl sie kaum in der Lage ist, die Untermiete in ihrer WG zu bezahlen und dort schließlich vor die Tür gesetzt wird. Während des gesamten Films zeigt sie praktisch keine Gefühlsregung. Erst in der letzten Szene wacht sie im doppelten Sinne auf – mit einem markerschütternden Schrei.

Ein merkwürdiger Film, der mehr verspricht als er am Ende einzulösen vermag. Dennoch nicht uninteressant.

Samstag, 7. September 2013

GANGSTER SQUAD (Ruben Fleischer, 2013)

You can't shoot me, you're a cop.

Gangsterfilme, die in den 30er oder 40er Jahren spielen, können bei mir meistens punkten. So auch Fleischers Film über eine Guerilla-Polizei-Truppe, die im Verborgenen gegen den Mob vorgeht. Dabei eifert er erkennbar seinen großen Vorbildern L. A. Confidential und The Untouchables nach, gibt sich dabei aber deutlich actionlastiger als jene. In der Folge bleibt die Charakterzeichnung etwas auf der Strecke, einige der Squad-Mitglieder kommen über einen bloßen Abziehbild-Status nicht hinaus. 

Die Inszenierung hingegen bietet kaum Schwachpunkte und die herrliche Farbgebung des Films fängt die Atmosphäre der 40er Jahre wunderbar ein. Ausstattung und Sets können ebenso überzeugen wie die Besetzung, die u. a. mit Sean Penn, Nick Nolte, Josh Brolin und Ryan Gosling recht hochkarätig ausgefallen ist. Aufgrund des großen Action-Anteils ist Gangster Squad erfreulich kurzweilig ausgefallen und bietet zwei Stunden gute und spannende Unterhaltung. Schöner Film.

Donnerstag, 5. September 2013

BULLET TO THE HEAD (Walter Hill, 2012)

Are we gonna fight or are you planning on boring me to death?

Solider und routiniert gemachter Actionreißer des in die Jahre gekommenen Regie-Veteranen, der sich nach vielen Jahren der Abstinenz nochmal auf den Regiestuhl setzte. 

Äußerst ärgerlich sind die Anbiederungen an den Zeitgeist in Form von Jumpcuts und einfrierender Bilder, die ein Walter Hill nun wirklich nicht nötig hat. Sollte man jedenfalls meinen. Vielleicht war er aber auch der Meinung, dass das heutzutage so sein muss, aber zu Dinosauriern wie ihm oder auch Stallone passt das einfach nicht. Wobei diese Stilmittel auch nicht neu sind, nur habe ich irgendwie den Eindruck, dass sie in den aktuellen Produktionen allgegenwärtig sind. Womöglich wollte Hill damit beweisen, dass er inszenatorisch up-to-date ist und noch nicht zum alten Eisen gehört. 

Sei's drum, recht ordentlich unterhalten wird man dennoch, darstellerisch ist alles im grünen Bereich und Jason Momoa ist ein durchaus charismatischer Bösewicht.

Samstag, 24. August 2013

MAGIC MIKE (Steven Soderbergh, 2012)

How pregnant did you get that girl's mouth last night?

Ein Film über männliche Stripper ist nicht das, was ich unbedingt sehen muss, zumal ich befürchtete, dass der Film in eine ähnliche Richtung wie die der nur bedingt gelungene The Girlfriend Experience gehen würde. Daher habe ich die Sichtung einige Zeit vor mir hergeschoben, doch erfreulicherweise erwiesen sich meine Befürchtungen als unbegründet.  

Magic Mike ist ein äußerst unterhaltsamer Film, dessen großes Plus seine sympathischen Darsteller sind. Hauptdarsteller Channing Tatum konnte dabei seine eigenen Erfahrungen aus seiner Zeit als Stripper einfließen lassen. Persönliches Highlight ist aber Cody Horn, die die meiste Zeit über wunderbar motzig in die Kamera schaut. Und im Gegensatz zum erwähnten The Girlfriend Experience gibt es sogar eine brauchbare Story.  

Magic Mike ist gewiss kein Highlight im filmischen Wirken Soderberghs, aber Stoff für zwei kurzweilige, vergnügliche Stunden bietet er allemal.

Donnerstag, 15. August 2013

1492: CONQUEST OF PARADISE (Ridley Scott, 1992)

There's something that will never change between us: I did it, you didn't!

Scotts Verfilmung der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus, terminlich passend zum seinerzeitigen 500-jährigen Jubiläum, beeindruckt wie alle Historienfilme des Briten vor allem durch seine Bilderpracht und die detailverliebte Ausstattung. Etwas getrübt wird das Vergnügen durch den unpassenden, stellenweise ins Pathetische abdriftenden Score von Vangelis, auch wenn dieser sich in den 90er Jahren großer Beliebtheit erfreute. Bild und Musik harmonieren infolgedessen nur selten, und das ist der Hauptkritikpunkt, den sich Scotts Opus gefallen lassen muss. Inhaltlich hingegen gibt es wenig zu beanstanden.

Scotts Kolumbus ist eine Art tragischer Held, der mit Aufbau und Verwaltung der neuen Kolonie völlig überfordert ist und zudem für seine große Entdeckung in der Heimat nicht die Anerkennung erfährt, die er als angemessen erachtet. Sein generell behutsamer und rücksichtsvoller Umgang mit den Einheimischen ist weniger seiner Menschenliebe als vielmehr taktischem Kalkül geschuldet, weiß er doch, dass diese zwar technisch unterlegen, zahlenmäßig aber weit überlegen sind und er sie zudem als billige Arbeitskräfte einsetzen kann. Dies führt unweigerlich zum Konflikt mit dem Adligen Moxica, der zu einer veritablen Meuterei eskaliert, die Kolumbus aber u. a. mit Hilfe der Einheimischen niederschlagen kann. Inwieweit der von Gerard Depardieu hervorragend verkörperte Kolumbus der historischen Figur entspricht, kann nach 500 Jahren niemand seriös beurteilen und ist für den Film auch völlig irrelevant. Entscheidend ist vielmehr, dass die Charakterentwicklung im Film glaubwürdig wirkt, und das tut sie ohne Einschränkung.

Mit 1492: Conquest of Paradise setzt Ridley Scott Christoph Kolumbus ein filmisches Denkmal, das die großen Verdienste des Seefahrers in ein angemessenes Licht zu rücken und zudem vorzüglich zu unterhalten weiß.

Samstag, 10. August 2013

BLACK HAWK DOWN (Ridley Scott, 2001)

Once that first bullet goes past your head, politics and all that shit just goes right out the window.

Frau und Tochter aus dem Haus, gute Gelegenheit also, die 5.1-Surround-Anlage mal wieder so richtig auszukosten. Und genau für diesen Zweck ist Black Hawk Down der ideale Film. Nach einer kurzen Einführung der Charaktere geht's schon zur Sache. Zwei Stunden lang gibt es praktisch keine Verschnaufpause, Action nonstop. Dabei wurde der Ablauf der missglückten Militärintervention sehr realistisch dargestellt, was dazu führt, dass man sich die ganze Zeit über praktisch selbst mitten im Geschehen wähnt. 

Die Besetzung ist durchaus ansprechend und hat mit dem charismatischen Tom Sizemore eine starke Identifikationsfigur zu bieten. Inszenatorisch hingegen zeigt sich Scott hier nicht ganz auf der Höhe, hat man doch als Zuschauer teilweise Schwierigkeiten, den Überblick über die einzelnen Kampfgruppen und die örtlichen Gegebenheiten und Entfernungen zu behalten. Auch hätte man sich eine etwas kritischere Herangehensweise an die äußerst fragwürdige Aktion vorstellen können, die den sinnlosen Tod 19 amerikanischer Soldaten zur Folge hatte. Den großen Unterhaltungswert kann man dem Film indes nicht absprechen und als Sound-Demo taugt er - wie eingangs schon erwähnt - ganz hervorragend.

Donnerstag, 1. August 2013

DRACULA (Francis Ford Coppola, 1992)

I've crossed oceans of time to find you.

In den 90er Jahren habe ich Coppolas Umsetzung des berühmten Stoker-Romans häufig gesehen, u. a. auch anno 1992 im Kino. Die letzte Sichtung liegt mittlerweile mehr als 10 Jahre zurück, und das Erstaunlichste für mich beim jetzigen Wiedersehen war, wie viele Details ich inzwischen vergessen hatte.

Coppolas Film orientiert sich stärker an der Romanvorlage als frühere Verfilmungen und besticht durch die herausragende Kamera-Arbeit von Michael Ballhaus und den kongenialen Score des Polen Wojciech Kilar. Auch darstellerisch wird Großes geboten: Gary Oldman brilliert in der Rolle des liebeskranken Blutfürsten, den die Sehnsucht nach seiner toten Geliebten durch die Jahrhunderte irren lässt, getrieben von der Hoffnung, eines Tages wieder mit ihr vereint zu werden. Kaum minder beeindruckend Anthony Hopkins als Vampirjäger van Helsing und Tom Waits als Renfield. Keanu Reeves fällt hier etwas ab mit einer insgesamt recht blassen Performance. Als Ausgleich darf man sich an einer bezaubernden Winona Ryder und Monica Bellucci als Vampirbraut erfreuen.

Coppolas Version – und da mögen die Cineasten unter den Lesern getrost aufschreien – ist mir von allen Dracula-Umsetzungen die Liebste. Der hinzugedichtete Erzählstrang um die Liebesbeziehung zwischen Dracula und Mina, in der der Fürst eine Wiedergeburt seiner Elisabeta entdeckt zu haben glaubt, bereichert die literarische Vorlage auf glaubwürdige Art und Weise und verleiht der ursprünglich vorwiegend dem Horrorgenre zuzuordnenden Geschichte einen ebenso romantischen wie tragischen Aspekt. Mir hat diese bild- und tongewaltige Mischung aus Vampirgrusel und Liebesdrama seit jeher außerordentlich gut gefallen. Und auch dieses Mal fühlte ich mich wieder bestens unterhalten.

Mittwoch, 31. Juli 2013

THE MASTER (Paul Thomas Anderson, 2012)

If you leave me now, in the next life you will be my sworn enemy.

Nach dem grandiosen There will be Blood waren die Erwartungen an Andersons neuen Film sehr hoch. Mit Daniel Day-Lewis kann er dieses Mal nicht aufwarten, aber mit Joaquín Phoenix und vor allem Philip Seymour Hoffman gibt es würdigen Ersatz. Phoenix liefert eine der besten Leistungen seiner Karriere ab und spielt seine Rolle unter vollem Körpereinsatz und mit beängstigender Intensität. Noch beeindruckender ist die raumfüllende Präsenz Hoffmans, die ihn alle Szenen dominieren lässt. Sein Lancaster Dodd ist ein charismatischer Verführer und Blender, unbestreitbar aber auch ein sympathischer und ein Stück weit sogar liebenswürdiger Mensch.  

The Master ist von vorne bis hinten ein Schauspielerfilm. Kern und Höhepunkte sind die Wortgefechte zwischen Hoffman und Phoenix, die für eine ganze Reihe von erinnerungswürdigen Szenen sorgen. Dabei wird der Plot schon mal etwas vernachlässigt und mäandert bisweilen etwas ziellos umher, doch vermag dies den Filmgenuss nur marginal zu beeinträchtigen. Ganz toll übrigens auch die Szene, in der Hoffman bei einem Treffen seiner Anhänger in einem feudalen Landhaus spontan ein Ständchen zum Besten gibt. Während des Gesangs wechselt die Perspektive zu Phoenix, der die Szene aus einer Ecke heraus beobachtet, und plötzlich sind alle Frauen nackt.

The Master ist nicht ganz so fesselnd wie der meisterhafte There will be Blood, aber ganz sicher einer der herausragenden Filme des vergangenen Jahres.

Donnerstag, 25. Juli 2013

LINCOLN (Steven Spielberg, 2012)

Die erste Frage, die man sich stellt, wenn der Abspann läuft, ist die, warum der Film Lincoln heißt. Weitaus treffender wäre The Thirteenth Amendment gewesen, denn während der zweieinhalb Stunden geht es praktisch ausschließlich um diesen Verfassungszusatz, der die Sklaverei abschaffte, respektive die letztlich erfolgreichen Versuche der Helfer des Präsidenten, die dafür notwendige 2/3-Mehrheit im Repräsentantenhaus zu organisieren. Die Person des Präsidenten wird dabei zum Helden stilisiert, der die Sklaverei überwand. Dass er aber auch einer der größten Spalter unter den amerikanischen Präsidenten war und das Land in einen blutigen Bürgerkrieg mit 600.000 Toten führte, wird dabei geflissentlich unterschlagen. Ein typischer Fall von Geschichtsschreibung à la Hollywood.

Bedingt durch die erwähnte Reduzierung der Handlung auf den an sich unspektakulären Prozess der Mehrheitsfindung, der natürlich nach den gängigen Hollywood-Formeln aufgepeppt bzw. künstlich dramatisiert wurde, ist Lincoln sehr dialoglastig ausgefallen. Die Dialoge sind nicht durchgehend gelungen, was in Kombination mit dem holprigen Drehbuch schnell zu ersten Ermüdungserscheinungen führt. Insbesondere die erste Stunde ist richtig langweilig, ab der Hälfte der Spielzeit wird es etwas besser. 

Sets und Kostüme sind hingegen hervorragend. Auch gegen den dezenten Score von John Williams ist wenig zu sagen, der lediglich an einer Stelle ins Pathetische abdriftet. Die Atmosphäre ist durchaus stimmig, doch letztlich bleibt nur ein einziger Grund, sich Lincoln anzuschauen: Daniel Day-Lewis. Eine weitere brillante Vorstellung eines der fraglos besten Schauspieler unserer Zeit. Seine Darstellung sorgt immerhin dafür, dass Lincoln keinen völligen Schiffbruch erleidet, zumal sich auch die übrigen Darsteller keine Blöße geben. Zur Unterhaltung taugt er dennoch nur bedingt, als Geschichtsstunde versagt er völlig.

Dienstag, 23. Juli 2013

JIN LING SHI SAN CHAI/The Flowers of War (Zhang Yimou, 2011)

Hervorragend gelungene Romanverfilmung, die geschickt Elemente des klassischen Kriegsfilms und des Thrillers zu einem äußerst spannenden und mitreißenden Film kombiniert. Zhang erzählt die Geschichte in gewohnt epischer Breite und imposanten Bildern, wie man es aus vielen seiner vorangegangenen Filme kennt und bestätigt damit erneut, dass er so etwas wie der David Lean Chinas ist. 

In seiner Schwarzweiß-Zeichnung ist Flowers of War manchmal etwas ärgerlich (die Japaner sind alle furchtbar böse und gemein, die chinesischen Soldaten dagegen heldenhafte Kämpfer, die nicht zögern, ihr Leben für ein paar Waisenkinder zu opfern), aber derartig einseitige Darstellungen ist man als Deutscher ja aus zahlreichen Filmen über den zweiten Weltkrieg gewohnt. Nachhaltig trüben können sie den Filmgenuss nicht. Ein rundum gelungener Film und Zhangs beste Arbeit seit seinem famosen Hero.

Donnerstag, 27. Juni 2013

THE MAN WITH THE IRON FISTS (RZA, 2012)

I haven't had this much fun since we protected the Crown in Macau.

Tarantino-Jünger und Rapper RZA macht jetzt auch Filme. The Man with the iron Fists ist sein Debut und erweist sich als Zitate-Kino ganz im Sinne seines großen Vorbilds. Am Drehbuch hat Eli Roth mitgewerkelt, auch einer aus dem Tarantino-Fahrwasser. Das Endprodukt zeichnet sich durch völlig überzeichnete Kampfzenen aus, bei denen die Kunstblutfontänen nur so spritzen, und comichafte Figuren, teils mit Superheldenmerkmalen ausgestattet. Dabei ist die Story mit ihren zahlreichen Subplots derart überfrachtet, dass man Mühe hat, den Überblick zu behalten. Für eine detaillierte Charakterzeichnung bleibt dabei kein Raum, was schade ist, denn einige der verwursteten Ideen wären einen genaueren Blick wert gewesen. Dabei beweist RZA durchaus ein Händchen für Bildkompositionen, denn einige der verwendeten Einstellungen sind von betörender Schönheit. In seiner Gesamtheit ist The Man with the iron Fists leider ziemlich unausgegoren und wirkt wie ein überhastet zusammengestückelter Schnellschuss. Das der Story und den Figuren innewohnende Potential wurde nur in Ansätzen genutzt. Ähnlich heterogen zeigt sich auch der Score, der zwischen grausam-nervigem Hip-hop und stimmungsvollen, düsteren Klängen changiert.

So ausschweifend und einfallsreich sich RZA bei den zahlreichen Kampfszenen gibt, so prüde und verklemmt wirken die nicht minder zahlreichen Szenen im Bordell. Anscheinend wurde peinlich darauf geachtet, nur ja keine entblößte Brust zu zeigen – amerikanischer Prüderie sei dank. Dabei hat man eine beachtliche Riege ansehnlicher Damen versammelt, doch mehr als einen nackten Rücken hier oder ein unbekleidetes Bein dort bekommt man nicht zu sehen. Dies mutet angesichts der Sinnesfreuden, die den Gästen mehrfach von der Bordellchefin in Aussicht gestellt werden, etwas seltsam an. Darstellerisch ragt der erstaunlich voluminöse Russell Crowe heraus, der den Film im Alleingang vor dem Versinken in der völligen Belanglosigkeit bewahrt.

Eine Fortsetzung wird im Abspann schon angedeutet. Bleibt zu hoffen, dass RZA und Eli Roth sich dort zurückhalten und nicht wieder versuchen, zu viele Geschichten in zu kurzer Zeit zu erzählen. Das Potential für mehr als einen durchschnittlichen Film ist unverkennbar vorhanden.  

Mittwoch, 26. Juni 2013

THE LAST STAND (Jee-woon Kim, 2013)

You fucked up my day off!

Nach dem Ende seiner politischen Karriere widmet sich Schwarzenegger endlich wieder verstärkt der Schauspielerei. Als bekennender Fan des Österreichers begrüße ich dies natürlich und wenn das Ergebnis so ausfällt wie bei The last Stand, treibt mir dies beinahe die Freudentränen in die Augen. Nach zuletzt zwar netten, aber auch irgendwie weichgespülten Einlagen wie The 6th Day oder End of Days, lässt der ehemalige Mr. Olympia es auf seine alten Tage nochmal richtig krachen. Schon The Expendables 2 deutete die Marschrichtung an, auch wenn er dort nur kurz in einer Nebenrolle zu sehen war.

The last Stand bietet das volle Brett und ist ein geradliniger, im besten Sinne altmodischer Actionreißer geworden, der auf jeden überflüssigen Schnickschnack verzichtet und ohne Umschweife zur Sache kommt. Das Tempo ist hoch, die Schusswechsel sind blutig und ein paar nette Mädels dürfen auch mitmachen. Zur Auflockerung gibt's zwischendurch die gewohnt knackigen Oneliner, bei denen Arnie auch gerne mal mit seinem fortgeschrittenen Alter kokettiert. 
 
Ein würdiges Comeback für die prägende Figur des Actionfilms der 80er Jahre. So kann's weitergehen!

Sonntag, 23. Juni 2013

SKYFALL (Sam Mendes, 2012)

I always hated this place.

Nach dem zwar unterhaltsamen, letztlich aber belanglosen Quantum of Solace hat mich Skyfall richtig weggeblasen. Der Jubiläumsbond punktet mit einer äußerst originellen Story, die sich angenehm von den üblichen Bedrohungsszenarien abhebt, und ist zudem erfreulich bodenständig. Wie schon beim tollen Casino Royale spielt Daniel Craig (ich bleibe dabei: bester Bond seit Connery) den Geheimagenten als verletzlichen, ja beinahe gebrochenen Mann, der unfreiwillig mit seiner traumatischen Vergangenheit konfrontiert wird. Das Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne zieht sich dann auch folgerichtig wie ein roter Faden durch die Handlung.

Wirkte Marc Forster im Vorgänger teilweise überfordert mit der Inszenierung großer Actionszenen, meistert Sam Mendes dies souverän und ist jederzeit Herr der Lage. Insbesondere die Eröffnungsszene und der Showdown in Schottland sind großartig inszeniert, ein weiteres Highlight ist die wunderschöne nächtliche Shanghai-Sequenz. Javier Bardem ist ein würdiger Gegner und ohne Zweifel einer der widerwärtigsten und bösartigsten Widersacher in der bisherigen Bond-Historie. Das Ende bedeutet gleichermaßen einen Neuanfang wie auch einen Schritt zurück zur altgewohnten „Normalität“: Miss Moneypenny ist wieder da und M ist wieder ein Mann.

50 Jahre nach Dr. No präsentiert sich die Bond-Reihe in absoluter Topform. Bleibt zu hoffen, dass dieses Niveau auch bei den kommenden Filmen gehalten werden kann.  

Mittwoch, 12. Juni 2013

ISLAND OF LOST SOULS (Erle C. Kenton, 1932)

Are we not men?

Die erste Verfilmung des Wells-Romans ist ein Juwel des frühen Horrorfilms. Die düstere, unheimliche Atmosphäre und ein glänzend aufgelegter Charles Laughton können nachhaltig beeindrucken. Die Story nimmt sich einige Freiheiten, indem sie die Vorlage zu einem Horrorfilm destilliert, bleibt dabei aber immer in sich geschlossen und stimmig. Die Masken der Darsteller muten aus heutiger Sicht etwas seltsam an, ohne jedoch störend zu wirken. Ein echtes Kleinod.

Dienstag, 11. Juni 2013

FOUR ROOMS (Allison Anders/Alexandre Rockwell/Robert Rodriguez/Quentin Tarantino, 1995)

Vier langweilige und vollkommen unlustige Geschichten, durch die ein hyperaktiver Tim Roth wie ein Derwisch auf Speed fegt. Ein Film mit extrem hohem Nervfaktor. Wer nach den beiden ersten Geschichten noch Hoffnung hat, dass Rodriguez und Tarantino es rausreißen werden, wird schnell enttäuscht, denn die beiden passen sich dem niedrigen Niveau mühelos an, wobei die Rodriguez-Story noch die am wenigsten schlechte ist. 

Ein völlig belangloses Machwerk, das die Nerven des Zuschauers mit seinem infantilen Humor auf eine harte Probe stellt.

Montag, 3. Juni 2013

TRAFFIC (Steven Soderbergh, 2000)

Can't you just shoot him or something?

Soderberghs Annäherung an die Problematik des Drogenmissbrauchs erweist sich als Versuch, das Thema möglichst umfassend abzuhandeln. Dazu erzählt er parallel drei Geschichten, die jeweils unterschiedliche Aspekte beleuchten. Tatsächlich umfassend ist das Ergebnis nicht, denn insbesondere die Reduzierung der Opfer- und Konsumentenperspektive auf das gelangweilte Töchterlein aus gutem Elternhaus ist zumindest eigenwillig. Damit man die Geschichten auch gut auseinanderhalten kann, benutzt er unterschiedliche Farbgebungen bzw. Filmmaterial. So wurde die Episode um den Chef der nationalen Drogenbehörde und dessen cracksüchtige Tochter mit einem starken Blaustich versehen, während die Geschichte um die beiden mexikanischen Polizisten in grobkörnigen, überbeleuchteten Bildern erzählt wird.

Trotz der makellosen Inszenierung kann das Ergebnis nur bedingt zufrieden stellen. Das liegt vor allem daran, dass die Michael-Douglas-Geschichte nicht nur unglaubwürdig, sondern auch noch stinklangweilig ist, während die Catherine-Zeta-Jones-Story zwar leidlich spannend, aber ebenfalls unglaubwürdig ist. Insbesondere ihre Wandlung innerhalb kürzester Zeit vom ahnungslosen Hausmütterchen zur knallharten, kriminellen Geschäftsfrau ist nur schwer nachzuvollziehen. Richtig gut ist nur die dritte Geschichte um die beiden mexikanischen Polizisten und nicht zuletzt kann diese auch mit den besten darstellerischen Leistungen aufwarten. Vor allem Benicio del Toro sticht mit seinem reduzierten Spiel heraus, aber auch Tomas Milian weiß in der Rolle des abgebrühten Generals Salazar zu gefallen.

Alles in allem ein netter Versuch, ganz unterhaltsam zwar, aber ungeachtet der vier Oscars, die der Film eingefahren hat, keine Sternstunde des Soderbergh'schen Schaffens.

Samstag, 25. Mai 2013

SIDE EFFECTS (Steven Soderbergh, 2013)

I'm not crazy, you know I'm not crazy.

Soderberghs vorletzter Film beginnt wie eine kritische Auseinandersetzung mit der Pharma-Industrie, wandelt sich jedoch schnell zu einem klassischen Thriller im Stile Hitchcocks. Die gewohnt straffe und schnörkellose Inszenierung sorgt für enorme Spannung, die über die volle Spielzeit aufrecht erhalten wird. 

Ein besonderes Lob gebührt den beiden Hauptdarstellern Jude Law und Rooney Mara, die überaus souverän agieren. Vor allem Rooney Mara lerne ich mit jedem ihrer Filme mehr zu schätzen, ist sie doch nicht nur eine hervorragende Schauspielerin, sondern bildet durch ihre interessante Erscheinung, die so gar nicht dem Ideal der gutaussehenden Hollywood-Diva entspricht, eine erfreuliche Ausnahme. Schön im klassischen Sinne ist sie sicher nicht, doch empfinde ich es jedesmal als faszinierend, ihr bei ihrem Spiel zuzuschauen. Schon bei The Girl with the Dragon Tattoo fand ich sie toll und auch hier trägt sie einen erheblichen Teil zum Gelingen des Films bei. Angesichts dessen Qualität ist es umso bedauerlicher, dass Soderbergh seinen Abschied vom Filmemachen angekündigt hat. 

Side Effects jedenfalls ist ein Hochgenuss von der ersten bis zur letzten Minute. Und ein sauspannender dazu.

Freitag, 17. Mai 2013

OUT OF SIGHT (Steven Soderbergh, 1998)

Is this your first time being robbed?

Soderberghs erster Ausflug in den Mainstream ist eine wunderbar leichte Gaunerkomödie mit Starbesetzung, wobei einige der heutigen Stars damals noch gar nicht so groß waren. Wie der ein Jahr zuvor entstandene Jackie Brown von Quentin Tarantino basiert Out of Sight auf einer Vorlage von Elmore Leonard. Lustigerweise spielt Michael Keaton in beiden Filmen die gleiche Rolle, wobei er in Out of Sight nur einen Kurzauftritt hat. 

George Clooney und Jennifer Lopez geben ein perfektes Paar ab und lassen die eigentlich absurde Liaison zwischen einem Bankräuber und einer FBI-Agentin durchaus glaubwürdig erscheinen. Zu verdanken ist das neben ihrem überzeugenden Spiel vor allem den hervorragenden Dialogen. In meiner bisherigen Soderbergh-Reihe markiert Out of Sight fraglos einen Höhepunkt. Toller Film!  

Samstag, 11. Mai 2013

SAVAGES (Oliver Stone, 2012)

Adrenaline is nature's way of telling you: don't fuck up!

Rasant inszenierter Thriller um zwei kalifornische Drogendealer, die sich mit einem mexikanischen Kartell anlegen. Solange man nicht weiter über die an den Haaren herbeigezogene und grausam konstruiert wirkende Handlung nachdenkt, kann man durchaus eine Menge Spaß mit dem Film haben. Stellenweise wirkte er auf mich wie eine auf Ernst getrimmte Geschichte aus dem Universum der Coen-Brüder. 

Man muss sich schon an den Kopf fassen, wenn einem beispielsweise einer der beiden Drogendealer als Gutmensch ersten Ranges verkauft wird, der seinen illegal erworbenen Reichtum selbstlos nutzt, um durch die Welt zu reisen und Projekte in Entwicklungsländern zu finanzieren. Und der andere ist auch nur deshalb manchmal böse, weil er bei seinen Kriegseinsätzen in Afghanistan und im Irak ganz furchtbar traumatisiert wurde. Das ist so absurd, dass es schon wieder lustig ist.

Savages zählt ganz gewiss nicht zu Stones größten Taten, aber unterhaltsam ist er allemal. Und Blake Lively ist wieder mal eine absolute Augenweide. Überflüssig hingegen ist das doppelte Ende. Die „erste“ Auflösung wäre der perfekte Ausklang gewesen... 

 

Freitag, 10. Mai 2013

RIDE WITH THE DEVIL (Ang Lee, 1999)

It ain't right, and it ain't wrong. It just is.

Western vor dem Hintergrund des Sezessionskriegs werden von mir immer gerne genommen, wobei die Konzentration auf die kleineren Scharmützel zwischen den beiden Guerilla-Gruppen (Bushwackers auf der einen und Jayhawkers auf der anderen Seite) einen interessanten Ansatz bildet. Nicht nur die Grenzen zwischen Zivilisten und Miliz sind fließend, sondern auch die zwischen Unionisten und Konföderierten. Dies zeigt die tiefe Zerrissenheit der amerikanischen Bevölkerung in jenen Tagen. 

Ang Lee kleidet die Geschichte in die für ihn so typischen ausladenden und betörend schönen Bilder. Und im CGI-Zeitalter tut es immer wieder gut, echte Reiterhorden mit lebenden Pferden und lebenden Menschen zu sehen. Runde Sache.

Donnerstag, 9. Mai 2013

3:10 TO YUMA (Delmer Daves, 1957)

Squeezin' that watch ain't gonna stop time.

Das Remake des Leonard-Westerns mit Russell Crowe in der Hauptrolle habe ich vor einigen Jahren gesehen und für gut befunden, ohne jetzt noch eine nennenswerte Erinnerung daran zu haben. Ein Vergleich zwischen Original und Remake ist mir somit nicht möglich. 

Das Original jedenfalls gefiel mir durch seinen puristischen Ansatz und die kargen Bilder. Ähnlich wie in High Noon steigert sich die Spannung bis zum großen Finale, wobei hier das psychologische Duell zwischen Ben Wade und Dan Evans im Mittelpunkt steht. Mit den ganz großen Namen kann Daves nicht aufwarten, doch machen die Darsteller – allen voran Van Heflin und Glenn Ford – ihre Sache sehr gut. Vor allem Letzterer gibt eine erstaunlich charismatische Vorstellung und meistert die Gratwanderung zwischen skrupellosem Mörder und sympathischem Draufgänger ganz vorzüglich. Und der deutsche Filmtitel ist sogar noch bescheuerter als der des Remakes. Das ist auch eine Leistung. 

Samstag, 4. Mai 2013

THE WILD BUNCH (Sam Peckinpah, 1969)

If they move, kill 'em.

The wild Bunch wird gemeinhin dem Sub-Genre des Spätwesterns zugeordnet und steht damit unter dem Generalverdacht, ein Abgesang auf den Western zu sein, eine Abrechnung mit seinen Mythen und dem Heroismus einer glorreichen Zeit. Dies trifft jedoch nur bedingt zu und spielt allenfalls eine untergeordnete Rolle. Am ehesten lässt sich dies noch an den alternden Banditen festmachen, die noch einmal einen dicken Coup landen wollen, bevor sie endgültig zu alt dafür sind. Pike schafft es kaum noch, alleine auf sein Pferd zu steigen. Durch mehrere Rückblenden versucht Peckinpah, den Charakteren Tiefe zu verleihen, doch will dies nicht recht gelingen. 

Für einen amerikanischen Western ist The wild Bunch äußerst zynisch, doch anno 1969 war dies auch nichts Besonderes mehr, nachdem Sergio Leone zuvor mit seiner Dollar-Trilogie das Feld bestellt hatte. Fraglos innovativ sind die Zeitlupenstudien während der ausladenden Schusswechsel.

Unter dem Strich bleibt ein ordentlicher Western mit drei großen Szenen (der Überfall zu Beginn, der Überfall auf den Zug und die Schießerei am Schluss) und einiges an Leerlauf dazwischen. Den Kultstatus, der dem Film zugesprochen wird, konnte ich nie nachvollziehen. Daran ändert auch die jüngste Sichtung nichts. Schön anzusehen ist er trotzdem.

Freitag, 3. Mai 2013

PIETA (Kim Ki-duk, 2012)

Nach seiner depressiven Phase und dem daraus hervorgehenden Dokumentarfilm Arirang bezeichnete Kim Ki-duk Pieta als einen Neuanfang. Allerdings liegt dazwischen noch sein Film Amen, dessen ich bisher leider noch nicht habhaft werden konnte. Auf den ersten Blick unterscheidet sich Pieta kaum von seinen früheren Arbeiten, doch bei genauerer Betrachtung fallen schon einige Unterschiede auf. So zeigt er in Pieta ganz explizit die Schattenseiten des Kapitalismus, die Verlierer des Systems, die in baufälligen Blechhütten hausen und mit ihrem traditionellen Handwerk ihr karges Dasein fristen. Leben können sie davon nicht, so dass sie gezwungen sind, Geld zu leihen in dem Wissen, es nicht zurückzahlen zu können. Der skrupellose Geldeintreiber Kang-do hat daher seine ganz eigenen Methoden entwickelt, die geliehene Summe samt 10-fachem Zinsaufschlag zu bekommen. Die Schuldner werden verstümmelt, damit die bei Kreditgewährung abgeschlossene Unfallversicherung einspringt und enden meist als Bettler oder Alkoholiker. Oder sie suchen den Freitod.

Die Verortung der Geschichte in einer sozialen Randgruppe und zudem im alten Arbeiterviertel Cheonggyecheon in Seoul ist in dieser Form ungewöhnlich für Kim, waren seine bisherigen Filme doch meist losgelöst von sozialen Strukturen und stellten zwischenmenschliche Probleme und Beziehungen in den Mittelpunkt. Das für ihn so typische Thema der Abhängigkeit kommt in Pieta natürlich ebenfalls vor. Nachdem Kang-do akzeptiert hat, dass Min-sun seine Mutter ist, nimmt ihre Beziehung zunehmend die Formen einer Abhängigkeit an. Die damit einhergehende Läuterung Kang-dos im Schnelldurchgang ist nicht sonderlich glaubwürdig und wirkt arg konstruiert, doch ist dies der einzige Schwachpunkt des ansonsten rundum überzeugenden Films. 

Im Vergleich mit Werken wie Samaria, Seom oder gar Bad Guy wirkt Pieta wesentlich bodenständiger und damit auch massentauglicher, wobei die krassen Gewaltszenen, die allerdings meist nur angedeutet werden, vermutlich dafür sorgen werden, dass der Mainstream-Filmfreund auch mit Kims 18. Film nicht viel wird anfangen können.

Sonntag, 28. April 2013

THE INFORMANT! (Steven Soderbergh, 2009)

Everyone in this country is a victim of corporate crime by the time they finish breakfast.

Höchst vergnügliche Satire um die Lysin-Preisabsprache in den 90er Jahren und deren Protagonisten Mark Whitacre, hier vorzüglich verkörpert von Matt Damon. Soderbergh erzählt die Geschichte mit viel Witz, Esprit und in gewohnt rasanten Tempo. Er hält sich gar nicht erst mit Nebensächlichkeiten auf und belässt den Fokus immer auf der Kerngeschichte. Man kann sich gut vorstellen, dass bei einer weniger komprimierten Erzählweise leicht ein Drei-Stunden-Film entstanden wäre. Nicht so bei Soderbergh. 

In der letzten halben Stunde hat man als Zuschauer aufgrund der vielen Wendungen gar etwas Mühe, mit dem Geschehen Schritt zu halten, aber am Ende kriegt er noch die Kurve. Sehr schön auch der beschwingte Score, der wunderbar zur heiteren Atmosphäre des Films beiträgt. Rundum gelungen.  

Samstag, 27. April 2013

THE GIRLFRIEND EXPERIENCE (Steven Soderbergh, 2009)

If they wanted you to be yourself, they wouldn't be paying you.

Ziemlich belangloses Filmchen, zu dem mir nicht viel einfällt. Ereignisse aus dem Leben einer Hostess werden in nicht-chronologischer Reihenfolge erzählt. Das ist zwar alles einigermaßen unterhaltsam, aber ich fragte mich die ganze Zeit, was Soderbergh dem Zuschauer mit diesem Film sagen will. Wahrscheinlich weiß er das selbst nicht genau. 

Ziemlich penetrant sind die ständigen Verweise auf die Wirtschaftskrise und den damals laufenden US-Wahlkampf. Die ehemalige (?) Pornodarstellerin Sasha Grey ist ganz nett anzusehen und hat sogar so etwas wie Ausstrahlung. Kann man sich also durchaus mal anschauen, muss man aber nicht. Der bisher schwächste Film im Rahmen meiner kleinen Soderbergh-Reihe.